Читать книгу Das Mädchen mit dem Flammenhaar - Janet Borgward - Страница 5
Ein Meer von Fragen und leeren Karten
ОглавлениеIch saß im Schatten unter dem Vordach unseres einfachen Hauses. Auf meinen abgeschürften Knien ruhte ein vergilbtes Blatt Papier, den eingetrockneten Federkiel bewegte ich zwischen meinen Fingern wie ein Taschenspieler. Seit heute hatten die Pforten der Schule wieder geöffnet. Nach Cyrians Tod waren sie tagelang zum Zeichen der Trauer verschlossen geblieben.
Cyrian war der einzige Sohn von Recking, dem Bauern. Er hatte aus einem groben Holzblock Figuren von erlesener Schönheit schnitzen können, die unsere Händler für ihn verkauften. Seine Hände hingegen waren zu ungelenk, um Felder zu bestellen. Als die Ernte nicht genug einbrachte, nahmen die Herren von Kandalar seine Mutter und die kleinere Schwester mit auf die Burg. Und jetzt war er tot. Es war nicht so, dass der Ältestenrat von Gullorway tatenlos zusah. Unzählige Male hatte er die Hilfe von Abylane, Alebas oder der Goldenen Stadt Timno Theben erbeten, die über bewaffnete Kohorten verfügten. Doch waren diese mit ihren eigenen Problemen beschäftigt. Stattdessen gemahnten uns ihre Clanführer zur Vorsicht und das wir eben die Augen offenhalten sollten. Es gab keine Unterstützung. Im Umkreis von mehreren Tagen gab es kein einziges Dorf, keine Stadt. Während sich im Westen der Fluss Mukonor in den undurchdringlichen Sümpfen von Greenerdoor verlor, gab es im Osten nur das Bergmassiv der Ellar Hills, mit dem unbesiedelten Merdoran und Kandalar. „Avery, träumst du wieder?“ Wie von weit her drang Charise’ ungehaltene Stimme zu mir ans Ohr, dabei stand sie nur zwei Schritte weit entfernt. Gebieterisch baute sie sich vor mir auf. „Hallo? Jemand zu Hause?“ Sie wedelte mit ihren grazilen Fingern vor meinen Augen, um meine Aufmerksamkeit endlich auf sich zu lenken . „Ja, du bist ja nicht zu überhören“, maulte ich. Ich zog die Hosenbeine wieder über die verschorften Knie. Das Blatt Papier, auf dem ich soeben noch einen Vogel gekritzelt hatte, ließ ich unauffällig in meiner Hosentasche verschwinden. „Ich könnte deine Hilfe auf dem Feld gut gebrauchen.“ Abwartend stand sie mit verschränkten Armen vor mir. „Wenn’s keine Umstände macht“, setzte sie schnippisch hinzu. Eine Dohle flog über Charise hinweg, einen Kotklecks auf ihrer Schulter hinterlassend. „Igitt!“, stieß sie angeekelt aus und blieb wie versteinert stehen. „Soll Glück bringen“, brachte ich hervor, dabei konnte ich meine Überraschung kaum verbergen. Mit dem zerknüllten Papier wischte ich ihr den Unrat von der Schulter. Charise schlug meine Hand fort, machte auf dem Absatz kehrt und stapfte davon. Ich ließ sie vorerst ziehen. Wenn sie in dieser Stimmung war machte es keinen Sinn mit ihr zu reden. Mit einem ausgeleierten Haarband versuchte ich meine störrische, kupferne Lockenpracht zu bändigen und unter dem abgewetzten Strohhut zu verbergen. Mutter hatte meiner Schwester und mir eingeschärft, unser rotes Haar nicht zur Schau zu tragen. Niemand sonst hatte rotes Haar und sie wollte nicht, dass man uns deswegen das Leben schwer machte. Wie gern hätte ich es mir einfach kurz geschnitten, damit es besser unter den Hut passte. Doch das würden meine Eltern und vor allem Charise, niemals zulassen. „Deine Haare hätte ich gern“, sagte sie oft, wenn sie vor dem Spiegel stand und wieder einmal trotzig versuchte, etwas aus ihren glatten, wie von Rost durchzogenen Haaren zu machen. Rasch erneuerte ich noch den Sonnenschutz auf meinen Armen mit Lehmpunsch, einem Gemisch aus Lehm und diversen Kräutern. Meine Erfindung. Der Brei kühlte die Haut und bewahrte sie vor dem Austrocknen. Außerdem hinterließ Lehmpunsch einen bronzefarbenen Teint, fast wie gebräunte Haut – was mir persönlich lieber war, als meine blasse Haut mit den versprengten Sommersprossen darauf. An der Konsistenz musste ich allerdings noch ein wenig feilen. „Da bist du ja endlich.“ Ihre Augen sprühten immer noch Funken, doch dann gab sie sich beherrschter. „An der Überleitung zum Verteilerding ist irgendetwas leckgeschlagen.“ Breitbeinig stand sie mit dem Rücken zum Maisfeld, die schweißnasse Stirn in Falten gelegt und auf den Fußballen wippend. „Es wird der Kippschalter sein, der den Zufluss zu den einzelnen Wasserrohren regelt“, überlegte ich kurz. „Sag ich ja, Kippschalter.“ Charise sah mich ungeduldig an. „Kannst du da was machen?“ Vermutlich. Schließlich hatte ich die Bewässerungsanlage ja entwickelt und mit aufgebaut. Ich flocht ein notdürftiges Band aus Schilf und Tampur, einer wasserabweisenden Großblattpflanze und surrte es um die defekte Leitung fest. „So müsste es eine Weile halten.“ „Meinst du wirklich?“ Charise blickte skeptisch auf die geflickte Stelle. Vorsichtig betätigte sie den Kippschalter, um das kostbare Wasser, welches wir dem Mukonor entnahmen, nicht zu vergeuden. Leitungen aus Bambusrohren führten vom Fluss zu den Feldern und verzweigten weiter zu mehreren Wasserreservoiren im Dorf. „Die Zeit wird knapp. Wir haben höchstens noch eine halbe Stunde zum Bewässern.“ Seit Monaten hatte es in Gullorway nicht mehr geregnet. Der Ältestenrat hatte daher das Wasser rationalisiert und für jede Familie genaue Zeiten für die Bewässerung festgelegt. Jeder Ausfall, aus was für Gründen auch immer, ging von der Bewässerungszeit der einzelnen Clanmitglieder ab, ließ die eigenen Felder damit fortwährend trockener werden. Die vorhandenen Brunnen waren mittlerweile auch größtenteils versiegt. Der Wasserstand des Mukonor sank zudem alarmierend. Als das Wasser wieder floss, gingen wir zu den bereits geschnürten Jutesäcken mit Sorghum, einer neuen Getreidesorte, die für die Gegebenheiten unserer trockenen Region optimal geeignet schien. Wir luden die letzten Säcke auf die bereitstehenden, altersschwachen Lastkarren und spannten die ausgemergelten Pferde davor. Mit erhobenem Daumen gab ich Miles das Zeichen, dass er abfahren konnte. Er ließ die Peitsche durch die Luft schnellen, dann setzten sich auch die anderen Karren in Bewegung Richtung Getreidesilo. „Kommst du heute Abend noch mit zu Denian und den anderen?“, fragte Charise mich. Sie verbrachten mehr Zeit miteinander, als es meinen Eltern lieb war. Aber Charise war schließlich erwachsen, wie sie nie müde wurde zu betonen. Wahrscheinlich würden Denian und sie heiraten, wenn Charise nur lange genug Gefallen an ihm fand. „Ich weiß noch nicht“, wand ich mich. „Ach komm schon, Avery. Es ist der siebte Tag der Woche und Miles wird sicher auch da sein.“ Miles wiederum war mein Freund. Wir gingen zusammen durch dick und dünn, wenn auch eher wie Bruder und Schwester. Heute jedenfalls war mir irgendwie nicht nach Gesellschaft zumute. Eine innere Unruhe hatte mich ergriffen, deren Ursprung ich mir nicht erklären konnte. Wie bei einem Gewitter, von dem man weiß, dass es Spuren in der Natur hinterlassen wird. Ich nahm mir vor, heimlich darin lesen. Seit dem Überfall der Herren von Kandalar hatte ich den Stein nicht mehr angerührt aus Angst vor Entdeckung. Doch hatte meine Mutter andere Pläne mit mir. Da Charise sich bereits geschickt aus dem Haus gestohlen hatte, blieb die Küchenarbeit mal wieder an mir hängen. Geduldig faltete ich mit meiner Mutter Wäsche zusammen, räumte das Geschirr in den Küchenschrank, schrubbte die derben Holzböden. Anschließend reparierte ich im Schuppen gemeinsam mit meinem Vater eine Dachlatte, damit es nicht hereinregnen konnte. Letzteres hätte sicher noch ein paar Wochen Zeit gehabt, da noch immer kein Regen in Sicht war. „So, jetzt kann der Regen kommen“, sagte mein Vater doch prompt, kletterte von der Leiter herunter und sah mich mit einem verschmitzten Lächeln an. „Wenn ich dich nicht hätte.“ Väterlicher Stolz breitete sich auf seinen Gesichtszügen aus. Ich zuckte nur mit den Schultern, wollte den Schober schon verlassen, als er mich zurückhielt. „Hast du noch einen Moment Zeit, Avery?“ Versonnen strich er sich über das immer noch volle Haar, fuhr sich mit der Zunge über die spröden Lippen. Was konnte es jetzt noch geben? „Setz dich doch.“ Seine Augen rollten unruhig hin und her. „Wir … der Rat braucht deine Hilfe.“ Prüfend sah er mich an. „Der Rat? Ist das Versammlungshaus renovierungsbedürftig?“ Er schüttelte lachend den Kopf. Es klang unsicher. „Nein, das nicht. Es ist eher etwas Politisches.“ „Inwiefern?“ „Wir brauchen deinen Rat.“ „Meinen Rat?“ Jeder andere hätte sich jetzt vielleicht geschmeichelt gefühlt, bei mir gingen jedoch sämtliche Alarmglocken an. Er fuhr sich mit der Hand über die Augen, als wolle er den Schlaf vertreiben. Mit einem Mal wirkte er sehr erschöpft. Dann, als hätte er eine Entscheidung getroffen, stellte er die Frage, die offensichtlich auf seinen Lippen brannte. „Könntest du für uns deine Karten legen?“ Das überraschte mich nun wirklich. „Wie sollten meine Karten gegenüber der Lebenserfahrung eurer Ältesten etwas voraushaben?“ „Sie – sind objektiver“, stieß mein Vater hervor. „Du, willst die Karten gelegt haben, nicht der Rat. Stimmt’s?“ Er sah mich lange an, bevor er antwortete. „Was bist du doch für ein kluges Köpfchen.“ „Hm. Was willst du wissen?“ „Sag du es mir durch deine Karten.“ Für mich sprach er in Rätseln. Irgendetwas schien ihn so stark zu beschäftigen, dass er es weder vor dem Rat noch vor meiner Mutter aussprechen konnte. Die Reparatur der Dachlatte war also nur ein Vorwand, mich unter vier Augen sprechen zu können. Das machte mir Angst und meine dunkle Vorahnung stellte sich wieder ein. „Ich brauche einen Anhaltspunkt, irgendwas.“ Er schüttelte nur den Kopf. „Ich kann dir nichts sagen. Aber“, er griff in seine Hosentasche und zog ein Päckchen mit abgegriffenen Karten hervor. Meine Karten. „Wo hast du die her?“, zischte ich ihn an. Ich mochte es nicht, wenn meine Eltern hinter meinem Rücken in meinen Sachen wühlten. „Tut mir leid, aber die Zeit drängt.“ „Du hättest mich fragen müssen“, blaffte ich ihn an. Sie gehörten nicht in andere Hände. Sie waren auf mich geprägt. Solche Karten hatte man ein Leben lang. Man spielte nicht mit ihnen um Geld beim Wein. Von ihnen ging eine besondere Kraft aus. Resigniert schloss ich die Augen, atmete tief durch. Langsam beruhigte ich mich wieder. „Wirst du sie mir legen, Avery?“ Fast flehend beschwor er mich. Was war nur in ihn gefahren? Ein Mann wie ein Baum. Mit allen Wassern gewaschen. Zu ihm schauten die Leute auf, fragten ihn um Rat und jetzt sollte ich, gerade mal sechzehn Jahre, ihm in einer Lebenskrise helfen? Danach sah es jedenfalls für mich aus. „Hast du eine andere Frau kennengelernt?“, fragte ich daher gerade heraus. „Was?“ Er sah mich entsetzt an. „Nein, natürlich nicht. Das hast du geglaubt?“ Er schien entrüstet, dass ich so etwas überhaupt in Erwägung ziehen konnte. „Was sonst sollte so furchtbar sein, dass du es noch nicht einmal vor Mutter sagen kannst, hm?“ „Avery, also wirklich. Das ist es nicht. Es geht um Politik.“ Mit verschränkten Armen stand er vor mir. Hatte er eben noch einen Moment der Schwäche gezeigt, so war dieser jetzt verflogen. „Wirst du mir jetzt die Karten legen, Avery? Bitte.“ Doch der Nachdruck, mit dem er seine Bitte aussprach, ließ sie eher wie einen Befehl klingen. „Aber nicht hier drin. Ich muss sie unter freiem Himmel auslegen.“ „Ist das nicht zu gefährlich?“ „Gefährlich? Vater, ich lege doch nur Karten.“ „Schon gut. Dann lass uns rausgehen. Hinter dem Schuppen sind wir ungestört.“ Er räumte rasch sein Werkzeug beiseite, dann folgte er mir nach draußen. Im Vorbeigehen hatte ich mir einen alten Besen gegriffen. Auf einer Fläche von etwa eineinhalb Metern begann ich sorgsam den ausgetrockneten, rissigen Lehmboden von Blattresten, zertrampelten Fußspuren und sonstigen Störfeldern zu befreien, bis eine glatte Ebene entstand. Die Karten mussten auf dem Boden ausgelegt werden, denn aus ihm gewannen sie einen Teil ihrer besonderen Kräfte. Den anderen Teil steuerte ich bei. Als ich die Karten zu mischen begann, zog mein Vater sich eine Holzkiste heran und nahm darauf Platz, ohne mich aus den Augen zu lassen. „Gibt es irgendeinen Anhaltspunkt? Ein spezielles Thema, zu dem ich die Karten befragen soll?“ „Nein. Leg sie einfach aus und sage mir dann, was sie bedeuten.“ Heute wurde ich einfach nicht schlau aus ihm. Für gewöhnlich wurden meine Kartenkünste nur vor Vermählungen benötigt, um dem Paar die Zukunft vorauszusagen oder um den Händlern den rechten Zeitpunkt für ihre Reise zu benennen. Ich mischte die Karten erneut. Dann ließ ich mich auf die Knie sinken. In einem einzigen Fächer, entgegen dem Uhrzeigersinn, legte ich sie mit der linken Hand und dem Bild nach unten auf den staubtrockenen Boden aus. Einen Moment verharrte ich in absoluter Unbeweglichkeit. Um mich herum verstummten die Geräusche. Nur das Rauschen meines eigenen Blutes konnte ich im Kopf hören. Dann öffnete ich die Augen wieder. Gerade, als ich den Kartenfächer von oben nach unten umschlagen wollte, vernahm ich ein herannahendes Grollen, wie von Gewitter. Ich blickte zum Himmel, doch es war kein einziges Wölkchen zu sehen. Mein Vater sah mich abwartend an. Ob er das Grollen auch gehört hatte? Dann schraubte sich mit einem Mal ein Wirbel direkt aus dem Inneren des Kartenkreises empor, wie ein Tornado im Herbst. Wie war das möglich? Die Zeit schien still zu stehen. Ich sah, wie die Karten in eben diesen Strudel gerieten, wie in einen Trichter. Immer schneller, empor zum Himmel und dann war der Spuk plötzlich vorbei, und sie fielen in einem letzten, wilden Tanz auf den Boden zurück. Nur die zerfurchte Erde unter ihnen strafte die anschließende Ruhe Lügen. Das hatte ich noch nie erlebt. Was war geschehen? Als ich die Karten umdrehen wollte, die seltsamerweise alle noch verdeckt auf dem Boden lagen, war ihre Bildseite verschwunden. „Avery, was hat das zu bedeuten?“ Die Stimme meines Vaters war nur noch ein Flüstern, als er auf die leeren Karten starrte. Endlich konnte ich mich aus meiner Starre lösen. Ich sah ihn an und schüttelte den Kopf. „Ich habe dafür keine Erklärung.“ „Aber warum sind die Bilder weg?“ „Ich weiß es nicht, Vater.“ Verwirrt sammelte ich meine Karten wieder ein. Jede einzelne prüfend, wie in Trance. Alle trugen nur auf der Rückseite ihr gewohntes Muster. Die Bilder auf der Vorderseite blieben jedoch verloren. Das Gesicht meines Vaters war inzwischen aschfahl geworden. „Hast du es gesehen?“, fragte ich ihn leise, als könnten wir belauscht werden. Ein Schatten huschte plötzlich über seine Augen, dann sah er mich fragend an. „Was meinst du?“ „Den Wirbelsturm und …“ „Wirbelsturm?“ Er rieb sich die Schläfen, als hätte er Kopfschmerzen. „Nein. Wo denn?“ Suchend blickte er sich um. „In den Bergen?“ Wollte er mich auf den Arm nehmen? Er hatte doch keinen Steinwurf weit entfernt auf seiner Holzkiste gesessen. „Avery, wo sind die Bilder auf den Karten?“ „Langsam, langsam. Wir müssen systematisch vorgehen.“ Mir schwirrte der Kopf. „Sag mir genau, was du gesehen hast, Vater.“ „Ab welchem Zeitpunkt?“ „Nachdem ich die Karten gemischt habe.“ Nervös nagte er an seiner Unterlippe. „Also, du hast sie gemischt, wie immer, bist in die Knie gegangen, danach waren die Bilder weg.“ „Und dazwischen, Vater? Was hast du gesehen, gehört?“ „Dazwischen? Wie meinst du das? Ich habe nichts gehört.“ Ja war er denn plötzlich senil geworden, oder was? „Vater, es war nicht zu überhören oder zu übersehen. Das Donnergrollen, der anschließende Wirbel.“ „Avery, Kind. Ich h-a-b-e nichts gesehen oder sonst was gehört! Sag mir lieber wie es möglich ist, dass die Bilder auf dem Kartenspiel auf einmal fort sind. Wie hast du das gemacht?“ Er schien es für einen billigen Zaubertrick zu halten, wollte schon nach den Karten greifen. „Ich?“ Rasch nahm ich die leeren Karten wieder an mich. „Du hast das Kartenspiel angefasst. Erinnerst du dich? Du hast die Karten aus meinem Schrank genommen. Woher wusstest du überhaupt, dass ich sie dort aufbewahre?“ Was spielte er mir bloß für ein seltsames Theater vor? So kannte ich ihn überhaupt nicht. „Vater. Warum sollte ich dir die Karten wirklich legen? Was wolltest du darin sehen? Ich muss es wissen!“ Mittlerweile schrie ich ihn an, spürte, wie ich kurz davor war, hysterisch zu werden. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Er dagegen schüttelte nur in einem fort den Kopf. „Sprich mit niemand darüber. Schwör es mir, sonst …“ Als meine Mutter, aufgeschreckt durch meine schrille Stimme, über den Hof gelaufen kam, stürmte er in die entgegengesetzte Richtung davon. Wie angewurzelt blieb ich stehen, mit einem Meer von Fragen und leeren Karten.