Читать книгу Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean-Jacques Rousseau - Страница 141

Zehnter Brief.
Saint-Preux an Milord Eduard.

Оглавление

Inhaltsverzeichnis

Wie viele Freuden, die ich zu spät kennen lerne, schmecke ich seit drei Wochen! Ach, es ist süß, seine Tage im Schoße einer stillen Freundschaft, geschützt vor den Stürmen der Leidenschaften hinzubringen! Milord, was für ein angenehmes, rührendes Schauspiel gewährt ein einfacher, wohlgeordneter Hausstand, in welchem Ordnung, Friede und Unschuld herrschen, wo man ohne Prunk, ohne Glanz Alles vereinigt sieht, was der wahren Bestimmung des Menschen entspricht! Die ländliche Umgebung, die Zurückgezogenheit, die Ruhe, die Jahreszeit, die weite Wasserfläche, die vor meinen Augen liegt, Alles erinnert mich hier an meine köstliche Insel Tinian. Ich glaube die heißen Wünsche erfüllt zu sehen, welche dort so oft in mir aufstiegen. Ich führe hier ein Leben nach meinem Geschmack, finde einen Umgang nach meinem Herzen. Nichts fehlt an diesem Orte, als zwei Personen, damit mein Glück vollständig sei, und diese, habe ich Hoffnung, bald hier zu sehen.

Einstweilen, bis Sie und Frau v. Orbe kommen, und den süßen und reinen Freuden, die ich hier empfinden lerne, die Krone aufsetzen, will ich Ihnen eine häusliche Einrichtung beschreiben, welche zu erkennen giebt, wie glücklich die Herren des Hauses sind, und welche diejenigen, die es mit ihnen bewohnen, zu Theilnehmern ihres Glückes macht. Bei dem Plane, mit welchem Sie umgehen, hoffe ich, daß meine Betrachtungen für die Folge von Nutzen sein können, und diese Hoffnung macht mir noch mehr Lust, sie anzustellen.

Ich will Ihnen das Haus von Clarens nicht beschreiben: Sie kennen es, Sie wissen, wie reizend es ist, was für anziehende Erinnerungen es in mir weckt, wie theuer es mir sein muß, sowohl wegen dessen, was ich gegenwärtig darin sehe, als wegen dessen, woran es mich mahnt. Frau v. Wolmar ist mit Recht lieber hier als in Étange, wo das Schloß zwar prächtig und groß, aber alt, traurig, unbequem ist und keine Umgebungen hat, welche sich mit denen von Clarens vergleichen ließen.

Seit die Besitzer dieses Hauses ihre Wohnung in demselben aufgeschlagen haben, ist Alles, was darin nur auf Zierde angelegt war, nützlichen Zwecken dienstbar gemacht worden; es ist nicht mehr ein Haus zum Besehen, sondern zum Bewohnen. Sie haben lange Zimmerreihen abgesperrt, um unbequem angebrachte Thüren zu verlegen; sie haben zu große Räume getheilt, um wohnlichere Gemächer zu gewinnen; altmodische und prächtige Meubles haben sie mit einfacheren und bequemeren vertauscht. Alles ist hier anmuthig und freundlich, Alles athmet Fülle und Sauberkeit, nirgends spürt man Ueberfluß und Pracht; es ist kein Zimmer da, wo man nicht merkte, daß man auf dem Lande ist, und wo man nicht doch alle Bequemlichkeiten der Stadt fände. Außen sind die vorgenommenen Veränderungen ebenso zu spüren: der Hof ist durch Wegnahme von Remisen vergrößert worden. An die Stelle eines alten verfallenen Billards ist eine schöne Kelter getreten, und wo schreiende Pfauen wohnten, die man abgeschafft hat, sieht man eine Milchkammer. Der Küchengarten war zu klein für den Hausbedarf; es ist daher aus dem Blumenparterre ein zweiter gemacht worden, der aber so nett und sinnig angelegt ist, daß das umgeschaffene Parterre besser in's Auge fällt, als in seiner früheren Gestalt. Anstatt der traurigen Eiben, welche die Mauern bedeckten, sind schöne Spaliere angebracht worden. Wo die unnütze Roßkastanie stand, fangen junge, schwarze Maulbeerbäume an, den Hof zu beschatten, und statt der alten Linden, welche den Zugang zum Hause einfaßten, sind zwei Reihen Nußbäume bis zur Landstraße gepflanzt. Ueberall ist das Nützliche an die Stelle des Angenehmen gesetzt worden, und die Annehmlichkeit hat fast immer dabei gewonnen. Ich wenigstens finde, daß das Geräusch des Hofes, das Geschrei der Hähne, das Brüllen des Rindviehes, das Anspannen der Wagen, die Mahlzeiten im Freien, das Heimkommen der Arbeiter und das ganze wirthschaftliche Treiben diesem Hause einen ländlicheren, lebendigeren, heitereren, frischeren Anstrich giebt, etwas Fröhliches und Behagliches, das es zuvor in seiner düstern Würde nicht hatte.

Sie haben ihr Land nicht verpachtet, sondern bewirthschaften es selbst, und durch dieses Wirthschaften gewinnen sie den größten Theil ihrer Beschäftigungen, Einkünfte und Vergnügungen. Die Baronie Étange hat nur Wiesen, Felder und Waldungen; der Ertrag von Clarens aber besteht in Wein von nicht geringem Belange, und da der Unterschied der Culturmethode hierbei von merklicherem Einfluß ist, als bei dem Getreidebau, so ist es zugleich ein ökonomischer Grund, welcher die Familie bewogen hat, dem Aufenthalte in Clarens den Vorzug zu geben. Indessen gehen sie fast jedes Jahr zur Ernte auf ihr Ackergut und Herr v. Wolmar allein ist ziemlich oft dort. Sie haben den Grundsatz, dem Boden den größtmöglichen Ertrag abzugewinnen, nicht um größeren Gewinnes halber, sondern um mehr Leuten Nahrung zu geben. Herr v. Wolmar ist der Meinung, daß das Land desto mehr ausgiebt, je mehr Arme zu seiner Bebauung thätig sind; besser bestellt, trägt es mehr; dieses Mehr der Production macht wieder eine noch bessere Bestellung möglich; je mehr Menschen und Vieh man darauf verwendet, desto mehr Ueberschuß giebt es zu deren Erhaltung. Man weiß gar nicht, sagt er, wo diese immerwährende wechselseitige Steigerung des Ertrages und der Bearbeitung ihre Grenzen findet. Ein vernachlässigter Boden verliert dagegen seine Fruchtbarkeit; je weniger Menschen ein Land erzeugt, desto weniger Lebensmittel bringt es hervor; der Mangel an Bewohnern ist Schuld daran, daß die wenigen, welche da sind, sich nicht ernähren können, und in jeder Gegend, welche sich entvölkert, muß man früher oder später Hungers sterben.

Da sie also viel Land haben und es mit vieler Sorgfalt bestellen, so brauchen sie, außer den Hofknechten, eine Menge von Tagelöhnern, und dies verschafft ihnen das Vergnügen, daß sie, ohne daß es ihnen lästig fiele, vielen Leuten zu leben geben können. Bei der Wahl ihrer Tagelöhner ziehen sie stets den Einheimischen und Den aus der Nachbarschaft dem Fremden und Unbekannten vor. Wenn man auf diese Weise Einiges dadurch verliert, daß man nicht immer die Kräftigsten nimmt, so gewinnt man auf der andern Seite durch die Zuneigung, deren man sich bei Denen, die man als Ortskinder vorzieht, versehen kann, und durch den Vortheil, daß man sie stets um sich hat, und, obgleich man sie nur einen Theil des Jahres bezahlt, doch jederzeit sicher haben kann.

Für alle diese Arbeiter ist ein doppelter Lohnsatz eingeführt, der eine nach Gebühr und Landesbrauch, der ihnen jedenfalls für ihre Arbeit ausgezahlt wird, der andere etwas höher, den man ihnen nur zahlt nach Verhältniß der Zufriedenheit, welche sie sich erworben haben; und es ergiebt sich fast immer, daß das, was sie thun, um sich größere Zufriedenheit zu erwerben, mehr ausmacht, als was sie mehr erhalten! denn Herr v. Wolmar ist streng und genau, und läßt Das, was er als Gunst und Geschenk eingeführt hat, nie in Gewohnheit ausarten. Den Tagelöhnern sind Aufseher gesetzt, welche sie antreiben und unter Augen haben. Als solche dienen die Hofknechte, die selbst arbeiten, und außer dem Lohne, den sie erhalten, bei der Arbeit der Uebrigen mit einem kleinen Procent von allem unter ihrer Mühwaltung sich ergebenden Gewinne betheiligt sind. Außerdem besucht Herr v. Wolmar selbst die Leute fast täglich, oft mehrmals des Tages, und seine Frau nimmt gern an diesen Gängen Theil. Endlich giebt Julie in den Zeiten, wo viel Arbeit ist, alle Wochen demjenigen Arbeiter, gleichviel ob Tagelöhner oder Knecht, welcher nach Ausspruch des Herrn während der acht Tage am fleißigsten gewesen ist, eine besondere Vergütung von zwanzig Batzen. Alle diese Mittel, Wetteifer zu wecken, welche kostspielig scheinen, machen, klug und gerecht angewendet, unvermerkt alle Welt fleißig und bringen zuletzt mehr ein, als sie kosten; aber da man den Nutzen davon erst mit der Zeit und nur durch Ausdauer ernten kann, so verstehen es wenig Leute, oder haben Lust, sie anzuwenden.

Ein noch wirksameres Mittel aber, die Liebe der Leute zu gewinnen, das einzige, bei welchem kein ökonomischer Zweck obwaltet und das mehr der Frau von Wolmar eigenthümlich ist, besteht darin, daß sie selbst ihnen mit Liebe begegnet. Sie glaubt nicht mit Geld die Mühe, welche man sich für sie giebt, gut gemacht zu haben und meint, demjenigen, der ihr Dienste geleistet hat, auch wieder Dienste schuldig zu sein. Arbeiter, Hausleute, Jeder, der ihr gedient hat, wenn auch nur einen einzigen Tag, Alle werden zu ihren Kindern; sie nimmt Theil an ihren Freuden, an ihren Leiden, an ihrem Schicksale; sie erkundigt sich nach ihren Angelegenheiten und nimmt sich derselben an: sie steht ihnen auf tausend Arten bei, giebt ihnen Rathschlage, gleicht ihre Zwistigkeiten aus, und beweist ihnen die Leutseligkeit ihres Charakters nicht durch honigsüße und müßige Worte, sondern durch wirkliche Dienstleistungen und unaufhörliche Gutthaten. Sie ihrerseits lassen bei dem geringsten Wink von ihr Alles stehen und liegen; sie fliegen, wenn sie ruft, ihr bloßer Blick belebt ihren Eifer; in ihrer Gegenwart sind sie zufrieden, in ihrer Abwesenheit sprechen sie von ihr und muntern einander auf, ihr Dienste zu leisten. Ihre Reize, ihre Reden thun viel dabei, mehr ihre Sanftmuth und ihre Tugend. Ach, Milord, was für eine anbetungswürdige und was für eine mächtige Gewalt übt die Schönheit mit Wohlthätigkeit gepaart!

Was die persönliche Bedienung der Herrschaft betrifft, so sind im Hause acht Bediente: drei Frauen und fünf Männer, den Kammerdiener des Barons und die Hofknechte nicht gerechnet. Es ist überhaupt nicht der Fall, daß man mit wenigen Bedienten schlecht bedient sei; aber wenn man den Eifer dieser hier sieht, sollte man denken, daß Jeder, außer seinem eigenen Dienst, sich mit denen der sieben anderen beauftragt glaubt, und wenn man sieht, wie Alles in einander greift, daß nur ein Einziger thätig sei. Man sieht sie niemals träg und geschäftlos in einem Vorzimmer spielen oder auf dem Hofe umherstehen, sondern immer bei irgend einer nützlichen Arbeit; sie helfen auf dem Hofe, im Speisekeller, in der Küche; der Gärtner hat keine andern Gehülfen als sie, und das Erfreulichste ist, daß man sie das Alles munter und mit Lust thun sieht.

Man fängt mit ihnen früh an, um sie so zu ziehen, wie man sie haben will. Es herrscht hier nicht der Grundsatz, den ich in Paris und London allgemein verbreitet fand, Bediente zu nehmen, die schon gelernt, d. h. zu Spitzbuben völlig ausgebildet sind, solche, die von Condition in Condition laufen, die in jedem Hause, wo sie kurze Zeit bleiben, die Fehler der Bedienten und der Herrschaft zugleich sich aneignen und sich ein Gewerbe daraus machen, aller Welt zu dienen, ohne je für Jemand Anhänglichkeit zu gewinnen. Natürlich kann bei dergleichen Leuten weder Ehrlichkeit noch Treue, noch Eifer herrschen; dieses Gesindel in allen reichen Häusern richtet den Herrn zu Grunde und verdirbt die Kinder. Hier im Hause ist die Wahl der Bedienten eine wichtige Angelegenheit: man betrachtet sie nicht wie Miethlinge, von denen man nichts als pünktlichen Dienst fordert, sondern wie Mitglieder der Familie, die daher durch eine schlechte Wahl viel zu leiden haben könnte. Das erste, was man von ihnen verlangt, ist Ehrlichkeit, das zweite, daß sie ihren Herrn lieben, das dritte, daß sie ihn nach seiner Weise bedienen; aber wenn nur ein Herr vernünftig und ein Diener gelehrig ist, so folgt das dritte stets aus den beiden andern. Man nimmt die Leute also nicht aus der Stadt, sondern vom Lande. Es ist hier ihr erster Dienst, und wird gewiß ihr letzter sein, wenn sie etwas taugen. Man wählt sie aus irgend einer zahlreichen und mit Kindern überfüllten Familie, wenn die Eltern aus freien Stücken sie anbieten. Man wählt solche, die jung, wohlgewachsen, gesund und von angenehmer Gesichtsbildung sind. Herr von Wolmar spricht mit ihnen, fragt sie aus, stellt sie dann seiner Frau vor. Wenn sie Beiden zusagen, so werden sie angenommen, zuerst auf Probe, dann in die Zahl der Hausleute, d. h. der Kinder des Hauses, und man unterweist sie einige Tage lang mit vieler Geduld und Sorgfalt in Allem, was sie zu thun haben. Der Dienst ist so einfach, so regelmäßig und gleichförmig, die Herrschaft hat so wenig Launen und Einfälle, und die Dienerschaft gewinnt sie so leicht lieb, daß Alles bald gelernt ist, Ihre Stellung ist eine angenehme; sie beenden sich in einer gemächlichen Lage, welche sie bei sich zu Hause nicht hatten; aber man läßt sie nicht in Müßiggang, der aller Laster Anfang ist, erschlaffen. Man leidet nicht, daß sie zu großen Herren werden und sich auf ihre Bedientenschaft etwas einbilden; sie arbeiten fort wie in ihrem väterlichen Hause; sie haben, so zu sagen, nur Vater und Mutter gewechselt und wohlhabendere Eltern gewonnen. Auf diese Weise wird ihnen ihr altes Bauerleben nicht verächtlich. Wenn sie hier aus dem Dienste kämen, würde kein einziger unter ihnen sein, der nicht lieber zu seinem Stande zurückkehrte, als eine andere Condition annähme. Kurz, ich habe nie ein Haus gesehen, wo Jeder besser seinen Dienst verrichtete und es weniger fühlte, daß er dient.

Wenn man so seine eigenen Bedienten heranzieht und bildet, so hat man sich nicht den so gewöhnlichen und so wenig vernünftigen Einwurf zu machen: Ich werde sie nur für Andere bilden. Bildet sie, wie es sich gehört, könnte man antworten, und sie werden nie in einen anderen Dienst treten. Wenn ihr bei ihrer Bildung nur an euch denkt, so ist es ihnen nicht übel zu nehmen, wenn sie nur an sich denken und euch, sobald sie ausgebildet sind, verlassen; aber beschäftiget euch ein wenig mehr mit ihnen, und sie werden euch treu bleiben. Nur die gute Absicht verpflichtet den Anderen; wer Gutes von mir hat, das ich nur meinetwegen thun will, ist mir keine Erkenntlichkeit schuldig.

Um dem nämlichen Uebelstande auf doppelte Art zu begegnen, wenden Herr und Frau von Wolmar noch ein anderes Mittel an, das mir sehr zweckmäßig scheint. Als sie ihre Einrichtung anfingen, überlegten sie, wie viele Bedienten sie ihrem Stande und Vermögen gemäß halten könnten, und fanden, daß die Zahl sich auf 15 oder 16 belaufen würde; um nun besser bedient zu sein, verringerten sie diese Zahl auf deren Hälfte; sie haben so weniger Unkosten und werden bei Weitem pünktlicher bedient. Um sich darin noch mehr zu verbessern, machten sie, daß es der Leute eigenes Interesse wurde, lange in ihrem Dienste zu bleiben. Nämlich ein Diener, der bei ihnen antritt, erhält das gewöhnliche Lohn; aber dieses Lohn wächst jedes Jahr um ein Zwanzigstel; nach Ablauf von zwanzig Jahren würde es also etwas mehr als verdoppelt sein, und die Unterhaltung der Bedienten würde sich ungefähr im richtigen Verhältniß mit den Mitteln der Herrschaft befinden. Aber man braucht kein großer Rechner zu sein, um zu begreifen, daß die Kostspieligkeit dieser Lohnerhöhung mehr scheinbar als wirklich ist, daß wenig doppelte Löhne zu bezahlen sein werden und daß, wären sie auch Allen zu bezahlen, der Vortheil, zwanzig Jahre lang gut bedient worden zu sein, für den Zuwachs der Ausgabe reichlich entschädigen würde. Sie fühlen wohl, Milord, daß dies ein sicheres Mittel ist, um den Eifer der Bedienten beständig rege zu erhalten, und daß ihre Anhänglichkeit nothwendig mit der Anhänglichkeit der Herrschaft zu ihnen wachsen muß. Eine Einrichtung dieser Art ist nicht nur der Klugheit, sondern auch der Billigkeit gemäß. Wäre es recht, einem neu Angestellten, der noch keine Liebe zur Herrschaft hat, und vielleicht ein Taugenichts ist, bei seinem Eintritte dasselbe Lohn zu geben, welches ein alter Diener erhält, dessen Eifer und Treue durch langen Dienst erprobt ist, und der sich überdies der Zeit nähert, wo er aus Altersschwäche nicht mehr im Stande sein wird, seinen Unterhalt zu erwerben? Uebrigens ist dieser letztere Grund hier nicht anzuwenden: Sie können wohl denken, daß eine so menschenfreundliche Herrschaft Pflichten, welche viele unmitleidige Herrschaften aus Prahlerei erfüllen, nicht verabsäumt, und nicht diejenigen unter ihren Leuten hülflos läßt, denen Krankheit oder Alter den Dienst unmöglich machen.

Ich habe gerade ein recht schlagendes Beispiel von solcher Aufmerksamkeit bei der Hand. Der Baron von Étange wollte seinen Kammerdiener für langjährige Dienste mit einem ehrenvollen Ruheposten belohnen, und bot ihm ein einträgliches und müheloses Amt an, das er durch seinen Einfluß bei Ihren Excellenzen ihm verschaffen konnte. Nun aber hat Julie soeben von diesem alten Diener einen Brief erhalten, der einem Thränen entlocken könnte, worin er sie bittet, zu bewirken, daß ihm die Annahme dieses Postens erlassen werde. „Ich bin alt, schreibt er, ich habe meine ganze Familie verloren; ich habe keine andern Angehörigen, als meine Herrschaft, keine andere Hoffnung mehr, als meine Tage friedlich in dem Hause zu beschließen, in welchem ich sie verlebt habe .... Madame, als ich Sie bei Ihrer Geburt auf meinen Armen trug, hat ich Gott, daß ich einst Ihre Kinder ebenso tragen dürfte! er hat mir diese Gnade geschenkt; versagen Sie mir nun nicht die, sie aufwachsen und gedeihen zu sehen wie Sie .... Ich bin gewohnt, in einem friedlichen Hause zu leben, wo werde ich eines wie das Ihrige finden, um darin mein Alter in Ruhe hinzubringen? Erzeigen Sie mir die Wohlthat, zu meinen Gunsten an den Herrn Baron zu schreiben. Wenn er unzufrieden mit mir ist, so möge er mich wegjagen und mir nicht einen Posten geben; wenn ich ihm aber vierzig Jahre lang treu gedient habe, so möge er mich meine Tage in seinem und Ihrem Dienste beschließen lassen; besser belohnen kann er mich nicht." Es ist keine Frage, ob Julie schrieb. Ich sehe, daß es ihr eben so leid sein würde, diesen braven Menschen zu verlieren, als ihm, sie zu verlassen. Habe ich Unrecht, Milord, Herren, die so geliebt sind, mit Vätern zu vergleichen, und ihre Diener mit ihren Kindern? Sie sehen, daß sie selbst sich nicht anders betrachten.

Es ist in diesem Hause ohne Beispiel, daß ein Bedienter seinen Abschied gefordert hätte; es ist sogar selten, daß einem mit Verabschiedung gedroht werde. Diese Drohung wird um so mehr gefürchtet, je mehr der Dienst angenehm und milde ist; die besten Leute haben immer die größte Furcht davor, und man hat nie nöthig, zur Ausführung der Drohung zu schreiten, außer bei solchen, um die es kein großer Schade ist. Es herrscht auch hierbei eine gewisse Regel, Wenn Herr von Wolmar gesagt hat: „Ich jage dich weg," so kann man die Verwendung der Frau vom Hause ansprechen, erlangt sie manchmal und wird auf ihre Bitte wieder zu Gnaden angenommen; ein Abschied aber, den sie ertheilt, ist unwiderruflich, und es ist keine Gnade mehr zu hoffen. Diese Verfahrungsart ist sehr zweckmäßig, um eben sowohl zu verhindern, daß man sich auf das weiche Herz der Frau zu sehr verlasse, als auch, daß man die Unbeugsamkrit des Mannes übermäßig fürchte. Es bleibt jedoch nicht aus, daß jenes Wort im Munde eines Herrn, der stets gerecht ist und niemals Zorn blicken läßt, ein Schreckenswort ist. Denn abgesehen davon, daß man nicht sicher darauf rechnen kann, Gnade zu erlangen, und daß diese niemals zwei Mal dem Nämlichen gewährt wird, verliert man durch dieses bloße Wort sein Altersrecht und wird, wenn mau im Dienste bleiben darf, als ein neu eingetretener betrachtet. So ist der Unverschämtheit vorgebeugt, die alten Bedienten eigen zu werden pflegt, und sie nehmen sich um so mehr in Acht, je mehr sie zu verlieren haben.

Die weibliche Dienerschaft besteht aus der Kammerfrau, der Wärterin der Kinder und der Köchin. Die letztere ist eine sehr reinliche und der Küche sehr kundige Bäuerin, der Frau von Wolmar selbst das Kochen gelehrt hat; denn in diesem noch unverkünstelten Lande [Unverkünstelt! Es hat sich somit sehr verändert.] lernen die jungen Personen jedes Standes Alles selbst machen, was dereinst in ihrem Hause ihre weiblichen Dienstboten zu thun haben werden, damit sie ihnen im Nothfall selbst Anleitung geben können und sich nicht von ihnen betrügen lassen. Kammerfrau ist nicht mehr Babi; diese ist nach Étange geschickt worden, von wo sie gebürtig ist; man hat ihr die Aufsicht über das Schloß und über Alles, was eingeht, anvertraut, so daß sie die dortige Oekonomie gewissermaßen zu controliren hat. Herr von Wolmar hatte in seine Frau schon lange gedrungen, diese Einrichtung zu treffen, ohne daß er sie dazu bringen konnte, eine alte Dienerin ihrer Mutter von sich zu entfernen, obgleich ihr Babi viel Ursache zu Klagen gegeben hatte. Endlich hat sie, als die Sache das letzte Mal zur Sprache kam, darein gewilligt, und Babi ist nach Étange abgegangen. Sie ist eine verständige und treue Person, aber schwatzhaft und nicht verschwiegen. Ich vermuthe, daß sie mehr als einmal die Geheimnisse ihrer Herrin verrathen hat, daß dies Herrn von Wolmar nicht unbekannt ist, und daß der kluge Mann, um unvorsichtigen Aeußerungen zuvorzukommen, die ihr vielleicht auch einmal gegen Fremde entschlüpfen könnten, eine solche Auskunft getroffen hat, daß Babi's gute Eigenschaften der Herrschaft zu Statten kommen, ohne daß ihr ihre schlechten Eigenschaften schaden können. An Babi's Stelle ist die Fanchon Regard gekommen, von der Sie sich früher so gern von mir erzählen ließen. Trotz der Voraussagung Juliens, und ungeachtet ihrer Wohlthaten, sowie derer ihres Vaters und der Ihrigen, ist diese so sittsame und verständige junge Frau in ihrem Hausstande nicht glücklich gewesen. Claude Anet, der sich in seinem Unglück so wacker gezeigt hatte, ist in besseren Umständen sich nicht treu geblieben. Sobald er sich in einer gemächlichen Lage befand, vernachlässigte er sein Handwerk, und nachdem er gänzlich in Unordnung gerathen war, lief er aus dem Lande, und ließ seine Frau mit einem Kinde zurück, das sie aber seitdem verloren hat. Julie nahm sie zu sich, unterwies sie in den kleinen Verrichtungen einer Kammerfrau, und ich hatte nie eine angenehmere Ueberraschung, als da ich sie am Tage meiner Ankunft in ihrer Thätigkeit fand. Herr von Wolmar hält sehr viel von ihr, und Beide haben ihr die Sorge anvertraut, auf die Kinder und auf deren Wärterin Acht zu haben. Diese letztere ist auch eine Bäuerin, eine simple und leichtgläubige Person, aber aufmerksam, geduldig und willig So ist nichts versäumt worden, um zu verhüten, daß die Laster, die das Stadtleben erzeugt, in ein Haus eindringen, dessen Herrschaft selbst von ihnen frei ist und sie nicht duldet.

Obgleich alle Bediente nur Einen Tisch haben, findet übrigens doch wenig Gemeinschaft zwischen den beiden Geschlechtern statt; dieser Punkt wird hier als ein sehr wichtiger betrachtet. Man ist nicht der Meinung jener Herrschaften, die für Alles gleichgültig sind, außer für ihr Interesse und nur gut bedient sein wollen, ohne sich im Uebrigen um Das zu kümmern, was ihre Leute thun. Man denkt im Gegentheil, daß diejenigen, die auf nichts weiter sehen, als auf gute Bedienung, nicht lange gut bedient sein werden. Zu genaue Verbindungen unter den Dienstboten verschiedenen Geschlechts erzeugen nur Unheil. Aus dem heimlichen Zusammenstecken mit den Kammerfrauen entspringen die meisten häuslichen Unordnungen. Wenn etwa eine derselben dem Haushofmeister gefällt, so wird er sie unfehlbar auf Kosten der Herrschaft verführen. Der Zusammenhalt der Mannspersonen blos unter sich, und ebenso der Frauenzimmer unter einander, hat nicht Festigkeit genug, um Folgen nach sich zu ziehen. Zwischen Mannspersonen und Frauenzimmern aber kommen jene geheimen Monopole zu Stande, welche auf die Länge die wohlhabendsten Familien zu Grunde richten. Es wird daher hier darauf gehalten, daß die Frauen im Hause sich anständig und züchtig betragen, nicht nur aus Gründen der Sittlichkeit und Schicklichkeit, sondern auch aus einem sehr wohlverstandenen Interesse; denn, sage man was man wolle, Niemand erfüllt gehörig seine Pflicht, wenn er sie nicht liebt, und immer nur Leute von Ehrgefühl sind im Stande, ihre Pflicht zu lieben.

Zur Verhütung einer gefährlichen Vertraulichkeit zwischen den beiden Geschlechtern, belädt man die Leute hier nicht etwa mit Vorschriften und Verhaltungsregeln, die sie nur in Versuchung sein würden heimlich zu übertreten, sondern man wirkt darauf hin, daß wie von selbst der Brauch entsteht, der mächtiger ist, als aller Befehl. Man verbietet ihnen nicht, sich zu sehen, aber man sorgt dafür, daß sie weder Gelegenheit noch Lust dazu haben. Dies erreicht man dadurch, daß man ihnen in Beschäftigungen, Gewohnheiten, Neigungen und Vergnügungen unterschiedene Richtungen giebt. Durch die bewunderungswürdige Ordnung, welche im Hause herrscht, werden sie unvermerkt darauf geführt, daß in einem wohlgeregelten Wirthschaftswesen die Mannspersonen und Frauenzimmer wenig Verkehr mit einander haben müssen. Mancher, der in diesem Punkte in dem ausgesprochenen Willen seines Herrn nur einen ungerechten Eigensinn finden würde, unterwirft sich ohne Widerstand einer Lebensart, die man ihm nicht förmlich vorschreibt, die sich ihm aber von selbst als die beste und natürlichste aufdrängt. Sie ist dies, Juliens Meinung nach, in der That; Julie behauptet, daß auch aus der Liebe und aus der ehelichen Vereinigung nicht ein beständiger Verkehr der beiden Geschlechter mit einander fließe. Ihrer Ansicht nach sind Mann und Frau wohl bestimmt, zusammen zu leben, aber nicht auf gleiche Weise; sie sollen übereinstimmend handeln, ohne die nämlichen Dinge zu thun. Das Leben, welches für den einen Theil Reiz hat, sagt sie, würde dem anderen unerträglich sein; die Neigungen, welche ihnen die Natur einpflanzt, sind ebenso abweichend von einander, als die Verrichtungen, die sie ihnen zuweist; ihre Ergötzungen sind nicht weniger verschieden, als ihre Pflichten; mit einem Worte, Beide tragen zum gemeinsamen Glücke auf unterschiedenen Wegen bei und diese Thelung der Geschäfte und Tätigkeiten ist das stärkste Band ihrer Vereinigung.

Ich muß gestehen, daß meine eigenen Beobachtungen sehr zu Gunsten dieses Grundsatzes sprechen. Ist es nicht in der That stehender Gebrauch bei allen Völkern der Welt, außer dem französischen und denen, die ihm nachahmen, daß die Männer unter sich leben und die Frauen unter sich? Wenn sie einander sehen, so geschieht das, wie bei den spartanischen Eheleuten, mehr gelegentlich und fast verstohlen, als in lästigem, unausgesetztem Beieinandersein, das nur dazu führen kann, die von der Natur auf's Weiseste geordneten Besonderheiten zu vermengen und zu verunstalten; selbst bei den Wilden sieht man nicht unterschiedlos Männer und Frauen gemischt. Abends versammelt sich die Familie, und die Nacht bringt Jeder bei seiner Frau zu; mit dem Tage beginnt wieder die Trennung, und die beiden Geschlechter haben nichts mehr gemein, als höchstens die Mahlzeit. Dies ist die Ordnung, die sich durch ihre allgemeine Verbreitung als die natürlichste erweist, und selbst in den Ländern, wo sie umgestoßen ist, erkennt man noch Spuren von ihr. In Frankreich, wo die Männer es sich auferlegt haben, nach Frauenart zu leben, und mit den Frauen unaufhörlich eingeschlossen zu bleiben, zeigt die unwillkürliche Beweglichkeit, von der sie sich auch dort nicht losmachen können, daß dies nicht die Lebensweise ist, für welche sie bestimmt sind. Während die Frauen, auf ihrer Chaise-longue sitzend oder liegend, ruhig bleiben, sieht man die Männer in beständiger Unruhe aufstehen, hin und her gehen, sich wieder setzen, indem ein unwiderstehlicher Instinkt fortwährend gegen den Zwang kämpft, den sie sich auflegen, und sie wider Willen zu dem thätigen und rührigen Leben drängt, das ihnen die Natur zugewiesen hat. Es ist das einzige Volk in der Welt, wo die Männer im Schauspiel stehen, gleich als wollten sie sich im Parterre von der Anstrengung erholen, den ganzen Tag im Salon still zu sitzen. Kurz, sie empfinden so sehr das Lästige dieser stubenhockenden, weibischen Trägheit, daß sie, um wenigstens eine Art Thätigkeit hineinzubringen, ihren Platz zu Hause Fremden abtreten und zu anderen Frauen laufen, um sich wieder aufzufrischen.

Die Maxime der Frau von Wolmar bewährt sich vollkommen an dem Beispiel ihres Hausstandes. Indem Jeder, so zu sagen, ganz seinem Geschlechte angehört, leben die Frauen sehr abgesondert von den Männern. Sie gebraucht zur Verhütung verdächtiger Verbindungen unter ihnen weiter keinen Kunstgriff, als daß sie sie beiderseits unablässig beschäftigt, denn ihre Arbeiten sind so verschiedenartig, daß nur der Müßiggang sie zu einander führen könnte. Frühmorgens geht Jeder seinen Geschäften nach, und Niemand hat Muße, den andern in den seinigen zu stören. Nachmittags haben die Männer im Garten, auf dem Hofe, oder mii tsonstiger Landarbeit zu thun; die Frauen arbeiten in der Kinderstube, bis es Zeit ist mit den Kleinen einen Spaziergang zu machen, an dem oft auch ihre Herrin Theil nimmt, und der ihnen angenehm ist, als die einzige Gelegenheit, die sie haben, frische Luft zu schöpfen. Die Männer, die von der Arbeit des Tages müde genug werden, haben nicht eben Lust spazieren zu gehen, und bleiben, um auszuruhen, zu Hause, Alle Sonntage, nach der Nachmittagspredigt, kommen die Frauen ebenfalls in der Kinderstube etwa mit einer Verwandten oder Freundin zusammen, welche sie der Reihe nach mit Erlaubnis; der Hausfrau einladen. Dort wird bis zur Zeit einer kleinen Bewirthung, die ihnen die letztere giebt, geschwatzt, gesungen, Federball geschlagen, oder ein ärmliches Spiel vorgenommen, das die Kinder gern mit ansehen, solange sie sich noch nicht selbst damit belustigen können. Das Abendbrod kommt; es besteht aus Milchwerk, Honig, Gebackenem, Küchlein und Anderem, was Kinder und Frauen gern essen. Wein giebt es niemals, und die Männer, welche überhaupt nur wenig in das kleine Gynäceum [Frauengemach.] kommen, sind bei diesem Schmause nie zugegen, Julie aber fehlt selten dabei. Ich bin der Erste, mit dem eine Ausnahme gemacht worden ist. Letzten Sonntag erhielt ich, auf vieles Bitten, die Erlaubniß, mit Julie hinzugehen, sie nahm Bedacht, mir diese Gunst hoch anzurechnen. Sie sagte in Aller Gegenwart, daß sie sie mir nur für das eine Mal bewillige, und daß sie sie Herrn von Wolmar selbst abgeschlagen hätte. Sie können sich denken, wie das der Eitelkeit der Frauenzimmerchen schmeichelt, und ob ein Bedienter wohl daraus fallen kann, da Zulaß zu begehren, wo der Herr selbst ausgeschlossen ist.

Ich schmauste köstlich. Giebt es in der ganzen Welt etwas Besseres, ats die Milch hier zu Lande? Denken Sie sich also, wie gut sie aus einer Milchwirtschaft schmecken muß, der Julie vorsteht, und wenn man sie an ihrer Seite genießt. Fanchon legte mir Grus, Céracée [Namen von Milcherzeugnissen auf dem Gebirge von Salève.], Honigwaben, Ecrelets vor. Alles verschwand im Augenblick. Julie lachte über meinen Appetit. Ich sehe, sagte sie, indem sie mir noch einen Teller Sahne aufthat, daß Sie Ihrem Magen überall Ehre machen, und daß Sie mit den Frauen nicht minder gut zu zechen verstehen, als mit den Wallisern. Nicht minder ungestraft, antwortete ich: man kann sich hier wohl eben so gut wie dort berauschen, und die Vernunft eben so gut in einem Chalet, als in einem Weinkeller verlieren. Sie schlug die Augen nieder ohne zu antworten, erröthete, und fing an mit ihren Kindern zu kosen. Dies reichte hin, um meine Gewissensbisse aufzuwecken. Milord, es war meine erste Indiscretion, und ich hoffe, es wird die letzte sein.

Es herrscht in dieser kleinen Versammlung eine gewisse altväterische Einfalt, die für mich etwas Rührendes hatte; ich sah auf allen Gesichtern dieselbe Fröhlichkeit und vielleicht mehr Ungezwungenheit, als wenn Männer dabei gewesen wären. Die Herzlichkeit, welche zwischen den Dienerinnen und der Herrin herrschte, auf Vertrauen und Anhänglichkeit gegründet, konnte nur dazu dienen, die Achtung vor der letzteren und ihr Ansehen zu befestigen, und die Dienste, die geleistet und angenommen wurden, schienen nur Beweise von gegenseitiger Freundschaft zu sein. Alles, bis auf die Wahl der Speisen, machte diesen Schmaus anziehend. An Milchwerk und Zucker findet das andere Geschlecht besonderen Geschmack, und hat daran gleichsam ein Symbol der Unschuld und süßen Sanftmuth [Das Wortspiel, das in douceur liegt, „Süßigkeit" und „Sanftmuth" ist im Deutschen nicht wiederzugeben. D. Uebers.], die seine schönsten Zierden sind. Die Männer haben dagegen im Allgemeinen eine Neigung zu dem Pikanten und zu geistigen Getränken, Nahrungsmitteln, die auch zu dem thätigen und rührigen Leben, welches die Natur von ihnen fordert, besser passen. Wenn diese Verschiedenheit des Geschmackes aufgehoben und umgetauscht wird, so ist dies fast ein unfehlbares Zeichen von regelloser Mischung der Geschlechter. In der That habe ich bemerkt, daß in Frankreich, wo die Frauen beständig mit den Männern zusammenleben, jene die Liebe zur Milch gänzlich und diese die Liebe zum Wein bedeutend verloren haben, während in England, wo die beiden Geschlechter weniger vermengt leben, der jedem von beiden eigenthümliche Geschmack sich besser erhalten hat. Im Allgemeinen ließe sich, dünkt mich, oft ein Anzeichen von dem Charakter des Menschen in seiner Vorliebe für dieses oder jenes Nahrungsmittel finden. Die Italiener, welche viel Gemüse essen, sind weichlich und weibisch. Ihr Engländer, die ihr große Fleischesser seid, habt in eurem zähen Wesen eine gewisse Derbheit, die sogar an's Rohe streifen kann. Der Schweizer, der von Natur kalt, ruhig und einfach, aber im Zorne auffahrend und heftig ist, liebt beiderlei Nahrungsmittel und trinkt Milch und Wein. Der Franzose, geschmeidig und veränderlich, ißt alles Mögliche und schmiegt sich in alle Charaktere. Julie selbst könnte mir als Beispiel dienen; denn obgleich sie bei ihren Mahlzeiten gern hat, was dem Gaumen schmeichelt, mag sie doch weder Fleisch, noch Ragouts, noch Salziges, und reinen Wein hat sie nie getrunken; ausgezeichnetes Gemüse, Eier, Milchwerk, Obst ist ihre gewöhnliche Nahrung, und ohne den Fisch, den sie auch sehr gern ißt, würde sie eine wahre Pythagoräerin sein.

Es ist nichts, die Frauen im Zaume zu halten, wenn man nicht auch die Männer im Zaume hält, und dieser Zweig der Hausordnung, der nicht minder wichtig ist als der andere, macht noch mehr Schwierigkeit; denn der Angriff ist in der Regel lebhafter, als die Abwehr: es ist so von dem Erhalter der Natur geordnet. Im Staate werden die Bürger durch Sitten, Grundsätze, Tugend gezügelt; wie soll man aber Bediente, Miethlinge anders, als durch Zwang und Gewalt zügeln? Die ganze Kunst des Herrn besteht nun darin, dem Zwange ein Mäntelchen von eigener Lust und eigenem Vortheil überzuhängen, dergestalt, daß die Leute Alles selbst zu wollen glauben, was man sie zu thun nöthigt. Die Sonntagserholung, das Recht, das man ihnen nicht nehmen kann, zu gehen, wohin es ihnen gut dünkt, wenn ihre Beschäftigungen sie nicht mehr im Hause festhalten, zerstört oft an einem einzigen Tage alle gute Frucht des Beispiels und der Belehrungen von sechs anderen. Der Besuch der Schenken, der Verkehr und die Grundsätze ihrer Kameraden, der Umgang mit liederlichen Frauenzimmern bewirkt bald, daß sie für ihre Herren und für sich selbst verloren sind, und sich durch tausend Fehler unfähig zum Dienste, und der Freiheit unwerth machen.

Diesem Uebelstande hilft man hier dadurch ab, daß man sie durch dasselbe, was sie sonst zum Ausgehen treibt, an's Haus fesselt. Was wollen sie auswärts? In der Schenke trinken und spielen. Nun wohl, sie trinken und spielen zu Hause. Es ist nur der Unterschied, daß der Wein ihnen nichts kostet, daß sie sich nicht betrinken, und daß sie beim Spiele Gewinn haben, ohne daß Jemand verliert. Dies wird so gemacht.

Hinter dem Hause ist ein bedeckter Gang, welcher zum Spielplatze bestimmt ist. Dort versammeln sich die Livree-Bedienten und die Hofknechte im Sommer Sonntags nach der Predigt, um, in mehrere Truppe getheilt, zu spielen, nicht um Geld, das wird hier nicht gelitten, noch um Wein, den erhalten sie, sondern um einen Gewinn, den die Freigebigkeit ihrer Herrschaft aussetzt. Dieser Gewinn besteht jederzeit in irgend einer Geräthschaft oder einem Kleidungsstücke zu ihrem Gebrauche. Die Anzahl der Partien, die gewonnen werden müssen, richtet sich nach dem Werthe des ausgesetzten Gewinnes, so daß, wenn der Gewinn etwas beträchtlicher ist, z. B. ein Paar silberne Schnallen, ein Paar seidene Strümpfe, ein feiner Hut, oder Etwas der Art, gewöhnlich in mehreren Spielen darum gekämpft wird. Man bleibt alsdann nicht bei einer Art Spiel stehen, sondern wechselt ab, damit Der, welcher in dem einen am geschicktesten ist, nicht alle Preise davontrage, und damit Alle durch mannichfaltige Uebungen gewandter und tüchtiger werden. Bald handelt es sich darum, wer im Laufe am ersten ein am andern Ende der Allee aufgerichtetes Ziel erreichen, bald, wer einen Stein am weitesten werfen, bald, wer eine Last am längsten tragen, bald, wer in's Schwarze schießen werde. Meist werden die Spiele durch allerlei kleine Veranstaltungen, welche hinzukommen, verlängert und unterhaltender gemacht. Die Herrschaft beehrt sie oft mit ihrer Gegenwart; manchmal werden auch die Kinder mitgebracht; selbst Fremde finden sich ein, von der Neugier herbeigelockt, und manche würden nur gar zu gern mitspielen, aber es wird Niemand zugelassen, außer mit Erlaubniß der Herrschaft und mit Einwilligung der Spieler, die freilich nicht ihre Rechnung dabei finden würden, diese leicht zu gewähren. Unvermerkt ist aus diesem Brauche eine Art Schauspiel geworden, bei welchem die handelnden Personen, durch die Blicke der Zuschauer angefeuert, den Ruhm des Beifalls dem Vortheile des Gewinnes vorziehen. Indem sie kräftiger und gewandter werden, schätzen sie sich selbst höher, und indem sie sich gewöhnen, ihren Werth mehr nach dem zu messen, was sie vermögen, als nach dem, was sie besitzen, wird ihnen, trotz dem daß sie nur Bediente sind, die Ehre lieber als Geld.

Es würde mich zu weit führen, Ihnen alle Vortheile aufzuzählen, die man hier aus einer, dem Anscheine nach, so kindischen Einrichtung zieht, die gemeinen Geistern sicher verächtlich dünkt, während es doch dem wahren Genie eigen ist, große Wirkungen mit kleinen Mitteln zu erreichen. Herr von Wolmar hat mir gesagt, daß ihm die ganze Sache, die seine Frau zuerst ausgedacht hat, kaum 50 Thaler jährlich koste. Aber, sagte er, wie vielfältig meinen Sie, daß sich mir diese Summe in meiner Wirthschaft und in meinen Geschäften wiedereinbringt, durch die Wachsamkeit und Pünktlichkeit anhänglicher Diener, die all ihr Vergnügen von ihrer Herrschaft haben, durch den Antheil, den sie an der Wohlfahrt eines Hauses nehmen, welches sie als das ihrige betrachten, durch den Vortheil, daß die Kraft und Gewandtheit, welche sie bei ihren Spielen erwerben, ihnen bei ihren Arbeiten zu statten kommt, durch den Vortheil, daß sie immer gesund bleiben, indem sie nicht in die gewöhnlichen Ausschweifungen von ihres Gleichen und die Krankheiten, die deren gewöhnliche Folge sind, verfallen, durch den Vortheil, daß sie zu den Diebereien und Betrügereien nicht versucht sind, welche ein unordentliches Leben unfehlbar nach sich zieht, sondern immer ehrliche Leute bleiben, endlich durch die Annehmlichkeit, mit geringen Kosten im eigenen Hause Erholungen zu haben, die uns selbst Vergnügen machen? Wenn sich unter unsern Leuten Jemand findet, Mannsperson oder Frauenzimmer, der sich in unsere Hausordnung nicht fügt, und ihr die Freiheit vorzieht, unter diesem oder jenem Vorwande hinzulaufen, wo es ihm gut dünkt, so wird ihm die Erlaubniß dazu niemals verweigert; aber wir sehen diesen Hang zur Ungebundenheit als ein sehr verdächtiges Zeichen an, und entledigen uns immer bald Derer, die ihn haben. So dienen uns dieselben Ergötzlichkeiten, die uns unsere Leute brav erhalten, zugleich zum Probemittel bei der Wahl derselben. Milord, ich muß gestehen, daß ich nirgend, außer hier, eine Herrschaft gefunden habe, die so dieselben Leute zugleich zu guten Bedienten, zu guten Bauern, zu guten Vaterlandsvertheidigern und zu braven Menschen für jeden Stand, in den sie treten mögen, bildete.

Im Winter sind die Vergnügungen, wie die Arbeiten anderer Art. Sonntags versammeln sich alle Leute aus dem Hause, und auch die Nachbarn mit ihnen, Männer und Frauen ohne Unterschied, nach dem Gottesdienste in einem Saale des Erdgeschosses, wo sie Feuer, Wein, Obst, Backwerk und eine Geige finden, nach der sie tanzen. Frau von Wolmar verfehlt nie, sich dabei wenigstens einige Augenblicke zu zeigen, um durch ihre Gegenwart Ordnung und Anstand aufrecht zu erhalten, und nicht selten tanzt sie selbst, wenn auch mit ihren eigenen Leuten. Diese Gewohnheit schien mir, als ich davon hörte, zuerst mit der Strenge der protestantischen Sitten nicht recht vereinbar. Ich sagte es Julien, und was sie mir entgegnete, war etwa Folgendes:

Die reine Moral ist so reich an ernsten Pflichten, daß, wenn man sie noch mit gleichgültigen Formen überlädt, dies fast immer nur auf Kosten des Wesentlichen geschieht. Es heißt, daß es wirklich bei den meisten Mönchen so sei, daß dieselben, tausend unnützen Regeln unterworfen, von Ehre und Tugend gewöhnlich nichts wissen. Dieser Fehler ist bei uns Protestanten weniger herrschend, aber wir sind doch auch nicht ganz frei davon. Unsere Kirchendiener, die allerdings in Einsicht allen Arten von Priestern ebenso überlegen sind, als unsere Religion in Heiligkeit allen übrigen, haben doch noch manche Grundsätze, die mehr auf Vorurtheil, als auf Vernunft gegründet scheinen. So z. B. daß sie Tanz und gesellige Lustbarkeiten tadeln; als ob Tanzen etwas Schlimmeres wäre, als Singen, als ob jede dieser Ergötzlichkeiten nicht gleichermaßen aus einem natürlichen Triebe herstammte, und als ob es eine Sünde wäre, sich in Gemeinschaft ein unschuldiges und anständiges Vergnügen zu machen. Ich für mein Theil glaube vielmehr, daß in jedem Falle, wenn beide Geschlechter zusammenkommen, eine öffentliche Unterhaltung unschuldiger ausfällt, und zwar eben deswegen, weil ste öffentlich ist, während die löblichste Beschäftigung verdächtig wird, wenn sie unter vier Augen stattfindet. Mann und Frau sind für einander bestimmt; es ist der Zweck der Natur, daß sie ehelich vereinigt seien. Jede falsche Religion streitet wider die Natur; die unsrige allein, die sich ihr anschließt und.sie läutert, giebt sich dadurch als eine göttliche und dem Wesen des Menschen entsprechende Anstalt zu erkennen [Rousseau verkennt hier wie überall das Wesen des Christenthums, welches die Natur selbst als das Sündhafte betrachtet und von dem Menschen fordert, daß er sich von Ihr losreiße und sein ganzes Trachten auf eine ideale Welt, auf den Himmel, richte. D. U.]. Sie muß also in Betreff der Ehe zu den Verwickelungen, welche die bürgerliche Ordnung herbeiführt, nicht noch neue Schwierigkeiten hinzufügen, welche das Evangelium nicht vorschreibt, und welche dem Geiste des Christenthums entgegen sind. Man sage mir doch, wo junge, heiratsfähige Personen Gelegenheit finden sollen, Neigung zu einander zu fassen, und sich mit mehr Schicklichkeit und Vorsicht zu sehen, als in einer Versammlung, wo die Augen aller Welt, beständig auf sie gerichtet, sie zwingen, mit der größten Sorgfalt über sich zu wachen. Wie kann Gott beleidigt sein durch eine angenehme und gesunde Leibesübung, welche der Lebhaftigkeit junger Personen zusagt, welche darin besteht, daß sie sich einander mit Anmuth und Zierlichkeit zeigen, und bei welcher, der Zuschauer wegen, eine gemessene Haltung beobachtet wird, aus der Niemand herauszugehen wagt? Kann man sich ein schicklicheres Mittel denken, Niemanden zu hintergehen, wenigstens was das Aeußere betrifft, und sich mit den Vorzügen und Fehlern, die man haben mag, den Personen zu zeigen, denen daran gelegen ist, uns recht zu kennen, ehe sie sich verpflichten, uns zu lieben? Macht es die Pflicht, sich gegenseitig zu lieben, nicht zur Pflicht, daß man sich zu gefallen suche? Und ist es nicht für zwei tugendhafte und christliche Personen, die daran denken, sich mit einander zu verbinden, eine würdige Aufgabe, so ihre Herzen zu der gegenseitigen Liebe, die Gott ihnen auflegt, vorzubereiten?

Was ist die Folge, wenn Alles beständig unter der Zuchtruthe gehalten, wenn die unschuldigste Fröhlichkeit wie ein Verbrechen bestraft wird, wenn die jungen Leute beiderlei Geschlechts sich nie öffentlich versammeln dürfen, und ein Geistlicher, in übelberechneter Strenge, nichts im Namen Gottes zu predigen weiß, als knechtischen Zwang, Trübsinn und Langeweile? Man entzieht sich auf Schleichwegen einer Tyrannei, die unerträglich ist, weil sie wider Natur und Vernunft streitet: die erlaubten Vergnügungen, die man einer munteren, ausgelassenen Jugend versagt, ersetzt sie sich durch gefährlichere; listig veranstaltete Zusammenkünfte unter vier Augen treten an die Stelle der öffentlichen Vereinigungen; dadurch, daß man sich versteckt, als hätte man Strafbares vor, geräth man in Versuchung, Strafbares zu begehen. Die unschuldige Freude jauchzt sich gern im hellen Lichte des Tages aus, das Laster aber liebt das Dunkel, und niemals haben Unschuld und Heimlichkeit lange bei einander gewohnt. Mein theurer Freund, sagte sie zu mir, indem sie mir die Hand drückte, gleich als wollte sie mir ihren Reumuth mittheilen und in mein Herz die Lauterkeit des ihrigen überströmen: wer könnte besser als wir die ganze Wichtigkeit dieses Grundsatzes fühlen? Wie viel Schmerzen und Leiden, wie viel Gewissensbisse und Thränen würden wir uns so viele Jahre hindurch erspart haben, wenn wir bei der Tugendliebe, die uns Beide stets beseelte, die Gefahren früher hätten voraussehen können, welche der Tugend drohen, wenn man viel mit einander allein ist!

Noch einmal, fuhr Frau von Wolmar mit ruhigerem Tone fort, nicht in großen Versammlungen, wo uns alle Welt sieht und hört, sondern in einsamer Zusammenkunft, wo die Heimlichkeit und Zwanglosigleit herrscht, kommt die Sittlichkeit in Gefahr. Dieser Erfahrung zufolge, habe ich es gern, daß meine Leute beiderlei Geschlechts, wenn sie gesellig zusammenkommen, alle mit dabei seien. Ich erlaube auch gern, daß sie aus der Nachbarschaft solche junge Leute dazu einladen, deren Umgang nicht geeignet ist, ihnen zu schaden, und ich höre mit großer Freude, daß es Brauch geworden ist, wenn man einen unserer jungen Nachbarn wegen seines guten Wandels rühmen will, blos zu sagen: er darf zu Herrn von Wolmar kommen. Wir haben hierbei noch etwas Anderes im Auge. Die Mannsleute in unserem Dienste sind sämmtlich Junggesellen, und unter den Frauenzimmern ist die Wärterin unserer Kinder noch zu verheiraten. Es wäre nun unbillig, wenn die Abgeschlossenheit, in welcher sie beiderseits hier leben ihnen die Gelegenheit, anständig unterzukommen, raubte. Wir suchen also durch jene kleinen Gesellschaften ihnen eine solche Gelegenheit unter unsern Augen zu verschaffen, um ihnen zu einer guten Wahl behülflich zu sein, und indem wir so daran arbeiten, glückliche Hausstände zu begründen, vermehren wir das Glück des unsrigen.

Es wäre noch übrig, mich selbst zu rechtfertigen, daß ich mit diesen guten Leuten tanze: aber ich will mich lieber wegen dieses Punktes stillschweigend verurtheilen lassen, und gestehe offen, daß ich es hauptsächlich deshalb thue, weil es mir Vergnügen macht. Sie wissen, daß ich immer so leidenschaftlich gern getanzt habe, als meine Cousine: aber seit dem Verluste meiner Mutter, verzichtete ich für immer auf den Besuch von Bällen und allen großen Gesellschaften. Ich habe mir Wort gehalten, selbst an meinem Hochzeittage, und werde es ferner thun, denn ich glaube nicht, daß ich dagegen verstoße, wenn ich bei mir zu Hause manchmal mit meinen Gästen und mit meinen Leuten tanze. Es ist dies eine Bewegung, die bei der sitzenden Lebensart, zu welcher man hier im Winter gezwungen ist, meiner Gesundheit dient. Es ist eine unschuldige Belustigung, denn wenn ich recht getanzt habe, macht mir mein Herz keinen Vorwurf. Es macht auch Herrn von Wolmar Vergnügen; ich habe dabei keine andere Koketterie, als ihm zugefallen. Es geschieht meinetwegen, daß er an den Ort kommt, wo getanzt wird; seine Leute finden sich durch die Gegenwart ihres Herrn geschmeichelt, und auch mich unter sich zu sehen macht ihnen sichtlich Freude. Endlich noch finde ich. daß diese unbedeutende Vertraulichkeit ein herzliches und freundliches Verhältniß gründet, das uns dem ursprünglichen Zustande menschlicher Gleichheit ein wenig annähert, indem es die Erniedrigung des Gehorchens und die Härte des Befehlens etwas ausgleicht.

Dies, Milord, sagte mir Julie in Betreff des Tanzes, und ich bewunderte, wie bei so viel Herablassung so viel Subordination herrschen konnte, wie sie und ihr Mann sich so oft unter ihre Bedienten mischen und sich ihnen gleichstellen konnten, ohne daß diese sich versucht fänden, sie beim Worte zu halten und ihrerseits sich ihnen gleichzustellen. Ich glaube nicht, daß es in Asien Herrscher giebt, die in ihren Palästen mit mehr Ehrfurcht bedient werden, als diese gute Herrschaft in ihrem Hause. Ich kann mir nichts Wirksameres denken, als ihre Befehle, und keine geschwindere Vollziehung, als denselben zu Theil wird: sie bitten, und man fliegt, sie entschuldigen, und man fühlt sein Unrecht. Ich habe nie deutlicher eingesehen, wie wenig die Kraft dessen, was man sagt, von den Worten abhängt, deren man sich bedient.

Dies hat mich noch auf eine andere Betrachtung über die falsche Würde der Herrschaften geführt, nämlich, daß es weniger ihre Vertraulichkeit ist, als ihre Fehler, was ihnen im eigenen Hause Verachtung zuzieht, und daß man, wenn die Bedienten unverschämt sind, mehr auf eine lasterhafte, als auf eine schwache Herrschaft schließen kann; denn nichts macht die Leute so dreist, als ihre Bekanntschaft mit den Lastern ihres Herrn, und jedes, welches sie entdecken, ist in ihren Augen ein Grund, sich des Gehorsams gegen einen Menschen, vor dem sie keine Ehrfurcht haben, überhoben zu achten.

Die Bedienten ahmen ihrer Herrschaft nach und indem sie plump nachahmen, lassen sie in ihrem Betragen die Fehler schärfer hervortreten, welche bei jenen der Firniß der Bildung mehr versteckt. In Paris schloß ich auf die Sitten der Damen, die ich kannte, aus dem Tone und Benehmen ihrer Kammerfrauen, und diese Regel hat mich niemals betrogen.

Abgesehen davon, daß die Kammerfrau, wenn sie einmal die Geheimnisse ihrer Herrschaft weiß, ihre Verschwiegenheit dieser theuer verkauft, handelt sie so, wie die andere denkt, und macht deren Maximen offenbar, indem sie sie ungeschickt in Ausübung bringt. In jeder Hinsicht ist das Beispiel der Herrschaft mächtiger, als ihr gebietendes Ansehen, und es wäre nicht natürlich, daß ihre Dienerschaft braver sein wollte, als sie. Mag man doch, so viel man will, schreien, fluchen, mißhandeln, reines Haus machen — mit dem Allen schafft man keine gute Bedienung. Wenn der und der, welcher nichts danach fragt, ob er von seinen Leuten verachtet und gehaßt ist, sich dessenungeachtet gut bedient glaubt, so ist die Sache die, daß er mit dem, was er sieht, und mit einem Scheine von Pünktlichkeit zufrieden ist, ohne tausenderlei Schaden in Rechnung zu bringen, den man ihm immerfort heimlich zufügt, und dessen Quelle er nie entdeckt. Welcher Mensch aber wäre so ehrlos, daß er es ertragen könnte, sich von seiner ganzen Umgebung verachtet zu wissen? Welche Frau wäre so verloren, daß sie nicht noch Gefühl für Schande hätte? Wie viel Damen in Paris und London dünken sich sehr geehrt, ach, und wie würden sie in Thränen zerfließen, wenn sie hörten, was man über sie in ihrem Vorzimmer sagt! Zum Glück für ihre Ruhe dünken sie sich sicher, indem sie diese hundertäugigen Wächter für Tölpel halten und sich schmeicheln, daß dieselben nichts von dem Allen sähen, was sie sich gar nicht vor ihnen zu verstecken bemühen. Diese ihrerseits, in ihrem widerspenstigen Gehorsam, verbergen Jenen ebenso wenig, wie sehr sie sie verachten. Herrschaft und Dienerschaft fühlen beiderseits, daß es nicht der Mühe werth ist, sich einander Achtung abzunöthigen.

Das Urtheil der Bedienten scheint mir der sicherste und empfindlichste Probstein für die Tugend ihrer Herrschaft, und ich erinnere mich, Milord, daß ich mir von der Ihrigen in Wallis eine gute Meinung bildete, ehe ich Sie noch kannte, blos deshalb, weil ich sah, daß Sie ziemlich kurz mit ihren Leuten waren, und daß diese Ihnen dennoch anhingen und in Ihrer Abwesenheit unter einander mit so vieler Achtung von Ihnen sprachen, als ob sie von Ihnen hätten gehört werden können. Man hat gesagt, daß Niemand vor seinem Kammerdiener ein großer Mann sei; möglich! aber dem gerechten Manne ist die Achtung seines Bedienten gewiß; Beweis genug, daß das Großsein nur eitler Flimmer, und daß nichts wahren inneren Werth hat, als die Tugend. Vorzüglich erkennt man die Gewalt ihrer Herrschaft hier in diesem Hause an dem Beifalle der Dienerschaft, der ein um so sichereres Merkmal ist, als er nicht in eitelen Lobsprüchen besteht, sondern in dem natürlichen Ausdrucke dessen, was die Leute wirklich fühlen. Da sie hier nie etwas erfahren, das ihnen den Glauben beibringen könnte, nicht alle Herrschaften glichen der ihrigen, so loben sie an dieser nicht als Tugend, was sie für etwas Gewöhnliches halten; aber sie loben in ihrer Einfalt Gott, daß er Reiche auf Erden eingesetzt hat zum Wohle Derer, die ihnen dienen und zum Heile der Armen.

Das Dienen ist dem Menschen so wenig natürlich, daß es nicht ganz ohne alle Unzufriedenheit bestehen kann. Indessen man hat Achtung vor dem Herrn, und sagt nichts über ihn. Wenn sich einmal ein Bißchen Murren über die Herrin mit einstiehlt, so hat dieses mehr Werth als Lobeserhebungen. Keiner beschwert sich, daß sie es an Wohlwollen für ihn fehlen lasse, sondern nur, daß sie dessen so viel für Andere habe. Keiner mag es leiden, wenn sie eine Vergleichung anstellt zwischen seinem Eifer und dem seiner Kameraden, und Jeder möchte immer der Erste sein in der Gunst, wie er in der Anhänglichkeit der Erste zu sein glaubt; dies ist ihr einziger Grund zu Klagen und ihre größte Ungerechtigkeit.

Mit der Subordination der Untergebenen geht die Eintracht unter den Gleichgestellten Hand in Hand. Dieser Theil der häuslichen Verwaltungskunst ist nicht der leichteste. Unter der Dienerschaft eines Hauses, selbst wenn sie so wenig zahlreich ist wie die hiesige, entspringen aus Eifersucht und Eigennutz unaufhörliche Reibungen, und die Leute sind fast nie einig, außer zum Schaden der Herrschaft. Wenn sie sich mit einander verstehen, so geschieht dies nur, um in Gemeinschaft zu stehlen; wenn sie treu sind, so macht sich Jeder auf Kosten der Uebrigen geltend; sie müssen entweder Feinde oder Mitschuldige sein, und es läßt sich kaum ein Mittel finden, ihre Spitzbübereien und ihre Zänkereien zugleich zu vermeiden. Die meisten Familienväter kennen nur die Wahl zwischen diesen beiden Uebelständen. Die Einen, indem sie den Vortheil höher anschlagen als eine rechtschaffene Gesinnung ihrer Leute, nähren deren Neigung zu heimlichen Hinterbringungen, und glauben ein Meisterstück von Klugheit auszuführen, wenn sie immer den einen zum Aufpasser und Spion des andern machen. Die Andern, bequemere Leute, wollen sich lieber bestehlen lassen, um nur Ruhe im Hause zu haben; sie machen sich eine Art Ehre daraus, daß sie Winke, die manchmal reiner Eifer einem Diener abnöthigt, jederzeit schlecht aufnehmen. Beide Classen greifen gleichermaßen fehl. Die Ersteren erhalten ihr Haus nicht nur in einer beständigen Spannung und Unruhe, die sich mit einem regelmäßigen Gang und guter Ordnung nicht verträgt, sondern umgeben sich mit einem Haufen von Schurken und Angebern, dir sich an dem Verrathen ihrer Kameraden üben, einst vielleicht ihre Herrschaft zu verrathen. Die Letzteren, indem sie durchaus nicht erfahren wollen, was in ihrem Hause vorgeht, geben ihren Leuten Befugniß, sich gegen sie selbst zu verbinden, machen den Schlechten Muth, schrecken die Guten ab, und unterhalten mit großen Kosten einen Haufen von anmaßenden Schuften und Faulenzern, die, zum Schaden der Herrschaft einverstanden, Alles, was sie für diese thun, wie eine Gnade, und daß sie sie bestehlen, für ein Recht ansehen [Ich habe die innere Einrichtung großer Häuser ziemlich genau kennen gelernt undhabe mich überzeugt, daß es für einen Herrn, der zwanzig Bediente hält, unmöglich ist, je mit Sicherheit zu wissen, ob er einen ehrlichen Menschen darunter hat, und nicht für einen solchen gerade den ärgsten Spitzbuben von allen zu halten. Schon dies allein könnte es mir verleiden. ein Reicher zu sein. Eine der süßesten Freuden des Lebens, die Lust, sich den Menschen mit Achtung und Vertrauen hinzugeben, ist für diese Unglücklichen verloren. Ihr Gold kommt ihnen theuer zu stehen.].

Es ist ein großer Irrthum in der Hauswirthschaft wie in der Staatswirthschaft, Laster durch Laster bekämpfen und unter ihnen eine Art Gleichgewicht herstellen zu wollen, als ob das, was die Ordnung untergräbt, je dazu dienen könnte, sie aufzurichten. Man erreicht durch diese falsche Politik nichts weiter, als daß man zuletzt alle Mißstände beisammen hat. Diejenigen Laster, die man in einem Hause duldet, bleiben nicht die einzigen, welche darin herrschen; läßt man eins aufkeimen, so zieht es tausend andere nach sich. Bald machen sie die Diener, die von ihnen befallen sind, zu verlorenen Menschen, richten den Herrn, der sie zuläßt, zu Grunde, verderben die Kinder, oder geben ihnen Aergerniß, denn deren Aufmerksamkeit entgeht nichts, was im Hause geschieht. Was für ein unwürdiger Vater, der den Gedanken fassen könnte, daß irgend ein Vortheil im Stande wäre, das letztere dieser Uebel aufzuwiegen! Welcher brave Mann möchte Familienhaupt sein, wenn es eine Unmöglichkeit wäre, in seinem Hause Frieden und Ehrlichkeit zugleich aufrecht zu halten, und wenn er den Eifer seiner Bedienten nur auf Kosten ihres gegenseitigen Wohlwollens erkaufen könnte!

Wer nur dieses Haus hier gesehen hätte, würde sich's gar nicht einfallen lassen, daß eine solche Schwierigkeit vorhanden sei, so sehr scheint die Eintracht aller Mitglieder desselben aus der Anhänglichkeit, aus der Liebe zu seinen Häuptern, von selbst zu folgen. Hier findet man das sichtliche Beispiel, daß es nicht möglich ist, den Herrn aufrichtig zu lieben, ohne Alles zu lieben, was ihm angehört, eine Wahrheit, welche der christlichen Liebe zur Grundlage dient. Ist es nicht eine ganz natürliche Sache, daß die Kinder desselben Vaters sich unter einander als Brüder behandeln? In der Kirche wird uns dies alle Tage gesagt, ohne daß man es uns fühlen ließe. Die Bewohner dieses Hauses fühlen es, ohne daß es ihnen gesagt würde.

Die Geneigtheit Aller zu einem verträglichen Leben hat ihre erste Wurzel in der Vorsicht, die schon bei ihrer Wahl angewendet wird. Herr von Wolmar sieht bei der Annahme seiner Leute nicht blos darauf, ob sie fürseine Frau und für ihn passen, sondern auch, ob sie unter sich für einander passen. Und wenn man eine deutlich ausgesprochene Abneigung zwischen zwei übrigens guten Dienern fände, so würde dies hinreichend sein, um einen von beiden augenblicklich zu verabschieden; denn, sagt Julie, ein so wenig zahlreiches Haus, ein Haus, das sie nie wieder verlassen, und in welchem sie beständig sich einander vor Augen haben, muß ihnen allen auf gleiche Weise zusagen und würde ihnen zur Hölle werden, wenn es nicht ein Haus des Friedens wäre. Sie müssen es wie ihr Vaterhaus ansehen, wo Alle zusammen nur Eine Familie ausmachen. Ein Einziger, der den Uebrigen zuwider wäre, könnte es ihnen ganz verleiden, und da sie diesen unangenehmen Gegenstand immer vor sich haben müßten, würden sie weder für sich noch für uns hier taugen.

Nachdem man sie so viel als möglich so zusammengestellt hat, wie sie für einander passen, kettet man sie gleichsam ohne Wissen und Willen durch die Dienste an einander, welche man sie gewissermaßen zwingt, sich gegenseitig zu erzeigen. und macht, daß Jeder fühlen muß, wie wichtig es für ihn sei, von allen Kameraden geliebt zu werden. Keiner, der um eine Gunst für sich bittet, wird so gut aufgenommen, als wenn er es für einen Andern thut; daher sucht Jeder, der eine zu erlangen wünscht, sich die Fürsprache eines Anderen zu verschaffen, und dies ist um so leichter, da man jedes Mal, ob nun die erbetene Gunst zugestanden oder abgeschlagen werde, demjenigen, der für den Anderen gesprochen, ein Verdienst daraus macht, denjenigen dagegen, die immer nur auf sich bedacht sind, nichts gewährt. Warum, sagt man diesen, sollte ich dir bewilligen, was für dich erbeten wird, der du nie für einen Anderen gebeten hast? Wäre es billig, daß du mehr Glück habest, als deine Kameraden, die gefälliger sind als du? Man thut noch mehr, man bringt sie dahin, daß sie einander im Stillen dienen, ohne Aufsehen, ohne sich damit zu zeigen; dies ist um so weniger schwer zu erlangen, da sie sehr gut wissen, daß der Herr, wenn er diese Bescheidenheit wahrnimmt, sie deshalb nur desto mehr schätzt; so gewinnt der Eigennutz dabei und die Eigenliede verliert nichts. Sie sind von der Bereitwilligkeit Aller in dieser Hinsicht so überzeugt, und es herrscht unter ihnen ein solches Vertrauen auf einander, daß, wenn einer um etwas zu bitten hat, er es nur gesprächsweise bei Tischt erwähnt: dies reicht oft hin, daß die Sache für ihn erbeten werde und daß er sie erlange, und da er nicht weiß, wem er dafür zu danken hat, so ist er Allen verpflichtet.

Durch dieses Mittel und andere ähnliche wird erreicht, daß unter den Leuten eine Liebe zu einander herrscht, welche aus der zu ihrem Herrn entspringt und dieser untergeordnet ist. Weit entfernt daher, sich zu seinem Nachtheile zu verbünden, sind sie Alle nur einig im Wetteifer, ihm gut zu dienen. Wie wichtig es für sie sei, sich unter einander zu lieben, ist es doch noch wichtiger für sie, ihm zu gefallen; der Eifer in seinem Dienste trägt noch über ihr gegenseitiges Wohlwollen den Sieg davon, und indem sie Alle in Verlusten, welche ihn in den Mitteln beschränken würden, einen guten Diener zu belohnen, ihren eigenen Schaden erblicken müssen, so könnten sie es unmöglich stillschweigend mit ansehen, wenn einer von ihnen ihn beeinträchtigen wollte. Dieser Theil der in diesem Hause eingeführten Politik scheint mir etwas Großartiges zu haben, und ich kann nicht genug bewundern, wie Herr und Frau von Wolmar das nichtswürdige Geschäft des Anklägers in ein Eifer, Rechtschaffenheit und Muth erforderndes, fast ebenso edles oder doch ebenso löbliches Amt, als es bei den Römern war, zu verwandeln gewußt haben.

Man hat damit angefangen, daß man jene sündliche und schändliche Moral einer wechselseitigen Duldsamkeit auf Kosten des Herrn, die schlechte Diener nicht verfehlen, den guten unter dem Schein einer menschenfreundlichen Maxime zu predigen, mit klaren, einfachen Worten und durch handgreifliches Beispiel ausrottete oder im Keime erstickte. Man hat ihnen zur Einsicht gebracht, daß die Vorschrift, des Nächsten Fehler zu bedecken, sich nur auf solche bezieht, durch welche Niemanden Schaden erwächst, daß man eine Ungerechtigkeit, durch welche ein dritter verletzt wird, selber begeht, wenn man sie begehen sieht und schweigt, und daß gemäß jener Erfahrung, daß nur das Bewußtsein unserer eigenen Fehler uns geneigt mache, Anderen die ihrigen zu verzeihen, Niemand es über sich vermag, Schurkereien zu dulden, wenn er nicht selbst ein Schurke ist. Nach diesen Principien, die im Allgemeinen zwischen Menschen und Menschen wahr sind, und in dem engeren Verhältnis, von Diener zum Herrn noch strengere Geltung haben, hält man es hier für ausgemacht, daß derjenige, welcher ein Unrecht gegen seine Herrschaft begehen sieht und es nicht anzeigt, noch strafbarer ist, als der Thäter selbst; denn dieser läßt sich bei seiner Handlung durch den Vortheil, welchen er im Auge hat, verlocken, während bei kaltem Blute und ohne eigennützigen Antrieb der Andere nichts hat, was ihn bewöge stillzuschweigen, als Fühllosigkeit für Recht und Unrecht, Gleichgültigkeit gegen das Wohl des Hauses, dem er dient, und ein geheimes Verlangen das Beispiel nachzuahmen, das er ungerügt läßt. Wenn demnach das Vergehen bedeutend ist, so hat Der, welcher es sich zu Schulden kommen ließ, manchmal noch Verzeihung zu hoffen, der Zeuge aber, welcher es verschwiegen hat, wird unfehlbar verabschiedet, als einer, der zum Bösen Hang hat.

Dafür duldet man denn auch keine Anklage, welche den Verdacht erregen könnte, daß sie ungerecht und verläumderisch sei, d. h. man nimmt keine in Abwesenheit des Angeschuldigten an. Wenn sich einer mit einer Aussage gegen einen seiner Kameraden einstellt, oder eine persönliche Beschwerde über ihn hat, so fragt man ihn, ob er hinlänglich unterrichtet ist, d. h. ob er sich mit Dem, gegen welchen er Beschwerde führt, über die Sache ausgesprochen hat. Wenn er Nein sagt, so fragt man ihn weiter, wie er über eine Handlung urtheilen könne, deren Beweggründe er nicht hinlänglich kennt. Diese Handlung, sagt man ihm, hängt vielleicht mit irgend einer anderen zusammen, die dir unbekannt ist: es ist vielleicht irgend ein besonderer Umstand dabei, den du nicht weißt, und der doch zu ihrer Rechtfertigung oder Entschuldigung dient. Wie kannst du dir getrauen, das Verfahren eines Menschen zu verdammen, ehe du die Gründe, welche ihn dabei geleitet haben, genau kennst? Ein Wort der Verständigung hätte ihn vielleicht in deinen Augen gerechtfertigt. Warum setzest du dich der Gefahr aus, sein Benehmen ungerechter Weise zu tadeln, und mich der Gefahr, an deiner Ungerechtigkeit Theil zu nehmen? Wenn er versichert, sich bereits mit dem Beschuldigten ausgesprochen zu haben, so entgegnet man ihm: Warum kommst du ohne ihn, als ob du Furcht hättest, daß er deine Behauptungen Lügen strafen werde? Was berechtigt dich, mir gegenüber eine Vorsicht zu verabsäumen, die du für dich allein nehmen zu müssen glaubtest? Ist es recht, zu verlangen, daß ich auf deinen Bericht hin, über eine Handlung urtheile, über welche du auf das bloße Zeugniß deiner Augen nicht hast urtheilen wollen? Und würdest du nicht für einen parteiischen Ausspruch verantwortlich sein, den ich thun könnte, wenn ich mich blos mit deiner Aussage begnügte? Sodann macht man ihm den Vorschlag, Den kommen zu lassen, den er anklagt; willigt er ein, so ist die Sache bald in Ordnung gebracht; versteht er sich nicht dazu, so schickt man ihn mit einem strengen Verweise fort; aber man bewahrt ihm das Geheimniß und beobachtet beide Leute so sorgfältig, daß man immer bald erfährt, wer von beiden Unrecht hatte.

Diese Regel steht so fest und ist so bekannt, daß man nie einen Bedienten dieses Hauses von einem seiner Kameraden in dessen Abwesenheit schlecht sprechen hört; denn sie wissen Alle, daß dies das Mittel ist, für einen feigen Schuft oder für einen Lügner zu gelten. Wenn einer von ihnen einen Andern anklagt, so geschieht es frei und offen, und nicht blos in Gegenwart Dessen, den er anklagt, sondern aller Kameraden, um an den Zeugen seiner Behauptungen Bürgen seiner ehrlichen Absicht zu haben. Persönliche Streitigkeiten finden zu ihrer Ausgleichung fast immer Vermittler unter den Leuten selbst, und die Herrschaft wird damit nicht belästigt; wenn es sich aber um das geheiligte Interesse der Herrschaft handelt, so geht es nicht an, daß die Sache im Geheimen bleibe: der Strafbare muß sich selbst anklagen oder von einem Andern angeklagt werden. Diese kleinen Gerichtshandlungen sind sehr selten, und finden immer nur bei Tische statt, wenn Julie, wie sie täglich thut, zu dem Mittag- und Abendessen ihrer Leute kommt; Herr von Wolmar nennt sie im Scherze ihre großen Geschäftslage. Nachdem sie Klage und Antwort ruhig angehört hat, dankt sie, wenn die Sache den Dienst angeht, dem Ankläger für seinen Eifer. Ich weiß, sagt sie zu ihm, daß du deinen Kameraden lieb hast; du hast immer gut von ihm gesprochen, und es ist lobenswerth, daß die Liebe zur Pflicht und zu dem, was Recht ist, dir über deine besonderen Freundschaften geht; ein treuer Diener und braver Mann muß so handeln. Dann, wenn der Angeschuldigte etwa nicht Unrecht hat, sagt sie, um ihn zu rechtfertigen, irgend Etwas zu seinem Lobe. Wenn er aber wirklich strafbar ist, so erspart sie ihm vor den Uebrigen einen Theil der Beschämung. Sie nimmt an, daß er etwas zu seiner Vertheidigung zu sagen habe, was er nicht vor so vielen Leuten vorbringen wolle, bestimmt ihm eine Stunde, um ihn besonders anzuhören, und da spricht denn sie oder ihr Mann mit ihm, wie es sich gehört. Sonderbar ist dabei, daß der strengste Theil von Beiden nicht am meisten gefürchtet ist, und daß man sich aus den ernsten Verweisen des Herrn von Wolmar weniger macht, als aus Juliens zu Herzen gehenden Vorwürfen. Er, indem er die Sprache der Gerechtigkeit und der Wahrheit führt, demüthigt die Schuldigen; sie macht ihnen ihr Vergehen bitter leid, indem sie an den Tag legt, wie weh es ihr selbst thut, ihnen ihr Wohlwollen einziehen zu müssen. Oft entlockt sie ihnen Thränen der Reue und Scham, und nicht selten wird sie beim Anblick ihrer Reue selber weich, in der Hoffnung, daß es nicht nöthig sein werde, ihr Wort wahr zu machen. Mancher, der alle die Mühe, welche man sich hier in dieser Hinsicht giebt, nach dem, was bei ihm oder bei seinen Nachbarn geschieht, beurtheilen wollte, wird darin etwas Unnützes oder zu Beschwerliches finden. Sie aber, Milord, der Sie von den Pflichten und Freuden des Familienvaters eine so hohe Meinung haben, und die natürliche Herrschaft kennen, welche Geist und Tugend über das menschliche Herz ausüben, begreifen die Wichtigkeit von dem Allen, und fühlen, wie groß der Erfolg sein müsse. Reichtum macht nicht reich, heißt es in dem Roman, „die Rose." Das Gut eines Menschen liegt nicht in seinem Kasten, sondern in dem Gebrauche, den er davon macht; denn man macht das, was man besitzt, nur durch die Anwendung zu seinem Eigenthume, und die Reichthümer sind stets leichter zu erschöpfen, als der Mißbrauch, daber man nicht im Verhältniß zu dem, was man ausgiebt, Genuß hat, sondern im Verhältniß zu der Art, wie man es thut. Ein Narr kann Barren Goldes in's Meer werfen und sagen, daß er Genuß davon habe; aber welcher Unterschied zwischen diesem unsinnigen Genusse und dem, welchen ein weiser Mann sich mit geringeren Mitteln zu bereiten weiß! Nur mittelst guter Ordnung und wohlgeregelter Verwendung, wodurch man den Gütern einen mannigfaltigeren und dauernderen Nutzen abgewinnt, kann man das Vergnügen in Glück verwandeln. Wenn somit in der Beziehung, welche wir uns zu den Dingen geben, der wahre Begriff des Eigenthums liegt, wenn mehr die Anwendung des Reichthums, als denen Erwerbung uns reich macht, was kann dem Familienvater mehr am Herzen liegen, als eine zweckmäßige und wohlberechnete Verwaltung seines Hauses, bei welcher Alles in die vollkommenste Beziehung zu ihm selbst unmittelbar tritt, und das Wohl jedes Gliedes zu dem des Hauptes beiträgt?

Sind denn die Reichsten die Glücklichsten? Was thut also der Wohlstand zur Glückseligkeit? Aber ein wohlgeordneter Hausstand ist ein Bild von der Seele des Herrn. Wandvergoldungen, Pracht und Luxus geben nur die Eitelkeit Dessen zu erkennen, der sie zur Schau stellt: überall dagegen, wo man Ordnung ohne Peinlichkeit, Ruhe ohne sklavische Furcht, Ueberfluß ohne Verschwendung herrschen sieht, kann man dreist sprechen: Ein Glücklicher gebietet hier.

Ich für meinen Theil glaube, daß es kein zuverlässigeres Zeichen von wahrer Zufriedenheit der Seele giebt, als ein zurückgezogenes, auf die Häuslichkeit beschränktes Leben, und daß Solche, die ihr Glück immer nur auswärts suchen, bei sich zu Hause keines haben. Ein Familienvater, der sich in seinem Hause wohlfühlt, findet den Lohn für alle seine Sorgen und Mühen in dem beständigen Genusse der süßesten Gefühle der Natur. Er allein von allen Sterblichen ist der Herr seines eigenen Glückes, weil er wie Gott selbst glücklich ist, ohne etwas mehr zu wünschen, als was er genießt. Wie das unendliche Wesen, denkt er nicht daran, seinen Besitz zu vermehren, sondern ihn wahrhaft sein eigen zu machen, durch die vollkommenste Entwickelung aller Beziehungen und die zweckmäßigste Anordnung des Ganzen; bereichert er sich nicht durch neue Erwerbungen, so ist er dennoch reicher, durch den besseren Besitz dessen, was er hat. Er hatte nur den Genuß von dem Ertrage seiner Ländereien; jetzt hat er von denselben Ländereien abermals Genuß, indem er ihrer Bewirthschaftung vorsteht und sie unablässig beläuft. Sein Bedienter war ihm fremd; er macht ihn zu seinem Gute, zu seinem Kinde, er eignet ihn sich an. Er hatte ein Recht nur auf die Handlungen; er erwirbt sich eines auch auf den Willen. Er war nur Herr für sein Geld, er wird es nun durch die geheiligte Macht der Wohlthat und der Achtung und Liebe. Möge ihm das Glück seine Reichthümer rauben, die Herzen kann es ihm nicht rauben, die er sich gewonnen hat; Kinder ihrem Vater rauben kann es nicht: der ganze Unterschied ist, daß er gestern sie ernährte, morgen wird er von ihnen ernährt werden. So lernt man seiner Güter, seiner Familie und seiner selbst wahrhaft genießen; so wird jedes Kleinste, was zum Hausstande gehört, etwas Köstliches für den wackeren Mann, der den Werth desselben zu erkennen weiß: so macht er, weit entfernt, seine Pflichten als eine Last anzusehen, sich ein Glück daraus, und macht es sich durch seine herzerfreuende und edle Thätigkeit zum Ruhme und zur Lust, Mensch zu sein.

Wenn diese kostbaren Vortheile gemißachtet oder wenig bekannt sind, und wenn selbst die kleine Zahl Derer, welche nach ihnen trachten, sie so selten erlangt, so hat dies nur eine und dieselbe Ursache. Es giebt einfache und doch erhabene Pflichten, die zu lieben und zu erfüllen die Sache Weniger ist; solcher Art sind die Pflichten des Familienvaters, die einem durch den Ton und die Unruhe, die in der großen Welt herrschen, zuwider werden, und deren man sich auch dann noch schlecht entledigt, wenn man keine anderen Beweggründe hat, sie zu erfüllen, als Geiz und Eigennutz. Mancher glaubt ein guter Familienvater zu sein, und ist weiter nichts als ein wachsamer Hausverwalter; das Gut kann gedeihen und das Haus sehr schlecht bestellt sein. Man muß auf einem höheren Standpunkte stehen, wenn man diese wichtige Verwaltung richtig auffassen und mit glücklichem Erfolge leiten will. Das Erste, womit die Herstellung einer guten Hausordnung beginnen muß, ist, daß man nur rechtschaffene Leute im Hause leide, welche nicht einen geheimen Hang, die Ordnung zu stören, mit hineinbringen. Sind aber Knechtschaft und Rechtschaffenheit so vereinbar, daß man hoffen dürfte, Bediente zu finden, die rechtschaffene Leute wären? Nein, Milord, wenn man sie haben will, muß man sie nicht aufsuchen, man muß sie schaffen, und nur ein tüchtiger Mann versteht die Kunst, Andere tüchtig zu machen. Ein Heuchler möge sich immerhin mit dem Scheins der Tugend bekleiden, er wird die Liebe zu ihr keinem Menschen einflößen; wüßte er sie liebenswerth zu machen, so würde er sie selbst lieben. Was können frostige Ermahnungen, die das eigene Beispiel beständig Lügen straft, anders bewirken, als daß man denke, Der, welcher sie feilbietet, wolle mit der Leichtgläubigkeit Anderer sein Spiel treiben? Was für ein abgeschmackter Einfall, von Anderen zu verlangen, daß sie das thun, was man anpreist, wenn man es selbst nicht thut! Wer das, was er sagt, nicht thut, sagt es niemals auf rechte Art, denn es fehlt die Sprache des Herzens, welche rührt und überredet. Ich habe oft dergleichen plump berechnete Reden gehört, welche man vor den Hausbedienten, wie vor Kindern hält, um ihnen auf indirektem Wege gute Lehren zu geben. Es ist mir nie eingefallen zu glauben, daß sie sich dadurch nur einen Augenblick würden zu Narren halten lassen, und ich sah sie auch immer heimlich lächeln über die Einfalt des Herrn, sie für solche Tröpfe zu halten, vor denen er mit aller Breite Grundsätze auskramen könnte, von denen sie doch recht gut wußten, daß es nicht die seinigen wären.

Von dergleichen pfiffigen Manoeuvres weiß man in diesem Hause nichts; die Kunst der Herrschaft, ihre Bedienten so zu machen, wie sie sie haben will, besteht vornehmlich darin, sich ihnen so zu zeigen, wie sie selbst ist. Ihr Betragen ist stets offen und frei, weil sie nicht zu fürchten brauchen, daß ihre Handlungen ihre Reden Lügen strafen. Da sie nicht für sich eine andere Moral haben, als sie Anderen beibringen wollen, so haben sie nicht nöthig, sich mit dem, was sie sagen, ängstlich in Acht zu nehmen; ein zufällig entschlüpftes Wort wirft nicht Grundsätze über den Haufen, welche sie mühsam eingeführt haben. Sie geben nicht alle ihre Angelegenheiten geschwätzig zum Besten, aber sie sprechen alle ihre Grundsätze frei aus. Bei Tische, auf dem Spaziergange, unter vier Augen oder vor aller Welt wird stets dieselbe Sprache geführt; man sagt über jede Sache unbefangen, was man denkt, und ohne daß es beabsichtigt würde, findet Jeder immer Etwas dabei zu lernen. Da die Bedienten ihre Herrschaft nie Anderes thun sehen, als was recht und billig ist, so sehen sie die Gerechtigkeit nicht als einen Tribut des Armen, als ein Joch des Unglücklichen, als einen Fluch ihres Standes an. Die Achtsamkeit, mit welcher man dafür sorgt, daß die Arbeiter nicht vergeblich nach ihrem Lohne laufen und ganze Tage damit verlieren, gewöhnt sie, den Werth der Zeit zu fühlen. Wenn sie sehen, wie angelegen es sich die Herrschaft sein läßt, Anderen Zeit zu ersparen, so schließt daraus Jeder, daß seine Zeit ihr kostbar ist und würde es sich um so übler nehmen, müßig zu gehen. Das Vertrauen, welches man zu der Redlichkeit der Herrschaft hat, giebt Allem, was sie anordnet, die Kraft, durch welche es sich in Geltung setzt und den Mißbrauch ausschließt. Man hat nicht Furcht, daß die Herrin bei der Ertheilung der wöchentlichen Gratification immer finden werde, daß der Jüngste oder Schönste am fleißigsten gewesen sei. Ein alter Bedienter fürchtet nicht, daß man irgend eine Chikane hervorsuchen werde, um die ihm in Aussicht gestellte Erhöhung des Lohnes zu ersparen. Man hofft nicht von Uneinigkeiten der Herrschaft Nutzen zu ziehen, um sich wichtig zu machen und von dem einen Theil zu erlangen, was der andere abschlägt. Diejenigen, welche sich zu verheiraten wünschen, fürchten nicht, daß man ihrem Vorhaben in den Weg treten werde, um sie länger zu behalten, und daß so ihr Eifer im Dienste zu ihrem Schaden ausschlage. Wenn ein fremder Bedienter käme, und den Leuten dieses Hauses erzählte, daß sein Herr und dessen Bedienten in einem wahren Kriegszustande leben, daß diese, wenn sie Jenem so viel Uebeles zufügen, als sie können, nur eine gerechte Repressalie üben, daß, da die Herren Räuber unrechtmäßigen Gutes, Lügner und Gauner sind, es keine Sünde wäre, sie so zu behandeln, wie sie den Fürsten oder das Volk oder Privatpersonen behandeln, und ihnen das Böse, welches sie mit offenbarer Gewalt thun, mit List zu vergelten, so würde Der, welcher so spräche, von Niemanden begriffen werden; es wird auch hier nicht für nöthig gehalten, solchen Erzählungen entgegenzuwirken oder zuvorzukommen; mögen das Jene thun, die zu denselben gerechten Anlaß geben, und sich dadurch in die Nothwendigkeit versetzen, sie zu bekämpfen.

Ueble Laune und Trotz kommt hier bei den Gehorchenden niemals vor, weil die Gebietenden von hochfahrendem und launischem Wesen frei sind, weil man nicht verlangt, was nicht vernünftig und nützlich wäre, und weil man Achtung genug hat vor der Würde des Menschen, wenn er auch dienstbar ist, um ihn nur zu solchen Dingen zu gebrauchen, die ihn nicht herabwürdigen. Uebrigens gilt hier nichts für erniedrigend, als das Laster, und Alles, was recht und nützlich ist, für schicklich und ehrenvoll.

Wenn man Intriguen außer dem Hause nicht duldet, so ist auch Niemand in Versuchung, welche anzuzetteln. Die Leute hier wissen zu gut, daß ihr Glück am besten gesichert ist, wenn der Wohlstand ihres Herrn nicht leidet, und daß es ihnen an Nichts fehlen wird, solange das Haus in guten Umständen bleibt. Sie sorgen also, indem sie dem Hause dienen, für ihr Erbe und vermehren dieses, indem sie sich ihren Dienst angenehm machen; es ist dies ihr eigenes größtes Interesse. Das Wort Interesse ist aber hier nicht an seiner Stelle, denn ich habe nie eine innere Einrichtung gesehen, bei welcher das Interesse so klüglich wahrgenommen und doch von so geringem Einfluß gewesen wäre, als hier. Alles geschieht aus Anhänglichkeit; man möchte sagen, daß diese käuflichen Seelen sich reinigen, indem sie in diese Wohnstätte der Weisheit und der Einigkeit eintreten. Man möchte sagen, daß ein Theil von dem klaren Verstande des Herrn und von dem gefühlvollen Wesen der Herrin in Jeden ihrer Leute übergegangen ist, so einsichtig, wohlthätig, rechtschaffen und ihrem Stande überlegen findet man sie. Ihr größter Ehrgeiz ist, sich Achtung, Liebe, Wohlwollen zu erwerben, und sie zählen die verbindlichen Worte, die ihnen gesagt werden, wie Andere die Geschenke, welche sie empfangen.

Dies, Milord, sind meine vornehmsten Beobachtungen über denjenigen Theil der Verwaltung dieses Hauses, welcher sich auf die Dienerschaft und die Lohnarbeiter bezieht. Was die Lebensweise der Herrschaft und die Behandlung der Kinder betrifft, so verdient jeder dieser Gegenstände einen besonderen Brief. Sie wissen, in welcher Absicht ich diese Mittheilungen begonnen habe; aber Alles zusammen giebt in der That ein so entzückendes Gemälde, daß man kein anderes Interesse nöthig hat, um es gern zu betrachten, als die Freude, welche man daran findet.

Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe)

Подняться наверх