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Hara hachi bu: Fülle den Magen nur zu 80 %
ОглавлениеDie Menschen auf Okinawa leben nicht im Überfluss. Armut und Kargheit bestimmen ihren Alltag. Zwar ist das subtropische Gebiet üppig grün bewaldet, doch die Menschen haben es hier nicht leicht. Sie beherzigen, ohne je davon gehört zu haben, den Spruch: „Essen hält Leib und Seele zusammen“ – und zwar das richtige Essen. Der Vater aller Ärzte, der Grieche Hippokrates, sagte schon vor rund 2.400 Jahren: „Nahrung soll Eure Medizin sein und die Medizin Eure Nahrung.“ So halten es die Menschen auf der japanischen Inselgruppe Okinawa.
Tipp 1: Und da kommt nun die aus der Not geborene Tugend der Menschen auf Okinawa ins Spiel: Hara hachi bu: Fülle Deinen Magen nur zu acht von zehn Teilen. Das ist ein Geheimnis ihres Alters. Die Okinawer besitzen die Fähigkeit, sich selbst zu beschränken. Sie nehmen mit ihrer traditionellen Küche nur 80 Prozent der Kalorien zu sich, wie sie im übrigen Japan verzehrt werden. Wer nun meint, sie würden dauernd mit knurrendem Magen durch die Gegend laufen, der irrt.
Tipp 2: Die Menschen auf Okinawa essen langsamer. Das ist das Geheimnis. Die moderne Wissenschaft kennt dafür längst eine Erklärung: Unsere Nerven reagieren verhältnismäßig langsam. Erst 15 Minuten nach Nahrungsaufnahme melden sie das unserem Gehirn weiter. Die Sensoren im Magen, die die Menge der zugeführten Nahrung feststellen, reagieren also relativ spät. Wer also schnell isst, wird mehr Nahrung zu sich nehmen, als er wirklich braucht. Wir fühlen uns nämlich erst eine Viertelstunde nach dem Essen satter als nach Ende der Nahrungsaufnahme. So ist es. Im Umkehrschluss bedeutet das: Essen wir schnell, überfüllen wir andauernd unseren Magen, weil wir das Gefühl haben, nicht satt zu sein. Unsere Sensoren haben nämlich noch nicht die Meldung ans Gehirn weitergegeben, wie viel nun schon im Magen ist. Also stopfen wir weiter. Die Okinawer machen das nicht. Sie stopfen sich eben nicht voll, bis sie total satt sind. Das ist auch nicht notwendig. Essen Sie also langsam. Wenn Sie es nicht können, benutzen Sie folgenden Trick:
Gewöhnen Sie sich an, während des Essens viel zu reden. Berichten Sie über Ihren Tagesablauf, über das, was Sie noch vorhaben, oder informieren Sie Ihre Tischrunde über das aktuelle Tagesgeschehen. Beziehen Sie Ihre „Mit-Esser“ ins Gespräch mit ein, indem Sie Fragen stellen. Diskutieren Sie während des Essens.
Tipp 3: Crossover-Küche oder fusion food/fusion kitchen: Not macht bekanntlich erfinderisch. So haben die Okinawer aus dem, was die Inseln hergaben, eine traditionelle Küche entwickelt, die sich im Laufe der Zeit mit fremden kulinarischen Elementen mixte. Die Küche ist weder chinesisch noch japanisch. Durch enge Handelsbeziehungen zu China, Korea und Japan fanden aber auch solche Einflüsse ihren Weg in die Kochtöpfe Okinawas. Es ist also die Mischung aus überlieferten Rezepten und fremden Einflüssen. Erlaubt ist eben, was gefällt, Hauptsache es schmeckt. Die Crossover-Küche erlaubt ja ziemlich viel Kreativität, und es gibt fast nichts, was nicht möglich ist. Natürlich ist die Kost fett- und kalorienarm, enthält viel Sojabohnen, Tofu und Fisch. Tee gehört auch ständig dazu. Sie ist quasi halb-vegetarisch. Eine dem subtropischen und im Teil auch tropischen Klima angepasste leichte Küche bestimmt das Essen auf Okinawa.
Tipp 4: Es gibt mittlerweile sogar eine Okinawa-Diät, die das Essen in drei verschiedene Sorten von Kaloriendichte (=Kaloriengehalt pro Gramm: Kalorienzahl geteilt durch Gramm pro Portion) unterteilt. Danach darf man zwar alles essen, aber von bestimmten besonders „dichten“ Lebensmitteln wie Kartoffelchips oder Erdnüssen nur ganz wenig. Sie soll angeblich schneller sättigen durch mehr Füll- und Ballaststoffe, was nicht bei allen Menschen gleichermaßen zutrifft und dadurch den Diäteffekt wiederum schmälert. Diese Art von Diät senkt die Kalorienzufuhr, hat aber nicht unbedingt das verbissene Ziel des Idealgewichts. Die Okinawa-Diät stellt das Wohlfühlgewicht in den Vordergrund, mit dem man alt werden soll. Mancher Hundertjährige auf Okinawa begnügt sich mit 1.100 Kcal am Tag, was deutlich unter den empfohlenen Vorgaben der Nahrungszufuhr für Leute dieses Alters liegt. Hara hachi bu sagen sich die Alten auf Okinawa und setzen Qualität der Nahrung vor Quantität. Primäres Ziel der Okinawa-Diät ist es, durch sich Wohlfühlen alt werden.
Die Regeln der Okinawa-Diät besagen folgendes: Man darf nach Belieben Nahrungsmittel der Kaloriendichte unter 0,7 zu sich nehmen, also Wasser, Gurke, Endiviensalat, Orange, Aprikose, Tee, Apfel, Alge, Zucchini und Naturjoghurt ohne Fett; in Maßen Nahrung der Dichte 0,8 bis 1,5: Banane, Reis, Nudeln, weißer Fisch, Geflügel, Kartoffel, Hülsenfrüchte; in geringen Mengen Nahrung der Dichte von 1,6 bis 3: fetter Fisch, Trockenfrüchte, Pizza, Magerfleisch, Brot, Eis; selten dagegen Nahrungsmittel mit der Kaloriendichte über 3: Schokolade, Butter, Walnüsse und Kekse. Diese Diät kann langfristig zu Gewichtsverlust führen, soll aber in erster Linie zu einem zufriedeneren Leben beitragen, zu einem Wohlfühlen, und damit längeres Leben garantieren. Viele detaillierte Informationen findet man dazu im Internet.