Читать книгу Lieber lange lieben - Ines Daun - Страница 7
Achtung: Nicht nur der Lebensplan,
auch der Partner muss passen!
ОглавлениеArmin Petzold war Künstler. Zumindest sah er sich so. Als mäßig erfolgreicher Filmemacher reiste er von einem Filmfestival zum nächsten und hoffte darauf, irgendwann – endlich! – als wahnsinnig talentierter Regisseur erkannt zu werden. Tatsächlich hatte er auf ein paar kleineren Festivals schon einige unbedeutende Preise gewonnen, die er aber feierte, als seien es Oscars gewesen. Um sein Leben zu finanzieren, bot er regelmäßig Drehbuchkurse an, in denen meist weniger talentierte Schreiber langweilige Geschichten verfassten, die sie selbst für irrsinnig spannend hielten. Eigentlich konnte man die Kursteilnehmer in zwei Gruppen teilen: in die Gelangweilten und in die Frustrierten. Annika Küller gehörte eher in die zweite Kategorie. Sie hatte sich für diesen Kurs angemeldet, weil sie keine Lust mehr auf ihren eintönigen Job in der Pressestelle eines gemeinnützigen Vereins hatte. Sie wollte sich endlich selbstverwirklichen! Mutig sein! Verrückte Dinge tun! Dementsprechend fasziniert war sie von Armin. »Er ist ein Freigeist!«, schwärmte sie bei ihren Freundinnen.
Dass er sie bereits bei ihrer ersten Verabredung versetzte, weil er gerade so im Schreib-Flow für ein wahnsinnig erfolgversprechendes Projekt gewesen war, sah sie ihm nach. So waren Künstler eben! Als er sich tagelang nicht meldete, nachdem sie ihm per WhatsApp geschrieben hatte, dass ihr Opa gerade gestorben war, war sie trotzdem ein wenig enttäuscht. Sie verzieh ihm aber, als er bei ihrem nächsten Treffen in seiner chaotischen Künstler-Wohnung eigenhändig Sushi für sie zubereitete, weil sie das so gern mochte.
»Ich habe fünf Stunden in der Küche gestanden. Nur für dich«, säuselte er treuherzig, während er ihr sechs mickrige Stück Sushi unter die Nase hielt. Dass sie davon nicht satt wurden, war ihr egal. Dafür hatten sie danach sensationellen Sex. Ein paar Tage später bittet er Annika, seine Steuer zu zahlen. Er sei momentan doch etwas knapp bei Kasse …
Insgesamt erschien Armin Annika zwar etwas lebensuntauglich, aber unglaublich liebenswert. Und verspielt! Wenn sie gemeinsam seine kleinen Nichten und Neffen besuchten, zogen die ihn sofort in ihr Kinderzimmer, wo er mit ihnen mindestens für die nächste Stunde komplett in phantastische Spielwelten abtauchte. Ein toller Vater!, dachte Annika.
Ein paar Jahre später hatte sich ihre Einstellung diesbezüglich ein wenig verändert. Annika arbeitete noch immer in der Pressestelle. Schließlich konnten ja nicht beide ihre Träume verwirklichen, einer in der Beziehung brauchte einen sicheren Job – und das war eben Annika. Armin jagte weiterhin seinen Hollywood-Träumen nach und vertröstete Annika damit, dass er irgendwann ganz groß rauskommen würde.
Als Annika an einem Tag besonders großen Stress bei der Arbeit hatte, ihr Chef ohnehin schon ein wenig angefressen war, weil sie mit der Organisation einer größeren Presseveranstaltung deutlich in Zeitverzug geraten war und dann auch noch der Kindergarten anrief, weil Armin mal wieder vergessen hatte, den zweijährigen Paul abzuholen, hätte sie heulen können. Armin war natürlich mal wieder nicht erreichbar. Und so raste Annika von der Arbeit zum Kindergarten und wieder zurück ins Büro, um weiter die Veranstaltung zu organisieren, während Paul ihre Schubladen ausräumte – Geld für die Kinderfrau war in diesem Monat keins mehr übrig. Weil Armin ja diese unglaublich teure Recherchereise durch Tasmanien machen musste. »Für sein wahnsinnig erfolgsversprechendes neues Filmprojekt«, wie Annika vor Freunden und Familie immer wieder betonte.
Annika wollte Kinder und sie wollte ihre Träume leben. Da erschien ihr der freigeistige, verspielte Armin als der perfekte Mann, um sich diesen Lebenswunsch zu erfüllen. Hätte sie genauer hingeschaut, hätte sie allerdings gleich erkannt: Armin war absolut nicht alltagstauglich und definitiv die schlechteste Wahl für eine bodenständige Frau mit Kinderwunsch. Zwar passte er durchaus zu ihrem Plan – er war nur leider der falsche Typ dafür. Wäre Annika ehrlich zu sich selbst gewesen, hätte sie das schon bei ihrer ersten Begegnung erkannt und sich schnell vom Acker gemacht. Stattdessen hat sie alles getan, um einem Mann zu gefallen, der überhaupt nicht zu ihr passt.
Dieses Phänomen erlebe ich häufig. Dabei ist es mir völlig unverständlich, warum sich die Frauen in der heutigen Zeit noch immer so verbiegen. Das haben sie doch gar nicht nötig! Sie sind klug, tatkräftig, attraktiv und ihr ganzes Leben steht vor ihnen. Trotzdem vergeuden sie Jahre und Jahrzehnte mit Blödmännern, deren Dummheit, archaische Strukturen, Familienuntauglichkeit, Arroganz oder Borniertheit sie eigentlich schon beim ersten Date erkannt haben. Doch anstatt sich blitzschnell zu verabschieden, passen viele Frauen sich ihren Männern bis zur Selbstverleugnung an, nur damit sie einen Kerl bekommen, der ihnen überhaupt nicht guttut. In meinem weiteren Bekanntenkreis gibt es eine Frau, die die Perfektion dieses Spiels geradezu auf die Spitze treibt. Sie ist das reinste Chamäleon. Eine Zeit lang war sie mit einem Tennistrainer liiert und fing prompt an, selbst Tennis zu spielen. Es gab für sie kein anderes Thema mehr. Danach ließ sie sich mit einem Mann ein, der Nahrungsergänzungsmittel verkaufte. In den folgenden Wochen versuchte sie, jedem seine Pillen aufzuschwatzen, und fütterte sogar ihr Kind aus einer vorangegangenen Beziehung damit. Danach kam eine Öko-Phase, in der sie auf vegane Ernährung umstieg und aus der Wolle ihrer selbstgezüchteten Schafe Pullover strickte. Ein paar Monate später besuchte sie plötzlich verruchte Sex-Partys in irgendwelchen abgelegenen Schlössern und zog ansonsten jeden Abend in sexy Klamotten durch die angesagten Münchner Bars, um kurz darauf aufs Land zu ziehen, wo sie Spargel anbauen und Jagdkleidung verkaufen wollte … Je nachdem, welchen Mann sie gerade an ihrer Seite hatte, verlagerte sie ihre Interessen. Mit dieser Frau muss ich kein einziges Wort wechseln: Ich sehe sofort, wenn sie einen neuen Partner hat. Das ist natürlich ein extremes Beispiel. Aber selbst in abgeschwächter Form halte ich diese Form von Selbstverleugnung nicht nur für falsch, sondern sogar für gefährlich. Sie führt ziemlich sicher immer wieder zum großen Desaster, im schlimmsten Fall dazu, irgendwann alkohol- oder tablettenabhängig in einer Nervenklinik zu landen. Ich habe sehr viele weibliche und einige männliche Mandanten, die genau diesen Weg gegangen sind, weil sie viel zu lang komplett entgegen ihrer eigentlichen Bedürfnisse gelebt haben. Verrückterweise müssen meine Mandanten meistens zugeben, dass sie genau das bereits bei ihrer ersten Begegnung gespürt haben. Wenn ich beispielsweise frage, wie ihr erster Eindruck von ihrem Partner war, war der häufig gar nicht besonders positiv. Manche Männer erzählen sogar, dass ihre spätere Frau ihnen auf den ersten Blick geradezu unsympathisch erschien. Und die Frauen sagen, dass ihr späterer Mann womöglich sogar arrogant oder eiskalt auf sie gewirkt hat. Meist hake ich dann erstaunt nach, warum sie sich dennoch in ihn verliebt haben. Und auch jetzt gibt es wieder gewaltige Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Die meisten Männer schauen mich überrascht an: »Sie war sehr hübsch, und ich dachte, sie würde eine gute Mutter sein.« Sie hat eben zum Lebensplan gepasst.
Die meisten Frauen dagegen schauen mich mit großen Augen an und müssen dann erst einmal lange überlegen. Um irgendwann zu dem absurden Schluss zu kommen, dass sie ausgerechnet das am attraktivsten fanden, was sie heute am meisten nervt. Fanden sie beispielsweise früher seine Berechenbarkeit liebenswert, empfinden sie ihren Mann heute als langweilig. Mochten sie früher seine Spontaneität, nervt sie heute seine Sprunghaftigkeit. Liebten sie zu Beginn seine grenzenlose Abenteuerlust, strengt sie heute seine übertriebene Risikobereitschaft an. Das Problem, das ich dahinter immer wieder erkenne: Zwar ziehen sich Gegensätze durchaus an, meine Erfahrung ist trotzdem eher, dass Paare, die in den grundlegenden Strukturen deckungsgleich sind – also in Bezug auf ihre familiäre Herkunft, Werte und berufliche Ausbildung – grundsätzlich bessere Chancen haben, eine erfüllte und glückliche Ehe zu führen.
Meine These unterstützt eine Studie aus Indien, von der ich neulich in einer Zeitschrift gelesen habe. Dazu muss man wissen, dass es in Indien häufig noch arrangierte Ehen gibt, bei denen die Eltern vorzugsweise einen Partner wählen, der aus derselben gesellschaftlichen Schicht stammt. Das interessante Ergebnis: In den ersten fünf Jahren waren die Paare, die sich ineinander verliebt und deshalb geheiratet haben, deutlich glücklicher miteinander. Das änderte sich allerdings nach ziemlich genau fünf Jahren. Dann empfanden eher die Paare ihre Ehe als erfüllend, deren Ehen arrangiert worden waren. Also die Menschen, deren grundlegende Strukturen sich weitestgehend glichen … Nicht falsch verstehen – ich propagiere hier keinesfalls die arrangierte Ehe! Ich empfehle lediglich, den Lebenspartner klug und kritisch, nämlich passend, auszuwählen.
Sie haben Ihren perfekten Lebenspartner womöglich schon gefunden? Glückwunsch! Aber auch wenn Lebensplan und Partner grundsätzlich passen, ist das noch kein Grund, sich entspannt zurückzulehnen. Denn noch etwas anderes ist absolut wichtig, um eine glückliche Beziehung zu führen – und das wird Ihnen auf den ersten Blick selbstverständlich erscheinen. Das ist es aber nicht. Er muss Sie auch wirklich wollen! Sie denken, das sei doch klar? Weil er sich mit Ihnen trifft, mit Ihnen schläft, Sie vielleicht sogar heiratet? Was für ein fataler Trugschluss! Denn: Der Mann an sich ist bequem. Ein echter Energiesparer. Er möchte sich nicht besonders anstrengen müssen, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt – es sei denn, er hat sich gerade schwer in eine Frau verliebt, die ihn ackern lässt. Das bedeutet im Umkehrschluss: Ein Mann ist leichte Beute, wenn eine Frau ihn wirklich haben will. Zumindest eine Frau, die zumindest ungefähr seinem Beuteschema und seinem Lebensplan entspricht (und die nicht gerade das Pech hat, dass eine noch attraktivere Partnerin zur selben Zeit seinen Weg kreuzt).
Auch hier lohnt sich ein Blick auf das erste Zusammentreffen. Wenn ein Mann Sie wirklich haben will, setzt er Himmel und Hölle in Bewegung, damit er Sie auch bekommt – und zwar nicht nur ins Bett, sondern als Lebenspartnerin an seine Seite. Ich habe mal von einem Mann gehört, der seiner zukünftigen Frau, von der er wusste, dass diese wahnsinnig gern Kekse isst, ganz köstliche Plätzchen gebacken hat. Und zwar nur die Buchstaben, die die Worte »Ich liebe dich« ergeben. Oder denken Sie mal an die Fernsehsendungen, die derzeit laufen. Was für atypische Heiratsanträge sich die Männer einfallen lassen. Ob im Heißluftballon oder unter Wasser – nur um die Frau ihres Herzens für sich zu gewinnen. Nun ist natürlich nicht jeder Mann so waghalsig oder kreativ, um sich etwas Besonderes einfallen zu lassen. Trotzdem sollte er die Frau doch zumindest fragen, was ihr Lieblingsessen ist, wenn sie sich zum Essen verabreden. Er sollte sie in ihr Lieblingscafé beziehungsweise Lieblingsrestaurant ausführen – und zwar ordentlich gekleidet und frisiert. Nicht in den Arbeitsklamotten oder in den schlammigen Schuhen vom letzten Waldspaziergang. Anschließend sollte er sie selbstverständlich anrufen oder WhatsApp-Nachrichten, SMS oder was auch immer schicken. Ich kann Frauen nur raten: Hüten Sie sich davor, dass Sie hier zu viel Initiative ergreifen! Meiner Erfahrung nach kann das kein Mann auf der Welt wirklich leiden. Meine Mandantinnen, die Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt haben, um ihren Mann zu bekommen, die ihm im wahrsten Sinne des Wortes hinterhergelaufen sind, wurden im besten Fall zwar geheiratet und sind damit vordergründig zu ihrem Zielergebnis gekommen. Im Nachgang aber sind sie kläglich gescheitert, da die Männer sie nicht so behandelt haben, wie sie es sich gewünscht haben. Damit meine ich nicht, dass diese Frauen nicht auf Händen getragen, auf Rosen gebettet und jeden Morgen mit einem Cappuccino geweckt worden wären, auf dessen Milchkrone ein Herz schwamm. Nein, diese Frauen wurden respektlos, gleichgültig oder sogar richtig schlecht behandelt. Nach Strich und Faden betrogen. Regelmäßig beschimpft. Absolut vernachlässigt. Im schlimmsten Fall sogar geschlagen.
Wenn sich also eine Frau einen Mann fürs Leben wünscht, dann muss sie sich einen suchen, der sie auch wirklich, wirklich haben möchte. Keinen, der sich einfach nicht gewehrt hat. Und Männer sollten wirklich, wirklich nur die Frau heiraten, die sie auch wirklich unglaublich, überragend und sensationell finden. Erst kürzlich habe ich wieder beim Einkaufen einen Mann beobachtet, der desinteressiert seiner Frau hinterher getrabt ist, während sie den schweren Einkaufskorb schleppte. Ganz ehrlich: Einen solchen Typen können Sie vergessen! (Es sei denn, er hat ein schweres Rückenleiden, das ihn vom Tragen abhält …) Seien Sie ehrlich zu sich selbst und erkennen Sie, wenn er Sie eigentlich gar nicht haben will.
Erkennen Sie also Anzeichen von Gleichgültigkeit bei Ihrem Date, sollten Sie keinerlei Energie mehr auf den Mann verschwenden. Es hat keinen Sinn. Er wird sich nicht ändern. Und er wird sich auch nicht mehr in Sie verlieben. Da können Sie genauso gut versuchen, in High Heels den Mount Everest zu besteigen. Diese Aktion ist völlig sinnlos. Stattdessen sollten Sie sich lieber interessanteren Themen widmen – wie zum Beispiel Kunst, Kultur oder Politik. Und mit etwas Glück lernen Sie dabei einen Mann kennen, der wirklich nur eins will: nämlich Sie.