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Vorwort

Als ich 1977 das Licht der Welt erblickte, war die Welt scheinbar noch in Ordnung. Ich wuchs in einer Zürcher Gemeinde als Sohn eines pflichtbewussten und ruhigen Schweizer Handwerkers und einer temperamentvollen Einwanderin aus dem Balkan auf. Meine Eltern waren einfache Angestellte und es gab Zeiten, in denen das Geld nicht so locker in den Taschen saß.

Nach meiner Ausbildung zum Elektriker leistete ich meine Wehrpflicht und studierte im Anschluss Informatik. Meine Eltern waren einfache Leute und lebten in meiner Kindheit und Jugend die klassische Rollenverteilung von Mann und Frau, die bereits über Generationen unhinterfragt bestand und die Kirche im Dorf ließ. Mein Vater war wegen seiner Arbeit und seinen Hobbys oft von zu Hause weg. War er doch daheim, war er für mich irgendwie nicht richtig spürbar und emotional abwesend. Meine Mutter übernahm die Erziehung meiner Schwester und mir. Außerdem schlüpfte sie in Rollen innerhalb der Familie, die meinem Gefühl nach eher unserem Vater zustanden. Da auch meine Mutter und mein Vater durch ihre kindliche Erziehung stark geprägt sind, gab es oftmals solche unüblichen Überschneidungen bei der Aufgaben- und Rollenverteilung. Meine Mutter war in meinen Augen ganz klar die Person in der Familie, die die Stoßrichtung vorgab. Da sie in einem Umfeld aufwuchs, in dem die Männer emotional nicht wie in diesem Buch gewünscht bei sich waren und für viel Leid und Elend bei den Frauen und Kindern sorgten, musste sie sich von klein an ganz alleine im Leben behaupten. Selbst erlebte oder geerbte Frustrationen übertragen Frauen bis heute immer wieder auf die Männer in ihrem Umfeld. Die mit diesem Frust überforderten Männer kompensieren ihren Gemütszustand, indem sie diesen Frust wiederum auf die Frauen und Kinder übertragen.

Es geht mir in diesem Buch auf keinen Fall um das Thema Schuldzuweisung. Wer hat mit dem Übertragen von Frust durch Überforderung und Verletzung irgendwann einmal angefangen? Was war zuerst da: das Ei oder das Huhn? Eine Positionierung in diesem Kontext ist reiner Fanatismus und Irrglauben an unsere Projektionen unserer ganz eigenen Wahrheit. In diesem Buch geht es vielmehr darum, diesen Zustand zu überwinden. Dafür fordere ich uns, die Männer, auf, die Waffen niederzulegen und unsere Mauern niederzureißen, die wir zwar teilweise selbst errichtet haben, aber noch immer vehement gegen Feinde verteidigen, die es in der Realität gar nicht gibt. Das weibliche Geschlecht als einen Mülleimer für die eigenen Unzulänglichkeiten zu benutzen, darf jetzt aufhören. Vielmehr MUSS dieses Handeln aufhören, wenn ein jeder Mann es für sich schaffen möchte, sich in Gänze und Bewusstheit in seiner Männlichkeit zu Hause zu fühlen, ja anzukommen.

Von meinen Jahren, die ich bis jetzt auf unserer schönen Erde sein durfte, lebte ich meist unbewusst und gefangen im Tun und Machen; gelenkt durch meine eigenen und fremden Prägungen auf dem Weg nach Anerkennung, Streicheleinheiten und Liebe. Wenn ich diese nicht bekam, musste jemand dafür herhalten. Ich lebte nur einen geringen Anteil von mir selbst aus. Mein unbewusstes Sein wurde durch meine Konditionierungen und Überzeugungen bestimmt, die ich über Jahre sammelte oder mir auf meinem Weg mitgegeben wurden. Ich folgte meinen Projektionen auf einem für mich unsichtbaren Pfad.

Wenige Jahre vor meinem vierzigsten Lebensjahr spürte ich immer deutlicher, dass ich nicht mein Leben lebte, dass irgendetwas nicht stimmte. Ich schaffte es aber immer wieder, meinen Hut zu richten, bis er nicht mehr auf meinem Kopf halten wollte und ich in eine tiefe Sinnkrise stürzte. Der Hut, der mir schon lange nicht mehr so recht passte, fiel mir unentwegt vom Kopf und bekam Löcher. Ich bastelte mir eine Identität durch meinen Verstand und führte ein Leben im Außen. Im Außen hatte ich alles erreicht, doch konnte ich es nie genießen. Ich war ein getriebener Blödmann, dem der innere tiefe Frieden abhandengekommen ist. Meine inneren Überzeugungen und die Dinge im Außen, die nicht notwendig waren, um meinen inneren Frieden wieder herzustellen, lösten sich Stück für Stück auf. All das, was blieb, waren Erinnerungen. Ich hatte großes Glück und erwachte aus der Sinnkrise. Ich bekam nun Raum und Zeit, um meine bisher abgelehnten emotionalen, männlichen und weiblichen Anteile immer mehr in mein Bewusstsein aufzunehmen und in meine Persönlichkeit zu integrieren. Mir war sofort klar, dass es für mich keinen Weg mehr zurückgab, obwohl ich mir diesen – in Anbetracht meiner Ängste und großen Unsicherheit – zeitweise wirklich wünschte.

Wir Männer haben Stück für Stück ein Leben geschaffen, das auf Lügen und auf Verrat, unseren Herzen gegenüber, basiert. Wir haben das, was von außen von uns erwartet wurde, zu unseren eigenen Überzeugungen und Erwartungen gemacht. Es scheint so, als bräuchten wir immer mehr von allem, um glücklich zu sein. Vor allem ein Mehr an Anerkennung von außen, da wir keine Liebe für uns selbst haben.

Wir spüren, dass wir dieses Konstrukt verlassen müssen, um wieder ganz zu uns zu finden und heimzukehren. Doch wie schaffen wir das? In einem unbewussten Zustand des Blockiertseins stecken viele Männer fest. Sie werden mit fortschreitendem Alter emotional immer härter und unglücklicher. Viele Männer stagnieren in diesem Zustand, bis sie im hohen Alter erst durch den Tod erlöst werden. Einige Männer, und es werden immer mehr, schaffen es noch zu Lebzeiten, ihrem Leben eine neue bewusste Richtung zu geben. Entweder sie können sich aus eigenem Antrieb daraus befreien, oder eine Krise zwingt sie, sich mit ihrem Seinszustand auseinanderzusetzen.

Für eine Rundumerneuerung des eigenen Lebensglückes muss es nicht zwingend zu einer Krise kommen. Wenn der Mann ehrlich und aufrichtig in sich hineinfühlt, weiß er zumindest, dass etwas nicht stimmt. Wir Männer haben ein goldenes Gespür dafür, wenn etwas nicht stimmt. Ja, du hast richtig gelesen. Diese Eigenschaft ist nicht den lieben Frauen vorbehalten. Wir sind nur eben auch verdammt gut darin, etwas nicht wahrhaben zu wollen. Wir haben individuelle Methoden entwickelt, um Unangenehmes wegzudrücken. Letzteres hat uns dahin gebracht, wo wir nun stehen: im emotionsarmen Raum, allein. Wir haben immer unbewusst verdrängt, was uns glücklich macht und stattdessen das gewählt, was am sinnvollsten erscheint. Das dürfen wir hier und jetzt ändern. Nun möchte ich dir, lieber Mann, mit diesem Buch eine neue Richtung zeigen.

Nicht nur unsere wundervollen Frauen können gebären. Wir Männer können auch neues Leben erschaffen, und zwar unser eigenes. Dein Wesen und dein Sein, das du dir vielleicht schon lange wünschst, wartet voller Sehnsucht darauf, dass du es annimmst und ihm unsere wundervolle Welt voller Wunder, Abenteuer und Fülle zeigst. Lass es liebevoll daran teilhaben. Der Junge, der du mal warst, der einen ganzen Tag über Fußballspielen, lesen, konstruieren oder planschen konnte und dabei einfach glücklich war, gibt es noch und er wartet darauf, mit dir zusammen wieder glücklich sein zu dürfen. In diesem Buch knüpfen wir genau dort an, wo du dich damals von dem glücklichen Jungen entfernt hast. Ich wünsche euch beiden viel Freude und erfüllende gemeinsame Jahre.

MANN SEIN

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