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IX
ОглавлениеSchubin kehrte auf seine Kammer zurück und griff nach einem Buche. Da trat Nikolai Artemjewitsch‘s Kammerdiener vorsichtig zu ihm in’s Zimmer und überreichte ihm ein kleines, dreieckig zusammengelegtes Billet, das ein großes Wappen als Siegel trug. »Ich hoffe, stand in dem Zettel, daß Sie, als Mann von Ehre, sich mit keinem Worte eine Anspielung auf einen gewissen Wechsel erlauben werden, von welchem heute Morgen die Rede war. Meine Verhältnisse und meine Grundsätze sind Ihnen bekannt, ebenso die Geringfügigkeit der Summe selbst und andere Umstände; endlich giebt’s Familiengeheimnisse, die man achten muß und die Ruhe einer Familie ist ein Heiligthum, welches nur des êstres sans coeur, zu denen ich Sie zu zählen keinen Grund habe, nicht anerkennen! (Dieses Billet schicken Sie zurück.) N. S.«
Schubin fügte mit Bleistift die Worte darunter: »Seien Sie unbesorgt, noch ziehe ich nicht Schnupftücher aus fremden Taschen;« übergab den Zettel dem Kammerdiener und nahm wieder sein Buch vor. Es entfiel aber bald seinen Händen. Er blickte auf den sich röthenden Himmel, auf zwei mächtige Fichten, die abgesondert von den übrigen Bäumen standen und dachte: »Bei Tage haben die Fichten ein bläuliches Ansehen und Abends ein so herrliches Grün;« darauf begab er sich in den Garten in der stillen Hoffnung, Helene dort anzutreffen. Er täuschte sich nicht. In einiger Entfernung, auf einem Wege hinter dem Gebüsch, ward er ihr Kleid gewahr. Er eilte ihr nach und redete sie an:
– Sehen Sie nicht nach mir, ich bin es nicht werth.
Sie warf einen raschen Blick auf ihn, lächelte leicht und ging weiter in den Garten hinein. Schubin folgte ihr.
– Ich bitte Sie, mich nicht anzusehen, begann er – und beginne doch ein Gespräch mit Ihnen: ein reiner Widerspruchs es bleibt sich gleich, ‚s ist nicht der erste. Es fiel mir eben ein, daß ich Sie wegen meines albernen Ausfalls von gestern noch nicht, wie sich’s gebührt, um Entschuldigung gebeten habe. Sie sind doch nicht böse auf mich, Helene Nikolajewna?
Sie blieb stehen und gab ihm nicht sogleich Antwort – nicht daß sie ihm böse gewesen wäre, ihre Gedanken schweiften vielmehr in der Ferne.
– Nein, sagte sie endlich, – ich bin durchaus nicht böse auf Sie.
Schubin biß sich auf die Lippen.
– Was für ein besorgtes . . . und dabei gleichgültiges Gesicht! murmelte er. – Helene Nikolajewna, fuhr er etwas lauter fort« – lassen Sie mich Ihnen eine kleine Geschichte erzählen. Ich hatte einen guten Freund, und der Freund hatte einen Freund. Dieser letzte führte anfangs ein Leben, wie es ein anständiger Mensch thun muß, später jedoch ergab er sich dem Trunk. Da begegnete mein Freund ihm eines Morgens (sie hatten, bemerken Sie wohl, ihre Bekanntschaft bereits gelöst), er begegnet ihm und sieht ihn betrunken. Mein Freund drehte ihm sogleich den Rücken. Jener aber trat zu ihm heran und sagt: »Es würde mich nicht ärgern, wenn Sie ohne Gruß vorübergegangen wären, warum wandten Sie sich aber von mir ab? Vielleicht hat Gram mich soweit gebracht . . . Friede meiner Asche!«