Читать книгу Streiche im Doppelpack - Irina Kostić - Страница 8
ОглавлениеZwilling, Drilling, Vierling
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„Hast du schon mal vom größten Knopf der Welt gehört? Das ist der hier, glaube ich“, staunt Anna und hält einen blauen, wirklich riesigen Knopf in die Luft. „Der größte, den ich je gesehen habe.“
„Zeig mal“, interessiert sich Jule. Sie schiebt Mamas große Knopfkiste zur Seite und beugt sich zu ihrer Schwester hinüber. Nickend sagt sie: „Bestimmt ist der von Opa Karl. Der hat doch so einen dicken Bauch. Mit einem kleinen Knopf würde seine Hose bestimmt keine zwei Minuten halten.“
„Ja, höchstens zweihundert Sekunden oder so“, bestätigt Anna ernst. Sie hält sich den Knopf vor die Augen und versucht, durch die kleinen Löcher hindurch zu sehen: „He, jetzt sehe ich dich in vier Teilen“, stellt sie freudig fest. Dann taucht sie ihre freie Hand tief in die Knopfkiste ein. Das fühlt sich toll an. Die kühlen Knöpfe streicheln die Haut und machen ein klackerndes Geräusch.
„Ich habe eine Idee: Du nimmst dir einen Knopf, aber ohne hinzusehen. Und dann musst du mir sagen, welche Farbe er hat, ja?“, schlägt Jule vor.
Anna schüttelt ihren Kopf und den großen blauen Knopf, den sie immer noch in der Hand hält. „So ein Quatsch! Das geht doch gar nicht“, ruft sie.
Als Anna sich gemütlicher hinsetzen möchte, stößt ihr Bein gegen die Knopfkiste. Die Kiste fällt um und alle Knöpfe kullern auf den Boden.
„Uih, sind das viele“, staunt Jule. Ein schöner Haufen Knöpfe liegt vor ihnen. Jule streicht mit der Hand darüber. Jetzt liegen die meisten Knöpfe flach nebeneinander. „Guck mal, hier ist der kleine Bruder vom großen blauen Knopf. Bestimmt hatte Opa Karl den hier immer an seinem Ärmel.“
„Dann brauchen wir aber zwei davon“, bemerkt Anna. „Opa Karl hat doch zwei Arme.“ Beide Kinder beugen sich über die Knöpfe. Sie schieben vorsichtig die Knöpfe von links nach rechts. Da gibt es grüne Knöpfe und weiße, dickere und dünnere, größere und kleinere. Manche Knöpfe sehen sogar aus wie ein Elefant oder wie ein Auto.
„Was suchen wir noch mal?“, fragt Anna nach einer Weile.
„Arm“, nuschelt Jule.
„Ach ja, den Arm von Opa Karl!“, sagt Anna begeistert.
In dem Moment kommt Mama zur Tür herein: „Bitte was sucht ihr? Den Arm von Opa Karl? Ich bitte euch. Opa Karl erfreut sich bester Gesundheit. Seinen Arm werdet ihr hier nicht finden.“
Anna und Jule sind hochgeschreckt. Dann lächeln sie kurz und beugen sich wieder über ihr kleines Meer aus Knöpfen.
Mama setzt sich neben die Kinder und fragt: „Was sucht ihr denn nun?“
„Knopf, Knopf, Knopf …“, antworten Anna und Jule wie zwei Roboter.
Plötzlich zeigt Jule auf zwei gleiche, rote Knöpfe und ruft: „Zwillinge! So wie wir!“
Anna sieht aber noch einen roten: „Nein, das sind Drillinge!“
„Oder Vierlinge?“, lacht Mama und deutet auf einen weiteren roten Knopf.
„Warum sind wir nur Zwillinge, also nur zwei Kinder? Warum sind wir nicht drei?“, fragt Anna.
Mama schnauft: „Ich bin sehr froh, dass ihr nur zwei seid. Ich habe zwei Kinder und passend dazu zwei Arme an meinem Körper. So kann ich jedes Kind prima in den Arm nehmen und niemand muss warten.“
„Eine Knopf-Mama hat gar keine Arme“, stellt Jule fest. Sie baut gerade einen kleinen roten Knopfturm, der aber sofort wieder umfällt. „Wie macht das eigentlich Gott, wenn er die Menschen tröstet?“, fragt sie. „Papa sagt, Gott kann uns alle trösten. Wie viele Arme hat denn Gott?“
Mama zuckt mit den Schultern. „Niemand weiß, wie Gott aussieht. Aber trösten kann er fantastisch gut. Das haben schon viele, viele Menschen erlebt. Mehr Menschen, als ihr hier Knöpfe seht.“ Mama nimmt eine Handvoll Knöpfe und lässt sie zurück in die Knopfkiste rieseln. „Und das Tolle ist: Wenn Gott uns tröstet, können wir andere Menschen auch trösten.“
„Ich weiß nicht, ob Gott mich schon mal getröstet hat“, überlegt Jule.
Mama sagt: „Manchmal sind Menschen so traurig, dass sie sich gar nicht vorstellen können, irgendwann wieder fröhlich zu sein. So, so traurig sind sie. Und trotzdem kann Gott Trost schenken. Das tut er zum Beispiel, indem er tröstende Gedanken schenkt oder einen tröstenden Telefonanruf. Oder er schickt jemanden vorbei, der den traurigen Menschen einfach nur in den Arm nimmt und für ihn da ist.“
„Und wenn er wieder fröhlich ist, dann kann er einen anderen trösten“, versteht Anna. „Also, ich bin fröhlich. Dann kann ich dich trösten, Jule, weil du keinen zweiten blauen Knopf gefunden hast.“
Jule nickt eifrig: „Und zusammen gehen wir dann Opa Karl trösten – der Arme kriegt ja ohne Knopf seine Hose gar nicht zu!“