Читать книгу LOTTA und das Böse dieser Welt - Jasmina Marks - Страница 9
Luzifer
ОглавлениеGlücklich getroffen hat es auch ein anderer nicht, wobei das stark untertrieben ist. Für ihn ging die Sache richtig übel aus: Luzifer, der Lichtbringer, Lichtträger. Dessen Name ursprünglich in der römischen Mythologie als poetischer Name des Morgensterns verwendet wurde, also des Planeten Venus und auch in Verbindung mit der Göttin Venus gesehen worden ist. Selbst im Christentum war er lange nicht „schlecht“ oder gar „böse“. Er steht an zahlreichen Stellen der Vulgata als „Morgenstern“ drin. Die Vulgata ist dieser lateinische Bibeltext, der die älteren lateinischen Bibelübersetzungen abgelöst hat - die, welche bis zur Spätantike gebräuchlich, in ihrer Qualität (was auch immer das heißen soll?!) jedoch verschieden waren. Jedenfalls gibt es dort einige Stellen, in denen Luzifer ohne jeden Bezug zum Teufel vermerkt worden ist. Bis denn dann Origenes, der christliche Gelehrte und Theologe aus dem 3. Jahrhundert sich das anders überlegt hat. Er war vermutlich der Erste, der aus Luzifer „Satan“ gemacht hat. Da gab es nämlich mal so eine Geschichte über den „König von Babel“, der wohl Ambitionen gehabt haben soll, in den Himmel aufzusteigen. Der am liebsten seinen Thron direkt neben Gott aufstellen lassen wollte. Stattdessen jedoch wurde er in die Unterwelt verbannt, so wie es in Jesaja 14 geschrieben steht: „hin geworfen ohne Begräbnis wie ein verachteter Bastard“ - harte Worte, wirklich harte Worte. Weil dieser König von Babel aber sinnbildlich mit dem „schönen Morgenstern“ verglichen worden ist, der eben vom Himmel „gefallen“ ist, hat er, also Origenes, angenommen, dass damit „Luzifer“ gemeint gewesen sein muss. Ach so! Da fällt jemand leuchtend vom Firmament und wer war’s? Luzifer, der Morgenstern! Kein Ding! Dieser Kirchenvater war der Erste, scheinbar, der schriftlich verfasst hat, dass Eosphoros-Luzifer mit dem Teufel/Satan in Verbindung stehen muss.
Bei den jüdischen Gelehrten, denen, die sich an die griechischen Bibelübersetzungen gehalten haben und eben nicht das Lateinische zurate zogen, sah das anders aus. Dort lautet die hebräische Bezeichnung für den Morgenstern „Helel“ und wurde von ihnen mit „Phosphoros“ wiedergegeben. Hatte also nichts mit „dem Lichtbringer“ zu tun. Origenes hingegen hat behauptet, dass der ursprünglich mit Phaeton verwechselte Helal-Eosphoros-Luzifer (Mischmasch beider Übersetzungen) als himmlischer Geist von eben Selbigem gestürzt sei, weil er versucht hat, sich Gott gleichzustellen, mit Begründung sogar(!). Die fallen ja nicht runter, nur weil sie mal ins Stolpern kommen, sondern wenn, haben sie sich auch was Schwerwiegendes zuschulden kommen lassen und das kann wiederum nur ein Widerstand gegen die Allmacht Gottes gewesen sein – Punkt! Nicht nur, dass er gefallen ist, sondern gleich noch mit dargelegt, weshalb. Und das alles aufgrund von Interpretationen unterschiedlicher Übersetzungen! Darf man da drüber nachdenken?
Während sich die einen Kirchenväter ihm anschlossen (wenn der das sagt, dann muss da was dran sein), gab es dennoch welche, die das anders sahen. Also wieder einmal nicht einig! Diese nämlich interpretierten in die Prophezeiung aus Jesaja lediglich das Ende jenes babylonischen Königs hinein. Zweifelsohne ein dunkles Ende. Sie sahen in diesem Sturz nur einen Hinweis auf den Sturz Satans, nichts weiter. Weil es eben der Sturz eines heidnischen Königs war, mehr aber nicht. Jedenfalls stand dieser klar „irdische“ Sturz nicht in Verbindung zu Luzifer.
Erst im Mittelalter wurde dann aus „Luzifer“ ein Synonym für den Teufel bzw. Satan - als nämlich das eine mit etwas anderem in Verbindung gebracht worden ist. Die Textstelle Jesaja (14,12) mit Lukas (10,18) vereint wurde inhaltlich. Seither erst ist Luzifer mit Satan gleichgestellt. Klar scheint aber zu sein, dass Satan an sich gestürzt ist. Also von woanders herkam, vom Himmel. Anders geht es ja nicht. Er hat nicht von Anfang an ein Gegengewicht gebildet. Erst durch Fehlverhalten wurde er zu dem, was er war - böse!
Lotta glaubte auch das nicht, nicht wirklich. Ihrem logischen Denken nach war klar, dass es stets, wenn es das eine gab, auch zwangsläufig das andere geben musste. War es nicht grundsätzlich so? Von was auch immer gab es auch meistens das Gegenteil, richtig? Warm – kalt, hell – dunkel, hoch – tief, außer „durstig“, das gibt es nicht als gegenteiliges Wort. Egal, zählen tat eh nur eines: gut – böse!