Читать книгу Rescue: Zeig's mir mit Gefühl - Janice Blendell - Страница 5
Kapitel 2
ОглавлениеTom arbeitete sehr viel. Nach den ersten Monaten in der Kanzlei bekam er öfter die Aufträge der Mandanten zugeteilt, deren Firmensitze über die ganze USA verteilt waren. Er war oft tagelang unterwegs und nur an den Wochenenden zu Hause.
Heute war Sonntag, und Karen wusste, dass Tom am nächsten Morgen nach New York fliegen sollte, um einen Mandanten zu beraten. Sie saß im Wohnzimmer auf der Couch, als Tom hereinkam. In seiner Hand hielt er zwei Gläser und eine Flasche Champagner.
„Gibt es etwas zu feiern?“ Überrascht sah sie zu ihm.
Er schlenderte auf sie zu, stellte den Champagner und die Gläser auf dem Couchtisch ab. „Nein, aber bevor ich morgen wieder eine Zeit lang von dir getrennt bin, möchte ich noch einen schönen Abend mit dir verbringen“, sagte er und küsste sie innig. Er löste sich von ihr und trat einen Schritt zurück.
„Worauf hast du Hunger?“ Karen überlegte einen Moment. „Wie wäre es mit Sushi? Das hatten wir schon lange nicht mehr.“ Fragend sah sie ihn an.
„Gut, ich bestelle uns etwas.“ Tom nahm sein Handy und bestellte eine kleine Auswahl an Gerichten.
Es dauerte nicht sehr lange, bis der Lieferservice die bestellten Speisen brachte. Karen hatte in der Zwischenzeit den Tisch gedeckt und eine Kerze angezündet.
Sie liebte romantische Abende, weil diese meistens mit exquisitem Sex endeten. Tom zeigte ihr, dass Sex mehr war als nur die Missionarsstellung. Sie ließ sich gelegentlich auch von ihm fesseln, und auch Sexspielzeuge baute er in ihr Liebesspiel mit ein. Sie vertraute ihm dabei blind.
Bevor Tom am Montag das Haus verließ, bat er Karen darum, nach Feierabend seine Anzüge aus der Reinigung abzuholen. Sie versprach es, fuhr am frühen Abend zur Reinigung und gab dem Angestellten den Abholschein.
Wenige Minuten später reichte er ihr die Anzüge über den Tresen. „Diesen Zettel haben wir in einer der Anzugtaschen gefunden.“ Er lächelte freundlich und reichte Karen das Stück Papier.
„Danke“, sagte sie und lächelte zurück. Sie nahm die Anzüge und hängte sie in ihr Auto, damit sie nicht zerknitterten. Das Papier legte sie auf den Beifahrersitz und fuhr direkt nach Hause.
Als sie am nächsten Morgen in ihr Auto stieg, sah sie den Zettel auf dem Beifahrersitz, den sie dort abgelegt hatte, und steckte ihn in ihre Handtasche. Im Büro hörte sie das Vibrieren ihres Handys und griff in ihre Tasche, um es herauszuholen, dabei zog sie den Zettel mit raus. Er fiel zu Boden und Karen warf einen Blick darauf.
Es war eine Auftragsbestätigung für einen Tisch von der Firma Mysterious Design, deren Inhaber ein Ron Marshall war. Sie wendete das Papier, aber da stand nichts weiter drauf. Sie hatten sich doch erst neu eingerichtet und die letzten Möbel waren gerade vor kurzem geliefert worden.
„Hm“, dachte sie laut. Sie war sich sicher, wenn Tom einen neuen Tisch bestellt hätte, hätte er mit ihr darüber gesprochen.
Abermals schaute sie auf das Blatt in ihren Händen. Die Auftragsbestätigung war definitiv auf Tom ausgestellt. Sein Name stand handschriftlich geschrieben darauf und weiter unten war ein Stempel mit dem Firmenlogo, der Unterschrift des Inhabers und der von Tom.
Am Abend suchte Karen im Internet nach der Firma. Sie wollte in Erfahrung bringen, was das für eine Tischlerei war, aber bis auf einen Eintrag im Firmenregister der Stadt konnte sie nichts finden. Es war schon fast Mitternacht, als sie zu Bett ging.
Am Mittwoch gab es in der Kanzlei viel zu tun, denn eine Kollegin war im Urlaub, eine andere krank. Karen arbeitete die Mittagspause durch, in der Hoffnung, pünktlich aus dem Büro zu kommen, weil sie sich vorgenommen hatte, bei der Tischlerei vorbeizufahren. Sie war etwas neugierig, weil Tom ihr nichts von dem Tisch erzählt hatte, und weil der Name der Tischlerei ein wenig geheimnisvoll klang. Trotz ihrer Bemühungen musste sie noch eine Stunde länger im Büro bleiben, aber sie hoffte, dass sie noch jemanden in der Tischlerei antreffen würde.
Nach der Arbeit stieg sie in ihr Auto und fuhr direkt aus der Stadt. Laut ihrem Navi musste die Tischlerei an der Auto Club Road in der Nähe des Minnesota River liegen. Es machte sie stutzig, dass eine Tischlerei so weit außerhalb lag.
Nach ein paar Kilometern lenkte sie ihren Wagen auf eine lange Zufahrt, an deren Ende ein Landhaus mit einer Scheune stand. Sie bremste ab, dabei wirbelten ihre Reifen den Sand vom Weg auf und eine Staubwolke zog an ihrem Auto vorbei. Sie schaute sich um, aber nichts deutete auf eine Tischlerei hin. Prüfend schaute sie auf die Adresse.
Sie parkte den Wagen, stieg aus und schloss die Tür. Langsam ging sie auf die Veranda des Landhauses zu. Auf einem kleinen Klingelschild neben der Tür stand der Firmenname. Mit leicht zittrigen Fingern drückte sie auf den Klingelknopf und einen kurzen Moment später waren feste Schritte zu hören und die Tür öffnete sich.
Karen wäre fast einen Schritt zurückgestolpert. Sie riss erschrocken die Augen auf, als ein großer Mann vor ihr aufragte. Seine Statur ähnelte einem römischen Gladiator. Seine Augen waren stahlblau und bildeten einen starken Kontrast zu seinen kurzen, dunklen Haaren. Er musterte sie einen Moment mit einem Blick, der sich in ihre Augen bohrte. Karen fiel sein kantiges Gesicht auf, dem ein Bartschatten zusätzlich ein raues, maskulines Aussehen verlieh. Sie schätzte ihn auf Mitte, Ende dreißig. Er trug eine dunkle Jeans und ein schwarzes Longsleeve, unter dem seine Muskeln deutlich erkennbar waren.
Karens Hände wurden feucht. Sie leckte sich unbewusst über ihre Lippen und fluchte innerlich. Was habe ich mir nur dabei gedacht, alleine hierher zu fahren?
„Kann ich etwas für Sie tun, Mrs. …?“ Seine tiefe Stimme riss sie aus ihrer Starre.
„Ja, äh … hi, mein Name ist Karen Waters und ich bin auf der Suche nach Ron Marshall.“ Ihre Stimme klang unsicher.
Der Gladiator schien ihre Unsicherheit zu bemerken, denn seine Haltung lockerte sich. Er lehnte sich entspannt an den Türrahmen und antwortete freundlich: „Den haben Sie gerade gefunden.“ Sein Mund verzog sich zu einem leichten Lächeln und ihre Anspannung ließ etwas nach.
Sie hielt ihm den Zettel hin. „Ich habe den Auftragszettel bei den Anzügen meines Lebensgefährten gefunden. Ihr Firmenlogo und sein Name stehen darauf. Ich war etwas neugierig und wollte mir den Tisch ansehen, wenn das möglich ist?“
Er nahm den Zettel und las den Namen. Irritiert schaute er wieder zu ihr und danach noch mal auf den Zettel. „Sie sind mit Tom Watts liiert?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Ja, wir leben schon eine Weile zusammen.“
„Kommen Sie rein, da können wir besser reden als hier draußen.“ Mit einer einladenden Handbewegung bat er sie in den Flur und schloss die Tür hinter sich.
Karen drehte sich um. Ihr Herz klopfte.
„Kommen Sie, wir gehen in die Küche.“ Er führte sie den Flur hinunter. „Ich bin gleich wieder bei Ihnen, bitte setzen Sie sich“, sagte er und rückte ihr einen Stuhl zurecht.
Karen nickte und sah ihm nach, als er den Raum verließ.
Ron lief über den Hof zur Scheune, in der Marc, sein Freund und Mitinhaber, an einem Andreaskreuz arbeitete. Mysterious Design stellte hochwertige und handgefertigte SM-Möbel her. Auch spezielle Kundenwünsche erfüllten sie.
„In unserer Küche sitzt die Lebensgefährtin von Tom Watts“, sagte er gereizt.
„Was? Du nimmst mich auf den Arm!“ Marc legte sein Werkzeug beiseite und sah Ron überrascht an.
„Nein, das ist mein Ernst. Sie hat es mir eben gesagt. Sie kam mit unserer Auftragsbestätigung her.“ Ron hielt ihm den Zettel hin.
Marc las den Namen und sah wieder hoch.
„Sie hat den Zettel in seinem Anzug gefunden, ist neugierig geworden und wollte sich den Tisch ansehen“, fuhr er fort.
Marc sah ihn ungläubig an und schüttelte verwundert den Kopf.
Tom Watts war in ihren Augen ein Schläger und mittlerweile auch kein Unbekannter mehr in der BDSM-Szene. Mehr als einmal hatte er während einer Session die Kontrolle verloren. Er hielt sich nicht an die gängigen Regeln beim BDSM und spielte nach seinen eigenen Regeln. Er fand Gefallen daran, Frauen zu schlagen, zu misshandeln und für seine Befriedigung gefügig zu machen. Leider hatten Ron und Marc das zu spät erkannt.
Neben der Werkstatt führten Ron und Marc auch einen privaten SM-Club im Keller des Landhauses. Beide legten sehr großen Wert auf die Sicherheit aller Beteiligten. Sie hielten sich streng an die SSC-Regeln, damit alles sicher, vernünftig und in beiderseitigem Einvernehmen geschah. Sessions von Neulingen fanden unter Beobachtung statt. So stellten sie sicher, dass sich alle an die SSC-Regeln hielten.
Tom war vor einiger Zeit bei Ron und Marc aufgetaucht. Ein Mitglied des Clubs hatte Tom in einer Bar von der Tischlerei und dem Club erzählt. Erst hatte Tom sich nur nach den Preisen für die Anfertigung eines Bondagetisches erkundigt, wenig später hatte er einen Tisch in Auftrag gegeben. Ron hatte ihm damals schon gesagt, dass er viele Aufträge habe und es einige Zeit dauern werde, bis sein Tisch fertig sei. Damit war er einverstanden gewesen.
Einige Wochen später hatte er dann nach einer Session gefragt. Er gab seine Vorlieben an und wollte wissen, ob Ron und Marc eine Sub wüssten, die bereit wäre, einen Abend mit ihm zu verbringen. Ron fragte Susan. Sie war oft im Club, hatte keinen festen Partner und ihre Vorlieben deckten sich größtenteils mit denen von Tom. Ron hatte ihm auch erklärt, dass es bei seiner ersten Session im Club nicht infrage komme, ihn mit einer Sub allein zu lassen, da sie ihn zu wenig kannten. Tom akzeptierte das jedoch nur widerwillig.
An dem verabredeten Abend wirkte Tom nervös, was aber nichts Ungewöhnliches war. Zu Beginn der Session ging er respektvoll mit Susan um, traf Absprachen und gab ihr ein Safeword. Es schien alles in Ordnung zu sein. Ron, der die Session überwachte, verließ kurz den Raum, da sein Handy in seiner Hosentasche vibrierte und er den Anruf entgegennehmen wollte. Nach einigen Minuten hörte er Susan schreien und lächelte noch, denn offensichtlich bekam sie das, was sie wollte und mochte. Dann veränderte sich plötzlich ihre Tonlage, und Ron konnte deutlich hören, wie sie ihr Safeword in den Raum schrie. Er beendete schnell das Gespräch und lief zurück.
Wieder im Nachbarraum sah er Tom, der ungeachtet des Safewords, das sie laut und deutlich schrie, mit einem Rohrstock auf sie einschlug. Sein Blick war starr auf Susan gerichtet und Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Er holte mit weit ausgestrecktem Arm aus und ließ den Rohrstock auf Susans Po sausen. Er bemerkte nicht mal, dass Ron zurückgekommen war. Ron entriss ihm sofort den Rohrstock, und es kam zu einer kleinen Rangelei, die Ron für sich entschied.
Ron ging zu Susan, die am ganzen Körper zitterte. Er nahm sie in den Arm und versuchte, sie zu beruhigen, bevor er sich ihren Po ansah, der einige blutige Striemen hatte. Ron schaute Tom finster an und stellte ihn zur Rede, aber der spielte das Ganze runter. Er fuhr sich durch die Haare und gestikulierte mit den Händen, dann steckte er sein Hemd, das ihm aus der Jeans gerutscht war, wieder in die Hose. Er trat an Susan heran und entschuldigte sich lapidar bei ihr.
Danach begleitete Ron Tom nach draußen und gab ihm deutlich zu verstehen, dass er ihn nie wieder auf seinem Grundstück sehen wollte. Tom fluchte und beschimpfte ihn, aber er ging.
Seit dem Vorfall hatte Ron nichts mehr von ihm gehört. Der Tisch, den er in Auftrag gegeben hatte, stand unfertig in der Scheune.
„Und, was hast du ihr gesagt?“, wollte Marc wissen.
„Noch gar nichts. Sie wirkt auf mich nicht, als ob sie wüsste, um was für ein Möbel es sich bei dem Tisch handelt.“
„Welchen Eindruck macht sie dann auf dich?“
„Eher schüchtern und unsicher, würde ich sagen. Sie macht auf mich nicht den Eindruck, als ob sie wüsste, dass Tom Watts eine andere Vorstellung von Sex hat als sie.“
Marc zuckte die Achseln. „Wie ist ihr Name? Wie sieht sie aus?“
„Sie heißt Karen Waters, ist mittelgroß, praller Hintern, braune Haare und sie hat ein hübsches Gesicht.“
„Denkst du, er wollte den Tisch für sexuelle Spielchen mit ihr?“ Marc warf einen flüchtigen Blick auf das Möbel, das hinten in der Scheuen stand.
„Keine Ahnung. Aber ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache, irgendwie passt da was nicht.“ Bei Ron schrillten die Alarmglocken. Er hasste nichts mehr als gewalttätige Männer, die sich unter dem Deckmantel von BDSM an Frauen ausließen. „Ich werde mit ihr reden. Rausfinden, ob sie eine Ahnung hat, um was für einen Tisch es sich handelt, und mal sehen, wie sie darauf reagiert, wenn sie es erfährt. Ich hole sie, dann kannst du dir selbst ein Bild von ihr machen.“
Karen saß schon eine Weile in der großen Küche und kaute nervös auf ihrer Unterlippe. Irgendwas stimmt hier nicht!
Als sie aufstehen und gehen wollte, kam Ron in die Küche zurück. „Kommen Sie, ich würde Ihnen gern den Tisch zeigen.“
Karen sah zu ihm auf und nickte. Sie stand auf und folgte ihm nach draußen, über den Hof zu der Scheune. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, denn sie fühlte sich in der Nähe dieses Mannes unwohl, obwohl es dafür keinen wirklichen Grund gab.
Ron machte die Tür zur Scheune auf, und ihr Blick fiel auf einen zweiten Mann, der nahe bei der Tür stand. Abrupt blieb sie stehen. Ron lief in sie hinein und Karen stolperte ein Stück nach vorn. Der andere schnellte vor, griff blitzschnell nach ihrer Schulter und bewahrte sie damit vor einem Sturz.
„Hoppla“, sagte er und ließ sie erst los, als sie wieder sicher stand.
Himmel, noch so ein Gladiator, ging es ihr durch den Kopf. Sein Aussehen stand dem von Ron Marshall in nichts nach. Er war zwar nicht so muskulös, wirkte aber ähnlich dominant und bedrohlich auf sie. Er trug eine schwarze Jeans und ein weißes T-Shirt. Seine schwarzen Haare hingen ihm lässig in die Stirn. Sein Gesicht war nicht so kantig wie das von Ron Marshall, seine grünen Augen funkelten wie Smaragde, und als sich ihre Blicke trafen, verlor sie sich in seinem. Wie ein Raubtier musterte er sie, selbstsicher und gefährlich.
Karen überlief eine Gänsehaut.
Er streckte seine Hand aus und reichte sie ihr. „Hi, ich bin Marc Stuart.“
Karen brauchte einen Moment, ehe sie den Handschlag erwidern konnte. „Karen Waters“, sage sie zaghaft.
„Kommen Sie!“ Ron machte eine Handbewegung und zeigte in dem Raum auf einen Tisch, der an der Wand ihnen gegenüber stand.
Der Tisch war so groß, dass acht Personen bequem daran sitzen konnten, und Karen fragte sich, wo Tom dieses Monstrum platzieren wollte. Er passte so gar nicht zu den anderen Möbeln. Aber das war nicht die einzige Frage, die sie sich stellte. Das Monstrum hatte überall Metallringe, und an beiden Enden konnte man etwas rausziehen, das aussah wie eine Ablage. Der Tisch sah aus wie ein Requisit aus einem Folterkeller in alten Ritterfilmen. Karen befiel mit einem Mal ein ungutes Gefühl und sie fröstelte. Der Tisch wirkte keinesfalls einladend auf sie, und als sie den Kopf hob, um sich in der Scheune weiter umzusehen, entdeckte sie noch ganz andere Möbel.
Ihre Augen wurden immer größer, als sie ein Andreaskreuz entdeckte, das bedrohlich an der linken Seitenwand stand und mit großen Schrauben an der Wand befestigt war. Sie schluckte und sah schockiert zur anderen Seite. Böcke mit Fesseln standen sauber aufgereiht an der Seite, und nach einigen Sekunden sickerte die Erkenntnis in ihr Bewusstsein, dass es sich hier nicht um eine normale Möbeltischlerei handelte. Das hier waren definitiv Möbel für perverse Sexspiele.
Der Raum fing an, sich zu drehen. Ihr wurde schwindelig und sie taumelte leicht.
Ron griff sofort nach ihren Armen. „Hey, nicht doch.“ Er setzte Karen auf einen Stuhl und ging neben ihr in die Hocke. „Karen, sehen Sie mich an!“ Er sagte es ruhig, selbstsicher, und Karen reagierte darauf und sah ihm direkt in die Augen.
„Ihr baut Foltermöbel“, stieß sie hektisch hervor. „Ich muss gehen.“
Sie wollte aufstehen, aber Ron legte seine Hände auf ihre Oberschenkel und hinderte sie daran. Marc trat um sie herum und stand jetzt dicht hinter ihr.
Ron tauschte kurz einen Blick mit Marc.
„Du brauchst keine Angst vor uns zu haben“, versuchte Marc sie zu beruhigen. Kannst du aufstehen? Wir würden dir drüben im Haus gerne etwas zeigen.“
Karen sah zwischen den Männern hin und her. Dass die Männer sie plötzlich duzten, wirkte beruhigend auf sie. „Ich möchte jetzt lieber gehen.“
„Es hat etwas mit Tom zu tun, bitte schau es dir an.“
„Ich weiß nicht, es ist schon spät, denke ich“, sagte sie nervös und Ron lächelte freundlich.
„Keine Sorge, es dauert nicht lange.“
Karen haderte einen Moment. „Gut, ich komme mit.“ Sie stand auf.
Zu dritt verließen sie die Scheune und gingen über den Hof in das Haupthaus.
„Das, was wir dir zeigen möchten, befindet sich im Keller. Alle Türen bleiben offen, und selbstverständlich darfst du gehen, wann immer du willst, hast du mich verstanden?“
Karen verstand gar nichts. Warum sollte sie plötzlich gehen wollen?
„Okay.“ Sie knetete ihre Hände, bevor sie ihre Arme um ihren Körper schlang.
„Komm.“ Marc ging vor und öffnete eine große, schwere Holztür. Dahinter befand sich eine Steintreppe, die in den Keller führte.
Sobald er durch die Tür gegangen war, ging automatisch ein schwaches Licht an. Am Fuß der Treppe führte ein steinerner Weg, ähnlich einem in einer alten Burgruine, weiter in den Keller hinein. An den Wänden waren elektronische Fackeln angebracht, die jetzt ebenfalls leuchteten und den Gang erhellten.
Karen zog die Augenbrauen hoch und folgte Marc die Treppe hinunter. Ron war direkt hinter ihr. Sie fröstelte und schlang die Arme fester um ihren Oberkörper.
Von dem Gang gingen mehrere Türen ab. Als er eine Tür vor ihr öffnete, stand Karen in einer Art Gewölbe, das einem Folterkeller ähnelte. Erschrocken hielt sie die Luft an.
An einer Wand hingen Peitschen, Gerten, Stöcke und Dinge, die sie noch nie zuvor in ihrem Leben gesehen hatte. Böcke und Andreaskreuze standen in Nischen mit Rundbögen. Die Atmosphäre wirkte erdrückend und bedrohlich. So etwas hatte sie schon mal auf einer Internetseite gesehen. In ihr zog sich alles zusammen, und der Drang, zu flüchten, wurde übermächtig. Hektisch blickte sie zur Tür.
Marc bemerkte ihr Unbehagen und trat dicht an sie heran. Er berührte ihre Schulter.
Karen zuckte zusammen und wagte es nicht, sich zu bewegen. Starr wie eine Salzsäule stand sie da.
„Du befindest dich in unserem Privatclub. Ron und ich praktizieren schon lange BDSM. Wir sind Master und dominieren Frauen, die das wollen. Ich kann verstehen, wenn dich das beunruhigt, aber ich kann dir versichern, dass weder ich noch Ron eine Gefahr für dich sind. Du kannst jederzeit gehen, wenn du das möchtest. Versuch, dich etwas zu entspannen, es ist alles in Ordnung.“ Marc redete beruhigend auf sie ein.
Karen hatte schweißnasse Hände, sie verstand nicht, was er ihr damit sagen wollte. Aber sie konnte sich etwas entspannen. Der Knoten in ihrer Brust löste sich. Sie glaubte ihm, dass weder er noch Ron ihr etwas antun wollten. „Warum zeigt ihr mir das alles?“
„Damit du das, was wir die gleich erzählen werden, besser verstehen kannst. Hinter der Tür dort hinten links ist ein kleines Büro. Komm mit, dort können wir uns hinsetzen und reden.“ Ron ging vor und machte ihr die Tür auf, Marc folgte ihnen.
In dem Raum standen ein Schreibtisch, ein Drehstuhl und ein weiterer Tisch mit zwei Stühlen. Marc rückte ihr einen Stuhl zurecht und setzte sich ihr gegenüber, Ron nahm den Drehstuhl und setzte sich ebenfalls an den Tisch.
Er erzählte ihr dann ohne Umschweife von Tom und der Session mit Susan. Marc beobachtete Karens Reaktion darauf. Sie schüttelte mehrfach den Kopf, riss die Augen auf und wollte anscheinend das Gesagte nicht wahrhaben.
„So ein Blödsinn“, schnaubte sie.
„Karen, bitte, es ist die Wahrheit, ich war dabei“, versuchte Ron, seine Aussage zu untermauern.
„Ich kenne Tom schon eine Weile, und er hat mir nie in irgendeiner Weise wehgetan oder etwas gemacht, was mir nicht gefiel.“
„Vielleicht will er dich in Sicherheit wiegen. Keine Ahnung, ich weiß es nicht, aber ich habe gesehen, zu was er fähig ist.“
„Ich kann das nicht glauben.“ Sie sah die Männer entrüstet an.
„Welche Erklärung hast du denn für den Tisch, den er bei uns in Auftrag gegeben hat?“, versuchte Marc zu intervenieren.
„Praktizierst du mit Tom BDSM?“, fragte er weiter.
„Nein! Ich habe keine Ahnung davon. Ich bin nicht … also … ich habe keine Erfahrung mit derartigen Spielen.“ Gereizt sah sie die Männer an und rieb sich über ihre Stirn. „Hört zu, ich habe keine Erklärung für den Tisch, aber es gibt sicher eine. Ich vertraue Tom, und es gibt für mich auch keinen Grund, warum ich das nicht tun sollte. Er ist momentan auf Geschäftsreise, aber wenn er am Wochenende nach Hause kommt, werde ich das mit ihm klären.“ Karen verschränkte die Arme vor ihrer Brust.
„Karen, ich bin mir sicher, dass Tom Watts gefährlich ist“, versuchte Ron es erneut.
„Danke für die Fürsorge, aber wie schon gesagt, das glaube ich nicht. Ich werde jetzt gehen.“ Sie stand auf und wollte zur Tür raus, als Ron sie zurückhielt.
„Warte.“ Er kramte in einer der Schreibtischschubladen und holte eine Visitenkarte hervor, auf die er seine und Marcs Handynummer schrieb, bevor er sie ihr reichte. „Du wirst sicher das Richtige tun, aber ruf an, wenn du noch Fragen hast oder Hilfe brauchst.“
„Gut, wenn es euch beruhigt.“ Karen griff nach der Visitenkarte und ging aus dem Büro. Marc und Ron folgten ihr.
In dem Kellerraum blieb sie kurz stehen und schaute sich noch einmal um. Alles, was sie sah, war erschreckend und faszinierend zugleich. Ron verfolgte jeden ihrer Blicke und ihre Reaktion auf die Möbel und Schlagwerkzeuge, die sich in dem Raum befanden.
„Neugierig geworden?“, fragte er scherzhaft.
Karen bekam roten Wangen, schüttelte den Kopf und Ron lachte.
„Komm, ich bringe dich zu deinem Wagen.“