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IV

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In diese Eiche hatte vor vielen Jahren der Blitz eingeschlagen. Der Wipfel war zerschmettert und verdorrt, aber im Stamme war noch Leben auf Jahrhunderte geblieben. Als ich mich ihr näherte, flog ein Wölkchen über den Mond; unter den weitausgestreckten Zweigen lag tiefes Dunkel. Anfangs fiel mir nichts Besonderes auf; aber ich blickte zur Seite – und das Herz sank mir in der Brust: die weiße Gestalt stand unbeweglich neben einem hohen Strauche, zwischen der Eiche und dem Walde. Die Haare sträubten sich mir leicht auf dem Kopfe; doch ich faßte mir ein Herz und ging auf den Wald zu.

Ja, sie war es, meine nächtliche Erscheinung. Als ich näher an sie herantrat, erglänzte der Mond wieder. Sie sah aus wie aus halbdurchsichtigem, milchweißen Nebel gebildet; durch ihr Gesicht hindurch konnte ich einen leise vom Winde bewegten Zweig sehen – nur die Haare und Augen dunkelten ein wenig und an einem Finger ihrer zusammengelegten Hände glänzte ein schmaler Ring von mattem Golde. Ich blieb vor ihr stehen und wollte sie anreden; allein die Stimme erstarb mir in der Brust, obwohl ich durchaus keine besondere Furcht mehr fühlte. Ihre Augen hefteten sich auf mich: in dem Blicke lag weder Gram noch Freude, aber eine gewisse leblose Aufmerksamkeit. Ich wartete, ob sie nicht reden werde, aber sie stand unbeweglich und stumm, mich unausgesetzt mit ihrem starren Blicke ansehend. Mir wurde wieder unheimlich zu Muthe.

– Ich bin gekommen! rief ich endlich mit Anstrengung. Meine Stimme ertönte dumpf und seltsam.

– Ich liebe Dich – ließ sieh ein Geflüster vernehmen.

– Du liebst mich? wiederholte ich verwundert.

– Gehöre mir an! gab das Geflüster zur Antwort.

– Ich Dir angehören? Aber Du bist ein Gespenst – ohne Körper. – Ich fühlte mich seltsam bewegt und belebt. – Was bist Du, Rauch, Luft, Dampf? Ich dir angehören? Zuvor sag mir, wer Du bist. Hast Du auf Erden gelebt? Woher bist Du gekommen?

– Gehöre mir an. Ich werde Dir kein Leides zufügen. Sag nur diese drei Worte: nimm mich hin!

Ich sah sie an. »Was redet sie da?« dachte ich. »Was bedeutet dies Alles? Und wie will sie mich nehmen? Oder gilt’s einen Versuch?«

– Nun wohlan, sprach ich deutlich, ja unerwartet laut, als ob Jemand von hinten mich stieße: Nimm mich hin!

Kaum hatt’ ich diese Worte ausgesprochen, als die geheimnißvolle Gestalt, mit einem innern Lachen, von welchem auf einen Augenblick ihr Gesicht erbebte, vorwärts schwebte, ihre Hände löste und nach mir ausstreckte . . . Ich wollte entfliehen, allein ich war schon in ihrer Gewalt. Sie umschlang mich, mein Körper erhob sich eine halbe Elle über die Erde – und wir wurden beide leicht und nicht allzurasch über den unbeweglichen feuchten Rasen hinweggetragen.

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