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EURE ZEIT ABER IST ALLEWEGE 3.

Auch wenn ich kein Gärtner bin, wie in Christian Morgensterns bemerkenswertem Gedicht, habe ich hin und wieder das Bedürfnis, über Jesus Christus nachzudenken. Und wenn ich im Johannesevangelium lesend zum siebten Kapitel komme, wundere ich mich immer wieder neu über das Wort Jesu zu seinen Brüdern. Sie fordern ihn nämlich auf, zum Laubhüttenfest nach Jerusalem in Judäa zu gehen, obwohl sein Leben dort bedroht ist: «Da sprachen seine Brüder zu ihm: Mach dich auf von dannen und gehe nach Judäa, auf dass auch deine Jünger sehen die Werke, die du tust. Niemand tut etwas im Verborgenen und will doch frei offenbar sein. Tust du solches, so offenbare dich vor der Welt.»

Doch Jesus antwortet ihnen: «Meine Zeit ist noch nicht hier, eure Zeit aber ist allewege.»

Wie kann es sein, dass für die Menschen die Zeit immer gegeben ist zu handeln, für den Sohn Gottes aber gerade nicht?

Goethe sprach einmal tief befriedigt aus, als er in Italien die vom griechischen Geist inspirierten Kunstwerke betrachtete: «Hier ist Notwendigkeit, hier ist Gott!» Im siebten Kapitel des Johannesevangeliums ist offenbar diese Gottesnähe bei Jesus noch vorherrschend – noch ist er auf dem Weg zum Menschen, zum Menschwerden, noch herrscht Notwendigkeit: Er muss seine Zeit abwarten. Die Menschen aber können jederzeit tun oder lassen. Das ist unsere Freiheit dem Kosmos der Zeit und Gott gegenüber.

So beginne ich, den Weg des Christus zu verstehen, der die Freiheit erringt, um sie in das Reich der Notwendigkeit einzuführen. Und überall dort, wo wir Notwendiges erkennen und da heraus frei handeln, werden wir zu Weggefährten des Menschensohnes.

Im Garten der Zeit

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