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DIE HINTERGRÜNDE

Mobilität und Stabilität für besseres Laufen

Es ist 15:15 Uhr an einem Mittwochnachmittag. Unser Track-Team hat den ganzen Morgen in Seminaren gesessen und ist jetzt seit etwa 5 Minuten auf der Laufbahn. Um in Bewegung zu kommen, fangen wir mit Aufwärmübungen an. Es ist leicht zu sehen, dass Eva, Cole, Sam und Jack Ihre Kniebeugen nicht richtig machen. Sie sollen sich dabei im Prinzip auf- und abwärts bewegen und dabei Ihre Fußgelenke und Knie nach vorne und Ihre Hüfte nach hinten schieben. Aber man sieht, dass ihre Fußgelenke sich überhaupt nicht beugen. Die fehlende Bewegung in den Fußgelenken führt dazu, dass sie an anderer Stelle ebenfalls kleine Fehler einbauen. Sie versuchen, ihr Gewicht über den Füßen zu halten und beugen sich dabei nach hinten, wodurch Ihre Wirbelsäule am Ende jeder Kniebeuge stark durchgebogen wird. Wir können schlussfolgern, dass die steifen Fußgelenke ihre Form stark einschränken und entscheiden, diese vier Athleten zu unterbrechen und sie 30 Sekunden lang ihre Waden an einer Wand strecken zu lassen, um die Fußgelenke in Bewegung zu bekommen.

Sobald sie fertig sind, lassen wir sie wieder Kniebeugen machen. Evas Ausführung der Kniebeugen sieht jetzt perfekt aus. Aber Cole, Sam und Jack machen mehr oder weniger dasselbe wie zuvor.

Naja, eine von vieren ist ja ganz nett, aber die anderen drei müssen wir uns doch noch einmal genauer ansehen. Wir wissen bereits, dass Reflexe nur so gut sind, wie unser Körper es ihnen erlaubt. Anders gesagt: Das Gehirn findet den wirksamsten Weg um die Probleme, die es vorfindet, herum. Und jegliche Probleme im System verhindern, dass der Körper sich so gut bewegt, wie er eigentlich könnte. Schauen wir uns einmal an, wozu das führt. Manchmal sind unsere Gelenke steif und bewegen sich nicht. Dann müssen wir erst einmal herausfinden, woran das liegt – wir haben ein Problem mit der Hardware. Und manchmal sind die Gelenke zwar beweglich, aber wir wissen nicht, wie wir sie am besten bewegen sollen – dann haben wir ein Problem mit unserer Software. Beide Fälle führen zu Unausgeglichenheiten an anderer Stelle im Körper. Dehnen, Yoga, dynamische Aufwärmübungen und Faszienrollen sind nicht immer sinnvoll, um die Bewegung zurückzubekommen. Um die richtige Lösung für Ihr individuelles Bewegungsproblem zu finden, müssen Sie zunächst verstehen, was Ihre Bewegungsfreiheit überhaupt einschränkt. Erst danach können Sie auf sichere und stabile Laufbewegungen hinarbeiten.

MOBILITÄT IST NICHT GLEICH FLEXIBILITÄT

Flexibilität ist passiv. Sie können Ihren Schuh in die Hand nehmen und den vorderen Bereich nach hinten dehnen. Er kann bewegt werden, aber er kann sich nicht selbst nach hinten beugen. Mobilität ist aktiv. Sie können aktiv Ihre eigenen Zehen nach oben und unten biegen. Vielleicht kommt Ihnen diese sprachliche Unterscheidung unwichtig vor, aber der Unterschied ist wichtig, um Blockaden in unseren Bewegungsabläufen beim Laufen zu lösen. Und sie hilft uns dabei, Cole, Sam und Jack zu zeigen, wie sie ihre Kniebeugen richtig machen müssen. Beim Laufen kann es verschiedene Gründe geben, warum wir zu unbeweglich sind.

In Evas Fall bewegte sich das Fußgelenk nicht richtig. Nach 30 Sekunden dehnen war der Bewegungsablauf verbessert. Das ist der Grund: Sie haben eine sogenannte „Eigenempfindung“ in Ihrem Körper, die man „Propriozeption“ nennt. Dabei handelt es sich um die Fähigkeit, die Position Ihrer Gelenke zu spüren, eine sogenannte „sensorische Fähigkeit“. Aus diesem Grund können Sie Ihre Augen schließen und wissen, ob Ihre Hand offen oder zur Faust geballt ist. Zum Teil kommt diese Eigenempfindung durch die „Verkabelung“ auf der Oberfläche des Gelenks und dem umgebenden Gewebe. Einen anderen Teil machen die Schaltkreise in den Muskeln aus. Diese Muskelschaltkreise haben ziemlich hochtrabende Namen – das Golgi-Sehnenorgan und die Muskelspindel. Diese Schaltkreise werden durch Belastung im Muskel stimuliert. Wenn die Belastung im Muskel zu hoch wird, springt der eine dieser beiden Mechanismen an, um dem Muskel zu sagen, dass er sich entspannen soll, damit wir nicht zu fest daran ziehen und er dadurch einen Riss bekommt. Der andere macht genau das Gegenteil. Er sagt dem Muskel: „Oh oh, jetzt musst du dich aber wirklich anstrengen, sonst haben wir ein Problem.“ Dadurch kommt es zu einer stärkeren Kontraktion. Die beiden Schaltkreise arbeiten zusammen und senden sich gegenseitig Mitteilungen, um die Muskeln arbeiten zu lassen und zu ermöglichen, dass wir uns sicher und präzise bewegen.

Nach einem ganzen Tag im Hörsaal brauchte Eva einfach ein bisschen mehr Zeit zum Aufwärmen – so ähnlich wie Ihr Auto an einem kalten Wintertag. Dynamische Aufwärmübungen werden in den letzten Jahren immer beliebter, und zwar aus gutem Grund. Einige leichte Bewegungen, wie Beinschwingen, Hüpfen und ein paar andere Übungen, zu denen wir später noch kommen, bereiten Ihr Nervensystem effektiv darauf vor, sich geschmeidiger zu bewegen. Evas Golgisehnen und Muskelsehnen waren kalt und hielten die Muskeln um ihr Fußgelenk während der ersten Kniebeugen zu fest. Die Wadendehnung verlängerte die Wadenmuskeln. Wie Sie sehen braucht es nicht viel, um diese beiden Schutzschaltkreise in Gang zu bringen. Die Schaltkreise sprechen sich sozusagen ab und beschließen, dass sie Eva ihr Fußgelenk bewegen lassen. So funktioniert dynamisches Aufwärmen. Es handelt sich nicht um klassisches Stretching (auch, wenn man die Übung „Wadendehnung“ nennt) und es erhöht den Blutfluss im Muskel nicht. Vielmehr geht es dabei um ein Neustarten des Muskels, um Ihnen zu erlauben, sich geschmeidig zu bewegen. Aber woher wissen wir überhaupt, dass Eva sich aufgrund ihrer Aufwärmübungen verbessert hat, und nicht wegen irgendetwas anderem? Um genau zu sein, ist das wirklich die einzige sinnvolle Erklärung, denn 30 Sekunden „Stretching“ sind nicht genug, um irgendwelche Strukturen um das Fußgelenk herum physisch zu verlängern. Stellen Sie sich das Ganze wie eine Verbesserung von Evas Software vor.


PROBLEME MIT DER BEWEGUNGSSOFTWARE

Sie schauen beim Laufen nicht auf Ihre Füße. Stattdessen spüren Sie die Position Ihres Körpers. Sie laufen die Straße hinunter und stolpern über einen Stein. Sie müssen nicht nach unten schauen, um sich zu versichern, dass Ihr Fußgelenk umgeknickt ist – Sie spüren es. In diesem Sekundenbruchteil muss etwas passieren, sonst verstauchen Sie sich das Fußgelenk. Und hier kommt das Zwiegespräch zwischen Ihren Strukturen, Muskeln und dem Gehirn ins Spiel, über das wir in Kapitel 1 gesprochen haben. Besondere Nerven an der Innenseite der Bänder übertragen ein sensorisches Phänomen, das uns dabei hilft, zu fühlen, wo unsere Gelenke sind. Das ist die Propriozeption. Dieser sensorische Input bestimmt in Echtzeit die Art und Weise, in der wir uns bewegen und wird viel schneller übertragen als Stimulationen des Seh-, Geruchs-, Hör- oder Tastsinns. Diese speziellen Nerven setzen sich über die normalen, reflexiven Gangbildsignale hinweg, die Ihrem Körper befehlen, sich abzustoßen, und lösen stattdessen eine Muskelsequenz aus, um die Innenseite Ihres Fußes schnell wieder gerade werden zu lassen. Die Bänder an der Außenseite Ihres Fußgelenks werden es Ihnen auf ewig danken.

Aber vielleicht ist Ihr Laufstil nicht der einer normalen, gesunden Person. Nehmen wir mal an, Sie sind jemand, der sich oft die Fußgelenke verstaucht und verdreht. Jedes Mal, wenn Sie sich verstauchen, wird stark an den Bändern gezogen, die in der Nähe Ihrer Gelenke liegen. Die gute Nachricht ist, dass in etwa 98 Prozent der Fälle die Bänder wieder ausheilen und Sie das Gelenk wieder wie zuvor mechanisch stabilisieren können. Aber es gibt auch ein paar schlechte Neuigkeiten. Diese propriozeptiven Nerven, von denen wir gesprochen haben, sind ein für alle Mal hin. Dadurch kommt weniger sensorischer Input bei Ihrem Gehirn an, der ihm dabei hilft, Mikrokorrekturen vorzunehmen, die Ihre Gelenke sichern. Ihre Fußgelenkkontrolle wird immer schlechter.

Wenn es sich nicht richtig anfühlt, bewegen Sie sich auch nicht richtig. Die meisten Fußgelenkverstauchungen (90 Prozent) passieren, wenn Personen auf der Außenseite des Fußes abrollen. Wenn Sie sich oft den Fuß umknicken, sollte man meinen, es wäre besser für Sie, nicht mit nach außen gebogenem Fußgelenk zu gehen oder zu laufen. Ironischerweise ist es bei Personen mit chronischen Verstauchungen oft so, dass sie das Fußgelenk konti-nuierlich nach außen wölben, selbst, wenn der Fuß gar nicht auf dem Boden ist, sondern gerade durch die Luft schwingt. Sie können den Unterschied einfach nicht spüren.

Zum Glück hat unser Körper meistens einen Plan B zur Umsetzung von Input. Auch wenn die Nerven in den Bändern zerstört sind, gibt es noch einen zweiten Kommunikationsweg. Sie können Ihrem Körper beibringen, sensibler gegenüber dem Input zu werden, den er von den Schaltkreisen der Golgisehnen und Muskelspindeln bekommt, und so Ihr Gefühl für die Fußgelenkposition verbessern.

Besseres Gefühl für Ihre Gelenkposition = Sicherere Gelenkbewegungen

Und dabei geht es nicht nur um ein verstauchtes Fußgelenk. Probleme mit der Propriozeption beeinträchtigen andere Teile Ihres Körpers auf genau dieselbe Weise. Wissen Sie was der größte Risikofaktor für einen Riss des vorderen Kreuzbandes ist? Es ist weder Schwäche, noch Genetik, noch Ihre Glutenintoleranz. Es ist ein bereits vorangegangener Kreuzbandriss. Sie reißen sich das vordere Kreuzband zum ersten Mal, weil Sie Ihren Körper so ungeschickt bewegt haben, dass seine Einzelteile kaputtgegangen sind. Sie haben den sogenannten „Test für sichere Bewegung“ nicht bestanden. Sie können Ihren Kreuzbandriss operieren lassen, so dass Ihr Knie auf struktureller Ebene wieder stabiler wird, aber aus wissenschaftlicher Sicht werden Sie nun als Atlhet(in) mit „schlechtem Bewegungsbewusstsein“ eingestuft. Die Forschung zeigt, dass die Tatsache, dass Sie sich beim ersten Mal nicht präzise genug bewegen konnten, darauf hindeutet, dass Sie sich in Zukunft erneut verletzen könnten. Um genau zu sein, haben Sie ein 20 bis 50 Mal höheres Risiko für einen Kreuzbandriss im selben Knie oder dem gegenüberliegenden Knie im Vergleich zu normalen, gesunden Leuten. Aber denken Sie daran, das sind nur Quoten. Quoten, die immer höher werden, desto schlechter Sie sich bewegen. Werden Sie nicht zum Statistiker. Wenn Sie den Motor eines Jets auf ein Papierflugzeug legen, führt das mit Sicherheit nicht dazu, dass Ihr Flugzeug weiter fliegt. Genauso wenig hilft es Ihnen, Kraft auf ein schlechtes Körperbewusstsein aufzusetzen. Lernen Sie zunächst, wie Sie die Bewegung korrekt ausführen, um eine bessere, sicherere und effizientere Körperkontrolle zu bekommen.

PROBLEME MIT DER BEWEGUNGSHARDWARE

Im Gegensatz zu Evas Softwareproblem bewegen sich Cole, Sam und Jack nicht richtig, weil etwas mit ihrer Hardware nicht stimmt. Wir fragten alle drei, warum sie die Kniebeugen nicht richtig machen können und bekommen drei verschiedene Antworten. Cole sagte, er spüre eine Versteifung vor dem Fußgelenk. Sam sagte, er spüre eine Versteifung an der hinteren Wade und der Achillessehne. Jack sagte, dass er mit jeder Wiederholung ein klein wenig mehr Bewegungsspielraum bekäme, aber seine Waden unheimlich steif wären. Das sind drei verschiedene Hardwareprobleme, die wir hier ansprechen müssen.


Blockaden lösen

Türen öffnen und schließen sich üblicherweise. Wenn Sie einen Türstopper anbringen, kann die Tür darüber hinaus nicht weiterschwingen, aber sie schwingt sehr wohl noch in die andere Richtung. Gelenke sind zwar etwas komplizierter als Scharniere, aber dies ist ein nettes Beispiel, um sich den Bewegungsablauf innerhalb des Gelenks besser vorstellen zu können. Wenn unsere Gelenke sich bewegen, rollen und gleiten sie übereinander. Cole sollte eigentlich seinen Fuß flach auf der Erde halten, damit sein Schienbein nach vorne rollen kann. Aber jemand hat einen Türstopper vor seinem Fußgelenk angebracht. Wenn die Einschränkung, die Sie spüren, auf der Seite des Gelenks ist, die sich verkürzt, ist das ein Zeichen dafür, dass das Gelenk die Art und Weise verbessern muss, wie es abrollt und gleitet. Stretching hilft dabei nicht und führt üblicherweise sogar zu noch mehr Steifheit und Schmerzen. In dieser Situation ist es am besten, den Physiotherapeuten Ihres Vertrauens aufzusuchen und ein paar manuelle Therapiesitzungen zu vereinbaren. In den nächsten Kapiteln werden Sie auch einige Tipps bekommen, wie Sie Probleme mit verschiedenen Teilen Ihres Körpers selbst in den Griff bekommen können.


Verlängerung des Gewebes

Sams Problem liegt auf der anderen Seite seines Fußgelenks. Er kann sein Schienbein nicht nach vorne rollen, da die Gewebe an der Hinterseite des Gelenks (die Wadenmuskeln und die Achillessehne) verkürzt sind und nicht genug Bewegungsspielraum erlauben. Das ist so ähnlich, wie als Sie als Kind im Vergnügungspark waren, und vor der größten Achterbahn stand ein Schild mit der Aufschrift „Du musst mindestens so groß sein“. Und nun ja, Sie waren eben einfach noch nicht groß genug. Wenn die Länge der weichen Gewebe an der Rückseite des Gelenks nicht ausreicht, um den Gelenken das Abrollen und Gleiten zu ermöglichen, dann ist es an der Zeit zu dehnen. Beim Dehnen verlängern wir das Gewebe physisch, indem wir an unseren Muskeln ziehen und reißen. Klingt nicht so toll, oder? Deshalb ist Dehnen um des Dehnens Willen nicht sinnvoll. Wenn etwa wirklich zu kurz ist, dann sollten wir es verlängern. Aber ansonsten hilft Stretching nicht wirklich und manchmal ist es sogar nachteilig für unsere Leistung. Falls bei Ihnen irgendein Teil Ihres Laufapparats verkürzt ist, dann braucht es einige Zeit, um diese Körperteile physisch zu verlängern. Eine 30-Sekunden-Dehnübung reicht nicht aus, um die Gewebelänge zu ändern. Die Forschung zeigt, dass es etwa drei Minuten an 4 bis 5 Tagen pro Woche während eines zehnwöchigen Zeitraums braucht, um einen Körperteil zu dehnen, d. h., um das Gewebe physisch zu verlängern. Falls Sie dehnen müssen, sollten Sie das immer nach dem Workout tun. Wir werden den Begriff „Stretching“ nur für angehaltene, statische Stretchübungen benutzen. Und ja, wir werden uns ein paar wichtige Dehnübungen in Kapitel 5 anschauen.


Gewebemobilisierung

OK, lassen Sie uns nun herausfinden, was mit Jack los ist. Er sagt uns, dass er vor drei Tagen mit seinem Vater Paul gelaufen sei. Das war zwar toll für die Vater-Sohn-Beziehung, aber Paul ist in Topform, und die beiden sind fast 20 km in den Bergen gelaufen. Jacks Waden sind einfach noch ganz platt von den vielen steilen Laufschritten. Zu hartes Lauftraining verletzt den Körper – und dann heilt er wieder. Normalerweise sind die konnektiven Gewebe in Ihrem Körper (Bindegewebe, auch Faszien genannt) linear ausgelegt, wodurch die Muskeln, die darunterliegen, frei gleiten und sich bewegen können. Zu viel Training kann den Körper jedoch überlasten und zu Narbenbildung führen, wenn der Körper sich zu häufig selbst reparieren muss. Statt der hübschen linearen Gewebeauslegung, die Ihren Muskeln beim Gleiten hilft, haben Sie dann eine Art Spinnennetz mit vielen Unebenheiten. Dieses Phänomen wird Faszienrestriktion genannt. Das konnektive Gewebe bindet sich an die darunterliegenden Muskeln, wodurch sich örtlich begrenzte Überlastungen bilden. Stellen Sie sich einmal vor, wie Sie in Ihre engste Laufhose schlüpfen. Wenn Sie einfach den Fuß hineinstecken und daran so fest wie Sie nur können ziehen, überdehnen oder zerreißen Sie wahrscheinlich den Stoff. Stattdessen müssen Sie Ihre Hände benutzen und den Stoff vorsichtig über Ihre Körperkonturen krempeln. Genauso verhält es sich bei einer Faszienrestriktion: Wenn Sie versuchen, diese zu dehnen, verwandeln Sie nur diese komprimierten Belastungspunkte in längere, weniger komprimierte Belastungspunkte. Das Ziel ist aber, die Gleitrestriktion des Gewebes aufzulösen, damit die Schichten gleiten und Belastung richtig verteilen können, sodass Sie auf gesunde Art und Weise laufen können. Hierzu werden oft Faszienrollen und kleine Bälle benutzt, und mit ein wenig Glück kann auch eine Massage wahre Wunder wirken. Wir lassen Jack seine Wade ein paar Minuten über eine Faszienrolle bewegen, und nach ein paar Minuten fühlt er sich plötzlich super. In späteren Kapiteln werden wir auch noch ein paar grundlegende Bewegungen für die Gewebemobilität besprechen, aber das ist wirklich ein Pro-blem, das Sie recht einfach beheben können. Wenn Sie ein Ausdauerathlet oder eine Ausdauerathletin sind, wird Ihr Körper mehrmals pro Saison in vollem Reparationsmodus sein. Es liegt an Ihnen, Ihr Gewebe geschmeidig genug zum Laufen zu erhalten. Es ist Ihre Zeit wert, jede Woche ein paar Minuten damit zu verbringen, Ihre Oberschenkel, Schienbeine, Füße oder was auch immer sich steif anfühlt auszurollen. Es dauert wirklich nicht lange. Die steifen Punkte wieder beweglich zu bekommen, liegt in diesem Fall tatsächlich nur an Ihnen selbst.

TABELLE 3.1 Richtlinien zur Verbesserung Ihrer Mobilität

ProblemLösungKonklusion
Wenn Ihr Gelenk sich steif anfühlt,machen Sie dynamische Aufwärmübungen, um die Propriozeption vor dem Workout zu verbessern.Alle Athleten profitieren von ein bisschen dynamischem Aufwärmen, um sich auf richtige Bewegungen während des Workouts vorzubereiten.
Wenn Ihr Gelenk wie festgefahren ist,machen Sie manuelle Therapie, um das Rollen und Gleiten Ihres Gelenks vor dem Workout zu verbessern – 1–2 Minuten je nach Körperteil.Wenn sich Ihr Gelenk wie festgefahren anfühlt oder Blockaden im Gelenk vorhanden sind, nutzen Sie einen punktgenauen Ansatz, um das Rollen und Gleiten innerhalb des Gelenks zu verbessern. Stretching hilft Ihnen hier nicht und reizt das Gelenk wahrscheinlich noch zusätzlich.
Falls Ihnen Flexibilität auf der Rückseite Ihres Gelenks fehlt,machen Sie nach dem Workout Dehnübungen, um das Gewebe zu verlängern – 3 Minuten an 5 Tagen pro Woche während 10 Wochen.Wenn Ihr Gewebe nicht lang genug ist, dehnen Sie es. Ansonsten, lassen Sie es.
Wenn sich das konnektive Gewebe um Ihr Gelenk herum steif und wie festgebunden anfühlt,machen Sie Übungen für die Gewebemobilität, und zwar 2 Minuten pro Körperteil vor oder nach dem Workout.Als Läufer und Läuferinnen sammeln wir alle Verletzungen des weichen Gewebes an, die durch hohe Intensität und Trainingsvolumen zu verschiedenen Zeiten der Saison entstehen. Benutzen Sie eine Faszienrolle, um die steifen Körperteile zu behandeln.

Somit haben wir also vier verschiedene Läufer(innen)typen. Keiner von ihnen hat sich richtig bewegt, aber die Gründe dafür lagen jeweils ganz woanders. Die gleiche Behandlung hilft nicht jedem gleich gut, denn oft sind die zugrundeliegenden Probleme ganz unterschiedlich. Und nun doch noch ein paar Einschränkungen. Eine der vier Personen benötigt unter Umständen mehr als eine der genannten Interventionen. Wenn Coles Fußgelenk jahrelang mechanisch blockiert war, dann kann es gut sein, dass sich das weiche Gewebe an der Rückseite des Gelenks an die fehlende Bewegung gewöhnt und mit der Zeit verkürzt hat. Wenn Cole also die Fußgelenkübung mit dem Riemen (S. 52) macht und sich dann plötzlich frei bewegen kann: super. Aber wenn wir das Problem des Gelenkgleitens erstmal behoben haben, finden wir vielleicht heraus, dass eine Vorwärtsbewegung des Schienbeins nun zu einer sehr starken Spannung des hinteren Gelenks führt. Das bedeutet, dass die Gelenkblockade gelöst ist, aber nun müssen wir die Muskeln an der Rückseite des Gelenks verlängern, die sich zuvor verkürzt hatten.

STABILITÄT BEDEUTET KONTROLLIERTE BEWEGUNG

Wir können Blockaden bei Läufern lösen, aber das ist nur die halbe Miete. Bewegungen ohne Kontrolle führen zu Instabilität und Verletzungen. Versuchen Sie mal, eine Kanone von einem Kanu aus zu feuern: Ihr kleines Kanu sinkt mit ziemlicher Sicherheit sofort.

Diese ganze Kraft muss irgendwie unter Kontrolle gehalten werden. Wenn es unsere Aufgabe wäre, ein Kanu zu stabilisieren, könnten wir an jeder Seite einen Ausleger anbringen. Aber das hilft Ihnen nicht beim Laufen. Sie müssen den Halt in Ihrem eigenen System aufbauen. Beim Laufen sind Sie einer starken Belastung ausgesetzt, ob Sie dafür bereit sind oder nicht. Nur Sie können diese Kräfte kontrollieren. Wenn Sie Ihren Körper nicht kontrollieren können, enden Sie wahrscheinlich wie 80 Prozent aller Läufer und ziehen sich beim Laufen eine Verletzung zu. Indem Sie Ihre Körperkontrolle verbessern, können Sie aus dieser Statistik ausbrechen und zu einem wirklich guten Läufer werden.

Entfesselt laufen

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