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II. Widerrechtlichkeit
ОглавлениеFraglich ist, ob die Täuschung bezüglich der Vorbestrafung wegen der Trunkenheitsfahrt rechtswidrig war. Es ist zu prüfen, ob die Frage zulässig war. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Frage ist stets das Interesse des Arbeitgebers daran, sich ein persönliches und fachliches Bild vom Bewerber zu machen, gegen das Interesse des Bewerbers am Schutz seiner Persönlichkeitsrechte abzuwägen. „Intimfragen“ sind grundsätzlich als unzulässig zu erachten. Zulässig können nur solche Fragen sein, an deren Beantwortung der Arbeitgeber ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse hat. Darunter fallen nur Fragen, die in einer konkreten Beziehung zum Arbeitsverhältnis stehen.
Die Frage nach der Vorbestrafung ist für den Arbeitgeber grundsätzlich von Bedeutung, insbesondere, wenn sie im Zusammenhang mit der zu verrichtenden Arbeitstätigkeit steht. So wäre die Frage nach Vermögensdelikten sicherlich zulässig, wenn der Bewerber sich um einen Arbeitsplatz in seinem Schmuckladen bewirbt, bei dem er auch Zugriff auf die Kasse hat. Demgegenüber ist aber nicht ersichtlich, dass die Verurteilung wegen einer Trunkenheitsfahrt für den A von erheblichem schutzwürdigen Interesse ist. B benötigt nicht notwendigerweise einen Führerschein, um der Tätigkeit als Verkäuferin nachzukommen. Diesbezüglich steht die Frage nach den Vorstrafen nicht in konkretem Zusammenhang mit der Tätigkeit. Die Verurteilung wegen einer Trunkenheitsfahrt sagt nichts aus über die Fähigkeiten oder die Zuverlässigkeit der B als Verkäuferin. Die wahrheitswidrige Beantwortung der Frage begründet demnach kein Anfechtungsrecht des A nach § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB.