Читать книгу Die Hexe und der Schnüffler - Inga Kozuruba - Страница 8
Zwischenspiel 1
ОглавлениеSteve rannte um sein Leben. Seine schnellen Schritte hallten durch die menschenleeren Straßen einer schlafenden Stadt, und hinter ihm donnerten die Stiefel seiner Verfolger und das Knurren und das Gebell ihrer Hunde. Ihm war ein Fehler unterlaufen. Allerdings würde die Gnadenlose nur indirekt davon profitieren, wenn er an diesem Fehler starb. Er hätte sich nicht mit Arina in Verbindung setzen sollen, das wurde ihm im Nachhinein klar, als er versuchte, eine schlauere Ratte im Labyrinth zu sein als die Meute hinter ihm. Nun würde er nicht mehr aus der Sache herauskommen, ohne einen seiner kostbaren verbliebenen Gefallen einzulösen. Er zückte im Laufen sein Handy, und zischte es an, um den Kontakt zu einem Transporter herzustellen. Dieser Gefallen würde ihn eines Tages teuer zu stehen kommen, aber es gab keinen anderen Ausweg außer den Gaben des einzigen ihm bekannten, abtrünnigen Psi-Talents Jimmy. Nur er war in der Lage, die Schutzmauer zu durchbrechen, die Steve daran hinderte, selbst irgendwo anders hinzugehen.
Doch das Telefon reagierte nicht. Er bekam die Stimme nicht hin. Zum ersten Mal seit langer Zeit spürte Steve, wie ihm der Angstschweiß ausbrach. Seine Verfolger kamen immer näher. Er saß in der Falle, abgeschnitten von der Quelle seiner Kraft, reduziert auf den menschlichen Körper und den Verstand darin, ein hochkomplexes, biomechanisches Kunstwerk, das in dieser Situation jedoch leider nicht genug war. Seine Optionen waren zusammengeschrumpft auf eine Handvoll Aktionen und Reaktionen. Und seine Kraft näherte sich ihren Grenzen. Ohne Adrenalin und Willenskraft wäre er längst zusammengebrochen.
Für eine Finte oder ein Ablenkungsmanöver hatte er nicht mehr genug Zeit. Menschen hätte er täuschen können, aber Bluthunde, die waren eine ganz andere Hausnummer. Er mobilisierte seine letzten Kraftreserven und kletterte über einen hohen Zaun in einen Hinterhof, um sich durch die kleinen, privaten Grundstücke hindurch zu mogeln. Er hoffte, dass seine Verfolger durch diese Aktion mindestens genauso verlangsamt werden würden wie er. Er wusste nicht mehr, wie lange seine Beine noch seinem Willen gehorchen würden. Tatsächlich versagten sie ihm nach dem sechsten Zaun den Dienst. Er stolperte mehr als er lief durch einen verwilderten Garten, fing sich Spinnweben ins Gesicht ein und landete schließlich in einem kleinen Tümpel voller Algen und Dreck.
„Jetzt werde ich auch noch voller Unrat sterben, wie wunderbar!“, schoss es ihm durch den Kopf, und Steve konnte nicht anders, als kraftlos zu lachen.
Plötzlich zog ihn irgend etwas unter Wasser, das sich über seinem Kopf schloss und wenig später nichts als eine glatte, unbewegte Oberfläche zeigte. Die dort eingetroffenen Verfolger konnten nicht wissen, dass darauf nur eine Minute zuvor noch viel mehr Dreck geschwommen war. Sie fragten sich lediglich, wie sich ihr gesuchter Schwerverbrecher in Luft hatte auflösen können.