Читать книгу Lieber lange lieben - Ines Daun - Страница 5

1. KAPITEL Warum Sie beim ersten Date unbedingt einen festen Plan brauchen und wie Sie den geeigneten Lebenspartner überhaupt erkennen

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Laura Pichel hatte ihren Mann bereits während ihres Lehramtstudiums kennengelernt. Um ihr Studium zu finanzieren, jobbte sie in den Semesterferien als Hostess für einen Kaffeemaschinen-Hersteller. Eine bildhübsche Frau mit strahlend blauen Augen und langen dunklen Haaren. Sie mochte ihren Job. Weil sie neugierig und aufgeschlossen war und Spaß daran hatte, mit ihren Kaffeemaschinen quer durch Deutschland von einer Messe zur nächsten zu reisen. Bei einem Termin in Berlin kam sie mit einem Mann ins Gespräch, der zufällig – genau wie sie – aus Hessen stammte. Er war ein attraktiver Typ, in dessen welligem Haar, das er locker nach hinten gegelt hatte, sich schon die ersten grauen Haare zeigten. Laura gefiel seine ruhige Art, seine Aufmerksamkeit, wenn er ihr zuhörte. Ihr fielen seine wachen Augen auf, die immer bei ihr waren, aber dennoch scheinbar jede Bewegung im Raum mitbekamen. Vermutlich verheiratet, dachte sie, als sie sich verabschiedeten und er nicht einmal nach ihrer Nummer fragte.

Bei der nächsten Messe – diesmal in Hamburg – trat ein Mann, den sie zuvor noch nie gesehen hatte, unsicher auf sie zu. »Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie anspreche. Aber auf Sie scheint die Beschreibung zu passen. Erinnern Sie sich an den Herrn, mit dem Sie sich auf der Messe in Berlin so nett unterhalten haben? Er ist ein Freund von mir und würde Sie gern zum Essen einladen, wenn Sie zurück in Frankfurt sind …«

Man kann also durchaus sagen, die Beziehung zwischen Laura und Markus hat einigermaßen romantisch begonnen. Laura jedenfalls war selig. Zumal sie sich im fernen Berlin getroffen hatten, obwohl sie keine zehn Kilometer voneinander entfernt wohnten. Nur einen Tag nach ihrer Rückkehr verabredeten sie sich bei einem gemütlichen Italiener, der im Sommer seine kleinen Holztische mit rotweißkarierten Tischdecken in seinen lauschigen Hinterhof stellte. Das Essen schmeckte köstlich. Markus bewies sich erneut als interessierter Zuhörer, er war witzig und charmant und schenkte aufmerksam Wasser nach, sobald Laura ihr Glas geleert hatte. Beim Bezahlen fiel ihm jedoch auf, dass er sein Portemonnaie vergessen hatte. Also zahlte Laura die Rechnung, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken. Kein Problem. Das konnte schließlich jedem passieren. Außerdem hatte sie auf ihrer Messetour gerade gut verdient.

Erst beim zweiten Treffen wurde sie stutzig. Markus und sie hatten sich an einem sonnigen Sonntag zum Kaffeetrinken am Main verabredet. Als Laura gerade ihren zweiten Cappuccino bestellen wollte, drängte Markus plötzlich zum Aufbruch. Bei dem anschließenden Spaziergang bemerkte er ganz nebenbei, dass es doch deutlich günstiger sei, sich zum Kaffeetrinken zu treffen, als wenn man gemeinsam essen ging. Und da dämmerte es ihr allmählich: Sie hatte sich anscheinend einen Geizhals geangelt. Sofort schrillten ihre Alarmglocken. Immerhin hatte schon ihre Oma – ein Kind der Kriegsgeneration – ihr eingebläut: »Wer sparsam mit seinem Geld ist, ist auch sparsam mit seinen Gefühlen.«

Dass er trotzdem Porsche fuhr, verwirrte Laura. Das passte doch nicht zusammen! Schließlich redete sie sich seine Knausrigkeit schön, indem sie sich sagte, dass sie mit einem sparsamen Mann vielleicht auch mal »zu etwas kommen würde«. Sie selbst war nämlich nicht besonders gut im Sparen. Von daher passte es doch eigentlich ganz gut …

Die beiden zogen relativ schnell zusammen – denn das war günstiger. Nur ein Jahr später kam ihre gemeinsame Tochter zur Welt. Weil sie ja nun ein wenig mehr Platz brauchten, beschloss Markus, ein Haus zu kaufen. »Ein schönes Haus, nicht so ein popeliges Reihenhaus«, tönte er. Schließlich legte er viel Wert auf seine Außendarstellung. (Daher auch der Porsche.) Laura freute sich. Denn ihre Rechnung schien aufzugehen: Mit einem sparsamen Mann konnte man eben tatsächlich etwas erreichen … Leider wurde Markus’ Geiz nach dem Hauskauf noch unerträglicher. Fortan weigerte er sich, auch nur einen Cent für seine Tochter auszugeben. Zumal das Kindergeld ja eh auf Lauras Konto ging und nicht auf seins. Deshalb führte er auf seinem Smartphone eine Excel-Tabelle, in die er jedes Glas Wasser eintrug, das Laura oder die kleine Lara unterwegs tranken – das Geld ließ er sich anschließend zurückgeben. Mit einem vorwurfsvollen: »Du hättest ja etwas zum Trinken einpacken können!«

Im Winter weigerte er sich dann, zu heizen, sodass Laura und die kleine Lara oft in dicken Jacken auf dem Boden saßen, um mit vor Kälte steifen Händen Bilder zu malen. Und wenn abends mal Freunde zu Besuch kamen, was selten genug geschah, da Markus sich auch diese Kosten gern sparte, füllte er billigen Wein in die Flaschen teurer Marken, die er irgendwann einmal geschenkt bekommen hatte. Beim Einschenken philosophierte er dann über die »edlen Tropfen«, während Laura sich beschämt fragte, ob sie die leeren Flaschen vom Billig-Discounter auch wirklich alle sicher entsorgt hatte …

Als Laura dann auch noch dahinterkam, dass Markus eine Affäre mit einer Kollegin begonnen hatte, zog sie schließlich aus.

In meiner Praxis als Scheidungsanwältin erlebe ich seit 23 Jahren ein seltsames Phänomen. Männer kommen zu mir in die Kanzlei und schwärmen in den höchsten Tönen von ihren unglaublich attraktiven und charmanten Ex-Partnerinnen. Anfangs habe ich mich oft gefragt, warum sie sich von diesen großartigen Wesen überhaupt trennen wollen. Da ich diesen vermeintlichen Superfrauen allerdings spätestens beim Scheidungstermin selbst gegenüberstand, habe ich dieses Spiel der Männer schnell durchschaut – und es hat in den seltensten Fällen mit den Verflossenen selbst zu tun.

Es ist wohl eher der Versuch, sich selbst ein wenig aufzuwerten. Schließlich müssen diese Männer ziemlich tolle Kerle sein, wenn sie dermaßen attraktive und tolle Frauen an ihrer Seite hatten. Das war leicht zu durchschauen.

Bei meinen Mandantinnen habe ich ein wenig länger gebraucht. Die sitzen dann nämlich regelmäßig vor mir – intelligent, attraktiv, beruflich erfolgreich, mitten im Leben stehend – und erzählen mir, wie schrecklich doch ihr mittlerweile getrenntlebender Ehemann sei. Oder eben der Mann, von dem sie sich gerade trennen wollen. Sie führen mir in epischer Breite aus, am liebsten stundenlang, wie schlecht er mit den Kindern umginge, wie abfällig er sich über ihre Figur geäußert hätte, obwohl er selbst doch deutlich mehr zugenommen hätte. Dass er schon vor Wochen versprochen hätte, das kaputte Fahrrad zu reparieren, was noch immer nicht passiert sei. Den Rasen habe er auch an diesem Wochenende wieder nicht gemäht. Außerdem hätte er ihr schon wieder nichts zum Geburtstag geschenkt und wäre nicht mit zur Goldenen Hochzeit der Großtante gekommen. Ohnehin würde er die meiste Zeit nur vor dem Fernseher hängen und sich allenfalls noch aufraffen, um zum Fußballspiel mit seinen Freunden zu gehen, von dem er selbstverständlich nie rechtzeitig, vor allem niemals nüchtern und nur ganz selten geduscht zurückkehrte. Körperpflege sei für ihn ohnehin ein Fremdwort und an Sex könne man sich nur noch dunkel erinnern. Und das war noch längst nicht alles: Selbst die Schwiegereltern benähmen sich alles andere als freundlich und das, obwohl man sich doch immer so aufopfernd um sie gekümmert habe. Mal ganz abgesehen davon, dass der Mann in letzter Zeit wie ein Luchs aufpasse, dass sein Handy nicht irgendwo herumlag. Und da wüsste man ja wohl, was das zu bedeuten hatte …

In meiner ersten Zeit als Anwältin habe ich diesen hochemotionalen Schilderungen mit einer Mischung aus Staunen und Entsetzen gelauscht und dabei – zutiefst erschüttert – eine Papiertaschentuch-Packung nach der anderen über den Tisch geschoben, damit meine Mandantinnen sich ihre Tränen trocknen konnten. Das war wirklich allerhand, was da in deutschen Ehen abging! Wie oft habe ich mir während dieser Endlos-Aufzählungen die Frage gestellt: Warum haben diese Frauen überhaupt diese Männer geheiratet? Wie konnte es dazu kommen?

Es hat eine Weile gedauert, bis ich die Systematik dahinter verstanden habe. Dabei hat mir geholfen, dass mindestens die Hälfte meiner Mandanten eben genau zu dieser angeblich so grauenhaften, ungepflegten Spezies gehören, auf die meine Mandantinnen schimpfen. Es sind Männer. Vom Handwerker über den leitenden Büroangestellten bis hin zum Vorstandsvorsitzenden eines Millionenkonzerns, Ärzte und Unternehmer. Eine ziemlich bunte Mischung. Und ich glaube, nach meinen 23 Jahren Berufserfahrung und tausenden von Stunden, die ich mit Frauen und Männern über ihre Beziehungen gesprochen habe, sicher sagen zu können: Ich habe verstanden, wie die meisten Männer und viele Frauen in Partnerschaften ticken. Die Erlebnisse, von denen ich Ihnen in diesem Buch berichten werde, und die Schlüsse, die ich daraus gezogen habe, gelten sicher nicht für alle Paare, alle Männer und Frauen; manch einer wird vielleicht denken, dass hier viele Klischees bedient werden, aber dazu muss ich leider sagen, dass ich die Realität in deutschen Partnerschaften zu 90 Prozent genauso erlebe. Gerade Frauen denken in Beziehungen meist viel zu kompliziert. Gleichzeitig haben sie leider viel zu wenig Selbstbewusstsein. Das Schlimmste aber ist: Sie haben bei der Suche nach dem Mann fürs Leben keinen Plan. Stattdessen verlassen sie sich auf ihr Bauchgefühl. Sie agieren völlig irrational. Die meisten Frauen sind vor allem froh, wenn sich ein Mann für sie interessiert. Und damit beginnt das ganze Drama.

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