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Doppelnull

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Komischerweise werde ich beim Besuch von Programmkinos sehr häufig mit dem unangenehmen Phänomen des dringend-auf-Toilette-Müssens im letzten Filmdrittel konfrontiert, obwohl ich meist nur ein Glas Rotwein oder eine Flasche Bier trinke.

So auch kürzlich. Und obgleich das Doppelte von null immer noch null ergibt, sind dem Eiligen zwei Nullen erfahrungsgemäß viel lieber als eine. Ich hatte es wirklich eilig und hoffte, nach Verlassen des Hauptgebäudes über eine schmale, schier endlos lange Treppe endlich den Weg zur Toilette gefunden zu haben. Ein halb zu gewucherter Trampelpfad führte mich in ein recht finsteres Randareal des SOXXX, an dessen Ende ich einen wenig vertrauenerweckenden Bau erblickte, welcher aber vermutlich die sanitäre Einrichtung darstellte. Zum Eingang führte eine verwitterte Betontreppe hinauf, auf welcher ein Typ mit unförmig-voluminösen Turnschuhen stand, der sich verzweifelt sein nasses Hosenbein abwischte und in mir den spontanen Gedanken: »Na prima, erst zu viel trinken und dann nicht mehr richtig zielen können!« aufblitzen ließ.

Mit dem ahnungsvollen Gefühl einer unbestimmten Vorwarnung öffnete ich die verzogene Tür und hastete Bedürfnis beladen hindurch. Eine gewisse Verzögerung resultierte allein daraus, dass meine Schuhsohlen nun bei jedem Schritt an den dunkelschmutzgrauen Fliesen kleben blieben. Mein flüchtiger Orientierungsblick bestätigte: Ja, hier ist für Männer – es waren Becken an der Wand. Aber das eine war bis zum Rand gefüllt (sattgelb), dass nächste von einem transparenten Müllsack verhüllt (Christo was here?) und alle anderen besetzt. Also ging ich in eine graffitiverkleisterte Toilettenbox. Drinnen stellte ich sogleich fest, dass a) ich mich da nicht hinsetzen werde und b) sich die Klotür nicht verriegeln lässt. Okay, da sie ja nach innen öffnet, bleibe ich eben so stehen, dass ich sie mit einem leichten Ausfallschritt blockieren kann.

Gut erzogen wie ich bin, klappte ich die Klobrille hoch, wobei sich herausstellte, dass selbige so blöd ausbalanciert war, dass sie stets wieder zuzuklappen drohte. Nun, dann beuge ich mich eben etwas weiter vor und halte sie mit der einen Hand – also eigentlich mit der anderen Hand – auf. Gleichzeitig versuchte ich, wie erwähnt, die Klotür mit der rechten Ferse zu blockieren, damit niemand hereinkommen kann, was auch sinnvoll war, da bereits jemand an der Klinke rüttelte. Von wegen leichter Ausfallschritt! Überdies war der Spalt unter der Tür so breit, dass ich schon Sorge hatte, ein Limbotänzer könnte unter der Tür hindurch tanzen.

Leise fluchend setzte ich meine Geschäftstätigkeit fort und hatte quasi alle Hände voll zu tun, um das zu vermeiden, was zu verhindern meinem Vorgänger, der vermutlich noch mit peinlich durchnässtem Beinkleid auf der Außentreppe im Luftzug stand, augenscheinlich nicht gelungen war – und konnte es glücklicherweise auch vermeiden!

Geschafft! Händewaschen war nun mehr als Pflicht, doch auch alle Waschbecken waren besetzt. Warten? – Nein, bei der schlechten Luft wollte ich keine Sekunde länger als unbedingt notwendig bleiben. Im Gehen streifte mein Blick flüchtig die Reihe der Gestalten, die mir alle mit sich selbst beschäftigt ihre Rücken zukehrten. Das Licht im Raum wurde durch Schichten toter Motten und Fliegen in den trüben Lampenschalen gedämpft, doch in der Ecke entdeckte ich am Ende eines rostigen Rohres einen einzelnen Wasserhahn, vor dem ein zerbeulter Emailletrog stand. Schnell noch die Hände waschen! Ich eilte hin und da der Boden hier ziemlich feucht wurde, klebten meine Schuhsohlen auch nicht mehr an den Fliesen. Stolz auf mein eben bewiesenes und mit vortrefflicher Feinmotorik gepaartes Balancevermögen trat ich überlegen lächelnd an den Waschbeckenersatz. Ich drehte den Wasserhahn auf – und … Mist!!

Das nahezu waagerecht herausspritzende Wasser traf meine Hose zentral unterhalb der Gürtelschnalle! – Ich fluchte kräftig und rehabilitierte auf der Stelle den Typen auf der Treppe.


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