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4. Kapitel

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Rafael

Trotz des herrschenden Männermangels legte ich eine Pause ein. Mit Inés zu tanzen, war großartig, aber ihr dabei zuzusehen, ein besonderer Genuss und ich gab mir Mühe, sie nicht allzu auffällig zu beobachten.

Ihre Bewegungen waren geschmeidig und voller Lebensfreude. Ihr Hüftschwung weckte Fantasien, die mein Blut in tiefere Regionen leiteten. Wie sie sich wohl beim Sex bewegte?

Erschrocken über mich selbst, schüttelte ich den Kopf, griff nach meinem Weinglas und leerte den letzten Rest. Was war nur in mich gefahren, so anzügliche Gedanken zu wälzen?

Ich hatte Lorenzos Gewohnheit, alle Gelegenheiten bei Frauen zu nutzen, immer ein wenig befremdlich gefunden. Mich selbst hatte ich nie als triebgesteuert eingeschätzt, aber Inés hatte etwas an sich, das mir komplett den Kopf verdrehte und mich offenbar in einen Schwanzdenker verwandelte. Aber genau genommen, schien es mehr, als das zu sein. Warum war ich derart enttäuscht, dass sie meinen Vorstoß bezüglich des Tanzabends so rasch abwiegelte? Was wollte ich von ihr? Der Typ für schnelle Abenteuer war ich nie gewesen, und auch wesentlich jüngere Frauen – und dazu zählte sie für mich mit geschätzten sieben oder acht Jahren Altersunterschied – hatten mich nie sonderlich interessiert. Aber Inés ...

Nun brachte Enrique sie wieder zurück an unseren Tisch und sie ließ sich mit einem zufriedenen Seufzen auf ihren Stuhl fallen. Sie griff nach der Wasserflasche und stellte sie mit deutlichem Bedauern wieder zurück, als sie merkte, dass sie leer war.

»Darf ich dir noch etwas zu trinken bringen? Du siehst erhitzt aus.«

»Bin ich auch!« Sie zupfte sich mit den Fingerspitzen einige Haare von der schweißnassen Stirn und lächelte mich dankbar an. »Wenn du noch eine Flasche Wasser organisieren könntest, wäre das super!«

»Nur Wasser? Oder noch ein Glas Wein oder Orangensaft?«

Sie warf einen Blick zur Bar hinüber, wo Lorenzo mit einem seiner Kollegen sprach. »Was meinst du, ob mir Carlos noch einen Aperol-Spritz mixt?«

»Wenn du damit den Mann hinter der Theke meinst, bin ich zuversichtlich.« Ich lächelte sie an, stellte aber gleichzeitig überrascht fest, dass ich verstimmt war, weil sie seinen Namen wusste. Das war doch wirklich lachhaft! Ärgerlich über mich selbst stand ich auf und kümmerte mich um ihre Getränke.

Während Carlos damit beschäftigt war, den Cocktail zuzubereiten, blickte ich zurück zu unserem Tisch. Es erfüllte mich mit Genugtuung, dass sie eine Aufforderung zum Tanzen mit einem freundlichen Kopfschütteln ablehnte. Weniger prickelnd fand ich allerdings, dass der Typ meine Abwesenheit dazu benutzte, sich an ihrer Seite niederzulassen. Hoppla, was dachte ich denn da? Seit wann war ich so besitzergreifend? Ich bedankte mich beim Barkeeper und kehrte mit Wasserflasche und Aperol-Spritz zu meinem Platz zurück.

Erst als ich näher kam, wurde mir klar, dass der deutlich jüngere Mann ein Bruder der Braut war, was mich ihm gegenüber freundlicher stimmte. Wenn Inés und Angelina seit zwanzig Jahren befreundet waren, kannte sie den Typen vermutlich schon, als er noch ein Kind war.

Ich goss Wasser in Inés’ Glas, während sie einen großen Schluck von ihrem Cocktail nahm. Dann schenkte sie mir ein strahlendes Lächeln, das mir beinahe den Atem nahm. »Danke, du hast mich gerettet!«

»Immer gerne.« Oh, wie schlagfertig!

»Alonso hat mir gerade erzählt, dass er vor Kurzem seine eigene Autowerkstatt eröffnet hat. Alles, was er jetzt noch braucht, sind reichlich Kunden. Was ist mit dir?« Sie zwinkerte mir zu.

Ich fragte mich, ob es mir bei Inés Pluspunkte einbringen würde, dem Jungunternehmer einen Auftrag zu erteilen. Doch wofür genau wollte ich die eigentlich sammeln? Bevor ich diese Frage weiter verfolgen konnte, schwenkte ich meinen Blick lieber zu Angelinas Bruder.

»Für meine Transporter läuft ein Wartungsvertrag.« Es war die Wahrheit, die ich in einem entschuldigenden Tonfall vorbrachte.

»Das ist kein Problem. Ich hätte Sie ohnehin nicht darauf angesprochen.« Alonso wirkte tatsächlich so, als wäre es ihm peinlich, dass Inés sich für ihn eingesetzt hatte. Das und auch seine Höflichkeit gefielen mir.

»Wir können uns aber gerne duzen. Schließlich gehören wir als Brüder der Brautleute jetzt ja zur selben Familie.« Ich streckte ihm die Hand entgegen und nannte ihm zur Sicherheit meinen Vornamen, für den Fall, dass auch bei ihm in den Vorstellungsrunden nicht viel hängen blieb. »Bei meinem Privatauto ist allerdings demnächst die ITV-Plakette und das jährliche Service fällig. Würdest du das übernehmen?«

»Ja, sicher!« Der Mechaniker nickte eifrig und nestelte eine Visitenkarte aus der Tasche seines Sakkos, um sie mir über den Tisch zu schieben. »Bitte einfach anrufen, dann machen wir einen Termin.«

Angelina kam zu uns an den Tisch. »Na, amüsiert ihr euch?« Sie legte ihrem Bruder die Hand auf die Schulter. »Ciara sucht nach dir. Ein nettes Mädchen.«

Er drehte sich zu ihr um. »Ja, aber wir sind ganz frisch zusammen, also bitte noch keine Hochzeitspläne machen, okay?«

Angelina lachte. »Weiß ich doch, aber ich freue mich, dass du sie mitgebracht hast. Es ist schwierig, eine ausgewogene Gesellschaft zusammenzubringen, wenn man nur Brüder und Schwäger hat, die alle noch Single sind.« Sie zwinkerte mir zu.

»Und schwule Freunde.« Alonso blickte zur Tanzfläche, wo sich Enrique und Florian bei einem Quickstepp verausgabten. »Sind cool, die beiden.« Das klang anerkennend. Ein weiterer Pluspunkt für den jungen Werkstattbesitzer.

Eine zarte Blondine in einem hautengen Kleid näherte sich. »Da bist du ja! Komm, ich hab Lust zu tanzen!«

Alonso sah nicht absolut begeistert aus, fügte sich jedoch seinem Schicksal, ergriff ihre ausgestreckte Hand und ließ sich von ihr in die Mitte ziehen, wo soeben die ersten Töne eines ruhigeren Stückes angespielt wurden.

Inés lauschte, dann sah sie mich an und zuckte auffordernd mit den Augenbrauen. »Langsamer Walzer.«

Als hätte sich die Band für uns verschworen, spielten sie drei langsame Schmusesongs hintereinander. Beim Walzer hatten wir noch die korrekte Tanzhaltung, doch mit jedem weiteren Stück gingen wir enger auf Tuchfühlung. Inés so dicht an mich geschmiegt zu fühlen, steigerte mein Verlangen nach ihr ins beinahe Unerträgliche. Ihr Duft stieg mir in die Nase, ein Hauch Parfum, eine Prise frischer Schweiß. Ich konnte nicht verhindern, sie spüren zu lassen, wie sehr sie mich erregte. Doch, statt peinlich berührt abzurücken, schien sie es zu genießen und sich an meiner Erektion zu reiben. Ich blickte ihr ins Gesicht, in ihre wunderschönen Augen, mit denen sie mich unverwandt und mit einem wissenden Funkeln ansah. Am liebsten hätte ich sie hochgehoben und wäre irgendwo mit ihr im Gelände verschwunden, um sie im Mondschein zu vernaschen. Mein Gott, wie konnte sie mich nur so an meine Grenzen treiben? Ich kannte mich selbst kaum wieder, doch gleichzeitig fühlte ich mich so herrlich lebendig und wollte mehr davon. Mein ganzer Körper pochte, als ob jede Zelle nur noch darauf ausgerichtet war, sie zu fühlen.

Die Musik verstummte. »So, Leute, das war’s!« Der Bandleader verpasste meiner Hochstimmung einen Dämpfer. »Angelina, Lorenzo, es war uns eine große Ehre, auf eurer Hochzeit zu spielen und euch und eure Gäste zu unterhalten. Wir wünschen euch noch einen wundervollen Abend und eine gute Nacht!« Hinter ihm fingen die Musiker bereits an, ihre Instrumente zu verstauen, während alle Anwesenden enthusiastisch applaudierten. Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr und stellte überrascht fest, dass es tatsächlich bereits nach zwei Uhr morgens war. Wir kehrten zu unserem Tisch zurück und machten uns gierig über das Wasser her. Erst jetzt fiel mir auf, dass sich offenbar viele Gäste verabschiedet hatten, während wir auf der Tanzfläche gewesen waren.

Minuten später erklang wieder Musik aus den Lautsprechern, allerdings nur vom Band. Bedauernd stellte ich fest, dass mit dem Abgang der Musiker endgültig die Luft aus dem Fest heraus war. Langsam kühlte ich ab und mein Hormonspiegel bewegte sich wieder in Richtung Normalmodus. Gleichzeitig wurde mir klar, dass ich mich von Inés fernzuhalten hatte. Ich war kein Aufreißer und auf der Hochzeit meines Bruders die Trauzeugin zu verführen, war ein Klischee, das ich nicht zu bedienen vorhatte.

Sie gähnte verstohlen. Es war ein langer, emotionaler Tag für uns alle gewesen. Zeit, ins Bett zu gehen. Glücklicherweise hatte uns Papa seine Gästezimmer angeboten.

Angelina und Lorenzo würden auf der einen Seite des großen Gebäudes schlafen, Inés und ich hatten unsere Zimmer neben dem meines Halbbruders Raúl auf der anderen Seite.

Seit Papa vor ungefähr einem Jahr das alte Haus samt Nebengebäuden und einem großen Grundstück mit altem Oliven- und Obstbaumbestand gekauft hatte, war viel passiert. Lorenzo und ich hatten ihm dabei geholfen, den Bau zu renovieren, und das hatte uns in einer Form zusammengeschweißt, die ich zuvor nicht gekannt hatte.

Ich stand auf und trat neben Lorenzo, der sich gerade mit Papa, Sara und Raúl unterhielt. Angelina verabschiedete sich ein paar Tische weiter von Alonso und Ciara. Ihr zweiter Bruder und ihre Eltern waren schon früher gegangen.

»Soll ich mich ans Aufräumen machen?«, bot ich an.

Sara schüttelte den Kopf. »Nein, nicht nötig. Geschirr, Besteck und alles andere, was Matís mitgebracht hat, verladen er und seine Leute selbst.« Dafür hatte ich ihm einen meiner Transporter geliehen, denn normalerweise war Catering nicht sein Ding.

»Für das Hochzeitsfrühstück richten wir am Morgen alles her. Ich gehe davon aus, dass die Brautleute nicht schon um sieben auf der Matte stehen werden.« Papa zwinkerte Lorenzo zu, der schmunzelnd den Kopf schüttelte.

»Das denke ich auch. Schließlich gibt es nur einen Morgen danach. Ich habe noch nie mit einer Ehefrau geschlafen.«

»Zumindest nicht mit deiner eigenen«, konnte ich mir nicht verkneifen zu sagen.

Er knuffte mich mit dem Ellenbogen in die Rippen. »Mit keiner. Jedenfalls, so weit ich es wusste.«

Angelina trat an seine Seite und wir verstummten. Sie wusste natürlich, dass Lorenzo ein Weiberheld gewesen war, aber sie in ihrer Hochzeitsnacht mit der Nase darauf zu stoßen, fand ich nicht besonders passend.

»Nun, dann würde ich mich zurückziehen, wenn es euch nichts ausmacht. Weckt mich bitte, wenn es etwas zu tun gibt.«

»Machen wir«, versprach Sara und streckte sich, um mir einen Kuss auf die Wange zu geben. Diese Geste überraschte mich immer wieder positiv. Unsere Mutter war eine eher kühle Frau und sehr sparsam mit der Demonstration ihrer Zuneigung. Sara war lebhaft, spontan und herzlich und ich mochte sie sehr. Außerdem war ich ihr ehrlich dankbar dafür, dass sie meinem Vater das gab, was er bei seiner ersten Frau so schmerzlich vermisst hatte. Also legte ich meinen Arm um sie und drückte sie kurz.

»Danke für die ganze Mühe, die ihr euch mit der Hochzeitsfeier gegeben habt.« Mein kleiner Bruder war mir wichtig und ihn glücklich zu sehen, machte auch mich froh.

»Da schließe ich mich an.« Lorenzo umarmte zuerst sie, dann Papa. Wieder einmal fiel mir auf, wie natürlich das bei ihm wirkte. Es war für mich offenkundig, dass ich mehr von meiner Mutter in mir hatte, als mir lieb war.

»Und ihr seid sicher, dass ich euch mit dem ganzen Chaos hier alleinlassen kann?«, vergewisserte sich Lorenzo und suchte gleichzeitig mit den Blicken seine frischangetraute Ehefrau.

Vater schmunzelte. »Na klar. Genießt die Hochzeitsnacht, aber vergesst nicht, dass sich ein Minderjähriger auf eurem Stockwerk befindet.«

»Mensch Papa, ich bin doch kein Kleinkind mehr«, protestierte Raúl erwartungsgemäß.

Wir lachten und wünschten einander eine gute Nacht. Da sich Raúl, Inés und ich ein Badezimmer teilen mussten, beeilte ich mich unter der Dusche. Als ich mich wusch, bemerkte ich, wie sensibel und aufgewühlt sich mein Körper anfühlte, und nur der Zeitdruck hielt mich davon ab, mir unter dem warmen Wasserstrahl die nötige Erleichterung zu verschaffen. Dazu hatte ich noch den Rest der Nacht Zeit, in dem Wissen, dass die Frau, auf die ich scharf war wie noch kaum auf eine zuvor, nur ein Zimmer weiter schlief.

Sommertanz & Einhornküsse

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