Читать книгу Mittendrin statt nur dabei - Jantra Friedrich - Страница 7

Оглавление

Hinter dem Eisernen Vorhang


Da meine Familie keine Verwandten in der DDR oder anderen RGW-Staaten hatte, nahm ich das Angebot der Studentenorganisation AIESEC gerne an, 1982 erstmals einen sozialistischen Staat zu bereisen bzw. ein sechswöchiges Auslandspraktikum in Ungarn zu absolvieren. Nach Auskunft besagter Studentenorganisation wäre mein Arbeitsplatz die Marketing-Abteilung der staatlichen Hotelkette „Pannonia“. Alles, einschließlich der Visa-Formalitäten, sei für mich geregelt. Über Ungarn wußte ich zu diesem Zeitpunkt als 22-Jährige nicht viel, nur daß dort eine Art „Gulasch-Kommunismus“ herrsche, der nicht soo schlimm sei und den Bürgern gewisse Spielräume ließe.

Drei Telefone

Ich setzte mich Anfang Juli in den Nachtzug nach Budapest und harrte der Dinge, die da kommen. Erwartungsgemäß war die einstündige Kontrollprozedur in Hegyeshalom an der österreichisch-ungarischen Grenze aus westdeutscher Sicht entwürdigend. Außerhalb des Zuges überall Hundegebell, Unterbodenkontrolle per Spiegel und schwadronierende Wachmannschaften. Vor allem gebürtige Ungarn, die inzwischen im Ausland lebten, schienen von den Drangsalierungen betroffen. In meinem Abteil saß ein älteres Ehepaar, das wohl schon ahnte, was auf sie zukommen würde. Zwei Grenzer rissen die Abteiltüren auf und blickten auf meinen roten deutschen Reisepass, dann zu dem Franzosen gegenüber. Und dann zu den beiden Senioren, die noch nach ihrem Pass suchten und zur Begrüßung etwas auf Ungarisch stammelten. Schon standen sie im Fokus und wurden mit harschem Befehlston dazu aufgefordert die Koffer zu öffnen. Es wurde nichts gesucht, es wurde einfach nur schikanös gewühlt. Als die Dame das gesuchte Dokument nicht so schnell finden konnte, schlug ihr einer der Grenzkontrolleure die schwarze Handtasche einfach aus der Hand, so daß sich der Inhalt auf dem äußerst unsauberen Abteilboden verteilte. Pillen, Taschentücher, Brille, Schlüssel, Geldbörse und schließlich der österreichische Pass.

Grimmig herrschte er die beiden Alten an und schmiss ihnen die Pässe schließlich vor die Füße. Der Franzose und ich konnten es kaum fassen und begannen alles Heruntergefallene wieder einzusammeln. „Lassen Sie nur, das passiert uns öfters“, meinte der ältere Herr. Na, das konnte ja heiter werden. Gott sei Dank beschränkte sich das Imponiergehabe der Staatsdiener tatsächlich auf die Grenzgebiete; im Land selbst spürte man wenig davon.

In dem nach westlichen Maßstäben heruntergekommenen Studentenwohnheim wohnten auf jedem Stockwerk andere Nationalitäten, einschließlich sozialistischer Bruderstaaten Afrikas. Selbst im Kühlschrank der kleinen Etagenküche des vierten Obergeschosses schien es von Küchenschaben nur so zu wimmeln. Mit meinem Doppelzimmer hatte ich hinsichtlich Sauberkeit und Lage zwar mehr Glück, aber es gab im gesamten Gebäude kein Telefon. Wollte man nach Deutschland telefonieren, blieb nur die Möglichkeit, ein „Internationales Hotel“ aufzusuchen. Meine Eltern wollten schließlich wissen, ob ich gut angekommen sei. Unverdrossen machte ich mich am nächsten Tag kurz vor 20.00 Uhr auf den zirka 25 Minuten dauernden Weg. Dort angekommen mußte ich mein Gespräch erst einmal anmelden und die gewünschte Teilnehmer-Nummer angeben. Nach etwa 15 Minuten wies man mir schließlich eine Kabine zu. Es klingelte und ich nahm ab. Die Verbindung war gut, doch schon nach fünf Minuten machte es piep-piep und die Leitung war tot. Ich legte auf, trat heraus und bat um wiederholte Vermittlung, da das Gespräch unterbrochen worden sei. Die Damen und Herren an der Rezeption schauten mich nur mißmutig an und erklärten, daß nach 21.00 Uhr keine Telefonate mehr stattfinden könnten. Ähh, … offensichtlich, weil die Mithörer der „Firma Horch und Guck“ jetzt nach Hause in den Feierabend gingen.

Gott sei Dank hatte ich es bei der Hotelkette gut getroffen. Als ich den Vorfall am nächsten Morgen schilderte, konnte ich von da an so oft ich wollte, vom Büro aus nach Hause anrufen. Und zwar von einem roten, internationalen Telefon aus. Auf dem Schreibtisch des Chefs standen nämlich noch ein Schwarzes für Stadtgespräche und ein Graues für nationale Gespräche. Als einmal das Graue klingelte, der Chef aber nicht im Raum war, nahm ich ab und säuselte: „Igen?“ Der Teilnehmer auf der anderen Seite begann zu sprechen. Als er nach kurzer Zeit still wurde, antwortete ich einfach mit „Nem tudom“, was so viel wie „weiß ich nicht“ bedeutet. Damit waren meine ungarischen Sprachkenntnisse auch schon erschöpft. Erneut begann er zu reden, legte irgendwann aber einfach auf. Als ich meinem Chef davon erzählte, reagierte dieser amüsiert über den kleinen Scherz. Später habe ich erfahren, daß meine Intonierung der beiden ungarischen Wortfetzen so perfekt gewesen sei, daß das Gegenüber die Ausländerin am Apparat zunächst nicht bemerkt hatte.

Es waren prägende sechs Wochen, in den ich zusammen mit zwei studentischen Kollegen höherer Semester sämtliche Werbebroschüren für deutschsprachige Gäste überarbeitete. Dabei achteten wir darauf, daß das Bildmaterial nicht zu viel vom Tapetenmuster-Mix der Zimmer und den oft über Putz liegenden Leitungen zeigte.

Einmal wollte man mich in einem Ausflugslokal als Westdeutsche beim Zahlen übervorteilen und stellte eine unerwartet hohe Rechnung. Ich ließ nicht locker und verlangte Klärung. Schließlich stellte sich heraus, daß es Speisekarten mit unterschiedlicher Auspreisung gab. Ich zahlte letztlich gar nichts, weil ich mich im Namen von „Pannonia-Hotels“ darüber beschwerte.

Ansonsten sind nur schöne Erinnerungen haften geblieben, wie private Einladungen, eine nächtliche Vollbremsung vor einem kapitalen Hirsch und eine Rundreise durch das ganze Land; von Budapest über den Plattensee bis in die Puszta und an die Grenze zu Ex-Jugoslawien. Von Treffen mit Dissidenten in studentischen Untergrundkneipen habe ich damals bewußt abgesehen.

Janos E., mein damaliger Chef, der hervorragend Deutsch spricht, wurde später Direktor von Schloss „Gödöllő“ (Kaiserin Sisi‘s Lieblingsschloss) und in Folge Tourismus-Minister des Landes. Verdient habe ich mit damals 800.- DM, heute umgerechnet 400.- Euro, übrigens überdurchschnittlich gut. Mein Gehalt war dem eines Mitarbeiters im Außenministerium gleichzusetzen. Junge Ungarn mußten dafür mindestens noch einen Zusatzjob am Wochenende annehmen oder abends kellnern, um auf den gleichen Monatsverdienst zu kommen. „Köszönöm szepan“ und „Viszontlátásra“

Meine Tipps:

1. Bei Gelegenheit das wunderschöne Széchenyi-Heilbad mitten in Budapest besuchen und im alten Gellért-Hotel an der Kettenbrücke wohnen, das seinen Gästen ebenfalls ein historisches Schwimmbad und viel Jugendstilambiente aus der Kaiserzeit bietet.

2. Der schönste Ort am westlichen Plattensee ist für mich Keszthely in Verbindung mit dem nahe gelegenen Kurstädtchen Hévíz, das an einem Thermalsee liegt. Die Wassertemperatur beträgt dort im Sommer bis zu 35 Grad, im Winter immerhin bis zu 23 Grad.

Sowjetunion im November

Nun weiter nach Osten, genauer gesagt auf einen Wochentrip nach Sankt Petersburg (damals noch Leningrad), Kiew und Moskau.

Auch hier will ich nur einige Szenen beschreiben, die diese Flugrundreise einmalig machten. Damals wie heute ist die Eremitage in Sankt Petersburg ein Gebäudetraum, alles geschmackvoll renoviert und Exponate vom Feinsten. Ebenso ist der 30 Kilometer vor den Toren der Stadt gelegene Peterhof eine grandiose Anlage. Auch Kiew ist eine wunderschöne Stadt, die uns um diese Jahreszeit noch bei milden Temperauren um die 15 Grad und buntem Herbstlaub empfing, als in Sankt Petersburg die Newa schon zugefroren war. Zugegeben: in Leningrad war das Essen etwas eintönig. Dasselbe Buffet von früh bis spät, und als Beilage oder Gemüsesalat: Karotten, Erbsen oder Karotten mit Erbsen bzw. Erbsen mit Karotten.

Wir konnten dies ein wenig durch den Intershop des Hotels kompensieren, wo es preiswert Krimsekt zu kaufen gab. Ein „Krimskoye“ in Ehren kann niemand verwehren. Wir wohnten im 15. Stock und hatten einen grandiosen Blick auf die frostige Ostsee, ließen uns abends ein heißes Bad ein und genossen dabei die „Prickelbrause“.

Aber weiter. Der Inlandsflug nach Kiew startete am frühen Morgen und schien in der Touristenklasse irgendwie überbucht. In der Folge wurde uns vorne in der besseren Klasse (den Begriff Business-Class zu verwenden, wäre vermessen) ein Platz zugewiesen, wo die Sitze immerhin etwas breiter waren. Dann begann offensichtlich das Auffüllen mit Passagieren auf der Warteliste, denn plötzlich zwängt sich eine sehr beleibte Damen im dicken Mantel auf den Mittelplatz. Abzulegen gedenkt sie nicht, obwohl der Flug gut anderthalb Stunden dauert. Vor sich hält sie fest umklammert einen großen Karton, der den gesamten Flug über dort verblieb, was nicht nur aus Sicherheitsgründen ungewöhnlich, sondern auch unbequem ist.

Wir gehen in die Luft und eine Stewardess reicht jedem ein Plastikschälchen Wasser mit Papierserviette. Fast habe ich schon meine Finger darin, um meine Hände damit zu reinigen. In letzter Sekunde sehe ich, daß andere Passagiere zügig daraus trinken. Es sollte die einzige Verpflegung auf dem Flug bleiben. Nur wenig später vernehme ich neben mir plötzlich ein leises Fiepen. Ungläubig starre ich auf den Karton, den meine inzwischen transpirierende Sitznachbarin immer noch stoisch auf den Oberschenkeln hält. Kein Wunder, werden da doch gerade lebende Küken transportiert.

Der Weiterflug von Kiew nach Moskau verzögerte sich um gute zwei Stunden, da in der russischen Hauptstadt wegen starkem Nebel der Flugverkehr vorübergehend ausgesetzt wurde. Dies war schon am Vortag der Fall gewesen, denn sämtliche Wartehallen waren überfüllt mit gestrandeten Reisenden, die aus Platzmangel schon auf dem Boden campierten. Gerade als ich mich dazu setzen wollte, winkten uns Flughafenbedienstete in einen Seitenraum, wo noch Stühle frei waren. Noch peinlicher wurde die Vorzugsbehandlung, als wir, die „Wessis“, schließlich den letzten und einzigen Abflug an diesem Tag erhielten. In der Tat hatte ich so einen dichten Nebel noch nie erlebt. Als ich gerade die Bodenmarkierung des Rollfeldes erspähe, setzt die Tupolev auch schon heftig auf. Hut ab vor der Flugleistung und danke an die starken Heckdüsen dieses Flugzeugtyps.

Aufgrund der verlorenen Zeit hatten wir leider keine Gelegenheit mehr, im berühmten Kaufhaus GUM etwas zu schlendern und einzukaufen. Es blieb auf die Schnelle nur noch eine Metrofahrt und eine kurze Besichtigung der Basilius-Kathedrale. Morgen sollte dann der Kreml folgen und abends wollten wir natürlich ins Bolschoi-Theater. Regulär waren die Karten für Ausländer leicht an der Hotel-Rezeption zu haben. Sie waren für Ausländer aber auch viermal so teuer wie für Sowjetbürger. Wir wollten es darauf ankommen lassen und direkt vor Ort ein Ticket ergattern. Doch irgendwie haperte es mit dem Vorverkauf bzw. der Restplatzbörse an der Abendkasse. Alternativen gab es nicht, denn am folgenden Tag würden wir schon den Heimflug antreten. Was es aber gab, war unverkennbar eine Art Schwarzmarkt. Erste Annäherungen neunzig Minuten vor Beginn der Aufführung ergaben, obwohl die gegenseitige Verständigung mangels gemeinsamer Sprachkenntnissen gegen Null ging, daß der Preis noch erheblich über unseren Preisvorstellungen lag. Also noch etwas warten. Brr, es war inzwischen grimmig kalt geworden, und es wurde mir zunehmend egal, was die Karten kosten würden.

Mein Mann und der Verkäufer verschwanden daraufhin für gut zehn Minuten hinter einem Bauwagen seitlich des Opernhauses. Entweder die Verhandlungen verliefen äußerst zäh oder derjenige hatte meinem Gatten längst eins übergezogen und war mit der Brieftasche auf und davon. Gerade als ich unruhig in Richtung Bauwagenverschlag gehe, kam die Entwarnung. Mein Mann wedelte mir mit zwei schwach bedruckten winzigen Papierstreifen entgegen. Das sollten die Eintrittskarten sein? Ich kann ein wenig das kyrillische Alphabet lesen und mithin konnte ich während des Anstehens wenigstens das Datum entziffern. Der Kartenkontrolleur am Einlaß rückte näher. Was, wenn dies gefälschte Tickets sind? Ballett adieu? Aber, alles gut. Schon sind wir drin und genießen das opulente Interieur des renommierten Opernhauses. Die Plätze waren hervorragend. Erster Balkon, erste Reihe Mitte – was will man mehr. Die Zeit verging wie im Flug.

Aber eine noch größere Überraschung sollte nach der Vorstellung auf uns warten. Die U-Bahn Station war nur ein paar Schritte vom Bolschoi entfernt, aber die gesamte Umgebung war nun abgesperrt und alle fünfzig Meter stand ein Soldat am Straßenrand. Was konnte passiert sein, wurden die Grenzen geschlossen? Die Leute um uns herum gehen achtlos weiter. Wir tun es ihnen gleich und als ich einen Soldaten anlächle, lächelt dieser zurück. So schlimm konnte es also nicht sein. Des Rätsels Lösung war ganz einfach. Zwei Tage vor den üblichen Feierlichkeiten zur Oktoberrevolution (findet wegen des seiner Zeit noch verwendeten Julianischen Kalenders im November statt), wurde nachts nahe des Roten Platzes stets der Aufmarsch geprobt, daher die vielen Truppenteile.

Mindestens ebenso verdutzt waren wir, als am Folgetag ein Polizist mit der obligatorischen „Uschanka-Pelzmütze“ mitten auf dem Roten Patz die weinroten Schuhe meines Mannes kaufen wollte. Er pirschte sich vermeintlich unauffällig immer näher heran und wir dachten zunächst, daß er uns die Videoaufnahmen untersagen wollte. Stattdessen öffnete er plötzlich seinen Mantel und zeigte auf einen am Innenfutter festgesteckten Hundertmarkschein. Er wollte und konnte also sogar in harter Währung bezahlen. Ungeachtet davon, ob der Schein echt und er vielleicht nur eine Art Lockvogel war, konnten wir ihm die Schuhe in Ermangelung eines Ersatzpaares aber nicht geben. Was es nicht alles gibt.

Meine Tipps:

1. Wer das ultimative Flußerlebnis sucht, sollte eine Reise durch Sibirien auf Lena, Ob oder Irtysch machen. Diese Schiffspassagen, die vorwiegend den Einheimischen als Transportmittel in die entlegensten Winkel dienen, sind noch sehr ursprünglich und führen in die letzten unbekannten Reviere und früheren Sperrgebiete Rußlands bis an den Polarkreis. Je nach Passagierklasse liegt der Preis pro Person mit Flug ab Moskau bei rund 3.800.- Euro.

2. Wie wäre es mit einem Besuch im „Sternenstädtchen? Etwas außerhalb von Moskau, in „Swjosdny Gorodok“, befindet sich das russische Kosmonauten-Trainingszentrum. Dieses kann zeitweise mit Führung besichtigt werden. Dabei sind auch Begegnungen mit aktiven Protagonisten (bis hin zu Alexander Gerst) und die Teilnahme an Anlagentests möglich, wie etwa einem Höllenritt in der Zentrifuge oder einem Tauchgang in das Unterwasserbecken des Hdyro-Laboratoriums. Ergänzend sind auch Düsenjäger- und Parabelflüge (ab 6.000.- Euro) buchbar. All diese Angebote sind nicht ganz billig. Auf diese Abenteuer sollte man sich allerdings auch nur einlassen, wenn man einen sehr belastbaren Kreislauf sowie Magen- und Darmtrakt hat.

3. Ebenso spektakulär ist die Buchung einer Reise nach Baikonur in Kasachstan, um live bei einem Raketenstart dabei zu sein (Stichwort „Go East Reisen“). In der Regel finden diese alle sechs Monate statt. Je nach Wetterlage sind auch nächtliche „Take-offs“ möglich. Dann bebt nach dem Zünden der Triebwerke nicht nur minutenlang die Erde, sondern wird das Abheben auch zum regelrechten Feuer- und Lichtspektakel.

4. Wer nur mal in die Raumfahrt reinschnuppern möchte, besucht lieber die Cité de l‘espace in Toulouse oder die Europäische Weltraumorganisation ESA in Darmstadt.

Lambada auf Ski

Wie es unmittelbar nach der Öffnung in den Ländern des ehemaligen Ostblocks zuging, erlebten wir im Skiurlaub in Bulgarien anno 1991. Der Reisepreis war einfach zu verlockend, um es nicht auszuprobieren. Alleine für das Hotel hätten wir anderenorts das ausgeben müssen, was hier alles inklusive war. Nämlich Flug, Unterkunft mit Halbpension, Skikurs und Lifttickets.

Wir landen in Plovdiv und fahren gut anderthalb Stunden mit dem Bus nach Pamporovo in die wunderschönen, tief verschneiten Rhodopen, einem Mittelgebirge entlang der griechischbulgarischen Grenze. In einem Anflug von Unwissenheit tauschen wir noch am selben Abend bei einem Hotelmitarbeiter privat 100.- DM in bulgarische Leva. Damit hatten wir so viel heimische Währung in der Hand, daß wir bis zum Schluß kaum alles ausgeben konnten. Es war wie ein Spiel, das wir „Mankomania“ nannten. Davon sind wir schließlich in traditionellen Privatrestaurants essen gegangen, wo abends eine Liveband inbrünstig Hirtenklänge auf dem Schweinsblasen-Dudelsack zum Besten gab. Außerdem leisteten wir uns auf dem Skihang regelmäßig eine Art vegetarische Pizza, die ähnlich einem „Ski-Drive-In“ aus einer Bude direkt auf die Piste gereicht wurde. Es gab nur eine Sorte, aber was macht’s, wenn täglich die Sonne lacht. Manche Skihänge bzw. Liftpfeiler waren zu unserer Überraschung mit Musik beschallt, wenngleich die kleinen Lautsprecher krächzend unterdimensioniert waren. Am liebsten wedelten wir zum „Lambada-Rhythmus“ die Pisten herunter.

Sehr günstig konnte man beim örtlichen Skilehrer auch nagelneue Skischuhe einer renommierten österreichischen Marke beziehen. Im Vergleich zu meinen Alten, waren sie bequem und warm wie Hausschuhe. Auf die naive Frage, wo er diese zum Preis von nur 100.- DM – in Deutschland kosteten sie umgerechnet 250.- DM – denn her habe, ein Lächeln. „Sagen wir, die sind vom Lastwagen gefallen“. Wie auch immer, von da an ließen sich die Spuren durch den Schnee noch besser ziehen.

Mittags bestand jedoch das Risiko, im Sessellift hängen zu bleiben. Dann nämlich brach regelmäßig die Stromversorgung zusammen. Der Energiebedarf der Lifte zusammen mit den Herdplatten und Backöfen der Hotels war einfach zu viel des Guten für die schwachen Leitungen und Sicherungen. Abends gab es ebenfalls den ein oder anderen Blackout, dann wurden im Speisesaal die Kerzen angezündet und das Toastbrot statt im Kontaktgrill (Toaster gab es ohnehin keine) über dem offenem Feuer am Spieß geröstet.

Apropos Zimmerheizung. Diese war entweder an oder aus, was teils daran lag, daß auch die Regler so dick mit beiger Ölfarbe überstrichen waren, daß eine Drehung nicht mehr möglich war. Kein Wunder, waren die Errungenschaften des Sozialismus ein Jahr nach dem Mauerfall doch noch sehr präsent. Wir entschieden uns ganz pragmatisch für Heizung an und zum Ausgleich Fenster auf. Alles nicht luxuriös, aber sehr liebenswert.

Mittendrin statt nur dabei

Подняться наверх