Читать книгу Dämonentöchter - Jasmin Koch - Страница 4

2

Оглавление

Emma ließ sich von einer Dienerin die Schnüre am Rücken festziehen.

Viel lieber hätte sie so eine Korsage, wie ihre Mutter gehabt, doch sie gab sich mit dem zufrieden, was ihr zu Verfügung stand. Erstmal. Sobald sie ihren Rang in den Reihen der Krieger eingenommen hatte, würde sie sich neue Kleider herstellen lassen.

Leider war sie etwas spät dazu übergegangen, Nahkampf zu trainieren. Allerdings musste sie auch erst ihre Hexenkräfte kontrollieren lernen, damit sie ihre Trainingspartner nicht unnötig verletzte. Somit war sie aber Klassen schlechter als ihr Bruder, der schon seit Monaten im Außeneinsatz war. Gut, er war auch ausgetickt und beinahe Amok gelaufen, aber sonst…

Der letzte Knoten war geschürt.

Emma betrachtete sich im Spiegel. Ihre langen dunkelblonden Haare hingen geflochten den Rücken hinunter. Statt eines Rockes trug sie eine schwarze Lederhose, die ihr bis zu den Knien reichte und hervorragend zu ihrer schwarzen Korsage passte.

Die Dienerin hielt ihr bereits ihre Scheide hin, in der ihre beiden Kurzschwerter steckten. Emma behielt die Flügel eng am Körper, damit sie ihr die Lederriemen umbinden konnte.

„Du siehst furchteinflößend aus, Herrin.“

„Danke. Das will ich auch! Mal sehen, wer heute den kürzesten Strohhalm gezogen hat und gegen mich antreten muss.“ sagte Emma enttäuscht.

„Es sollte ihnen eine Ehre sein. Ich bezweifle, dass sie es bedauern, gegen dich antreten zu dürfen.“

„Du schmeichelst mir umsonst. Ich bin nicht gut genug. Nur eine Last und Verpflichtung für sie. Behaupte bitte nicht das Gegenteil!“

Die Dienerin zuckte verlegen zusammen. Nicht nur wegen des Tones, den Emma angeschlagen hatte, sondern auch, weil sie sich ertappt fühlte.

Dann drehte sich Emma von ihr weg und verließ das Zelt.

Draußen wartete schon eine übersichtliche Menge an Kriegern, die diesmal nur darauf warteten, dass Emma das Zelt verließ. Viele tuschelten miteinander und verstummten, als sie die Halbdämonin sahen. Andere standen starr vor ihr.

Na toll, dachte Emma entgeistert, auch noch vor Publikum. Schlimmer geht’s kaum. Sie trainierte wirklich gerne, aber immer nur in kleinen Gruppen, nicht mit so zahlreichen Zuschauern.

Sie raffte sich jedoch zusammen, hob die Schultern und betrat die Mitte des imaginären Kreises.

Allerdings sackte ihr die Kinnlade herunter, als sie diesmal ihren Gegner ausmachte. Denn noch gestern hatte sie erfahren, dass Billok gegen sie kämpfen sollte. Mit gemischten Gefühlen hatte sie diese Nachricht vernommen. Doch nun stand nicht dieser Dämon vor ihr, sondern…

Quinn.

Der viel größere Dämon stand ein paar Schritte von ihr entfernt und band sich seine Armschienen. Emma schluckte schwer.

Schon einige Kämpfe hatte sie bestritten, manche sogar gewonnen, doch gegen ihn antreten zu müssen, war fast grausam.

Er war einer der besten Krieger, die sie kannte. Wie sollte sie nur mit ihm mithalten können? Gar nicht. Er würde sie fertig machen, da war sie sich sicher.

Doch Quinn lächelte nur, als er sie sah und kam langsam auf sie zu. Emma zitterte plötzlich. Der Anblick des viel größeren Dämons war mit einem Mal verwirrend. Schon oft hatte sie ihn in seiner Kampfausrüstung gesehen und bewundert, doch selbst im Kampf erlebt, noch nicht.

Diesmal reagierte ihr Körper aber anders auf ihn, als sonst. Sie bekam Herzrasen, was sie definitiv auf den Kampf selbst zurückführte und ihr wurde flau im Magen.

Als er dann ganz nah an sie heran getreten war und vor ihr stand, bekam sie kein Wort heraus, obwohl sie ihr auf der Zunge lagen.

„Hast du nichts auszusetzen, Emma?“ fragte Quinn amüsiert.

Sie schüttelte lediglich den Kopf, was ihr schon mehr als schwer fiel.

„Ich dachte, du würdest mal etwas anderes versuchen wollen. Du möchtest doch Beachtung, oder? Also ich beachte dich immer. Du wolltest kämpfen. Nun trittst du gegen den Besten an.“ sagte er egozentrisch. „Also? Bereit?“

„Nein.“ sagte sie ehrlich. „Da ich dich kenne, weiß ich, dass du aber keine Wiederrede zulassen wirst, oder?“

„Ehm, nein.“

Langsam zog er sein Schwert, da er nur mit Einem gegen sie antreten würde. Er wollte ihr zumindest eine Chance lassen. Schließlich wollte er ihr gefallen und sie nicht vor allen anderen bloßstellen.

„Dann los. Zieh deine Waffen, Weib!“

Emma schluckte erneut.

Zum einen, da sie wirklich Angst vor ihm hatte. Zum anderen, da ihre Knie weich wurden, als er sie Weib nannte. Das hatte zuvor noch keiner. Jeder nannte sie beim Namen, liebevoll oder ehrfürchtig, doch nie hatte sie einer in diesem Ton angesprochen.

Dennoch ließ sein Blick keine Ablehnung zu, weshalb sie ihre Schwerter ergriff und versuchte, Kampfstellung zu beziehen.

Die umstehenden Dämonen blendete sie aus. Das hatte ihr Rachel als aller erstes beigebracht, damit sie von nichts abgelenkt werden würde und sich nur auf ihren Körper konzentrieren konnte. Die anderen wussten dies und verstummten, da keiner ihrer dummen, teils verletzenden Worten ihren Verstand erreichte. Aber auch, da Quinn sie böse ansah.

„Worauf wartest du, Emma? Greif an!“ grollte Quinn.

Die Dämonen rückten von den Kämpfern fort und machten ihnen Platz.

Emma atmete tief durch und griff an. Sie faltete ihre Flügel um ihren Körper, zuckte mit dem Schweif und sprang auf ihn zu. Mit einem schnellen Schlag mit der Rechten, traf sie auf sein Schwert, wurde aber gekontert. Dann schlug sie mit links und zwang Quinn sich abzuducken.

Verwundert stellte sie fest, dass er sich sehr klein machen konnte und ihrem Schwert entkam.

Also drehte sie nach links weg und trat nach ihm, um darauf gleich erneut zuschlagen zu können. Wieder parierte er spielend. Sie schnaubte genervt. Das es hart werden würde, war ihr sofort klar gewesen, doch keine Möglichkeit nutzen zu können, war erniedrigend. Dennoch versuchte sie es noch einmal, wobei sie sich plötzlich auf dem Boden wiederfand.

Er hatte ihr schlichtweg die Beine weggetreten.

Die Luft drückte sich aus ihren Lungen, als sie aufschlug. Doch sobald sie konnte, rappelte sie sich auf und griff ihn noch mal an. Diesmal war sie etwas schneller und erwischte ihn mit der rechten Klinge am Arm. Ein kleiner Schnitt, der aber blutete.

Sie hörte verwundertes Gemurmel, blendete es aber sofort wieder aus. Doch dies stachelte sie an, denn selbst Quinn schien überrascht.

Deshalb nutzte sie diesen kurzen Moment und griff erneut an.

Quinn reagierte jedoch blitzschnell und warf sie sich kurzerhand über die Schulter, nachdem er wieder in die Knie gegangen war, um ihren Schlägen zu entkommen.

Emma schlug hart auf dem Boden auf. Ihr ganzer Körper erzitterte vor Anspannung und begann zu glühen. Doch das imponierte Quinn in keinster Weise. Er kannte Emma gut genug, um zu wissen, dass dies ein Schutzmechanismus ihres Körpers darstellte, der bei Gefahr einsetzte. Ihre Kräfte saßen ihr jedoch unter der Haut, das wusste Quinn ebenso, weshalb er sie schnell beruhigen oder besiegen musste.

Ansonsten würde innerhalb weniger Minuten das Lager lichterloh brennen.

Quinn trat ihr Schwert weg, welches sie noch in der linken Hand hielt. Das andere hatte sie kurz vorher verloren und steckte im Sand. Dann setzte er sich kurzerhand auf sie, obwohl sie Schmerzen hatte, das sah er. Und obwohl sie schwer atmete. Doch das gehörte zu ihrer Lektion.

Er zeigte ihr seine Stärke. Seine Klinge drückte sich bedrohlich gegen ihre Kehle und ritzte ihre Haut ein.

„Verloren, Weib!“ grollte er.

„Geh von mir runter!“ krächzte sie leise.

„Du hast verloren, Emma. Nimm´s hin. Ich werde immer stärker als du sein!“

Sauer riss sie die Augen auf. Wollte er sie demütigen? Vor den Augen der anderen Dämonen. Obwohl sie erst gestern gestanden hatte, dass sie zumindest einen von ihnen begehrt hatte. Obwohl…hatte sie ihn wirklich begehrt? Nein. Eigentlich nicht.

„Ach ja?“ fragte sie stattdessen.

Quinn sah sie fragend an. Dann nickte er vielsagend.

„Das werden wir noch sehen.“ japste Emma leidvoll.

Quinns Gewicht drückte sie noch stärker gegen den Boden, obwohl sie wusste, dass er sich nicht gänzlich auf sie niederließ, da er sie sonst wohlmöglich zerquetschte.

Er zog eine Augenbraue hoch und stand dann langsam auf.

„Ist das eine Herausforderung, Emma?“

„Wenn du das so siehst, Quinn!“

„Allerdings, Weib. Tja, dein Glück, dass ich noch ein paar Tage länger hier sein werde. Somit kann ich diese Herausforderung sogar annehmen und jeden Tag gegen dich antreten.“

Emma drehte sich herum und entfaltete ihre Flügel, die leidvoll zuckten.

„Was? Jeden Tag.“

„Oh, ja. Du bist noch lange nicht in der Lage, mich zu besiegen.“ knurrte Quinn erhaben.

Langsam stand sie auf und funkelte ihn wütend an. Die Dämonen tuschelten wieder.

„Das kannst du nicht!“

„Oh doch. Ich habe darüber mit Gideon gesprochen. Du kamst gestern zu mir und ich habe einen Weg gefunden, dein Problem zu beheben.“ sagte er verschwörerisch.

Sie erstarrte.

Gideon wusste bescheid? Obwohl, er hatte ihr versichert, dass er davon niemandem erzählen würde. Sie hatte Gideon gestern aber gesehen im Lager. Eigentlich nur wenige Schritte von Quinns Zelt entfernt. Hatte er sie gehört?

Quinn konnte ihre Gedanken von ihrem Gesicht ablesen und beobachtet, wie sie überlegte.

„Wir sehen uns dann morgen früh wieder, Engelchen!“ knurrte Quinn.

Dann drehte er sich weg, machte irgendeine Geste in Richtung der Dienerin, die alles mitangesehen hatte und verschwand. Emma war nicht in der Lage etwas dagegen zu sagen.



„Das kann nicht dein Ernst sein?“

„Doch. Seine Idee gefiel mir sehr gut. Du wolltest doch, dass sich die Dämonen für dich interessieren. Er tut es doch! Wenn er nicht für dich da wäre, wer denn dann?“ fragte Gideon.

Emma zuckte mit den Schultern. „Das würde keiner, das weiß ich.“

„Ich verstehe dich nicht, Engel. Seid dem du denken kannst, kannst du dich auf Quinn verlassen. Er war der Erste Dämon, der dich neben deinem Vater gehalten hat, ohne Vorbehalte. Er war immer für dich da, als du klein warst.“

„Ja. Als ich klein war. Seid dem ich aber meine Kraft einschätzen kann und meinen Weg gehen will, geht er mir aus dem Weg.“

Sie stemmte die Hände in die Hüfte und sah in wütend an. Gideon musterte sie. Die lederne Kampfkleidung stand vor Sand und roch merkwürdig. Gleichzeitig standen ihr die Haare ab, die ihren Weg aus dem Zopf gefunden hatten.

„Warum denn nur? Wohlmöglich, weil du ihm gefährlich werden könntest? Weil du herangewachsen bist und nun nicht mehr auf fremde Hilfe angewiesen bist? Du bist schon etwas kurzsichtig, oder?“

„Wie meinst du das?“ fragte sie sichtlich verwirrt.

„Emma… Du bist erwachsen geworden! Eine Frau, wenn du so willst. Und was machen ungebundene Dämonen?“

Plötzlich riss sie die Augen auf und sah ihn fassungslos an.

„W-Willst du .. damit andeuten…?“

„Er nimmt deine Herausforderung an! Du hast ihm diese Möglichkeit angeboten. Jetzt musst du sehen, was du damit anfängst.“

„Aber. Er. Ist….“

„Ein wirklich guter Krieger! Ehrsam. Gutmütig. Gleichzeitig bedrohlich und brutal. Vertrauenswürdig. Soll ich weiter machen? Erwägst du nun, deine Herausforderung zurückzuziehen und die Einzige Möglichkeit auszuschlagen hier in Talon? Haben sich denn andere schon angeboten?“

„Nein. Das nicht. Aber er ist doch so alt? Er könnte mein Vater sein, denn er ist älter als er. Und er ist mein Freund.“

„Er ist sogar mehr als das, Emma. Er kennt dich besser, als jeder andere. Überleg dir gut, was du tust. Nur eines darfst du auf gar keinen Fall, ihn anlügen. Verletz ihn nicht. Das hat er wirklich nicht verdient.“

„Ich würde ihn niemals verletzten, Gideon. Er ist mir wichtig!“

„Ah, ja?!“ sagte Gideon nickend und wandte sich dann von ihr ab. „Tut mir leid. Aber ich muss mich noch um andere Dinge kümmern. Dein Vater hat jemanden eingeladen. Andere Rador werden kommen, um dich persönlich kennenzulernen. Du bist begehrter, als du vermutest, Emma.“

Sie sah ihm verwundert nach. Andere Rador? Na das kann ja noch was werden, dachte sie. Ganz toll. Entweder ließ sie es zu, dass Quinn ihr Avancen machen würde. Ihr! Oder andere würden um sie werben.

Sie musste unbedingt mit jemand anderem darüber reden, doch mit wem? Ihre Mutter schied aus. Das konnte sie nicht mit ihr besprechen.

Also blieb nur noch eine. Alana, die Leopardin. Gideons Geliebte. Nicht Gefährtin, aber wichtigste Liebesgeschichte dieser Zeit.


Dämonentöchter

Подняться наверх