Читать книгу Der KMU-Nachfolgeplaner - Jens Grasshoff - Страница 8

Оглавление

1 Die Verkäuferperspektive – mit Plan in den Ruhestand

"Führerschaft ist eine Sache der Intelligenz, der Glaubwürdigkeit, der Menschlichkeit, des Mutes und der Strenge."

(Sun Tzu)

Um gleich zu Beginn eine gesunde grundlegende Transparenz hinsichtlich des gesamten Verkaufsprozess zu schaffen, ist es für den Käufer zunächst einmal ganz wesentlich, die Motivation, Stimmung und Ausgangslage zu kennen, die auf der Verkäuferseite vorherrschen. Der Unternehmer, der seinen Betrieb zu verkaufen plant, sollte sich selbst im Vorfeld bestimmte Fragen stellen, um später keine unliebsamen Überraschungen zu erleben, die möglicherweise zu emotionalen Anwandlungen oder gar zum Abbruch des Verkaufsprozesses führen könnten. Eine gut geplante und vorausschauende Herangehensweise ist sowohl für die Verkäufer- wie auch für die Käuferseite essenziell. Im Kapitel 6 gibt es eine Liste mit 10 Fragen für den Verkäufer, mit denen er sich ganz am Anfang auseinandersetzen sollte, bevor irgendetwas unternommen wird.

Es ist wichtig, sich zu Beginn dieses Buches, zunächst mit den wesentlichen Fragestellungen aus Verkäufersicht zu beschäftigen, die auf zukünftige Situationen bestimmte Auswirkungen haben und mit denen die Parteien möglicherweise später im Verkaufsprozess konfrontiert werden könnten. Ein guter Berater, der den Verkaufsprozess begleitet, legt diese Fragen und die dazugehörigen Antworten gleich im ersten Gespräch offen auf den Tisch. Da der gesamte Prozess in der Regel von sehr viel Emotionen geprägt ist, sollten diese Fragen gleich zu Beginn abschließend geklärt sein. Erst dann können das weitere Vorgehen und die Koordination des Verkaufsvorgangs entsprechend darauf eingestellt werden.

Obwohl sich dieses Kapitel mit der Perspektive des Verkäufers beschäftigt, ist es auch für einen Kaufinteressenten, der sich durch die Übernahme eines Betriebes in die Selbstständigkeit begeben möchte, wichtig, diese Lektion zu lernen. Insbesondere die Motivation, die einen Geschäftsinhaber dazu bewegt und die Gedanken, die vor einem Zusammenkommen von Inhaber und Kaufinteressent bereits verarbeitetet wurden, stellen für die gemeinsame Verständnisentwicklung und eine Kommunikation auf gleicher Ebene wertvolle Informationen für den Kaufinteressenten dar.

Nur wenn zwischen Inhaber und seinem Nachfolger die Chemie wirklich stimmt und sie von Beginn an auf einer Wellenlänge agieren, ist der Weg geebnet, dass die Übergabe des Betriebes nachhaltig erfolgreich vonstattengehen kann.

1.1 Motivation und Vorbereitung

Für einen Unternehmer, der seinen Betrieb an einen Nachfolger abgeben möchte oder aus welchen Gründen auch immer abgeben muss, hat es in der Regel nicht leicht einen geeigneten Nachfolger zu finden. Zum einen geht es hier um sein Lebenswerk, das viele Jahre lang sein Leben und das seiner Familie prägte und aus dem er sich nun zurückziehen soll, zum anderen entsteht Unsicherheit bei dem Gedanken, die Verantwortung für die Mitarbeiter und die oftmals seit vielen Jahren bestehenden Kundenbeziehungen in neue Hände übergeben zu müssen.

Durch die – möglicherweise sehr überraschend – gewonnene Erkenntnis, dass im eigenen persönlichen, privaten wie auch geschäftlichen Umfeld kein Nachfolger zu identifizieren ist, kann eine von Unsicherheit und Enttäuschung geprägte Grundeinstellung entstehen.

Aus diesen und diversen anderen Gründen, auf die wir später noch genau eingehen werden, ist von der Unternehmerseite gelegentlich eine gewisse Emotionalität mit im Spiel, wenn es um Entscheidungen, Gespräche, Verhandlungen im Zusammenhang mit einer zu planenden Unternehmensnachfolge geht. Dieser Tatsache sollten sich potenzielle Nachfolger und Unternehmer in spe bei der Aufnahme ihres Projektes unbedingt bewusst sein und darum respektvoll, mit entsprechendem Fingerspitzengefühl während des gesamten Prozesses vorgehen.

1.2 Gedanken des Unternehmers als potenzieller Verkäufer

Die erste Frage, die am Anfang einer jeden anstehenden Nachfolge aus Sicht des Unternehmers ansteht, lautet: Kann ich mein Unternehmen innerhalb der Familie weitergeben?

Ist die Antwort auf diese Frage aufgrund des bloßen Vorhandenseins eines weiblichen oder männlichen Nachfahrens „Grundsätzlich Ja!“, dann muss die Zusatzfrage lauten: „Ist eine Übergabe des Unternehmens an diesen/diese Nachfolger/in plausibel, mit dem richtigen Timing durchführbar und von einem nachhaltigen Erfolg geprägt?“

Und die letztlich alles entscheidende Frage ist:“ Bin ich nach einer vollzogenen familieninternen Betriebsübergabe vom Unternehmen soweit abgekoppelt, wie ich es mir wünsche und wie es mir und der Familie guttut?“

Diese Fragen sind dann schon nicht mehr so einfach mit Ja oder Nein zu beantworten. Ob die Voraussetzungen dafür vorhanden sind, kann die Erkenntnis nach dem Durcharbeiten des Kapitels 2 bringen, welches sich mit der Käuferperspektive beschäftigt und in dem unter anderem auf notwendige soziale und fachliche Kompetenzen eingegangen und einem kleinen Test unterzogen wird.

Wenn die Frage nach einer Nachfolgeoption innerhalb der Familie zu regeln verneint werden muss, dann ist die logische Konsequenz daraus, dass der neue Eigentümer außerhalb der Familie gesucht und gefunden werden muss.

Eine weitere Option könnte es dann zunächst sein, im Unternehmen selbst nach einem geeigneten Nachfolger zu suchen. So wäre beispielsweise das Angebot an einen Mitarbeiter, z. B. den Betriebsleiter denkbar, der das Geschäft bereits seit Jahren sprichwörtlich in- und auswendig kennt, dieses zu übernehmen. Auf diese Weise würde ein Angestellter zum Chef aufsteigen. Man spricht in diesem Fall von einem Management-Buy-out (MBO). Das Eigentum und die Geschäftsführung gehen in diesem Falle auf einen Mitarbeiter (denkbar wären auch zwei oder mehr Mitarbeiter als Team) über, der den Betrieb ganz oder sukzessive erwirbt. Hier müssen dann in der Regel innovative Lösungen herhalten, damit es zu einem tatsächlich funktionierenden Ergebnis kommen kann, da insbesondere bei größeren Betrieben im gehobenen Kaufpreissegment, die notwendigen finanziellen Eigenmittel für einen Kauf häufig nicht vorhanden sind.

Kommt aus diversen Gründen ein Verkauf an ein Mitglied der Belegschaft auch nicht infrage, muss nach einem familien- und unternehmensexternen Käufer/Nachfolger gesucht werden. Kauft ein externer Manager das Unternehmen ganz oder teilweise, dann spricht man von einem Management Buy-In (MBI). Man könnte einen solchen Manager im direkten Unternehmensumfeld, bei Kunden, Konkurrenten, Lieferanten etc. suchen, sollte aber dabei äußerst vorsichtig zuwege gehen, um der „Gerüchteküche“ kein Nährboden zu liefern, was sich letztlich negativ auf die Situation des Unternehmens auswirken kann.

Da in der Praxis bei der Durchführung eines MBO oder MBI die Finanzierung immer wieder ein Knackpunkt darstellt, sind in jüngster Zeit vermehrt Lösungen zu beobachten, die als eine Mischung aus MBO/MBI resultieren, um so die finanzielle Last auf mehrere Schultern zu laden. Diese Lösungsform wird in der einschlägigen Literatur dann als BIMBO1 betitelt, eine vielleicht nicht ganz glückliche Bezeichnung.

Beide Nachfolgearten, MBO und MBI, unterscheiden sich teilweise in einigen Details bei der Umsetzung, womit sich diverse Vor- und Nachteile ergeben, wie die nachfolgende Tabelle 1.1. zeigen soll.

Tabelle 1.1.



1.3 Die Planung der eigenen Nachfolge

Die Planungsphase ist für den Unternehmer und den Erfolg seiner Nachfolgeregelung von ganz zentraler Bedeutung, weil bereits hier frühzeitig grundlegende Erkenntnisse und Voraussetzungen erarbeitet werden, auf deren Basis später wesentliche verkaufsrelevante Entscheidungen getroffen werden müssen. In Kapitel 3. „Die Geschäftsübergabe – ein Phasenmodell mit System“ bekommt der Leser einen Überblick über alle Phasen, die in einem derartigen Projekt durchlaufen werden und durch welche Frage- bzw. Problemstellungen, aber auch Zielsetzungen und Herausforderungen diese Phasen dann jeweils geprägt sind. So helfen Ihnen als Unternehmer und angehender Verkäufer die Antworten auf die Fragen im Kapitel 6. „10 Fragen zur Planung der eigenen Nachfolge“, die Sie als Einstieg in den Gesamtprozess beantworten sollten.

Auf die Notwendigkeit zur selbstreflektierten Offenheit und Ehrlichkeit bei der Beantwortung der Fragen muss hier wohl nicht explizit hingewiesen werden.

Es ist besonders wichtig, dass der gesamte Nachfolgeprozess grundsätzlich immer in derartiger Weise geplant wird, dass der Ausstieg des Inhabers aus dem operativen Geschäft nach dem erfolgten Verkauf zum bestimmten Tag X gegeben ist. Immer häufiger habe ich es in jüngster Vergangenheit beobachtet, dass sich bereits während der Vertragsverhandlungen auf die operative Funktion des Verkäufers verlassen und nach erfolgtem Verkauf mit eingeplant wird. Das kann unter Umständen mittel- bis langfristig zu enormen Schwierigkeiten führen. Wenn der Verkäufer gleichzeitig Inhaber und Geschäftsführer in einer Person ist, dann sollte der Verkäufer den Betrieb – abhängig von der Gesamtkonstellation – nach einer intensiven Übergabe- und Einarbeitungsphase von drei bis maximal sechs Monaten mit abnehmendem Arbeitspensum verlassen haben. Auch wenn es noch so schwerfällt. Wenn kein Nachfolger geplant würde, dann sitzt der Verkäufer hier im operativen Bereich unter Umständen genauso fest, wie vorher.

Sollten sich Verkäufer und Käufer an dem besagten Tag X noch immer sehr gut verstehen und haben beide Parteien mittlerweile vielleicht bestimmte Vorstellungen darüber, wie die weitere Zukunft für einen bestimmten Zeithorizont gemeinsam zu gestalten ist, dann einigt man sich auf eine – am besten sehr flexible Form – der Zusammenarbeit. Für den Fall, dass der ehemalige Unternehmer zukünftig als Angestellter im dann ehemals eigenen Betrieb arbeiten kann und dazu auch gewisse operative Aufgabenbereiche übernimmt, die nicht zur Geschäftsübergabe gehören, sollte eine bestimmte „Probezeit“ vorgesehen werden.

Das liest sich hier gerade vielleicht etwas einfach und selbstverständlich, wird in der Praxis aber immer wieder nicht ausreichend konsequent genug umgesetzt. Das hat in der Vergangenheit teilweise schon zu fatalen Konsequenzen geführt, die ich miterleben musste. Die Gründe dafür sind vielfältig. Oft ist es der Käufer, der denkt, nach dem Vollzug der Transaktion nicht ohne den Verkäufer auskommen zu können. Daher wird nichts unternommen, den operativ tätigen Verkäufer systematisch aus dem Geschäft zu nehmen. Das stößt unter Umständen auf das Wohlwollen des Verkäufers, da ihm das „Loslassen“ des Tagesgeschäftes schwerfällt. In solchen Situationen wurde ich schon unfreiwillig Zuschauer von diversen Streitfällen, die dann nachträglich einen sehr negativen Einfluss auf den gesamten Unternehmenserfolg bewirkten.

In einem konkreten Fall habe ich es sogar erlebt, dass der Verkauf rückabgewickelt werden musste und der Verkäufer seinen Betrieb letzten Endes wieder zurückgenommen hat. Die Suche nach einem operativen Nachfolger war nach zwei Jahren immer noch nicht von Erfolg gekrönt und es kam somit letztendlich zu erheblichen Streitigkeiten zwischen alter und neuer Eigentümerschaft. Im Falle des Erwerbs einer Unternehmung durch einen Finanzinvestor ist es nicht damit getan, zunächst die Transaktion abzuwickeln und dann die Suche des operativen Nachfolgers mit Jobanzeigen zu starten. Der Verkauf sollte erst dann vollzogen werden, wenn der Nachfolgeprozess mit den dafür vorgesehen Personen im operativen Bereich auch ganz konkret umgesetzt werden kann.

Vor Jahren begleitete ich ein Unternehmen aus dem Bereich Maschinenbau, in dem der Eigentümer eine sehr zentrale Stellung innehatte, obwohl die Unternehmung CHF 20 Mio. Umsatz erwirtschaftete und rund 90 Mitarbeiter beschäftigte. Der Betrieb hatte eine führende internationale Marktstellung und ich hatte eine ganze Menge an Finanzinvestoren, die am Kauf interessiert waren. Aber nur wenige konnten frühzeitig die Personen benennen und den organisatorischen Ablauf aufzeigen, die den Eigentümer zukünftig ersetzen konnten. In der konkreten Lösung, die wir gemeinsam umsetzten, wurde die eine Person des Eigentümers letztendlich mit 300 Stellenprozent ersetzt, der Prozess dauerte insgesamt etwas mehr als 12 Monate. Nach dem Verkauf entstanden Lücken in der Entwicklung der technologischen Innovationen und der internationalen Betreuung der Kunden. In diesen Fällen muss vor einem Verkauf die neue Ablauforganisation sehr detailliert geplant und dann umgesetzt werden, wenn die Transaktion vollzogen ist.

Wenn die Funktionen Geschäftsführung und Eigentümerschaft im zum Verkauf stehenden Unternehmen durch unterschiedliche Personen besetzt sind, d. h. es gibt einen angestellten Geschäftsführer, der den Betrieb auch nach dem Verkauf, unabhängig von der Eigentümerschaft weiterführt, dann stellt sich diese Frage in der Regel nicht. In diesen Fällen wäre dann aber unbedingt zu prüfen, inwieweit und in welcher Art und Weise der alte Inhaber in der Vergangenheit Einfluss auf die Geschäftsführung genommen hat. Es ist auch dann sehr wichtig, dass eine bislang erfolgreiche Geschäftsführung nach einem erfolgten Verkauf nicht unbedingt mehr in ihren Entscheidungskompetenzen eingeschränkt werden sollte, als vorher und die Führungskultur somit keinen Schaden nehmen kann. Und umgekehrt müssen Entscheidungen genauso mitgetroffen und kontrolliert werden, wie es vor dem Verkauf der Fall war. Hier müssen ein Käufer und ein neuer Eigentümer entsprechendes Fingerspitzengefühl entwickeln, um zukünftig weiterhin vom Erfolg profitieren zu können.

Nach dem erfolgten Verkauf sollte sich der ehemalige Inhaber ausschließlich mit Arbeiten und Aktivtäten befassen, die in einem direkten Zusammenhang mit der Geschäftsübergabe stehen und somit die operativen Tätigkeiten des Alltagsgeschäfts sukzessive zurückfahren und delegieren. Aus diesem Grund müssen Tätigkeiten, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten des Altinhabers sorgfältig dokumentiert und dann Schritt für Schritt auf den neuen Geschäftsführer oder auch bestehende Mitarbeiter übertragen werden. Manchmal ist es möglich, dass durch eine derartige Reorganisation positive Effekte erzeugt werden, weil somit alte eingefahrene Prozesse aufgedeckt und effizienter gestaltet werden konnten. Oftmals führt eine zentrale Stellung des Eigentümers mit der Zeit zu einer Komplexität höheren Grades, die früher im «Ur-Zustand» niemandem aufgefallen ist, aber einen negativen wirtschaftlichen Effekt erzeugte, sei es in der Kundenbetreuung, der Produktentwicklung, Mitarbeiterführung o. ä.

Wie wir bereits oben feststellten, sollte – wenn der Verkäufer operativ im Unternehmen tätig ist – die Position des Verkäufers komplett, an einem Tag X an eine neue Person übergeben werden, der dann auch für diese Anstellung entlohnt wird. Das Entgelt an den Verkäufer für eine klassische, zeitlich überschaubare Übergabezeit, sollte mit dem Verkaufspreis abgegolten sein und bereits bei den Vertragsverhandlungen berücksichtigt werden.

Wenn der Verkäufer nach dem Verkauf einfach in seiner ursprünglichen Situation weiterarbeitet, um die Aufgaben seines Tagesgeschäfts (gratis) weiter zu erledigen, dann entsteht ein faktisches Arbeitsverhältnis. Durch eine solche Situation könnten dann die Sozialversicherungen und Steuerbehörden auf den Plan gerufen werden. Diese Situation erlebte ich in der Vergangenheit häufiger. Die jeweilige Ursache für die Entstehung dieser Situationen war vor allem, dass sich der Verkäufer aus emotionalen Gründen nicht trennen konnte und der Käufer sich diese Situation zunutze machen wollte und gern akzeptierte. Die Folge war fast immer, eine sich stetig anwachsende gefühlsmäßige Anspannung, die sich erst dann wieder völlig lösen konnte, als der alte Besitzer des Unternehmens sich definitiv aus dem Betrieb verabschiedete.

1.4 Und immer wieder: Beratung

Da persönliche Meinungen und Einstellungen naturgemäß aus einer subjektiven Sichtweise heraus entstehen, ist es äußerst wichtig mindestens eine externe Meinung, für die Vorbereitung der eigenen Nachfolge einzuholen, um aus einer objektiven Perspektive heraus, in emotionaler Hinsicht neutrale Entscheidungen für eine zielorientierte Planung und Umsetzung treffen zu können. Das ist für die notwendige Stabilität des Prozesses eines Unternehmensverkaufs essenziell.

Freunde und Familie – letztere schließlich ebenfalls direkt oder indirekt von einem durchgeführten Unternehmensverkauf betroffen – bieten sicherlich eine gute Plattform, um Meinungen und Vorschläge anzunehmen, z. B. für Aktivitäten und Projekte nach der Übergabe, wie Arbeit in Verwaltungsräten, Vereinen, Verbänden, Sport etc. oder einfach nur die Erfüllung von Träumen, die man sich schon ein Leben lang vorgenommen hat. Diese Gedanken sind bitte nicht zu vernachlässigen, auch wenn sich das an dieser Stelle vielleicht etwas merkwürdig liest. Derartige Ziele helfen aber dabei, dem ganzen Projekt eine positive Grundstimmung und nicht zuletzt die notwendige Dynamik zu verleihen. Es wird einfacher, loszulassen, wenn nach dem Projekt gewisse Optionen für den neuen Lebensabschnitt warten.

Bis es jedoch soweit ist, sich diese Wunschträume erfüllen zu können, muss die Nachfolgeregelung möglichst reibungslos umgesetzt werden und dafür ist – unternehmens- und am besten auch familienexterne – professionelle Unterstützung dringend zu empfehlen. Das Projekt „Geschäftsübergabe“ mit einer dritten Partei – dem Nachfolgeberater – gemeinsam anzugehen, ist deshalb so wichtig, weil durchgehend für alle Phasen eine objektive situationsbezogene Bewertung diverser Situationen, die auf einem profunden Erfahrungsschatz basiert, dringend erforderlich sein wird, um erfolgreich und unbeirrt zum Ziel zu kommen. Der Berater muss für die bevorstehenden Monate, die für eine komplette Abwicklung benötigt werden, gleichzeitig Freund (durch „Dick und Dünn“) und Sparringspartner, Coach und Kontaktvermittler, Informations- und Wissensquelle, sowie Psychiater und Dating Doktor sein.

Weil eine solche enge Verbindung auch ein großes Maß an Know-how und Erfahrungen erfordert und dabei letztlich die «Chemie» zwischen Auftraggeber und Berater auch noch stimmen muss, sollte dieser Begleiter sehr sorgfältig ausgesucht werden.

Die fachliche und menschliche Erfahrung des Beraters ist von außerordentlicher Bedeutung und kann in erster Linie an seinem persönlichen Track Record abgelesen werden. Was sich wie eine sportliche Messzahl, ähnlich dem Handicap eines Golfers anhört, ist ein Begriff aus der Welt des M&A-(Mergers & Acquisitions)-Business und umfasst die Art und Anzahl an Aufgaben, Projekten, Unternehmen, die in der Vergangenheit bereits vom Berater bearbeitet und erfolgreich abgewickelt wurden. Nicht nur die Anzahl, auch die Art der Projekte ist entscheidend und stellen seine konkreten persönlichen Referenzen dar. Kommt ein Berater aus einem der großen internationalen Consulting-Unternehmen und hat im Rahmen von Transaktionen von Großkonzernen in unzähligen Meetings und Sitzungen irgendwo mit an einem Tisch gesessen, so verfügt er nicht zwangsläufig über die notwendige Kompetenz für einen Maschinenbaubetrieb mit 20 Mitarbeitern einen geeigneten Nachfolger zu finden und diesen Verkauf angemessen zu begleiten. Ebenso ist es nicht ausreichend, wenn der Großvater des Beraters Geschäftsführer und Inhaber eines Unternehmens war, die er in den 70er Jahren an einen großen Konkurrenten verkauft hat. (habe ich alles schon erlebt!)

Der richtige Berater hat Erfahrungen in der Beratung von Inhabern mittelständischer Unternehmen und ist Experte einer oder mehrerer Kerndisziplinen, die relevant für den Verkauf einer Unternehmung ist, z. B. Strategie, Finanzen, Rechts-, Steuerberatung, Wirtschaftsprüfer etc. Darüber hinaus sollte der Berater auf ein umfangreiches Netzwerk zurückgreifen können, das den Ablauf der Nachfolge nachhaltig begünstigt. Wie bereits angesprochen ist es in einem Nachfolgeprozess wichtig, auf das Know-how verschiedener Teildisziplinen zugreifen zu können, die eine Person allein in der manchmal notwendigen Tiefe nicht abzudecken vermag. Einschätzung von Fachkompetenzen, Fragen der Finanzierung, steuerliche, gesetzliche oder rechtliche Stolpersteine u. v. m. gilt es aus dem Weg zu räumen, was ebenfalls nur gemeinsam mit erfahrenen Fachexperten geschehen kann. Oftmals wäre sogar der Einsatz eines erfahrenen und geduldigen Psychologen wünschenswert.

Der richtige Berater verfügt über genau solche Kontakte – Beziehungen zu Unternehmens- oder Steuerberatern, Rechtsanwälten, Investoren, Banken, öffentlichen Förderstellen etc. – und weiß diese effektiv und für seine Zwecke, vor allem die seiner Kunden, den Verkäufern, dem Ziel, einen geeigneten Nachfolger zu finden und mit diesem den Deal abzuschließen, optimal einzusetzen.

Der Berater muss ebenso als Coach fungieren, wenn es darum geht die Motivation und Ziele des Unternehmers, der die Nachfolge anstrebt, auszuarbeiten. Da es keine Standardlösung für eine optimale Abwicklung gibt, müssen zunächst alle relevanten Daten und Information bezüglich der anstehenden Unternehmensnachfolge ausgearbeitet und dann für den Prozess angemessen berücksichtigt werden. Erlebte Erfahrungen werden in das Nachfolgekonzept eingebaut, um Fehlentwicklungen oder Enttäuschungen zu antizipieren, wobei unbedingt darauf geachtet werden sollte, dass man nach dem Startschuss nicht von der ursprünglichen Strategie abweicht. Die Sozialkompetenz des Beraters ist für die erfolgreiche Begleitung und Umsetzung eines Verkaufsprozess sehr wichtig. Es kann während des Verkaufsprozesses zu kleineren oder auch größeren Reibereien zwischen Verkäufer und Käufer – oder deren Umfeld – kommen. Der Berater hat in der Funktion eines Mediators dafür zu sorgen, dass die Situation in keiner Phase eskaliert und der Deal aufgrund irgendwelcher Störfaktoren scheitert. Es „menschelt“ in diesen Projekten an allen Orten und Emotionen spielen auf beiden Seiten eine zentrale Rolle. Es geht in der Regel um sehr viel Geld und wir haben es hier mit «Menschen, wie du und ich» zu tun. Diese Emotionen hat ein guter Berater stets im Griff und sorgt für das notwendige zielorientierte Vorgehen.

Nur wenn gemeinsame Bedürfnisse, wirtschaftliche Fakten, die Aufdeckung anstehender Potenziale und auch die relevanten Risiken zu gleichen Teilen transparent und gleich von Beginn an in den Verkaufsprozess einfließen, wird die Lösung für alle Beteiligten den gewünschten Erfolg und damit auch die angepeilte Zufriedenheit mit sich bringen. Schließlich soll das unternehmerische Lebenswerk in gute Hände übergeben werden und auch zukünftig weiterhin Erfolge erwirtschaften, nicht nur, um die betroffenen Arbeitsplätze zu erhalten, sondern möglicherweise im Rahmen der Umsetzung der aufgedeckten Potenziale und dem daraus resultierenden Wachstum, weitere Arbeitsplätze zu schaffen. Nie war dieses Thema so wichtig wie heute und wurde öffentlich so ausgiebig diskutiert wie heute und ist nicht erst in der jüngsten Vergangenheit zu einem wichtigen volkswirtschaftlichen Faktor geworden.

Aus Sicht des Beraters, der aus einem der genannten Teilbereiche kommt und in diesem Gebiet ausreichend Erfahrungen vorweisen kann, ist es ratsam, sehr umsichtig vorzugehen. Die Vorbereitungsphase ist äußerst sorgfältig und möglichst umfassend zu erledigen, damit der Prozess reibungslos ablaufen kann, wenn der Startschuss zum Verkauf erst einmal gefallen ist. Wir gehen darauf dann später in Kapitel 4. Unternehmensanalyse und Kapitel 5. Unternehmensbewertung noch sehr detailliert ein.

Eine aussagekräftige Unternehmensdokumentation zur historischen Entwicklung des Betriebes und zur aktuellen IST-Situation, ist für einen erfolgreichen Unternehmensverkauf ebenso unabdingbar, wie eine detaillierte betriebswirtschaftliche Finanzanalyse mit diversen Bewertungsmethoden und Betrachtungen zur Vermögens-, Ertrags- und Liquiditätssituation des Unternehmens.

1.5 Experten zum Thema „Nachfolgeregelung“

Der Markt für Beratungsdienstleistungen für Unternehmen kleine und mittelständische Unternehmen ist stark fragmentiert und äußerst intransparent. Das gilt sowohl für die Qualität der Leistungen als auch für die Angemessenheit der Bezahlung der angebotenen Dienstleistungen. Es gibt nationale und internationale Verbände für Unternehmensberater und Consultants, die gegen die sogenannten schwarzen Schafe der Branche vorgehen und sich differenzieren wollen.

Doch eine Beratungsleistung ist erst dann ihr Geld wert, wenn sie eine, für den zu beratenden Unternehmer pragmatische und erfolgsorientierte Vorgehensweisen demonstriert und ihm genau die Lösung bietet, der er wünscht.

Die großen Beratungsunternehmen verfügen über eine Vielzahl von interdisziplinären Experten und darüber hinaus über umfassende Netzwerke, die über die nationalen Grenzen eines Landes hinausgehen. Beide Faktoren erzeugen für diese Beratungsunternehmen enorme Summen an fixen Kosten, welche sich auf die angewandte Honorarstruktur und -größenordnung auswirkt. Diese Honorarstruktur beeinflusst entsprechend der jeweiligen Höhe der Beratungsleistungen. Das bedeutet: Belastet ein Unternehmen diese Strukturen, in dem es Experten zu Rate zieht, so wird ein entsprechendes Honorar fällig. Dieses Honorar berechnet sich dann in der Regel am entsprechenden zeitlichen Aufwand des jeweiligen Consultants und ist nicht an die Erreichung eines Zieles gebunden. Darüber hinaus ist nur selten die Kombination eines relevanten Netzwerkes, die einhergeht mit entsprechender Verkaufs- und Verhandlungskompetenz. Wenn das Beraterentgelt nicht an den Verkaufserfolg gebunden ist, dann muss sich der Berater auch keine große Mühe geben, dass dieser Erfolg in einem angemessenen Zeitraum erreicht wird.

Meine Tätigkeit der vergangenen 20 Jahre war fast ausschließlich geprägt durch die Betreuung von Mandaten, die mit einer Erfolgsprovision entlohnt wurden. Ich hatte einige wenige Jahre auch die Gelegenheit im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses als Teamleiter größere Verkaufsprojekte mit einem Team aus Anwälten und Steuerexperten zu betreuen, die nach aufgewendeten Stunden abgerechnet wurden. Das sind jedoch zwei völlig unterschiedliche Projektkulturen und von der Art der Umsetzung überhaupt nicht miteinander zu vergleichen.

Kurzum: Unabhängig davon, welches Ergebnis erzielt wird, der Honoraraufwand ist in einem klassischen Beratungsmandat weitestgehend vom Erfolg des Projektes unabhängig. Allein die Bemühungen werden vom Unternehmer gezahlt und somit sind die Kosten bezogen auf den Aufwand des Beraters fix. Aus Sicht des Beraters kann es demnach gar nicht sein, das Projekt so zügig und effizient wie möglich zum Erfolg zu bringen.

Der Unternehmer sollte versuchen, den Berater, der seine Nachfolgeproblematik lösen soll, in dem er den Betrieb verkauft, schwerpunktmäßig erfolgsorientiert zu bezahlen. Sicherlich müssen gewisse Aktivitäten des Beraters, wie z. B. Unternehmensbewertung, Erstellung der Verkaufsdokumentation, Verhandlungsführung, Unternehmensanalyse etc. in einem gewissen Umfang vorfinanziert werden. Um die Motivation des Beraters möglichst hoch zu halten sollte neben diesem Basishonorar in erster Linie ein Erfolgshonorar vereinbart werden, das bei erfolgtem Verkauf und Gutschrift des Kaufpreis auf dem Konto des Inhabers fällig wird.

Das Erfolgshonorar kann sich entweder an der Höhe des erzielten Kaufpreises orientieren – was in der Praxis die Regel ist – oder natürlich einfach pauschal vereinbart werden. Bei einer Orientierung am Kaufpreis findet in der Praxis sehr häufig die sog. Lehman-Formel Anwendung, die in ganz unterschiedlichen Ausprägungen vorkommen kann. Diese Formel geht von einer Staffelung des Erfolgshonorars im Verhältnis zum erzielten Kaufpreis aus. Nachfolgend ein Beispiel für eine mögliche Anwendung der Lehman-Formel, wie ich sie selbst auch schon verwendet habe.

Im Falle des Kaufs oder Verkaufs von Unternehmen oder Beteiligungen:

5% auf den erstenCHF 2 Mio. des Verkaufspreises + MwSt.
4% auf den zweitenCHF 2 Mio. des Verkaufspreises + MwSt.
3% auf den drittenCHF 2 Mio. des Verkaufspreises + MwSt.
2% auf den viertenCHF 2 Mio. des Verkaufspreises + MwSt.
1%auf dem Rest des Verkaufspreises + MwSt.

Sowohl die Kaufpreisstaffelungen als auch die Höhe der Prozentsätze können je nach Beratungs- oder Vermittlungsunternehmen variieren. Eine Staffelung wird mit der Begründung angewendet, dass ein Beratungsunternehmen keine zum Verkaufspreis proportional ansteigenden Aufwendungen hat und so ein fester Prozentsatz zu einem ungerechtfertigt hohen Entgelt führen würde.

Beispiel: Wird ein Unternehmen zu einem Preis von 5 Mio. Geldeinheiten (GE) mit einer Provision von 5% über alles verkauft, so erhält der Vermittler nach Abschluss des Geschäfts ein Honorar in Höhe von 250'000 GE. Nach Anwendung der o. a. Lehmann-Formel-Version würde die Erfolgsprovision nur 210'000 GE (= 100'000 + 80'000 + 30'000) ausfallen, also genau 16% niedriger. Es wird somit davon ausgegangen, dass ein Betrieb mit einem hohen Verkaufspreis mit größeren Aufwendungen verkauft wird, jedoch nicht in Verbindung mit einem proportionalen Anstieg der Transaktionssumme – eben nur gestaffelt.

Kritiker der Anwender dieser sogenannten «Lehmann-Formel» behaupten, dass die Formel nicht auf die Interessen des Inhabers abgestimmt ist, die durch ein Beratungsunternehmen vertreten werden sollen, nämlich einen möglichst hohen Kaufpreis zu erzielen und den Berater zu motivieren, das Projekt möglichst dynamisch anzugehen. Diese Aussage kann jedoch als blasse Theorie abgewiesen werden, denn durch einen höheren Kaufpreis erhöht sich letztlich auch unter Anwendung der Lehmann-Formel das Erfolgshonorar des Beraters – wenn auch nicht proportional zur erzielten Kaufpreishöhe.

Würde das im o. a. Beispiel genannte Unternehmen demnach für 5,5 Mio. GE verkauft werden, so erhöht sich das Erfolgshonorar des Beraters in diesem Fall um 15'000 GE (3% auf 500'000 GE) auf 225'000 GE. Ein ganzheitlicher Prozentsatz von 5% auf die Gesamtsumme würde 275'000 GE ergeben. Die Differenz beträgt hier dann schon mehr als 18% linear zur erzielten Kaufpreissteigerung.

Befürworter der Lehmann-Kritiker, die eine Abweichung von Beraterund Unternehmerinteressen befürchten, gibt es in der Praxis ebenfalls. So wird ein Kaufpreis im Vermittlungsauftrag fixiert (z. B. 5 Mio. GE) und mit der Lehmann-Formel provisioniert. Für einen erzielten Mehrbetrag wird dann ein erhöhter Provisionssatz, z. B. von 25% vereinbart. So wäre dann der Berater ausreichend motiviert, um einen möglichst hohen Kaufpreis zu erzielen. Einen solchen Bonus habe ich selbst in der Vergangenheit schon des Öfteren mit Kunden vereinbart, vor allem bei kleineren Projekten, unter einem Verkaufspreis von GE 2 Mio. Wenn das erfolgreich durchgeht, dann haben alle Beteiligten Freude an einer solchen Vereinbarung.

Zu dieser Vorgehensweise wäre jedoch zu sagen, dass ein guter Vermittler, sollte ihm am Zustandekommen des Geschäfts etwas gelegen sein, sich in Bezug auf die Preisverhandlungen eher moderat verhalten sollte. Vor allem dann, wenn es um das Hochtreiben des Verkaufspreises geht, mit der Absicht am Ende eine möglichst hohe Provision abrechnen zu können. Nur eine einzige unangebrachte Bemerkung zum falschen Zeitpunkt kann zu einem unmittelbaren Abbruch der Verhandlungen zwischen Käufer und Verkäufer führen. Denn oftmals ist auch die Käuferseite von einer immensen Emotionalität geprägt, da bei ernsthaftem Interesse eine persönliche Identifikation mit dem Zielunternehmen einhergeht. Und je länger sich die Verhandlungen innerhalb eines Prozesses hinziehen, desto grösser ist die Herausforderung aller Beteiligten, was Nerven und Geduld angehen.

Mancherorts ist es auch üblich ein pauschales Erfolgshonorar in festen GE zu vereinbaren. Der Verkäufer schaut letztlich immer darauf, was ihm unter dem Strich übrigbleibt. Im Vorfeld sollte der Firmeninhaber immer genau klären, wie das Honorar des Vermittlers im Nachhinein steuerlich zu behandeln ist. Je nach Land, in dem das Unternehmen respektive der Verkäufer des Unternehmens domiziliert ist, können diese Kosten steuerlich (Einkommens-, MwSt.) geltend gemacht werden.

Ich habe es in der Vergangenheit schon häufiger erlebt, dass die Käuferseite sehr viel entspannter in die Verhandlungsmeetings ging, nachdem ich mitgeteilt hatte, dass ich mit dem Verkäufer des Unternehmens, meinem Auftraggeber, eine pauschale, von der Höhe des Kaufpreises unabhängige Provision, vereinbart hatte.

Im Kapitel 5: „Bewertung und Kaufpreis eines KMU“ wird auf die Ermittlung eines Verkaufspreises und die damit verbundene Verkaufspreisstrategie noch detailliert eingegangen werden. An dieser Stelle sollten lediglich aktuelle übliche Praktiken und Konditionsstrukturen bei der Erhebung von Beraterhonoraren bei der Abwicklung von Nachfolgeregelungen aufgezeigt werden.

1.6 Die Unternehmensdokumentation

Welche Informationen gehören in eine Verkaufsdokumentation (oft auch als «Information Memorandum» bezeichnet), die ihren Zweck im Verkaufsprozess bestmöglich erfüllen soll? Auf diese Frage kann zuallererst mit folgenden beratertypischen Worten geantwortet werden: „Das kommt darauf an!“

Der Verkaufsprozess eines mittelständischen Betriebes kann durchaus in einigen Belangen mit dem Verkauf einer Immobilie verglichen werden. Im Verkaufsprospekt einer Immobilie wird – das versteht sich von selbst - zunächst auf die Vorteile des Objektes hingewiesen: optimale Lage, gut erhaltene Substanz, hohe Rendite etc. Im Unterschied dazu ist die positive, den Verkauf fördernde Darstellung des Unternehmens deutlich komplexer, unter anderem auch, weil der nachhaltige Unternehmenserfolg nach einer Übernahme ganz wesentlich vom neuen Inhaber und Geschäftsführer abhängt. Die neue Inhaberschaft tritt in den Betrieb ein und beeinflusst dann aktiv und individuell das Geschehen. Sei es im Rahmen eines Management-Buy-In oder ein Unternehmen, das als strategischer Käufer auftritt.

Daher sollten in einer Verkaufsdokumentation vor allem diejenigen Punkte aufgezeigt werden, an die der Käufer „andocken“ und Synergien entstehen lassen kann. Dies wird dann als «Perfect Fit“ bezeichnet.

Die Verkaufsdokumentation sollte dem Interessenten somit in erster Linie Informationen darüber vermitteln, welche Fähigkeiten und Ressourcen mitgebracht werden müssen, um den Betrieb erfolgreich zu übernehmen und idealerweise zukünftig wertsteigernd wachsen zu lassen. Die Dokumentation sollte zunächst so allgemein gehalten werden, dass Interessenten trotz unterschiedlicher Kaufmotive dennoch relevante Informationen erhalten. Sei es eine Privatperson, ein Investor oder ein Unternehmen, das einen strategischen Kauf erwägt. Die Dokumentation sollte als Grundlage für den Einstieg in die detaillierte Analyse dienen können und vor allem einen umfassenden Überblick über die Funktionsweise des Geschäftsmodells der Unternehmung geben. Unabhängig von den Kaufmotiven muss in einer späteren Phase darauf aufbauend ein auf die Übernahme ausgerichteter individueller Businessplan erstellt werden können, der dem Käufer zukünftig als wegweisendes Planungs- und Kontrollinstrument dient. Wir werden die wesentlichen Punkte und die Art und Weise, wie diese zu präsentieren und zu interpretieren sind, im Kapitel 4. «Unternehmensanalyse» noch detailliert anschauen.

Einer der wichtigsten Gründe für den definitiven Kaufentscheid eines Investors ist zunächst einmal das vorhandene Potenzial, welches aus Käufersicht durch den Ankauf erworben und ausgeschöpft werden kann. So sind also zunächst einmal die grundlegenden Erfolgsfaktoren für die Übernahme abhängig von der Lebenszyklusphase, in der sich der zum Verkauf stehende Betrieb zum aktuellen Zeitpunkt befindet (siehe Abb. 1.1).

Die klassischen Lebenszyklusphasen eines Unternehmens sind die folgenden:

a) Gründung

b) Wachstum

c) Stagnation

d) Krise

e) Konkurs/Insolvenz


Die Phasen Wachstum, Stagnation, Krise müssen selbstverständlich nicht in einer regelmäßigen chronologischen Reihenfolge ablaufen.

Jede Phase stellt das Management und die Mitarbeiter des Unternehmens vor bestimmte Herausforderungen. Sie können von besonderen Risiken eingeholt werden oder es bieten sich allenfalls Chancen für eine Ausdehnung des Geschäfts, die typisch für die jeweilige Phase sind. Insbesondere ein neues Management in der Person des Nachfolgers sollte diese Chancen frühzeitig für sich erkennen und entsprechend versuchen umzusetzen. Dazu sollten wiederum die passenden Stärken und Schwächen des Betriebes bekannt sein, um auf diese gezielt eingehen zu können.

Aus diesen Gründen ziehen sich die Ausführungen von Chancen / Risiken und Stärken / Schwächen wie ein roter Faden durch die gesamte Unternehmensdokumentation und präsentieren somit die jeweils vorherrschende angewandte Unternehmensstrategie. Auch wenn in einigen Fällen der Unternehmer nicht einmal weiß, dass er überhaupt eine Unternehmensstrategie anwendet und was genau diese ausmacht. Somit werden durch die sorgfältige Erstellung von Dokumentation und ausführlichem Finanzteil für den Betriebseigentümer oftmals zahlreiche Tatbestände im Unternehmen transparent offenbart.

Wir werden im Kapitel 4. vertieft auf das Thema «SWOT-Analyse» eingehen und darstellen, wie für Kaufinteressenten und Leser der Verkaufsunterlagen Möglichkeiten für den erfolgreichen Ansatz nach einer Betriebsübernahme veranschaulicht werden.

Soll ein Unternehmen verkauft werden, das sich noch in der Gründungsphase befindet (also weniger als 3 Jahre existiert), so muss natürlich das Hauptaugenmerk in der Präsentation auf das zukünftig zu erschließende Marktpotenzial gerichtet werden. Schon allein aus dem Grund, da in der Regel (noch) keine oder nur eine kleine Substanz und kurze Historie vorhanden sind. Reine Finanzinvestoren müssen Vertrauen in das Team bekommen, das den Unternehmensweg beschreitet. Ein Investor, der sich im Rahmen einer aktiven Beteiligung in das Unternehmen einbringen möchte, sollte Eigenschaften und Kenntnisse seiner Person und die damit verbundenen Möglichkeiten/Potenziale im Rahmen einer Tätigkeit im neuen Betrieb identifizieren. Das Marktpotenzial und die daraus resultierende zukünftige finanzielle Performance muss plausibel und konsistent aufgezeigt und – wenn möglich – auf die junge Unternehmenshistorie bezogen sein indem diese Entwicklung in logischer Weise weiter in die Zukunft fortgezogen wird. Je weniger historische Daten vorliegen, auf die basierend eine zukünftige Entwicklung dargestellt werden kann, desto höher ist das zukünftige unternehmerische Risiko und damit umso geringer die Wahrscheinlichkeit, dass die Entwicklung auch genauso eintritt, wie geplant. Zumindest sieht das ein potenzieller Investor so, der ein solches Projekt für sich anschaut. In der jüngsten Vergangenheit begleitete ich eine junge, sehr erfolgreiche Gesellschaft im Verkaufsprozess, die im dritten Geschäftsjahr aktiv war. Es gab vier Mitarbeiter, die aber alle nach dem erfolgten Verkauf aus dem Unternehmen ausscheiden wollten. Ein Verkauf war unter diesen Bedingungen unmöglich, da die noch sehr junge Organisationsstruktur, sowieso noch sehr frisch und zerbrechlich dastand und somit der Erfolg umso mehr an den beteiligten Personen hing, die alle einen sehr guten Job erledigten und das Know-how in sich trugen. Es gab insgesamt mehr als 70 Kaufinteressenten, Finanzinvestoren und Strategen, aber niemand wollte das Risiko eines Kaufs unter diesen Bedingungen eingehen, nicht einmal zu einem niedrigen Kaufpreis.

Denkt man über den Verkauf eines Start-ups nach, sollte man die Voraussetzungen intensiv betrachten und bewerten und einen pragmatischen Ansatz erarbeiten. Oftmals könnte ein Teilverkauf, ein Verkauf in mehreren Schritten oder ein variabler Kaufpreisanteil (Earn-out) die Lösung.

Befindet sich ein Unternehmen in einer Wachstumsphase, so stellt auch eine solche grundsätzlich positive Situation besondere Anforderungen an das Management. Werden neue Geschäftsfelder, neue Regionen, neue Produkte, neue Zielgruppen, Vertriebskanäle etc. erschlossen und ist dieser Punkt als wesentlicher Bestandteil der Unternehmensstrategie zu sehen, so muss dies in der Verkaufsdokumentation explizit und transparent herausgestellt werden.

Es gibt diverse Branchen, in denen Betriebe regelrecht dazu gezwungen werden permanent innovativ zu sein, weil sie sonst möglicherweise den Anschluss an andere Marktteilnehmer verlieren könnten. Denken Sie an Unternehmen, die beispielsweise im Medienbereich oder der Softwarebranche tätig sind. Diese Betriebe müssen sich teilweise alle 5 Jahre komplett neu erfinden.

Auch für Wachstumsunternehmen ergeben sich selbstverständlich einerseits besondere Chancen, die ergriffen werden, aber häufig gehören auch besondere Risiken zum Tagesgeschäft.

Insbesondere in der heutigen Zeit, in der das Thema „Digitalisierung“ in aller Munde ist, wird es aktuell in vielen Branchen für viele Unternehmen immer wichtiger, durch gezielte Aktivitäten in diesem Bereich, den richtigen Anschluss an den Markt nicht zu verlieren. In diesen Fällen sind Investitionen notwendig, um die Geschäftsprozesse, Kundenkanäle, Lieferantenkontakte etc. auf den aktuellen technischen Stand zu bringen, somit konkurrenzfähig zu bleiben – idealerweise einen Vorteil zu schaffen – und finanzielle Vorteile zu schaffen. Wenn ein Unternehmen, das verkauft werden soll, diesen richtigen Zeitpunkt noch „verschlafen“ hat, so kann das für einen Käufer ein interessantes Wachstumspotenzial bedeuten, mit dem er den Unternehmenswert in den nächsten Jahren steigern kann.

In zahlreichen Fällen habe ich es erlebt, dass vor allem bei Handelsunternehmen der «Old Economy», wie beispielsweise aus der Möbel- und Einrichtungsbranche, Mode, Nahrungsmittel, technische Produkte etc. das eigentlich traditionelle Geschäft am physischen Standort durch die Vermarktung und den Verkauf im Internet und den sozialen Netzwerken deutlich belebt wurde. Dies kann heutzutage recht schnell umgesetzt werden, ohne großartige Veränderungen im Einkauf oder der Logistik vornehmen zu müssen. Beim Unternehmensverkauf ist es heutzutage immer von besonderem Vorteil, wenn man bestimmte digitale Aktivitäten präsentieren kann, die erfolgreich eingeführt wurden und weiter ausbaubar sind. Hier habe ich schon eine ganze Reihe an alteingesessenen Unternehmen kennenlernen und im Verkauf begleiten dürfen, die wir in dieser Situation innerhalb kürzester Zeit und für einen anständigen Kaufpreis veräußern konnten.

Bei der Bewertung eines im Wachstum befindlichen Unternehmens sind einige wesentliche Punkte zu beachten, auf die ich in Kapitel 5. Unternehmensbewertung näher eingehen werde. In dem Segment, in dem wir uns hier bewegen – dem Kauf und Verkauf von mittelständischen Unternehmen – bei der in 90% der Akquisitionen der neue Eigentümer den Kaufpreis und damit auch die dahinterstehende Finanzierung verantworten muss, grundsätzlich das „ungeschriebene Gesetz“, dass im Rahmen der Wert- und vor allem der Kaufpreisermittlung die Vergangenheit dem Verkäufer gehört und die zukünftige (Wert-)Entwicklung dem Käufer. Somit würde die Wertsteigerung ausschließlich dem Käufer zugutekommen und der Verkäufer würde nicht mehr davon profitieren. Dafür muss er aber auch nicht mehr für zukünftige Risiken die Verantwortung übernehmen.

Argumentiert man jedoch so, dass die Herbeiführung einer vorteilhaften Situation, in der sich das Unternehmen befindet, der Verkäufer in der Vergangenheit durch seine unternehmerische Leistung erarbeitet hat, dann sollte unter Umständen ein Anteil des Wachstums im Verkaufspreis eingepreist sein. Hier müssen jedoch – wie gesagt – ein paar wesentliche Faktoren im Detail berücksichtigt werden, damit es für beide Parteien zu einem fairen Deal kommt. Vor allem die Ursachen für das Wachstum und die damit verbundene Nachhaltigkeit sind hier vertieft zu analysieren.

Wird ein Betrieb verkauft, dessen Entwicklung stagniert, können mehrere Ansätze für den Käufer zu einem Kaufargument werden. Möglicherweise kann sich der Betrieb traditionell auf sein Kerngeschäft stützen (z. B. dank gut funktionierender Kundenbindung oder starken Markteintrittsbarrieren), was ihm eine gewisse Sicherheit bietet, zum anderen liegen möglicherweise Potenziale brach, da sich der alte Inhaber aufgrund der bevorstehenden Geschäftsübergabe nicht mehr in «ungewisse Abenteuer“ stürzen und eine Wachstumsstrategie umsetzen wollte. Dieser Zustand ist in der Praxis sehr häufig anzutreffen, sei es aus Überzeugung des jeweiligen Unternehmers heraus oder notgedrungen, weil die Inhaber der Betriebe jeweils mit der wachsenden Dynamik ihrer Märkte nicht mehr klarkommen. Somit fehlt in zahlreichen KMU im Rahmen ihrer Strategie heute oftmals ein aktives Marketing mit progressivem Vertriebssystem, mehrfach mit der Begründung, dass dies in der Vergangenheit auch nicht notwendig war.

Aus diesen Überlegungen heraus sollte sich – wie oben bereits erwähnt – im Inhalt einer Verkaufsdokumentation unbedingt ein zentrales, wichtiges Thema wiederfinden, welches in mittelständischen Betrieben oft stiefmütterlich behandelt wird: die Unternehmensstrategie. Und diese verpackt in eine griffige „Investors Story“, die den Kaufinteressenten aus unterschiedlichen Perspektiven heraus das Projekt kurz und knackig schmackhaft macht. Die Verkaufsdokumentation sollte den Interessenten auf einer fachlichen Ebene ansprechen, die – unabhängig davon, ob es sich um einen privaten Käufer handelt, der sich eine Existenz erwerben möchte, einen Finanzinvestor oder auch einen strategischen Käufer – dem Leser des Memos aufzeigt, an welchen Punkten er mit einer Akquisition erfolgreich und auf seine Situation abgestimmt «andocken» kann und einen Ansatz für eine erfolgreiche Weiterentwicklung des Betriebes findet.

In der gewinnbringenden Berücksichtigung dieser Gedanken und Faktoren bei der Erstellung des Information Memorandums, unabhängig vom Geschäftsmodell, der Größe, Branche oder Lebenszyklusphase des zu verkaufenden Unternehmens, liegt die eigentliche Kunst. Denn letztendlich ist eine gut aufbereitete Verkaufsdokumentation, ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor für einen erfolgreichen Unternehmensverkauf.

Die mögliche Struktur eines aussagekräftigen Information Memorandums könnte beispielsweise wie folgt aussehen, es handelt sich nachstehend um ein reales Projekt, ein mittelständisches Engineering-Unternehmen mit etwa 70 Mitarbeitern, dass ich im Verkaufsprozess begleitet habe. Das Feedback von Kaufinteressenten für Aufmachung und Inhalt dieser Art von Dossiers war in den vergangenen Jahren in vielen Fällen äußerst positiv.

Deckblatt Doku:


Index Doku:

INHALT

1. Steckbrief

2. Unternehmensbeschreibung

3. Meilensteine des Unternehmens

3.1. Verkaufsmotivation

3.2. Dienstleistungen

3.2.1. Consulting

3.2.2. Contracting

3.2.3. Placement

3.3. Lieferanten / Partner

3.4. Kunden / Zielgruppen

3.5. Standorte und geographisches Tätigkeitsgebiet

3.6. Mitarbeiter und Organisation

3.7. Marktumfeld

3.8. Verkauf & Marketing

4. SWOT Analyse

4.1. Stärken

4.2. Schwächen

4.3. Chancen

4.4. Risiken

4.5. Geschäftszahlen

4.5.1. Umsatz- und Reingewinn-Entwicklung 6. Transaktion

6.1. Wissenstransfer / Einarbeitung

In Kapitel 4. Unternehmensanalyse werde ich noch detaillierter darauf eingehen, welche Daten und Fakten für einen Käufer in dieser ersten ausführlicheren Information besonders wichtig und relevant sind, wie diese im gemeinsamen Gespräch mit dem Verkäufer systematisch erhoben werden können und in welcher Weise dann eine griffige «Investors Story» daraus entsteht.

1 Vgl. LANG, Hans-Ulrich, Peter Deubner Verlag, Köln

Der KMU-Nachfolgeplaner

Подняться наверх