Читать книгу Überraschungspaket Hund - Isabella Staudt-Millmann - Страница 10
ОглавлениеWir gehen aus
Wir versuchten auch Dingo daran zu gewöhnen, alleine zu bleiben. Mir war aufgefallen, dass er gerne mit mir überall hinging. Er hatte eine perfekte Technik entwickelt, um keinen Schritt von mir zu verpassen. Er schnappte sich im wahrsten Sinne des Wortes einen Rockzipfel und hielt ihn einfach fest. Wenn ich auf dem Sofa saß, dann lag der Hund davor. Stand ich auf um in den Waschkeller zu gehen, dann kam Dingo mit. Immer mit einem Stück meines Rocks im Maul.
Wir fingen mit dem Training an. Das war gar nicht so einfach. Dingo stimmte ein Geheul und Gebell an, das einem die Tränen in die Augen trieb. Also beschlossen wir, die Zeitintervalle, die er alleine verbrachte, langsam zu steigern. In der Anfangszeit bedeutete das allerdings auch, wir mussten den Hund ziemlich überallhin mitnehmen. Die meisten Freunde waren begeistert. Dingo war so ein putziges kleines Fellknäuel, dass man ihn einfach gern haben musste. Gott sei Dank war es August und meistens relativ warm und trocken. Wir gingen oft in Biergärten, dort war es kein Problem Dingo mitzunehmen. Aber nicht alle Freunde waren begeistert. Sei es die Problematik von Hundehaaren, Angst, Allergien und vieles mehr. Wir konnten und wollten unseren Hund doch nicht rund um die Uhr dabei haben.
Selbst so etwas Einfaches wie Einkaufen gestaltete sich mit Hund schwieriger. Wir ließen Dingo im Auto, natürlich mit spaltbreit offenen Fenstern. Allerdings fuhren wir damals ein japanisches Model und noch dazu eine Limousine. Für Dingo war es kein Problem auf die Vordersitze zu gelangen. Wir gewöhnten uns an den Anblick eines Hundes, der auf dem Fahrersitz wartete, bis wir mit unseren Einkäufen wieder zurück waren. Dingo konnte alles steigern – auch dieses Bild.
Wir waren mal wieder in einem großen Supermarkt. Schon beim Rausgehen bemerkten wir eine Menschentraube. Je näher wir unserem Parkplatz kamen, umso dichter wurde die Menschenmenge. Wir schnappten nur Wortfetzen auf, denn irgendjemand drückte permanent auf die Hupe. Wir hörten „wie goldig“ .. „ein hupender Hund“.. und uns war alles klar. Wir sahen genau, was wir erwartet hatten: Unser Dingo auf dem Fahrersitz. Die beiden Pfoten lässig auf dem Lenkrad einen Dauerhupton auslösend und schwanzwedelnd die vielen Menschen betrachten, die lachend um unser Auto herum standen. Für die Zuschauer war es ein Erlebnis uns beim Einräumen und Einsteigen zu beobachten. Wenigstens kletterte Dingo langsam wieder auf den Rücksitz und das Hupen hörte auf. Aber das Gelächter hörten wir noch, als wir einige Meter weit weg waren. Jetzt musste dringend etwas geschehen.
Wir fingen an, Dingo 10 Minuten alleine zu lassen. Wir gingen nur mal runter in den Hof oder in den Keller, denn wir wollten ja hören, was unser Hund für einen Geräuschpegel hatte. Mit der Zeit steigerten wir die Dauer unserer Abwesenheit. An dieser Stelle möchte ich unseren damaligen Nachbarn für ihre Geduld und ihre nette „Schwerhörigkeit“ danken. Dingo gewöhnte sich an das Alleinsein und schien sich manchmal richtig auf die Stille zu freuen, während der ihm die besten Ideen kamen, mit was er uns überraschen könnte.
Wie oft haben wir gerade in der Anfangszeit unsere Wohnung verflucht. Wir konnten Dingo nicht aus allen Zimmern aussperren, denn er musste auch Platz zum Bewegen haben. Er konnte in unserer Abwesenheit in das Wohnzimmer, das Arbeitszimmer, das Schlafzimmer, den Flur und die Küche. Er schuf interessante Kreationen von Spaghetti auf dem Sofa, garniert mit rohen Kartoffeln und einem Sofakissen. Dabei machte er allerdings nichts kaputt. Aber wer möchte schon angebissene Kartoffeln essen oder abgeleckte Spaghetti kochen.
Dingo entwickelte auch einige andere erstaunliche Fähigkeiten. Er konnte aus einem geschlossenen Paket Nudeln, das in einem Korb lag, einige einzelne Nudeln heraus rupfen, ohne das man dem Paket die Öffnung ansah. Dieter kann das bestätigen, ihm sind Nudeln durch diese nicht sichtbare Öffnung über den ganzen Fußboden geflogen. Dingo schaffte es während einer Stunde meinen ganzen Kartoffelvorrat aus der Küche ins Wohnzimmer zu verlagern und damit Fußball zu spielen. Er öffnete Küchenschränke und fand darin Dinge, die seiner Meinung nach in anderen Räumen besser aufgehoben waren.
Bei der Hausarbeit war mir Dingo eine große Hilfe. Er hatte die Wege schon oft mit mir zurück gelegt: Waschküche, dann Arbeitszimmer um die Wäsche aufzuhängen, dann abhängen und ins Schlafzimmer bringen. Diese Arbeit hat er mir auch abgenommen. Bevor wir aus dem Haus gingen, hängte ich einmal Wäsche zu Trocknen auf. Als wir wieder kamen, lag jedes Teil auf meinem Bett. Dingo konnte wahrscheinlich nicht verstehen, warum er nicht entsprechend gelobt wurde. Er hatte jedes Teil einzeln vom Wäscheständer durch den Flur gezogen (und damit durch seine Futter- und Wasserschüssel) und dann auf das Bett gelegt. Also war alles voller Futterbrocken, Hundehaare, Dreck und völlig nass.
Im Großen und Ganzen hatten wir uns schon in der ersten Woche gut an unseren Hund gewöhnt. Aber eine gewisse Skepsis und auch Neugier machte sich breit. Die Skepsis, weil mir nicht ganz wohl bei dem Gedanken war, was für Überraschungen und Unannehmlichkeiten wohl noch auf uns zukommen sollten und ob wir dem allen auch gewachsen waren. Neugier, was unserem Kleinen alles einfallen würde, um uns in Erstaunen zu versetzen. Dingo hatte sich in unser Herz geschlichen und wir waren froh, ihn zu haben. Er blieb auch bald länger als zwei Stunden alleine, ohne den Nachbarn den letzten Nerv zu rauben.
Morgens beim Aufstehen sah man eine süße kleine Schnauze die Tür reinkommen und abends kam der Hund mit ans Bett, bis wir einschliefen. Es machte uns sehr viel Spaß. Wir hatten beide mehr Bewegung und Dingo machte fast jeden Spaziergang zu einem Erlebnis. Wir nahmen Bälle mit, die wir wegwarfen und die er uns wieder brachte – zumindest meistens. Wenn es mal nicht klappte, dann lief eben einer von uns in die Wiese und holte den Ball.
Dann kamen die ersten regnerischen Tage. Wir zogen uns wetterfest an, packten Dingo ins Auto und fuhren los. Es war trotz Regen lustig – aber nicht so schön wie bei trockenem Wetter. Wir verkürzten den Spaziergang auf 30 Minuten. Aber am Auto angekommen tat sich auch schon das erste Problem auf – wohin mit dem nassen Hund. Uns blieb keine Wahl, er musste mit ins Auto. Damit war auch klar, dass wir bei besserem Wetter erst mal Autoputzen mussten. Aber auch daheim war es nicht viel angenehmer. Dingo war nass und dreckig. Vor der Haustür blieb Dieter mit ihm stehen und ich holte seine Handtücher und rubbelte ihn so trocken wie möglich. Das Handtuch klebte voller Dreck, vor unserer Haustür sah es aus wie auf dem Feld eines Bauern nach dem Pflügen. Aber das machte uns nichts aus. Wir machten sauber, warfen eine Maschine Wäsche an und verzogen uns mit einem heißen Kakao auf die Couch. Dingo legte sich in seine Ecke und versuchte zu dösen.
Sehr bald merkten wir, dass von nassen Hunden eine nicht zu unterschätzende Geruchsbelästigung ausgeht. Wir hatten keine Ahnung, ob wir Dingo wieder waschen sollten, oder ihn einfach nur besser abreiben mussten. Wir probierten es mit besserem Abreiben. Es dauerte zwar eine ganze Weile, aber irgendwann rochen wir nichts mehr.
Überall in unserer Wohnung fiel Dingo etwas Dreck aus dem Fell, besonders, wenn er sich schüttelte. Je trockener er wurde, umso schlimmer war es. Ich konnte gar nicht so schnell saugen. Wir hatten das Gefühl, es würde überall feiner Sand liegen. Wir sammelten die restlichen nassen Handtücher und die Badvorleger ein. Ich ging in den Keller um die erste Waschmaschine aus und die nächste gleich wieder einzuräumen. Als ich nach oben zurückkam merkte ich den Hundegeruch wieder sehr intensiv – er war nicht weg, wir hatten uns nur nach einiger Zeit daran gewöhnt. Wir lüfteten die Wohnung durch und irgendwann – rechtzeitig zum nächsten Spaziergang im Regen - war der Hund trocken und die Wohnung sauber und geruchsneutral.
Nur im Trockenen spazieren zu gehen war nicht möglich. Aber wir waren doch sicher nicht die einzigen Hundebesitzer, die ihren Hund in der Wohnung hielten. Es gab sicher etwas, dass uns helfen konnte. Wir beschlossen nach dem Spaziergang im Zoofachgeschäft vorbeizufahren und uns zu informieren. Diesmal dachten wir aber auch an Decken für das Auto – unser Schränkchen für Hundezubehör musste dringend vergrößert werden.
Nach dem Spaziergang fuhren wir also zu den Spezialisten – wie groß war unsere Enttäuschung. Die einzigen beiden Möglichkeiten hatten wir schon daheim klar erkannt: Waschen oder natürlich trocknen.
Eine nette Dame, die auch dort einkaufte, gab uns den Tipp es doch mit Trockenfönen im Flur zu versuchen. Bei ihrem Hund ginge das hervorragend. Die Idee schien uns auch gut. Wir fragten vorsichtshalber noch einmal nach, ob föhnen auch wirklich nicht schädlich sei für den Hund und wie oft man einen Hund bedenkenlos richtig waschen könne. Wir waren mit beiden Antworten zufrieden – föhnen ist in Ordnung und waschen so oft wie nötig und so selten wie möglich.
Wir beschlossen, es mit Föhnen zu probieren. Obwohl uns eigentlich der Ausgang dieses Experiments hätte klar sein müssen – Dingo versuchte schon den Staubsauger anzugreifen und der saugte nur auf dem Boden. Der Angriff mit dem Föhn war für unseren Hund zu viel. Er versuchte es im Guten, bellend wollte er sich zurück ziehen. Aber wir blieben hart und folgten ihm mit dem Föhn in der Hand. Er knurrte und probierte seinen Gegner mit einem gezielten Pfotenhieb außer Gefecht zu setzten. Irgendwann half ihm nur noch die Flucht über die Couch, in freiem Flug über den Wohnzimmertisch und ab ins Gästezimmer. Wir waren vom Festhalten und Hinterher robben auch ziemlich geschafft und beschlossen, es bleibt einfach so wie vorher. Die Wohnung muss komplett geputzt werden und während des nächsten Spaziergangs wird gelüftet.
Dingo im Schnee