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Vom Wert der Vorbilder

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Sarah Akanji

Fussball sei ein Männersport, wurde mir als Kind immer gesagt. Obwohl sich mir nie ganz erschlossen hat, was den Sport «männlich» macht. Ich wusste schon damals, dass ich auf dem Fussballplatz unerwünscht war. Als eines der wenigen Fussball spielenden Mädchen kam ich früh mit Ausgrenzung und Diskriminierung in Kontakt. Man(n) habe keinen Platz für Mädchen und Frauen, die Fussball spielen wollen, hiess es. Für mehrere Hundert Jungs und Männer hingegen schienen die Fussballklubs keinen Aufwand zu scheuen.

Ich spielte jedoch zu gut, als dass man mich bei den Jungs hätte auf der Bank sitzen lassen können. Dies bekam ich mit harten Fouls zu spüren. Und für das später gegründete Juniorinnenteam spielte ich zu aggressiv. Ich passte in keine Kategorie. Das verunsicherte mich, und ich versuchte, so unauffällig wie möglich zu sein, was mir nicht gelang. Denn ich wollte ja nur den Sport ausüben, den ich so liebte.

Meine Vorbilder waren allesamt männlich: Zidane, Henry, Beckham. Thierry Henry und das französische Nationalteam begeisterten mich besonders, da in dieser Mannschaft Menschen mit unterschiedlicher Hautfarbe miteinander spielten, funktionierten und brillierten, was damals eine Seltenheit war. Die Diversität dieses Teams ermutigte mich im Glauben, dass der Fussball für alle da sei, egal, welche Hautfarbe oder welches Geschlecht. Erst viel später hatte ich mein erstes weibliches Sportidol: Marta. Ich wusste vorher von keiner Frau, die professionell Fussball spielte. Und ich wusste damals auch nicht, dass sie lesbisch ist.

Dass das Vorbildsein eine wichtige Aufgabe ist, hat mir einmal ein Mädchen gezeigt. Sie sagte mir, dass sie sich durch mein Auftreten stärker fühle und mehr an sich glaube. Wie nur kann eine Gesellschaft auf weibliche Vorbilder verzichten? Und wie kann man erwarten, dass der Frauensport ohne finanzielle Unterstützung populärer wird? Wenn sich die Strukturen in den Sportklubs nicht ändern, also wenn dem Frauensport nicht genügend Mittel zugesprochen werden, können die Sportlerinnen auch nicht besser und somit auch nicht bekannter werden.

Während im Männerfussball an veralteten Mustern und starren Idealen festgehalten wird, ist der Frauenfussball vorwärtsgewandt. Sexismus und Homophobie scheinen innerhalb des Frauenfussballs abwesend. Das Vorurteil, dass die Mehrheit der Fussballerinnen lesbisch sei, hat sich zu einer Stärke entwickelt: Die Toleranz und Offenheit gegenüber unterschiedlichen Sexualitäten führen zu Gemeinschaft, Kraft und Zusammenhalt innerhalb unseres Sports. Mit der wachsenden Popularität kann der Frauenfussball zu einem Motor für die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft werden. Erfolgreiche, sichtbare, lesbische Sportlerinnen aus allen Sportarten spielen hier eine entscheidende Rolle – sie sind Pionierinnen und können gesellschaftlich etwas bewegen. Sie brechen mit starren Rollenbildern für Frauen und Männer, lassen uns die Heteronormativität hinterfragen und sind neben Vorbildern auch Quelle der Inspiration.

Sarah Akanji (*1993) spielte in der höchsten Schweizer Fussballliga und ist Spielerin und Mitbegründerin des ersten Frauenteams des FC Winterthur. Sie politisiert seit 2019 im Zürcher Kantonsrat.

Vorbild und Vorurteil

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