Читать книгу Loverboys 166: Der Dieb - Jan R Holland - Страница 7

Kapitel 2

Оглавление

Jacques und Etienne ließen ihre Füße von der Klippe baumeln und sahen ins Abendrot. Warm und träge schwappte das Meer gegen die Felsen unter ihnen. Jacques braungebrannter, bloßer Oberkörper schimmerte wie Bronze im letzten Sonnenschein. Die beiden jungen Männer trugen nichts außer Shorts am Leib. Sie schwiegen, bis die Sonne versunken war.

»Du bist absolut sicher, dass da drüben heute Abend niemand Wache schiebt?«, fragte Jacques und blickte hinüber zu der Villa auf der Halbinsel. Er war ein hübscher Kerl mit dunkelblondem Schopf und dunkelbraunen Augen, groß und breitschultrig – und er war ein Dieb und Einbrecher, ein Straßenjunge aus dem nahen Toulon. Die Villa da drüben imponierte ihm. Doch er hatte ein komisches Gefühl. Dieses Ding schien ihm plötzlich eine Nummer zu groß. Aber Etienne war so überzeugt von der Sache, dass er sich nicht traute, jetzt noch auszusteigen. Er würde als Waschlappen dastehen.

»André hat gesagt, dass heute Abend so gut wie niemand da ist«, antwortete Etienne. »Irgendwer wird natürlich Wache schieben, aber wir werden ihn austricksen. Ich weiß einen Weg durch das Gebüsch im Park.«

André war ein Küchenjunge, der drüben in der Villa arbeitete und der Etienne mit Informationen versorgt hatte.

Etienne grinste, und eine Reihe makellos weißer Zähne blitzte in seinem dunklen Gesicht auf. Selbst im Winter hatte er noch eine erstaunlich dunkle Haut. Jetzt jedoch war sie beinahe schwarz. Nicht ganz so schwarz wie sein Haar und seine Augen, aber schwarz genug, um schon im Dämmerlicht fast mit dem Hintergrund zu verschmelzen. Zwischen den Büschen im Garten der Villa würde er so gut wie unsichtbar sein.

»Was hat André eigentlich gegen den Typen, dass er ihn bei dir verpfeift?«, fragte Jacques.

Die Villa zeichnete sich als dunkle Masse unter Palmenwedeln und subtropischen Bäumen gegen den glühenden Horizont ab.

»Foucasse hat versucht, ihn zu ficken.« Etienne lachte trocken. »Offenbar ist er einer von diesen Typen, die glauben, für Geld alles zu kriegen, jeden Jungen, den sie wollen. So ein steinreicher Sack. Und nun stell dir vor, du sollst plötzlich mit dem ins Bett steigen statt mit einer Braut und dich ficken lassen. Wie reagierst du?«

Jacques ließ ein schnaubendes Geräusch hören.

»Keine Ahnung. Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Ich bin so schwul wie ein Busch Rosmarin.«

»André geht es genauso«, sagte Etienne. »Der hat einfach einen Hass auf Monsieur Foucasse und will sich revanchieren. Deswegen hat er mir gesteckt, dass die heute alle ausgeflogen sind bis auf ein paar Typen von der Wachmannschaft. Und die sind kein Problem, sagt André.«

»Und wenn André sich irrt?«

»Dann sind wir in Nullkommanichts wieder im Wasser und tauchen unter.«

Sie hatten alles schon mehrfach durchgesprochen, aber Jacques war immer noch unsicher. Bisher hatte er sich auf kleine Brüche beschränkt, Autos, Wohnmobile, solche Sachen. Er wollte natürlich nicht für immer ein kleiner Straßendieb bleiben. Das Geschäft war mühselig. Die Villa von Monsieur Foucasse schien das ideale Objekt zu sein, um den Sprung zur großen Nummer zu schaffen, und Etienne war sich seiner Sache absolut sicher. Aber Jacques hatte trotzdem ein ungutes Gefühl.

»Wenn du mich fragst«, sagte Etienne, »ich brenne darauf, da drüben abzuräumen!«

»Mir geht es genauso«, log Jacques.

Etienne blickte prüfend hinauf zum Himmel und sah nach den Sternen, doch es war noch nicht dunkel genug.

»Hast du mal eine Frau in den Arsch gefickt?«, fragte er Jacques.

»Was denkst du!« Jacques sah ihn empört an. »Natürlich nicht. Wozu hat die wohl das andere Loch? Ich meine: das richtige? Und du?«

Etienne nickte, grinste ihn breit an und sagte:

»War gar nicht so schlecht. Schön eng. Viel enger als so eine Fotze. Das hatte was.«

Jacques sah ihn erst ungläubig an, doch dann lachte er und boxte Etienne gegen die Schulter.

»Du geile Sau!«, feixte er. »Und du bist natürlich von allein darauf gekommen?«

»Wo denkst du hin? Sie wollte das.«

Endlich war es dunkel genug. Etienne gab ein Zeichen, und die beiden jungen Männer kletterten zum Wasser hinunter. Ihr Plan war einfach: Sie wollten von der Meerseite auf das Anwesen von Monsieur Foucasse gelangen. André hatte gesagt, dass es dort keine Alarmanlagen gab, und ihnen die Standorte und Routen der Wachen beschrieben. Monsieur Foucasse schien zu glauben, dass ihm vom Meer her keine Gefahr drohte. Er verließ sich auf Überwachungs-Elektronik, die zum Land hin ausgerichtet war, und auf seine Wachleute. Angeblich beschäftigte er eine halbe Armee von Wächtern. Heute Abend jedoch waren die meisten von ihnen mit ihrem Herrn ausgeflogen. Drüben auf der Halbinsel herrschte tiefe Stille, und es brannte kein Licht.

Im Schutz der Dunkelheit ließen sich die beiden jungen Diebe, die aus dem ärmsten Viertel von Toulon stammten und den größten Teil ihrer Zeit auf der Straße verbrachten, ins Wasser gleiten. Gleichmäßig schwimmend überquerten sie die Bucht innerhalb weniger Minuten und erreichten, ohne außer Atem zu geraten, einen Steg, an dem ein paar vertäute Boote in der trägen Dünung schaukelten. Eine in den Stein gehauene Treppe führte hinauf in den Park der Villa.Als Jacques aus dem Wasser stieg, stieß er einen erstickten Schmerzenslaut aus.

»Was ist los?«, flüsterte Etienne, der schon auf dem Steg stand.

»Ich bin in irgendwas getreten. Hoffentlich kein Seeigel. Tut weh!«

»Reiß dich zusammen!«, mahnte Etienne wispernd.

»Los, weiter!«

Jacques schnaufte vor Schmerz, als er auftrat, aber dann folgte er Etienne so schnell wie möglich, bemühte sich allerdings, nicht mit dem Ballen aufzutreten. Seeigelstacheln, er könnte schwören. Das hatte ihm gefehlt!

Tropfnass und schwitzend schlugen sie sich oben in die Büsche, blieben eine Weile sitzen und horchten auf Geräusche, doch das Anwesen lag still und dunkel vor ihnen.

»Du weißt, wohin wir jetzt müssen?«, flüsterte Jacques.

Sie schlichen durch das Gebüsch, bis sie einen Kiesweg erreichten. Hier warteten sie weitere Sekunden im Dunkel, bis sie sicher waren, dass niemand in der Nähe war. Dann gingen sie gebückt weiter und tauchten in den Schatten einer Lorbeerhecke. Auch hier war alles dunkel. Jacques kam das allmählich komisch vor, es erschien ihm zu leicht. Sein Herz klopfte bis zum Hals.

»Das Toilettenfenster muss hier an der Seite sein«, flüsterte Etienne und huschte hinter der Lorbeerhecke hindurch an der Wand der Villa entlang. Jacques folgte ihm ebenso geräuschlos und leicht humpelnd.

Durch die Ritzen eines geschlossenen Fensterladens, an dem sie vorbeikamen, sickerte Licht. Jacques blieb stehen und spähte durch eine Ritze hinein. Jacques konnte nicht viel erkennen. Er sah ein zerwühltes Bett, in dem ein nackter Mann auf dem Bauch lag und schlief, das Gesicht zur Wand, einen Schenkel leicht angewinkelt. Die Wölbung seiner Arschbacken sprang Jacques geradezu ins Auge. Die Innenseiten der Backen glänzten feucht.

Jacques schüttelte den Kopf. Es schien klar, was hier geschehen war, und er fragte sich, was einen Mann dazu bewegen konnte, sich von hinten nehmen zu lassen. Das musste doch wehtun! Für Jacques war das jedenfalls nichts.

»Wo bleibst du denn?«, zischte Etienne.

»Bin schon da«, gab Jacques zurück.

Etienne wies hinauf zu einem kleinen, schmalen Fenster. Es stand offen – Andrés Werk.

»Wir müssen jetzt zusammenbleiben«, sagte er. »Bleib hinter mir. Erst im Arbeitszimmer trennen wir uns, und du kümmerst dich um den Sekretär, ich um die Verstecke im Aktenschrank.«

»Alles klar«, flüsterte Jacques.

Etienne packte den Rahmen des Toilettenfensters und wuchtete sich hinauf. Jacques folgte. Einen Moment verharrten sie und lauschten auf Geräusche im Haus. Jacques unterdrückte ein Stöhnen, weil er mit dem verletzten Teil seines Fußes aufgekommen war.

Etienne schlich auf leisen Sohlen zur Tür und öffnete sie vorsichtig einen Spaltbreit, um zu horchen. Dann huschte er hindurch. Sie schlichen einen Gang entlang, jederzeit darauf gefasst, die Flucht zu ergreifen.

Etienne öffnete eine Tür, spähte hindurch und zog Jacques schnell hinter sich her in das Zimmer. Das Arbeitszimmer von Monsieur Foucasse! Sie waren am Ziel. Im bläulichen Licht eines Aquariums, in dem einige tropisch-bunte Korallenfische schwammen, konnte Jacques einen ausladenden Schreibtisch erkennen, an der Wand seitlich einen Sekretär. In diesem Sekretär befand sich laut André die Portokasse des Monsieur Foucasse mit einigen tausend Euro darin. Und in dem massiven Regal dort drüben, in dem das Aquarium stand, würde Jacques einige wertvolle Schmuckgegenstände aus Gold und Edelsteinen finden, Dinge, die Monsieur Foucasse lieb und teuer waren.

»Hat André was von dem Aquarium gesagt?«, wisperte Jacques, den das intensive bläuliche Licht beunruhigte.

Etienne schüttelte den Kopf.

»Das muss er vergessen haben.«

»Das gefällt mir nicht«, flüsterte Jacques. »Man kann uns von draußen sehen.« Er deutete auf die großen Fenster. »Aber abschalten können wir das Licht nicht, das würde auffallen.«

»Dann müssen wir uns eben beeilen. Du den Sekretär, ich das Regal, wie besprochen. Schnell!«

Jacques schlich hinüber zu dem zierlichen Möbel, das sich unauffällig in eine Nische drückte. Das Schloss bereitete ihm nicht das geringste Problem, er hatte es im Nu geknackt. Er klappte die Schreibplatte des Sekretärs herunter. Dabei lauschte er auf die Geräusche im Haus. Von irgendwoher drang wildes, geiles Stöhnen. Das mussten die Wachmannschaften sein, dachte Jacques und widmete sich wieder dem Sekretär, indem er die obere Schublade herauszog, um an den Mechanismus für das Geheimfach zu kommen, der dahinter angebracht war.

Da flog plötzlich die Tür auf, das Deckenlicht flammte auf, und drei Männer stürmten herein, zwei große, breite Kerle mit mächtigen Muskeln in Sporthemden, einer mit Glatze, der andere schwarz, und ein dritter Mann, der ihnen lässig schlendernd folgte. Er hatte seine Haare zu einem Zopf gebunden.

In der Falle!

»Hände hoch!«

Jacques war wie gelähmt. Bewegungsunfähig starrte er dem schwarzen Riesen entgegen, der rasch auf ihn zukam und ihm den Arm auf den Rücken drehte, so dass Jacques vor Schmerz aufschrie.

»Den einen hab ich!«, rief der Schwarze.

»Ich kümmere mich um den anderen«, erwiderte der andere Muskelmann von drüben.

Jacques versuchte, sich zu wehren, aber dafür war es jetzt zu spät. Gegen den stahlharten Griff des schwarzen Riesen hatte er nicht den Hauch einer Chance. So sehr er auch zappelte und mit dem freien Ellenbogen rückwärts stieß, in die Magengrube des Riesen – der Mann zeigte sich absolut unbeeindruckt. Es war, als schlüge Jacques auf Stahlbeton ein.

Aus den Augenwinkeln sah Jacques plötzlich etwas durch die Luft fliegen. Mit gewaltigem Krach ging eine der Fensterscheiben zu Bruch, und im nächsten Moment schwang sich ein wendiger Schatten durch den leeren Rahmen und verschwand in der Nacht.

»Ich hole Hilfe!«, hörte Jacques Etienne noch rufen.

Der glatzköpfige Muskelberg sprang ihm hinterher und nahm die Verfolgung mit einer Geschwindigkeit auf, die Jacques diesem Berg aus Fleisch und Muskeln niemals zugetraut hätte.

Der dritte Mann, der Lässige mit dem Zopf, zog derweil ein Handy aus der Hosentasche.

»Wir haben einen von den beiden«, sagte er, lauschte kurz und antwortete: »Ist entkommen. Aber Jean verfolgt ihn und wird ihn fangen … Okay … Ist die Bar noch besetzt?«

Da die Antwort anscheinend zu seiner Zufriedenheit ausfiel, bestätigte er und steckte das Handy wieder weg. Stattdessen zog er nun ein Paar Handschellen aus der Hosentasche. Damit kam er grinsend auf Jacques zu. Es ratschte zweimal kurz, dann war es passiert, und Jacques war endgültig in der Hand dieser Leute.

Loverboys 166: Der Dieb

Подняться наверх