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Kapitel 2

Zoe schrie.

Sie wachte mitten in der Nacht schweißgebadet auf und atmete schwer. Ihre Augen hatte sie schlagartig aufgerissen. Die blanke Panik stand ihr ins Gesicht geschrieben.

Zoe hatte einen lauten Knall gehört, bevor sie zur Besinnung kam.

Alfred war vom Schrei seiner Schwester aus dem Bett gefallen und eilte zu ihr. Er riss ihre Schlafzimmertür auf und fragte, was denn passiert sei.

„Ich, ich …“ Zoe zitterte am ganzen Körper und wusste eigentlich gar nicht so genau, warum. Sie stand völlig unter Schock, kaum ansprechbar, fast schon apathisch, und begann die Arme um ihre Knie zu schlingen.

Alfred trat näher an sie heran und versuchte, sie zu beruhigen.

„Zoe, komm runter, es war nur ein Traum.“ So hatte ihre Mutter die Zwillinge als Kleinkinder immer beruhigt, wenn sie in der Nacht aufgewacht waren und vor Angst zu schreien und zu weinen begonnen hatten.

„Alfred, das war kein Traum, mich hat jemand gepackt.“

Zoe deutete auf ihren linken Oberarm. Vorsichtig berührte sie diesen und ein Schmerz zuckte durch ihren Körper. Nun wollte sie es wissen. Was war dort? Sie schob den Ärmel ihres Schlafanzugs hoch und da sahen sie es. Die Zwillinge sahen einander mit geweiteten Augen an, als könnten sie es nicht fassen, was sie sahen.

„Das sieht ja aus wie eine Verbrennung!“, sagte Alfred geschockt.

„Was hat das zu bedeuten, Alfred?“, fragte Zoe mit zittriger Stimme.

„Das weiß ich nicht, aber eins weiß ich, das kommt nicht vom Schlafen oder einem Alptraum.“

„Liebes Tagebuch.

Heute war ein echt schräger Tag. Die Lehrer waren in der Schule richtig seltsam drauf. Andauernd haben sie Zoe und mich beobachtet, es war richtig gruselig. Was hat Zoe nur an sich, dass sie ständig beäugt wurde? Wir kennen uns schon so viele Jahre und das war nie so. Erst seit Beginn des Schuljahres. Alles ist anders, aber ich weiß nicht, ob das gut ist. Ich gönne ihr ja die ganze Aufmerksamkeit, auch wenn ich glaube, dass sie das bewusst gar nicht so mitbekommt. Aber eigentlich müsste es ihr doch auffallen, ich merke es doch auch, die Blicke, sie ruhen auf uns, sie brennen sich in meinen Rücken und das schmerzt. Es ist fast so, als wollten die Lehrer uns, nein ihr, etwas sagen, ohne Worte zu verwenden. Ich verstehe das Ganze zwar noch nicht, aber ich …“

Plötzlich klopfte es an der Tür und Marie erschrak so sehr, dass sie ihre Nachricht versehentlich wieder löschte. Sie und Zoe hatten zwar gesagt, dass ein Tagebuch sinnfrei wäre, doch es gab einfach Dinge, die sie erst erforschen wollte, bevor sie mit ihrer besten Freundin darüber sprach, oder gar mit ihrer Mutter. Daher hielt sie ein virtuelles Tagebuch, welches mit einem Code gesichert war, für einen guten Mittelweg.

Marie klappte den Laptop schnell wieder zu und versteckte ihn unter ihrer Bettdecke. Sich selbst legte sie auch wieder unter die Decke und tat so, als hätte sie noch geschlafen.

„Guten Morgen, mein Engel, es ist Zeit zum Aufstehen“, ertönte die Stimme ihrer Mutter leise im Raum.

„Ich komm ja gleich“, sagte Marie gespielt verschlafen, um die Täuschung aufrecht zu halten.

Ihre Mutter nickte die Aussage ihrer Tochter ab, das tat sie immer, bevor sie den Raum wieder verließ.

„Puh, das war knapp“, dachte Marie laut nach.

Verflixt, schoss es ihr durch den Kopf, der Tagebucheintrag von heute war weg, sie hatte vergessen, ihn abzuspeichern, bevor sie ihn versehentlich gelöscht hatte.

Trotz dessen, dass sie schon einige Minuten wach gewesen war, war Marie doch noch müde und so trottete sie in die Küche, wo ihre Mama schon mit dem Frühstück und einem belegten Brot für die Schule auf sie wartete.

Marie kaute noch ihr Müsli, als es an der Tür klingelte. Mit noch vollem Mund sprach sie zu ihrer Mutter: „Das muss Zoe sein.“

Aber bevor sie aufspringen und zur Tür rennen konnte, war ihr ihre Mutter zuvorgekommen.

„Guten Morgen, Frau Rayee, ist Marie schon auf? Ich muss dringend mit ihr sprechen“, sprach Zoe bemüht ruhig.

Anja lächelte und bemerkte die Aufregung, die Zoe ausstrahlte. Sie bat sie herein und deutete ihr mit der Hand, dass Marie in der Küche sei.

Zoe war verwundert. Wieso sprach Anja nicht mit ihr, sondern gestikulierte nur, diese Art war ihr an der Mutter ihrer besten Freundin fremd. Dennoch betrat sie mit einem Lächeln die Wohnung und ging zu Marie.

„Ich wusste es!“, sagte Marie mit einem Grinsen.

„Was wusstest du?“, fragte Zoe verwirrt.

„Na, dass du es bist, wer sollte mich sonst beim Frühstück stören? Wer sonst sollte wissen, dass ich genau jetzt zuhause bin?“, sprach Marie weiter.

„Tja, Sherlock Holmes“ Zoe grinste. „Ich bin halt heute in geheimer Mission unterwegs und habe dieses Haus hier observiert, nur um herauszufinden, dass du heute schon wieder deine Lieblings-Cornflakes isst“, witzelte Zoe.

„Haha, wie lustig.“ Marie verdrehte die Augen, bevor sie anfing zu lachen. Zoe stimmte mit ein.

„Also, was verschlägt dich Morgenmuffel Schrägstrich Schlafmütze um 6:20 Uhr zu mir?“

„Das ist geheim, das darf keiner wissen“, flüsterte Zoe Marie plötzlich ins Ohr. Als sie wieder einen Schritt zurückging, legte sie sich den Zeigefinger auf die Lippen, um Marie zu signalisieren, dass sie sie nicht nochmal fragen sollte.

Marie verstand sofort und flüsterte Zoe eine Nachricht ins Ohr:

„Wenn es wirklich keiner wissen darf, dann treffen wir uns heute Abend, wenn es dunkel ist und Mama denkt, dass ich schon schlafe, in meinem Baumhaus.“ Zoe nickte.

„Entschuldigen Sie die frühe Störung, Frau Rayee, es war wirklich wichtig und Dankeschön nochmal, dass Sie mir die Tür aufgemacht haben.“ Zoe lächelte ihr liebstes Lächeln und Anja übernahm dieses auf ihre Lippen, bevor sie diese öffnete und sagte:

„Für dich doch immer, du weißt ja, du und Alfred könnt jederzeit kommen. Es ist so tragisch, was mit Marisa geschehen ist.“ Sie schüttelte den Kopf, es war fast so, als wollte sie sich selbst in die Gegenwart zurückholen.

Zoe sah einen Schatten hinter dem Baum im Garten der Rayees verschwinden. Hatte sie etwa jemand beobachtet? Das Gefühl hatte sie in den letzten Tagen des Öfteren gehabt, aber gesehen hatte sie bislang noch nie jemanden. Erst dachte sie, sie bilde sich das nur ein, doch konnte man sich so oft etwas einbilden?

Es schwirrten ihr so viele Fragen im Kopf herum, viele Fragen, deren Antworten sie noch nicht kannte.

Sie ging durch die Haustür hinaus und winkte Anja und Marie noch einmal zu. Mit ihren Lippen formte sie ein stummes „Danke“, bevor sie sich umdrehte und wieder nachhause lief.

Anja und ihre Mama waren früher, als Zoe noch klein war, beste Freundinnen gewesen, genauso wie Marie und sie heute. Ein Lächeln huschte ihr über die Lippen, als sie an die Zeit zurückdachte, als sie und ihre beste Freundin sich kennengelernt hatten. Es war eine tolle Zeit gewesen, damals, als die Welt für die Zwillinge und ihre Mutter noch in Ordnung gewesen war.

Niemand hatte mit dem plötzlichen Verschwinden von Marisa gerechnet und auch Anja hatte seit jenem Tag nichts mehr von ihr gehört, so wie alle.

Seit Marisa fort war, schien sich die Nachbarschaft verändert zu haben. Die Menschen hielten lange nicht mehr so stark zusammen wie vor ihrem Verschwinden. Oft zogen neue Leute her und genauso schnell, wie sie eingezogen waren, verschwanden sie auch wieder. Kaum einer grüßte den anderen mehr, wenn er ihm auf der Straße begegnete. An manchen Tagen, da spürte Zoe die Traurigkeit der Leute in der Luft hängen. Es war einem unerklärlichen Gefühl verschuldet, welches sie seit einem Jahr verspürte. Es war an ihrem zehnten Geburtstag wie aus dem Nichts gekommen und seither nicht mehr gegangen.

An manchen Tagen war Zoe selbst traurig, sie fühlte sich allein, auch, wenn sie genau wusste, dass sie das nicht war. Sie hatte ihren Bruder, ihre beste Freundin, Anja, die über die Jahre wie eine zweite Mutter für die Zwillinge geworden war und eine Mama, die ihr einst versprochen hatte, dass sie immer auf sie aufpassen würde.

Zoe rannen die Tränen über die Wangen, sie blickte in den Himmel und konnte ihre Trauer am heutigen Tage nicht mehr verbergen, ehrlich gesagt, das wollte sie auch gar nicht mehr.

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