Читать книгу Der Plot H. Heine 2 - Irene Pietsch - Страница 8
ОглавлениеDer Vertrag von Venlo, wo Nijmegen als Tribut aus dem Spanischen Erbfolgekrieg Spanien zugeschlagen wurde, ist für unsere Recherchen ähnlich aktuell wie Stolberg-Stolberg. Venlo hörte nie auf, Grenzstadt zu sein. Je grüner die Grenze sonst wurde, umso höher wurden dort die Messlatten vom Zoll, Interpol und Bundesgrenzschutz gelegt. Würde man sämtliche Schmuggelware der Jahre vor Einführung des Euro, als Venlo noch einen Gemüse- und Blumen- wie auch einen Viehmarkt hatte, fliegende Händler und an jeder Ecke, in jeder Bude und jedem Gasthof Wechselstuben, auf die nunmehr wenigen Bahnsteige des Provinzbahnhöfchens packen, wäre von Venlo nicht mehr viel zu sehen.
Wie 2018, als die Urlauber sich im Vorarlberg und Arlberg mit Rauchzeichen aus den Hütten melden mussten. Ganze Prozesse drohten auf der Piste zu bleiben oder in Lawinen zu ersticken.
So ungefähr. Noch im 20. Jahrhundert berief sich Carlos aus dem Hause Bourbon-Parma und Ex-Ehemann von Prinzessin Irene, älteste der jüngeren Schwestern von Königin Beatrix der Niederlande, auf den Vertrag von Venlo. Es half nichts, auch nicht, dass die protestantische Prinzessin zum römischen Katholizismus konvertierte und damit sowohl ihre Familie – damals Königin Juliana aus dem Hause Oranien und Prinz Bernhard aus dem Hause Lippe-Biesterfeld –, sowie die Untertanen bis zur Maas befremdete. Der andere Carlos, der mit dem Orden wider den tierischen Ernst, auch mit Lilien und mit Bourbonenzentren in Frankreich wie Lyon, machte das Rennen um den spanischen Thron.
Täterä.
Hatte einer der Carlosse zu hoch gepokert?
Was zu prüfen wäre. Wie bei Heinrich Heine, der an seine Schwester Charlotte Embden einen beinahe telegraphisch kurzen Bericht zur bereits vollzogenen Eheschließung gab. Der einzigen. Mehr hat er sich nicht gegönnt. Er steht zu befürchten, dass er anlässlich der privaten Prunksitzung sogar den Toast auf sich und seine Braut selber ausbrachte.
„Tollität,
Sie haben es so gewollt. Prost!“
Täterä.
Eine „Sie Villa Carlotta“…
Alle anderen Beziehungen blieben unvollendet, was nicht hätte sein müssen. Heine war aus früher Erfahrung mit Existenzängsten bindungsschwach, was es ihm andererseits leicht machte, neue Kontakte zu knüpfen, ohne alte ein für allemal ad acta zu legen. Der sogenannte Bund für’s Leben muss bei ihm deswegen nicht unbedingt als Schwächeanfall ausgelegt werden, sondern als Wink einer Obrigkeit, die ihm sonst Handschellen verpasst hätte. Heine war zwar der Ansicht, sich nie verpflichtet zu haben, vertrat jedoch damit eine Überzeugung, die nicht von allen geteilt wurde.
Wollen Sie damit sagen, er wäre Parteigänger geworden?
Im Zweifelsfall war Heine immer sein eigener Parteigänger. Wenn die Stimmung nicht so arg gegen das Kapital und gegen Juden insgesamt gewesen wäre. Denken Sie an die französisch - deutsche Affäre Dreyfus! Mit einem Fuß in Frankreich,mit einem in Deutschland und mit einem im Gefängnis.
…wäre Heine Abgeordneter der Nationalversammlung geworden und hätte Beate Klarsfeld als Vorbild gedient? Ihr Auftritt hat viele animiert. Die Grünen ließen Falschgeld regnen. Das Bundestagspersonal sammelte es ein. Aber lassen wir das.
D’accord. Erst einmal die etwas schräge Vermählungsanzeige von Heine, dann können wir weiter überlegen:
Paris 13. September 1841
Theuere vielgeliebte Schwester!
Erst heute bin ich im Stande Dir officiel meine Vermählung anzuzeigen. Den 31. August heurathete ich Mathilde Creszentia Mirat, eine hübsche, junge Person mit der ich mich schon länger als sechs Jahre tagtäglich zanke.
Soll das der Echtname der Herz Dame gewesen sein? Nicht etwa Xanthippe von Wesel oder Mathilde von Bellafontana?
Heine hätte von Emile Zola – Journalist und Aufklärer der Dreyfus Affäre, weswegen er nach England ins Exil gehen musste – einiges an sozialem Realismus als Nährboden für sexuelle Übergriffigkeiten lernen können.
Zola ging es darum, dass nichts so oder oh là là zu sein hat, wenn es darum geht, diejenigen dingfest zu machen, die versuchen, Spuren zu verwischen. Cancan gehörte für ihn in Jacques Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“ und sonst nirgendwo hin.
Der andere große Berichterstatter internationaler und Pariser Umstände war Victor, das walte Hugo. Im vorigen Jahrhundert fand man ihn wert, dem vergnügungssüchtigen Volk seine „Die Elenden“ (Les Misérables) als Musical schmackhaft zu machen. In Hamburg, der Musicalhochburg Deutschlands, lief das mäßig. Wenn schon Unterhaltung, dann richtig. Inzwischen ist man aber an Kurzläufe gewöhnt. Dafür werden noch mehr Musicals – früher Operetten - geschrieben. Nichts, was nicht niveaulos dargestellt werden könnte. Den Leuten reichen zwei Akte. Im ersten können sie sich auf den zweiten und den Schampus danach freuen. Die Operetten wurden im Zuge der Versingelung altmodisch, haben aber an Inhalten nicht viel eingebüßt.
Apropos Versingelung: Das Niederländische – auch das Nijmegische – und das Englische sind ja verwandt, nur dass Westminster Abbey nicht einem Börsensaal gleicht, wie die Nieuwe Kerk in Amsterdam es tut. Und bewiesen ist, dass die für eine Witwe erstaunlich vielseitigen Handels- aktivitäten von Heines Mutter van Geldern bis nach England reichten. Die Waal wird der Maas an Bedeutung gleichsetzt und Oostende Hoek van Holland.
Was war denn noch gerade mit Cumberland?
Johannisbeergelee und Kronsbeeren mit Madeira und einem Achtel Fingerhut Dijon Senf verfeinert zum Kalten Braten. Ausschließlich Beef. Auf keinen Fall „well done“, sondern „medium“ bis „rare“. Zergeht auf der Zunge. Es ist, als ob‘ste schwebst, würde der Berliner sagen.