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WICHTIGE ZENTREN

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Aus dem frühen Mittelalter gibt es nur wenige Karten, was allerdings nicht zu der Schlussfolgerung verleiten sollte, dass es etwa nur wenige bedeutende Orte gegeben hätte. Im Leben Karls des Großen (ca. 829–836) erklärt Einhard, der Herrscher habe Pläne von Konstantinopel und Rom, denen er seine Hauptstadt Aachen nachzubilden suchte, in Gold und Silber gravieren lassen. Sie sind jedoch nicht erhalten.

Vielerorts hat das historische städtische Leben nur einen begrenzten Widerhall in kartografischen Aufzeichnungen gefunden. So z.B. in Afrika, wo Handel, Politik und Religion ebenfalls von Belang für die Entwicklung von Städten waren. Ökonomisch bedeutende Hauptstädte wie Aksum (nördliches Äthiopien) blühten entsprechend auf (ca. 100 v. Chr.–ca. 600 n. Chr.). Im Weiteren waren die Ausbreitung des Islam und die Zunahme des Handels in der Sahelzone Westafrikas und entlang der ostafrikanischen Küste eng verbunden mit dem Wachstum von Städten wie Djenné, Timbuktu und Gao am Niger, Kano im nördlichen Nigeria, sowie Mogadischu, Malindi, Mombasa, Kilwa und Sofala am Indischen Ozean. Es gab auch in Teilen des Landesinneren Afrikas Städte, wie z.B. ab dem 7. Jhdt. Groß-Simbabwe oder von den 1630er Jahren an Gonder in Äthiopien. Im frühen 14. Jhdt. unternahm der König von Mali, Mansa Musa, eine legendäre Pilgerfahrt nach Mekka, eine Reise, die der Welt die Reichtümer von Teilen Westafrikas offenbarte. Auf einer zeitgenössischen Karte aus den 1330er Jahren findet sich eine berühmt gewordene Darstellung von ihm.

Eine Stadt aber, von der zahlreiche Darstellungen überdauert haben, ist Jerusalem, ein historisches Zentrum der Christenheit, ein heiliger Wallfahrtsort und mächtiges Symbol im christlichen Denken. Die Bibel inspirierte die Kartografie im mittelalterlichen Europa in entscheidender Weise. Nicht nur gab es ein weitverbreitetes Interesse an der Lokalisierung der biblischen Schauplätze, die mappae mundi machten die biblische Geschichte auch zum zentralen Topos bei der Darstellung der Welt. Typischerweise zeichneten sich diese Karten durch eine dreigliedrige innere Anordnung nach einem T-O-Schema aus, durch das |22|die drei Kontinente dargestellt wurden: Asien, Europa und Afrika. Sie alle waren innerhalb eines Kreises, des „O“, beschlossen, wobei der waagerechte Balken des „T“ die Flüsse Don und Nil repräsentierte, welche Asien von den anderen beiden Kontinenten teilten. Die senkrechte Säule des „T“ – Symbol des christlichen Kreuzes – stellte das Mittelmeer dar; Jerusalem war – zumindest spirituell – der Mittelpunkt der Welt.

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DER KATALANISCHE ATLAS, PORTULANKARTE, 1375 Bis zur Zeit der europäischen Kolonialisierung spielte das trans- und subsaharische Afrika keine große Rolle auf Karten, obwohl seit Jahrhunderten Handelsrouten quer durch den Kontinent bestanden. Die Ausbreitung des Islam über Arabien hinaus verlieh dem Wachstum westafrikanischer Städte zusätzlichen Schwung. Nachdem die kommerziellen Verbindungen zwischen Sahelzone und Indischem Ozean und Arabien einmal etabliert waren und der Islam Wurzeln gefasst hatte, konnten diese Routen auch von Pilgern für den Hadsch nach Mekka genutzt werden. Katalanische Kartenhersteller begannen ab Mitte des 14. Jhdts. entsprechende Hinweise auf ihren Karten einzubeziehen (einer Art von Portulankarten, daher überall die Kompasslinien). So können z.B. Mekka oder andere wichtige Städte unter muslimischer Kontrolle durch ein Banner mit Halbmond identifiziert werden. Einer der berühmtesten Herrscher der Zeit war der König von Mali, Mansa Musa, der reiche Goldfelder kontrollierte. Der von Peter IV. von Aragonien beauftragte Kartograf Abraham Cresques stellt den malischen König mit goldener Krone und Goldklumpen, sowie einem Zepter mit einer goldenen Lilie an der Spitze dar. Bei seinem Hadsch im Jahr 1324 machte Mansa Musa solch extravagante Ausgaben in Kairo, dass die Reise in Europa Berühmtheit erlangte.


EINE KARTE VON SIZILIEN, CA. 1220–1320 Diese Karte stammt aus der Kopie einer illustrierten islamischen Kosmografie, die von einem unbekannten Autor im 11. Jhdt. zusammengestellt wurde und als Buch der Kuriositäten bekannt ist. An die Geographia des Ptolemäus anknüpfend, stellt sie auf die islamischen Wirtschaftszentren des Mittelmeerraums ab. Die Karte Siziliens, damals unter arabischer Kontrolle und von normannischen Angreifern bedroht, wird von der führenden Stadt Palermo und ihrem Hinterland dominiert. Der Stadtkern Palermos ist durch eine rote kreisförmige Umfriedung gekennzeichnet, die durch 10 namentlich benannte Tore durchbrochen wird. Unmittelbar darüber gibt es eine Einbuchtung, die den außerhalb der Mauern befindlichen Hafen darstellt; zu beiden Seiten stehen Türme. Auf der östlichen Seite des Hafens wird das Arsenal gezeigt. Der an seinem Zwiebelturm erkennbare Palast liegt noch etwas weiter östlich. Zahlreiche Viertel der Stadt sind mit Anmerkungen versehen, einschließlich des ummauerten „Quartiers der Europäer“ und des neuen Quartiers al-Ja’fariya. Die Vororte der Stadt breiten sich auf der Karte fast über die ganze Insel aus, was nahelegt, dass die Ausdehnung Palermos nicht proportional angepasst wurde, als der Kopist die Größe der Insel reduzierte. Im Ergebnis wird die Insel durch die Stadt dominiert.

Durch die Kreuzzüge, welche, in den 1090er Jahren beginnend, die biblischen Stätten für die Christenheit zurückgewinnen sollten, wurde die Rolle Jerusalems noch weiter unterstrichen. Auch wenn bereits um 670 dem Bericht der Pilgerfahrt von Arculf Pläne Jerusalems und der Heiligen Stätten zur Seite gestellt waren, wird die Stadt erst nach ihrer Einnahme im 1. Kreuzzug (1096–1099) regelmäßig zum Gegenstand kartografischer Bemühungen, wie in der Stadtkarte aus der Geschichte des ersten Kreuzzugs von Robert dem Mönch, der die Eroberung Jerusalems miterlebte. Die meisten dieser Karten waren stilisiert, mit einer runden, schematischen Umrandung, innerhalb derer die Durchgangsstraßen der Stadt ein Kreuz bildeten. Symbolgehalt hatte Vorrang vor Exaktheit.

Als Jerusalem 1187 erneut an den Islam verloren war, wurde die Stadt als eminentes Ziel des christlichen Europas dargestellt. Das 1321 Papst Johannes XXII. vorgelegte Liber Secretorum Fidelium Crucis des venezianischen Historikers Marino Sanudo war ein Aufruf zur Rückgewinnung des Heiligen Landes. Dieses Werk enthält Karten des genuesischen Kartografen Pietro Vesconte, welche die früheren Kreuzfahrerstädte Jerusalem und Akko abbildeten.

Auf diesen frühen Karten wurden Städte weitgehend bildhaft wiedergegeben, so z.B. im Falle der Darstellung Londons durch den Mönch Matthäus Paris in der seiner Chronica Majora von ca. 1252 vorangestellten Wegbeschreibung von London bis Jerusalem. Wenige Pilger werden wohl tatsächlich eine solche Karte auf ihre Reise mitgenommen haben, eher schon werden sie diese zu Hause als Werkzeug |23|frommer Kontemplation benutzt haben. Bemerkenswerterweise beginnt die Reise in London, wo Wallfahrer den Schrein von Eduard dem Bekenner in der Westminster Abbey besuchen konnten, die zusammen mit dem White Tower und einer der frühesten Ansichten der mittelalterlichen St.-Pauls-Kathedrale mit ihrer hohen Turmspitze zu sehen ist. Zu dieser Zeit war der (später durch Blitzschlag zerstörte) Turm das prominente Wahrzeichen der Kathedrale; obwohl nur aus Holz, erreichte er eine Höhe von 158 Metern. Er war ein herausragendes Erkennungszeichen auf allen Stadtansichten, was nahelegt, dass die Bürger darauf besonders stolz waren.


DETAIL CATHAYS AUS DER MAPPA MUNDI DES FRA MAURO, 1448–53 Fra Mauro war ein Mönch des Klosters San Michele auf der Insel Murano nahe Venedig. In den 1450ern fertigte er die vielleicht erste Weltkarte. Vermutlich im Auftrag des portugiesischen Königs Alfons V. erstellt, zeichnet sie sich mehr durch eine beschreibende denn eine mathematische und auf Projektion beruhende Kartografie aus, auch wenn Mauro versuchte, wissenschaftliche Methoden anzuwenden – z.B. im Rückgriff auf portugiesische Seekarten und auf Reiseberichte –, statt sich einfach nur auf die vorgebliche Autorität klassischer Autoren zu verlassen. Bilder haben bei Mauro ein großes Gewicht und in Venedig war er am richtigen Ort, um sich auf Wissensquellen über den Orient stützen zu können. Das Wissen über Ostasien ging mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf Marco Polo zurück, der auch ein Gewährsmann für den Katalanischen Atlas war. Cathay war der anglisierte Name für das nördliche China, das unter Rückgriff auf eine traditionelle Bildersprache im europäischen Stil dargestellt wurde (abgesehen davon, dass Norden unten ist). Man glaubt, dass der Dogenpalast in Venedig ein Wandbild von Marco Polos Reisen besaß, welches später durch Feuer zerstört wurde und das Mauro als Bildquelle zur Verfügung gestanden haben mag.

Zwar war im Falle von Jerusalem die Kontrolle über eine der heiligsten Stätten des Christentums verloren gegangen. Doch gab es viele weitere politisch und ökonomisch bedeutende Städte überall in Europa. Besonders wichtig waren im Mittelalter die Zentren der Textilherstellung. Mailand, Cremona, Gent und Brügge spielten eine zentrale Rolle in einer florierenden Wirtschaft, welche, besonders an der Ostsee und im Mittelmeerraum, neue städtische Siedlungen |25|und weiteres Wachstum förderte, mit bedeutenden Städten wie Lübeck, Riga und Venedig. Die Hanse stellte einen mächtigen Städtebund dar, während Venedig, ähnlich wie Genua, eine mit dem klassischen Athen vergleichbare Seemacht befehligte. Die bevölkerungsreichste Stadt des lateinischen Christentums war Paris mit einer Einwohnerzahl von vielleicht 200.000 um 1300. Paris war nicht nur die Hauptstadt des mächtigsten Landes Westeuropas, sondern mit seiner angesehenen Universität auch ein bedeutendes geistiges Zentrum. In der Christenheit des Ostens gebührte diese Ehre Konstantinopel, welches bis zum 5. Jhdt. bereits eine Bevölkerungszahl von einer halben Million erreicht haben könnte, lange bevor der Florentiner Reisende Cristoforo Buondelmonti im frühen 15. Jhdt. seine schematische Vogelschau der in Folge ihrer traumatischen Eroberung während des 4. Kreuzzugs von 1204 etwas „reduzierten“ Reichsstadt erstellte. Die einzige europäische Stadt, die es größenmäßig mit Konstantinopel aufnehmen konnte, lag nicht im christlichen Westen, sondern auf der iberischen Halbinsel: das muslimische Córdoba.

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PLAN VON KONSTANTINOPEL, VON CRISTOFORO BUONDELMONTI, PERGAMENT, MITTE 15. JHDT. Das Buch des florentinischen Mönchs Buondelmonti, Liber Insularum Archipelagi, enthält eine Vogelschau von Konstantinopel, dem Zentrum des östlichen Christentums. Es ist die einzig bekannte Darstellung der Stadt vor ihrer Einnahme durch die Osmanen unter Sultan Mehmed II. im Mai 1453. Buondelmontis Darstellung der großartigen byzantinischen Stadt gibt die Befestigungsanlagen, die Theodosius II. 412–413 errichten ließ, exakt wieder, ebenso wie die Lage auf einer Landzunge, die vom Goldenen Horn (im Norden), dem Bosporus (oben rechts) und dem Marmarameer (unten) begrenzt wird. Nördlich des Goldenen Horns liegt der Handelsplatz Pera (heute Beyoğlu), eine Konzession an genuesische Händler, mit dem großartigen Galataturm. Wahrscheinlich hielt sich Buondelmonti in Pera auf, wo es vor genuesischen, venezianischen und anderen italienischen Händlern nur so wimmeln musste. Innerhalb Konstantinopels kann man neben der majestätischen und dominanten Hagia Sophia klar die Überreste des für Konstantin I. errichteten römischen Hippodroms ausmachen, mit der Justinian-Säule, einem der Überbleibsel der Mese, einer großen Prozessionsstraße, die zum kaiserlichen Palast führte. Neben diesem befindet sich der Haupteingang zur Stadt, das Goldene Tor.

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