Читать книгу Lyrischer Regenbogen - Ingrid Rathje-Kohn - Страница 9

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Erinnerungen

Rotfuchs

Ach, wie leuchtete mein Haar,

natürlich rot vor Tag und Jahr,

als Kind fand ich das gar nicht toll,

so mancher Spruch von Häme voll.

Der Rotfuchs und das Teufelsfeuer

mich ärgerten oft ungeheuer,

und Rotfuchs lauf, die Hölle brennt,

seht doch mal, wie der Teufel rennt,

dann zeigte ich so manches mal

die Hexenglut mit Wiederhall.

Wenn meine Hand die Wange traf,

dann guckte jeder wie ein Schaf,

wenn Friedlichkeit so ausgenutzt,

Beherrschung einmal weggeputzt,

dann fuhr das Feuer aus dem Haar

in alle Glieder wunderbar.

Dann liefen SIE und waren still,

ein herrlich freies Fuchsgefühl.

Jetzt leuchtet mir der Kopf nicht mehr,

es ist so schad, es fehlt mir sehr.

Von mal zu mal bei dem Frisör

erblaßt mir weiter mein Kulör,

nicht einzeln mehr die Haare grauen,

nur Sonnenschein läßt manchmal schauen,

wie früher war die Farbenpracht,

die mich zum "Goldlöckchen" gemacht.

6.4.2019

Struppi

Struppi war mein kleiner Hund,

heiß geliebt, doch gar nicht weich,

Wolle-Holz war in ihm drin,

Kunstfell struppig, dünn geschleift,

Freundin dreistet sich ganz bös,

ihn an seinem Schwanz zu ziehn,

meine Hand flog durch die Luft,

zischt zu ihrer Wange hin,

eh ich dachte, klatschte es,

Freundin schreit, ich tröste Strupp,

daß sie hatte Brüder drei,

das war mir grade herzlich Schnupp.

29.6.2019

Lachen im Keller ?

Zum Lachen in den Keller gehn?

Warum denn nicht, ich werd mal sehn.

Im Keller lagert mancher Schatz,

für den ist oben wenig Platz,

für andre ist es ohne Wert,

Erinnerung es MIR beschert.

Im Keller ist es duster,

da wohnt ein armer Schuster,

der möchte gerne auch mal lachen,

drum werd ich ihm ne Freude machen,

wir lachen unten im Duett,

und haben es so fröhlich nett.

Und als ich einmal klein war, da hatten wir nen Hocker,

den hab ich immer umgedreht, da spielte ich ganz locker

das Spiel mit diesem Schuster,

im Keller, ach so duster

Ich spielte ganz alleine, doch Hocker haben Beine,

mit Fantasie und Augen zu,

von Bein zu Bein, wer bist denn du,

die welche Puppe mag es sein,

wer sitzt grad hier an DIE - SEM Bein.

Zum Lachen in den Keller,

da wird der Keller heller,

mit Büchern aus der Kinderzeit,

was eigne Kinder jetzt erfreut,

das kann den Sinn mir machen,

in den Keller gehn zum Lachen.

29.7.2019

Bengel-Flügel

Hätte ich Flügel, dann wär ich ein Engel,

doch Mutter sagte, ich wär ein Bengel.

Hitzkopf und explosiv, ärgert man mich,

denk gegenan und geh gegen den Strich,

will nicht acceptieren, was sich so gehört,

witzlose Regeln: das ist, was mich stört.

Ein Hemmschuh aus "Das tut man nicht"

ein Knebel für "So man nicht spricht"

Die Klappe für "sieh da nicht hin"

"Das sollst du nicht, bringt nicht Gewinn"

Der Mund verboten für meine Fragen !

"was sollen denn die Leute sagen"

"Lauf nicht durch Pfützen, das macht Dreck"

Hältst du dich dran, dann bist du WECK-K-K !!

16.3.2020

Du warst ein Mädchen

Kochen, putzen und sich schmücken

ist der Weiblichkeit Entzücken.

Wohnraum pflegen, Handarbeiten,

Behaglichkeit um dich verbreiten.

Mädchen, sei dafür bereit,

dann hast du ´ne gute Zeit.

"Mamma, ach, ich mag das nicht,

das mir so dagegen spricht,

bin ich auch ein Mädchen nur,

geh ich gern auf freier Spur.

Kletter lieber in den Bäumen,

als mit Seifenwasser schäumen,

Nadel, Faden sind so schwer,

bleibt der Kochtopf auch mal leer,

hab getobt mal draußen rum,

bin verdreckt? Dann sei es drum !

19.5.2020

Die Zeit so fern und doch so nah,

als blieb sie stehn und wär noch da,

wir fühlen uns noch immer jung

im Atem der Erinnerung.

8.8.2019

Vadder, kumm wedder

Vadder is in Rußland bleben,

wo he is, dat weet wi nich,

hett ok all de Johr nich schreben,

keem he doch nu bald torüch.

Doch ik weet dat, eenmal heff ik

sehn di in din goot Gesicht.

Müß mi ober seggen laten:

Blots een Droom, mehr weer dat nich!

Och min Vadder, kumm doch wedder

ik vermiß di doch so dull.

All min Sehnen, all min lengen

dorvun is min Hart so vull.

Doch ik weet dat, du kümmst wedder,

eenmal steihst du vör de Döör,

dat wi kennt di denn ok beter

Moder sorgt schon jetzt dorför.

Dorüm maakt wi uns keen Sorgen,

eenmal bist du wedder dor -

kümmst du hüüt nich, kümmst du morgen

oder villicht nächstet Johr.

Doch de Tied lött sik nich stoppen,

Jahr um Jahr geiht dor in gruus !

To Gewohnheit wart dat Töben, -

doch du keemst nie mehr na Hus.

2.12.2001

Schneckengang

Ich bin die Riesenschnecke bin ganz aus Stein

ich rühr mich nicht vom Flecke, das kann nicht sein,

Kann keine Schleimspur machen, hab auch kein Haus,

und kommt der große Bagger, reiß ich nicht aus.

Ich bin so groß gewachsen - von Menschenhand,

dem Kleingetier zu geben - ein Heimatland

Aus Spalten und aus Ritzen das Leben quillt,

im Winter Maus und Käfer und Igel chillt.

Am Eimersee zu wandern ist Freizeitglück

gehst du den Schneckengang mußt du dann auch zurück,

Spirale bis zum Kern und kommst im Centrum an,

verweilst ein paar Minuten und wendest dann.

Geht deine Runde weiter, dann bleib ich hier.

Ich hab so viel Gesellschaft, das glaube mir.

In Blumen und in Gräsern es tummeln sich

die Bienen, Hummeln, Käfer: Ein Fest für mich.

9.6.2019

Walzer

Tanzen wollt ich, Walzer tanzen,

Schwester, komm und zeig es mir

Tisch und Stühle schieb beiseite

Platte an, jetzt schwofen wir.

Links herum und eins, zwei, drei

Freude, Lachen, welch ein Spaß

große Schwestern sind ein Segen

große Schwestern können das.

Später mußte ich erkennen,

nicht einjeder kann das gut,

mancher tanzt wie eine Feder

doch bei manchem weh es tut.

Denkt er gar, er ist ein Meister

tanzt zum Walzer Tangoschritt,

mußt den Walzer überhören,

sonst kommst du dabei nicht mit.

Walzertanz mit einem Könner

Hochgenuß bei diesem Schwung

ist nach Jahren unvergleichlich

Schatz in der Erinnerung.

Sind dahin, die guten Tänzer

darum tanz ich jetzt allein

klingt ein Walzer in den Ohren,

schwinge ich mein Walzerbein.

22.3.2019

Krämerladen

Es krämerte die Minna rum

im Krämerladen, und warum?

Die Minna brauchte das zum Leben,

der Krämerladen gab´s ihr eben,

und ich beneidete den Sohn,

und wollt Ihr wissen auch, warum?

Ich hab gedacht, der hat ja ALLES,

im Krämerladen jeden Falles,

will er mal naschen, sei es drum,

schleicht er im Krämerladen rum.

3.5.2020

Ringelnatter

Landschulheim am frühen Morgen,

barfuß durch das nasse Gras,

rutscht was unter meinem Fuß,

ach herrjeh, was ist denn das,

seh da grade was verschwinden,

schwarz und glänzend, blitzeschnell,

gleitet elegant und lässig

in den Teich, es leuchten grell

an dem Kopf zwei helle Flecken,

pflügt mit Schlängel-Wellengang

eine Ringelnatz durchs Wasser,

Schreck war heftig, doch nicht lang.

26.04.2019

Sonnenbrand

Sonne pur auf meiner Haut,

liebt mich so, dass Blasen treiben,

Kindersommer Jahr für Jahr,

schmerzhaft Kleider an mir reiben,

Freunde spielen in der Sonne,

Schattendasein, abgegrenzt,

Wolken waren eine Wonne,

wenn die Sonne einmal schwänzt.

1.7.2019

Wegbegleiter

Blick zurück in alte Zeiten,

und jetzt sitz ich hier und träume,

und durch mein Erinnern wandern

Wunder-Meilensteine-Bäume,

manche Bäume war´n nur da,

Bäume tausendfach im Wald,

Wälder haben eignes Wesen,

haben eigenes Gehalt.

Doch die Bäume meines Lebens

sind Begleiter einer Zeit,

sie sind da wie alte Freunde,

geben Zeit und Raum Gestalt.

29.10.2019

Blitzangst

Blitze, Donner, Dunkelheit,

aufstehn, Kinder, es ist Zeit,

nah am Dorf es lichtert hell,

trifft der Blitz, dann brennt es schnell.

Reetgedeckt ist jedes Haus,

schlaft ihr noch - kommt ihr nicht raus!

Halb im Schlaf, total verschreckt

Mutter hat uns aufgeweckt,

angezogen, angsterfüllt,

draußen Sturm und Donner brüllt,

Papiere, die so wichtig sind

für Mutter und für jedes Kind

liegen auf dem Tisch bereit,

können raus zu jeder Zeit.

Es verklingt der Donnerschall,

wir zählen jedes Intervall,

Wetterleuchten in der Ferne,

schwach erscheinen erste Sterne:

"Ausziehn, Kinder, ab ins Bett,

morgen ist es wieder nett."

2.6.2019

Nostalgie

Sauerampfer an der Böschung,

Sonnbeschienen, staubbedeckt,

nackte Füße, Haut verbrannt,

Gesicht und Arme schweißgescheckt.

Kinderzeit im kleinen Dorf,

Ferienhäuser gab´s noch nicht,

Auto einmal in der Woche

und die Nächte ohne Licht.

Damals war es nicht nostalgisch,

damals war es einfach so,

und wir fühlten uns geborgen,

doch manchmal warn

auch wir nicht froh.

Kinderzeit ist Kinderzeit,

manchmal fröhlich,

manchmal schwer,

doch noch einmal

sich erinnern,

das erwärmt

das Herz so sehr.

19.2.2020

Sommerfreuden

War von der Kuh der Fladen trocken,

heiß von der Sonne: Ab die Socken,

Schuhe auch noch aus dazu,

probierten wir das von der Kuh,

mit den Füßen draufgestellt

ob die Kruste jetzt auch hält,

brach man durch den Fladen heiß,

lachten wir ob diesem Scheiß.

31.1.2020

Aus Kindern werden Leute

Kinder wachsen, werden groß,

wollen nicht mehr auf den Schoß.

Wollen eigne Wege gehen,

und allein die Welt besehen,

Suchen sich erwachs´ne Spiele,

neue Menschen, neue Ziele,

irgendwann ist es gelungen:

Ein Leben voll Erinnerungen.

2019

Strickmuster

Meine Mutter konnte stricken,

eigne Muster ausgedacht,

alte Sachen aufgerippelt,

für uns Neues draus gemacht.

Andre Mütter schauten, zählten,

wollten diese Muster auch,

zeig es uns doch, wie du rechnest,

wie wird Harmonie daraus.

Schaut nur selber bei den Kindern,

euch zu zeigen? Keine Zeit,

bin allein mit meinen dreien,

nur für SIE bin ich bereit.

Und sie strickte für mein Leben

Muster klar und strickbereit,

ich hab es dann aufgerippelt,

mich davon mit Macht befreit.

Gut gemeint, so war ihr Muster,

zeigte mir ein Leben auf,

das sie sich für mich erhoffte,

doch ich nahm den eignen Lauf.

Dankbar dafür, was du schafftest,

liebe Mutter, Dank dafür,

selbstbestimmt doch muß ich leben

eignes Leben, Jetzt und Hier.

17.6.2019

Begrüßung

Von der Schule heimgekommen,

ging als Hexe ich zum Ort,

bei der letzten Straßenbiegung

saß die Mohrle wartend dort.

Wenn ich mich zum Streicheln neigte,

hockte ich mich vor sie hin,

sie stieg gleich mir auf die Schulter,

kuscheln hatte sie im Sinn.

Und da blieb sie schnurrend sitzen,

bis ins Dorf ich kam nach Haus,

und die Leute sagten schmunzelnd,

seht mal da, die schwarze Katze,

so sieht eine Hexe aus.

3.11.2018

Fantasie

nicht immer gut.

Dunkel war es hinterm Fenster

vor der Küche in der Nacht,

brannte drinnen helles Licht,

dann hat es oft mir Angst gemacht.

Draussen war nur nacktes Nichts,

mir war verborgen, was da war,

doch jeder könnte MICH dann sehn,

in heller Küche, viel zu klar.

Und käme jetzt ein wilder Stier,

vom Garten her ins helle Licht

angestürmt auf wilden Hufen,

ungebremst das Fenster bricht.

Dünne Scheiben würden splittern,

meine Kehle bremst den Schrei,

und dann mach ich schnell das Licht aus,

und ich atme wieder frei.

9.3.2020

Sehnsucht

Ach Mutter, du wolltest

so gern durch mich glänzen,

so peinlich es war, aber stolz war ich schon,

erreichte mein Ziel, doch dann gab es Grenzen.

Sie wollte noch weiter, ich wollte den Lohn.

Ich wollte die Kinder ins Leben begleiten,

mit ihnen zu sein war immer mein Plan,

als Chef im Büro, wenn auch für die Kinder

inmitten nicht sein, das ödet mich an.

Sie war so enttäuscht,

daß Aufstieg nicht lockte,

sie ließ es mich fühlen ich war ohne Wert,

hab dann auch den falschen Mann

noch genommen und endgültig

war dann nur alles verkehrt.

Jetzt bin ich so alt wie sie war, als sie ging,

so manches seh ich im anderen Schein,

die Lyrik von mir kam leider viel später,

sie würde jetzt wieder so stolz auf mich sein.

Ach Mammilein, ach Mammilein,

auch eine Art zu Lieben:

Stolz zu sein.

24.6.2019

Muttertag

Sumpfdotterblumen zum Muttertag,

ich wusste, an welchem Bach ich sie fand,

und Wiesenschaumkraut und Gänseblümchen

mit Schlüsselblumen zu Sträußchen ich band.

Doch einmal band ich aus herrlich gelbem Löwenzahn,

für die Mutter dann aus leuchtenden Sonnen

den allerschönsten Strauß - wie ich fand - -!

Da hab ich kein Lächeln, kein Lob bekommen.

So böse sie schaute: "Was bringst du mir!

Nur Hundeblumen hast du gefunden?"

Da bin ich mitsamt meinem schönsten Strauß

enttäuscht aus dem Hause ganz schnell

verschwunden.

5.5.2020

Anno Dazumal

Der Hulahupp hat mich gezwickelt,

die Bandscheiben sind noch immer verwickelt,

für Gummitwist war ich da schon zu alt,

konnt nicht erfassen, was das denn wohl sollt´,

doch Hüpfekästchen war Hinkepot,

das konnte ich gut, da war ich im Lot,

und Gummiballzehner gegen die Wand,

da hatte ich auch einen guten Stand.

Das alles sieht man heute nicht mehr,

es ist ja auch schon so lange her.

2019

Frühjahrsputz

Oh, so eng war unsre Stube,

Polsterstühle, Eichentisch,

grüner Plüsch auf schwerem Sofa,

Frühjahrsputz macht alles frisch.

Bohnerwachs auf braunem Boden,

spür noch heute diesen Duft,

wenn durch festgehakte Fenster

strömte rein die Frühjahrsluft.

Winterdunst und Staub in Ecken,

Spinngewebe hinterm Schrank,

alles flüchtete mit Schrecken

wenn man diese Nester fand.

Weißgewaschene Gardinen

wehten duftig neu und frisch

wenn die ausgeklopften Stühle

wieder standen um den Tisch.

7.3.2020

Vorbei, vorbei Vergangenheit,

Das Leben ist Vergänglichkeit

Vor langer Zeit Wir waren jung,

Doch leuchtet noch

Erinnerung

Lyrischer Regenbogen

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