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ОглавлениеVan Arkel betrachtete das Foto von Ronnie Calypsos unversehrter rechter Gesichtshälfte. Von dieser Seite aus wirkte der Tote genauso friedlich wie die dänische Moorleiche, die er letztes Jahr gesehen hatte. Er war beeindruckt gewesen von dem Frieden auf dem zwanzig Jahrhunderte alten Gesicht. Obwohl der Mann aus Tollund gewusst haben musste, was ihn erwartete. Hatte Ronnie van Splunter es auch gewusst? Van Arkel blickte Seyat an, der ihm am Schreibtisch gegenübersaß, und fragte: »Kanntest du ihn?«
»Ich habe mich gelegentlich mit ihm unterhalten. Ich weiß, wie und wo er wohnte.«
»Allein?«
»Nein, mit seiner Mutter und seiner Schwester zusammen.«
»Kennst du die auch?«
Seyat starrte das Foto lange an. »Ich kenne seine Schwester«, sagte er schließlich.
Sie schauten sich an und wandten gleichzeitig den Blick ab.
»Es ist vorbei«, sagte Seyat.
»Bist du mit ihr ins Bett gegangen?«
Seyat seufzte. »Man könnte eher sagen, dass sie mit mir ins Bett gegangen ist.«
»Während der Dienstzeit?«
»Ja.«
»Wie dumm, Brigadier. Strohdumm. Ich hoffe, sie schmeißt nicht mit Steinen auf dein Glashaus.«
Seyat warf das Foto auf den Tisch. »Ich habe keine Lust, mich zu rechtfertigen, Ben. Es ist nun mal passiert, vor einem Jahr. Ich hatte gerade die Scheidung hinter mir ...«
»Und?«
»Ich bin ihr jeden Tag begegnet. Jeden Tag, an dem ich in deinem Auftrag die Gruppe Antillianer im Auge behalten musste, hoppelte sie mit ihrem Hintern vor mir herum.«
»Wackelte.«
»Wackelte.«
»Und du hast dich einwickeln lassen.«
Seyat schwieg. Van Arkel rieb sich über das Kinn. »Was weißt du sonst noch von ihm, außer dass er eine schöne Schwester hat?«
»Er hat in Autowerkstätten gejobbt. Wenn er Geld hatte, ging er zu den Rennen in Zandvoort.«
»Was hatte er dann verdammt nochmal in diesem Wald zu suchen?« Van Arkel tippte auf das Foto und schaute Ronnie streng an. »Was hast du da im Wald getrieben, Freundchen?«
»Ronnie ließ sich den Kopf abhacken«, sagte Seyat laut. »Professionell, mit einem rasiermesserscharfen Gegenstand, einem Schwert, einem Beil, jedenfalls mit einem Schlag. Tschack!«
»Wie geht das denn, jemandem mit einem Schlag den Kopf abzuhacken? Wie man sieht, war Ronnie ein kräftiger Kerl. Ein Auftragsmörder? Ein Henker? Ein Schweineschlächter?«
»Was hältst du von einem Waldarbeiter?«
»Waldarbeiter arbeiten mit Motorsägen.«
»Wenn man jemanden nachts still und klammheimlich enthaupten will, ist eine Motorsäge so ziemlich die ungünstigste Waffe«, entgegnete Seyat.
»Die können auch gut mit Äxten umgehen.«
Auf dem Flur hörte man das Klappern des Kaffeewagens. Van Arkel wartete, bis der Mann im Arbeitskittel schweigend wie immer den Kaffee hingestellt hatte.
»Was fällt dir zu dem Motiv ein?«
Seyat holte einen Zettel aus der Tasche und legte ihn ohne ein Wort zu sagen auf den Tisch. Van Arkel betrachtete das Stück Papier, das auf beiden Seiten mit Seyats kleiner, regelmäßiger Schrift beschrieben war. »Konntest du nicht schlafen?«, fragte er lächelnd.
»Nein.«
Van Arkel las die Aufzeichnungen und gab ihm das Blatt zurück. »Was steht hier drin, was wir heute Nacht nicht besprochen haben?«
»Leidenschaft.«
»Ein Lustmord?«
»Leidenschaft«, wiederholte Seyat. »Im wahrsten Sinne des Wortes. Jemand war verrückt nach ihm, Ronnie hat diese Person betrogen und sie hackt ihm den Kopf ab.«
»Das ist ein klassisches Mordmotiv«, gab van Arkel zu. »Aber ich frage mich die ganze Zeit, warum der Täter den Kopf im Wald versteckt hat. Hat er gehofft, die Füchse würden ihn fressen? Oder hoffte er, dass er gefunden würde?«
»Von uns?«
»Das frage ich mich eben.«
»Guten Morgen«, grüßte Mirjam. »Gibt’s Kaffee?«
»Die zweite Runde«, sagte van Arkel. »Jansen war gerade hier.«
»Schade«, sagte sie. »Darf ich deine Theorie auch mal hören, Ben?«
»Ich grüble über den Kopf im Wald nach. Stellen wir uns mal vor, Ronnie musste dort einen Auftrag ausführen. Etwas abholen oder wegbringen. Und stellen wir uns dann mal vor, dass derjenige, für den die Nachricht bestimmt war, nicht zufrieden mit ihm war.«
»Es ist lange her, dass Überbringer schlechter Nachrichten ihr Leben lassen mussten.«
»Manche Menschen leben in der Vergangenheit.«
»Hältst du das wirklich für eine sinnvolle Ausgangstheorie?«
Van Arkel lachte. »Na gut, dann eben nicht.«
Das Telefon klingelte. Van Arkel nahm ab.
»Die Hundestaffel ist eingetroffen, Inspecteur«, meldete der Telefonist.
»Wir kommen«, sagte van Arkel. »Bitte Jansen, den Jungs eine Tasse Kaffee zu geben.« Er stand auf. »Die Hunde sind da.«
»Gehen wir alle drei in den Wald?«, fragte Seyat.
»Alle vier«, erwiderte van Arkel. »Schilder kommt auch mit. Während die Hunde den Wald durchsuchen, nutzen wir die Zeit, einen Plan auszuarbeiten.«
Auf dem Waldweg standen fünf dunkelhäutige Männer mit Wollmützen, die Hände tief in die Jackentaschen vergraben. Zwei nervöse, mit Karabinern bewaffnete Polizisten bewachten die Stelle, an der Ronnies Kopf gefunden worden war. Van Arkel grüßte die Antillianer, die schweigend nickten, und ging zu den Beamten hinüber.
»Morgen Bakker, morgen Spruit. War noch irgendwas Besonderes?«
»Morgen, Inspecteur«, sagte Spruit, ein magerer Mann mit fliehendem Kinn. »Keine besonderen Vorkommnisse, nur die Leute auf dem Weg gefallen mir nicht.«
»Was machen die denn?«
»Nichts. Das ist es ja gerade. Sie stehen nur so herum.«
»Wann sind sie gekommen?«
»Um halb sieben. Wir hatten Schilder und Brigadier van Roon gerade abgelöst. He, die sind auch hier?«, sagte Spruit überrascht.
»Schilder will zur Kripo«, erklärte Bakker.
»Na, von mir aus«, sagte Spruit. »Sollen wir hier bleiben, Inspecteur?«
Van Arkel nickte und ging zum Waldweg hinüber.
»Du mich auch«, sagte Spruit leise.
Bakker feixte. »Nur noch eine Stunde, Henk. Wenn die Hunde fertig sind, hauen die Affen da auch ab.«
Van Arkel drehte sich um. »Noch so eine Bemerkung, und ich stelle denjenigen hier vierundzwanzig Stunden lang hin.«
Spruit schwieg. Bakker richtete den Blick zu Boden. Van Arkel drehte sich um. Spruit machte hinter seinem Rücken eine obszöne Geste.
»Welches Gebiet sollen wir absuchen?«, fragte Groot, der Commandant der Hundestaffel. Van Arkel fand, dass er seinem Hund ähnelte: dieselbe spitze Schnauze und dieselben glühenden Augen. Jäger. Sie freuten sich sichtlich auf ihre Aufgabe. Er breitete eine Karte auf dem Weg aus. »Diesen Teil des Waldes auf jeden Fall. Zwischen dem Entwässerungsgraben und dem breiten Waldweg.«
»Haben wir jemanden, der sich hier im Wald auskennt?«
»Der Förster kommt um halb neun«, sagte Schilder.
»Auf den warten wir nicht«, sagte van Arkel. »Wir fangen an dieser Stelle auf dem Weg an. Weißt du, ob hier in letzter Zeit gejagt wurde?«
. »Zufällig ja«, antwortete Schilder. »Einer meiner Onkel geht immer mit.«
»Treibjagd oder Pirsch?«
»Treibjagd. Die Jäger sind alt und reich. Die laufen nicht mehr groß herum. Sie stehen auf dem Weg und schießen auf alles, was die Treiber aus dem Wald scheuchen.«
»Hab gar nicht gewusst, dass du einen reichen, alten Onkel hast«, bemerkte Mirjam.
»Mein Onkel gehört zu den Treibern.«
»Gibt es hier überhaupt noch Wild?«
»Letzten Monat wurden Fasane ausgesetzt. Wild lebende Tiere gibt es nicht mehr viel. Kaninchen, manchmal ein Hase. Die Waldschnepfen vermehren sich.«
»Braucht ihr keine Geruchsprobe von dem Opfer?«, fragte Mirjam.
»Geruchsproben braucht man nur für die Suche nach Lebenden«, erklärte Groot. »Jagdhunde suchen nach der Witterung von lebendem Wild, genau wie früher die Bluthunde bei der Sklavenhatz. Leichen dagegen riechen alle gleich.«
Mirjam erschauerte. »Wie morbide.«
Groot zuckte mit den Schultern. Er erteilte seinen Leuten einen Befehl und die Staffel fächerte sich in vier verschiedene Richtungen auf. Van Arkel ignorierte Spruit und Bakker, die starr vor sich schauten, und ging zu den Antillianern hinüber.
»Sind unter Ihnen Verwandte des Opfers?«
Ein älterer Mann trat vor. Er trug eine Mütze mit orangefarbener Bommel. »Jacob van Splunter«, stellte er sich vor. »Ich bin Ronnies Onkel.«
Van Arkel schüttelte ihm die Hand. »Ben van Arkel. Herzliches Beileid.«
»Vielen Dank.«
»Sie waren heute schon am frühen Morgen hier, habe ich gehört.«
Van Splunter blickte mit verschlossener Miene zu den beiden Polizisten bei der Absperrung hinüber. »Sie wollten uns nicht hinlassen.«
»Jeder unnötige Fußabdruck behindert die Ermittlungen.«
»Verstehe ich«, sagte van Splunter. »Aber Sie werden hoffentlich auch verstehen, dass wir Ronnies Grab sehen wollen.«
Van Arkel nickte. »Natürlich.«
»Wonach suchen die Hunde?«
»Nach seinem Körper.« Van Arkel fragte sich, was in van Splunter vorging. Vier Hunde, die nach der Leiche seines Neffen suchten.
»Wie geht es Ihrer Schwägerin?«, fragte er.
»Schlecht.«
»Sie hat heute Nacht sehr gefasst reagiert. Ich ...«
»Sie hatten das nicht erwartet.«
Van Arkel zögerte. »Um ehrlich zu sein ... nein.«
»Haben wir einen so schlechten Ruf in der Stadt?«
»Sie wissen, dass es Probleme gegeben hat.«
»Früher ja. Jetzt nicht mehr.« Van Splunter zeigte auf Schilder, der mit dem Hundeführer in den Wald hineinging. »Seine Mutter hat heute Morgen gleich meine Schwägerin besucht. Das hätte sie nicht getan, wenn sie kein gutes Verhältnis zueinander hätten.«
Van Arkel fasste ihn am Arm und ging mit ihm ein Stück den Waldweg entlang. »Haben Sie irgendeine Idee, was passiert sein könnte?«
»Nein.«
»Erzählen Sie mir ein bisschen über Ronnie.«
Van Splunter hockte sich an einen Baum am Wegesrand und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Stamm. Van Arkel setzte sich neben ihn und breitete einen Zipfel seines Regenmantels aus. »Möchten Sie sich draufsetzen?«
»Gern.« Van Splunter setzte sich auf den Mantel. Er zog die Beine an und schlang die Arme um die Knie. »Kalt ist es.«
»Warum wurde er Ronnie Calypso genannt?«
»Er konnte gut tanzen.«
»Ach ja, natürlich. Lebte er schon lange in den Niederlanden?«
»Er wurde hier geboren.«
»Wo ist sein Vater?«
»Sein Vater ist tot. Mein jüngster Bruder. 1985 ist er gestorben.«
»Wie alt war er?«
»Fünfundvierzig.«
»Ist er ganz plötzlich gestorben?«
»Herzinfarkt.«
»Hat Ronnie für den Lebensunterhalt der Familie gesorgt?«
»Nein. Meine Schwägerin bezieht eine Rente. Ronnie hat aber manchmal in einer Autowerkstatt ausgeholfen.«
»Was hat er da gemacht?«
»Alles. Autos gewaschen ... geschraubt ... Ronnie war ein Autonarr.«
»Aber er fand keine feste Anstellung.«
»Nein.«
Der Chef der Hundestaffel und Schilder kamen auf sie zu. Van Splunter unternahm einen mühsamen Versuch, aufzustehen. Schilder zog ihn hoch und klopfte ihm die Rindenstücke vom Rücken. Van Arkel ergriff van Splunters Hand und stand gelenkig auf.
»Hier liegt er nicht«, sagte Schilder.
»Habt ihr das gesamte Gebiet abgesucht?«
»Ja.«
»Ist der Förster schon da?«
»Er wartet beim Bus«, antwortete Schilder.
»Geht ihr schon mal rüber«, sagte van Arkel. »Ich komme gleich nach.«
Jacob van Splunter starrte in die Ferne. Das Gespräch ging vollkommen an ihm vorbei.
Van Arkel berührte ihn sanft am Arm.
»Meneer van Splunter. Kommen Sie mit?«
Van Splunter nickte. Er sah auf einmal alt und müde aus.
»Wann geben Sie Ronnie frei, Inspecteur?«
»Vielleicht schon heute Nachmittag nach der Autopsie. Aber wie, äh ...«
»Wie wir ihn ohne Körper begraben wollen, meinen Sie.«
»Ja. Vielleicht können wir ihn für Sie aufbewahren.«
»Es kann Jahre dauern, bis Sie seinen Leichnam finden. Womöglich finden Sie ihn nie. Wollen Sie seinen armen Kopf die ganze Zeit im Kühlschrank liegen lassen?«
»Wenn nötig, tun wir das.«
»Ronnie hasste die Kälte. In dieser Hinsicht war er ein waschechter Antillianer. Er liebte die Sonne.«
»Wie wollen Sie ihn ... konservieren?«, fragte van Arkel.
»Wir haben so unsere Methoden«, antwortete van Splunter ausweichend.
Van Arkel hakte nicht weiter nach. »Sobald ich die Zustimmung der Staatsanwaltschaft erhalten habe, gebe ich ihn frei«, versprach er.
Die Antillianer gingen zu ihrem Auto. Van Arkel und Mirjam schauten ihnen nach.
»Warum waren die anderen Männer so schweigsam?«, fragte Mirjam.
»Antillische Sitte. Ein Mann redet, die anderen halten den Mund.«
»Bakker und Spruit fanden sie unheimlich.«
»Bakker und Spruit sind Esel in Uniform«, sagte van Arkel. Er ging zu dem Förster hinüber, der an sein Auto gelehnt auf ihn wartete, und reichte ihm die Hand. »Wir benötigen Ihre Hilfe, Meneer van Dijk. Könnten Sie sich heute und morgen zu unserer Verfügung halten?«
»Ich kann mir meine Zeit einteilen, wie ich will«, antwortete van Dijk.
»Sie haben einen Traumberuf«, sagte van Arkel. »Wissen Sie, vor welchem Problem wir stehen?«
Van Dijk nickte. »Sie haben einen Kopf ohne Körper.«
»Stimmt. Und ich habe zwei Fragen.«
»Wer hat es getan und wo ist die Leiche.«
»Genau.«
»Frage eins ist Ihr Problem. Bei Nummer zwei kann ich helfen.« Van Dijk warf einen Blick auf die Karte. »Welchen Teil des Waldes haben Sie bereits abgesucht?«
Der Hundeführer zeigte es ihm. »Dieses Stück. Wie groß ist der Wald?«
»Vierhundertvierundachtzig Hektar.«
»Dann haben wir die nächsten zwei Tage noch eine Menge zu tun.«
»Könnt ihr nicht den Samstag durcharbeiten?«, fragte van Arkel.
»Können wir schon«, antwortete de Boer. »Aber ich frage mich, ob das nötig ist. Wenn wir ihn mithilfe von jemandem, der sich im Wald auskennt, nicht innerhalb von zwei Tagen finden, können Sie davon ausgehen, dass er hier nicht liegt.«
»Was machen wir in der Zwischenzeit?«, fragte Mirjam.
»Wir beschäftigen uns mit Frage Nummer eins«, antwortete van Arkel. Irgendeine innere Stimme sagte ihm, dass die Suche im Wald sinnlos war. Der Körper lag woanders. Es war ein völlig irrationales Gefühl, die Intuition, die er schon verloren geglaubt hatte und die plötzlich zurückgekehrt war, als Ronnies Kopf auf seinem Schreibtisch lag. Ich muss mit ihm reden, dachte er.
»Komm, wir fahren zurück«, schlug er vor. »Ich möchte mit Ronnie reden.«
Mirjam warf ihm einen erstaunten Blick zu. Sie wollte etwas sagen, schluckte es aber hinunter und ging zum Auto. Ein Mordfall, in dem der Fahnder übernatürliche Methoden anwandte, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Hochinteressant. Und nutzlos. Wenn es etwas brachte, wäre es nicht zu beweisen. Um nicht zu sagen lächerlich.
Ein Jahr nach Andreas Entlassung aus dem Krankenhaus hörte eine Nachbarin spät am Abend in dem Haus, in dem Andrea, ihr zwei Jahre jüngerer Bruder Klaasje und ihr Onkel Bertus wohnten, jemanden schreien. Der Schrei drang gedämpft durch die dicken Mauern des alten Hauses. Er ähnelte dem Kreischen eines Tieres in Todesangst, aber es war eine menschliche Stimme, die Stimme eines Kindes.
Das Geräusch brach plötzlich ab. Die Nachbarin weckte ihren Mann. Zusammen horchten sie eine Weile, doch auf der anderen Seite der Wand blieb es still.
Am nächsten Morgen beobachtete die Nachbarin die beiden Kinder, die wie gewöhnlich um acht Uhr zur Schule gingen, besonders aufmerksam. Auf den ersten Blick schien alles normal, doch wer genau hinschaute, sah, dass Andrea ein wenig merkwürdig ging. Die Nachbarin dachte an ein Ereignis aus ihrer eigenen Jugend in Zwartsluis zurück. Ein vierzehnjähriges Mädchen hatte ein Kind von ihrem Vater bekommen. Sie war anfangs genau so gelaufen wie Andrea, aber niemandem fiel auf, dass etwas nicht stimmte, bis die Familie Hals über Kopf wegzog.
Die Nachbarin blickte den Kindern nach, bis sie um die Ecke bogen. Sie zog ihren Mantel über und machte sich auf den Weg zum Polizeipräsidium.