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ORTE DES WANDELS
ОглавлениеBevor im Europa des 15. Jhdts. (und einige Jahrhunderte früher in China) das Zeitalter des Drucks eingeläutet wurde, wurden Karten auf verschiedenerlei Art produziert, größtenteils mussten sie aber von Hand gemalt werden. Die Entwicklung des Kupferstichs und später der Lithografie brachte Karten von größerer Beständigkeit hervor, der Farbdruck solche von wesentlich größerer Raffinesse; und das Aufkommen allgemein verbindlicherer Arten der Quantifizierung und Darstellung bedeutete, dass Karten für breitere Kreise lesbar wurden. Für frühere Karten gilt, dass sie oft nur zu verstehen sind, wenn man sie sorgfältig und mit viel Kulturbewusstsein studiert, was sich durch eine Betrachtung von Tenochtitlán aus zwei verschiedenen Blickwinkeln einfach veranschaulichen lässt.
Abgesehen davon, dass sie hervorragende Objekte für die Kartenerstellung abgaben, waren Städte, wenn auch vielleicht nicht gerade Orte der Chancengleichheit, so doch Orte, die dem Einzelnen die Chance boten, „sich zu verbessern“. Die anhaltende Abwanderung in Städte, die einen großen Teil der Besiedlungsgeschichte der letzten zwei Jahrtausende ausmacht, bestätigt diese Auslegung. Jeder Einwanderer steht für die individuelle Überzeugung, das Leben in der Stadt könne ein besseres Leben sein. Für viele erwies sich dies als trügerisch und ländlicher Mangel wurde ersetzt durch städtische Not. Nichtsdestotrotz war die soziale Kontrolle in den |27|Städten lockerer, weil schwerer durchzusetzen. Stadtbevölkerungen waren nicht notwendigerweise radikal in ihren politischen oder religiösen Ansichten, aber das städtische Leben war der Nährboden für die Entwicklung der meisten neuen Ideen.
Indem das vorliegende Buch diesen Themen nachgeht, beleuchtet es sowohl die Geschichte der Stadt als auch die der Herstellung von Karten. Es ist dies nicht nur deswegen eine so fesselnde Thematik, weil sie so vielfältig ist, sondern auch, weil sie Rechenschaft über dasjenige Umfeld ablegt, in dem ein Großteil der Weltbevölkerung gelebt hat, besonders jener Teil, der tonangebend in der politischen, ökonomischen, intellektuellen und kulturellen Gestaltung der menschlichen Angelegenheiten war.
Während manche Stadtpläne womöglich zunächst nur als Hilfsmittel für Auswärtige gedacht waren, geht es bei zahllosen anderen um weit komplexere und faszinierendere Fragen als nur die, wie man von A nach B kommt. Diese Karten stellen uns einen reichen historischen Fundus zur Verfügung, welcher das städtische Wachstum ebenso wie die Nutzung von Raum nachzuzeichnen erlaubt, einschließlich dessen absichtsvoller Neuordnung durch den Menschen. Eine Karte hilft nicht nur dem Neugierigen, die Welt um ihn herum zu verstehen, sie kann auch eine dynamische Wirkung entfalten, wenn es darum geht, konkurrierende Visionen menschlicher Entwicklung aufzuzeigen und Gestalt gewinnen zu lassen. Sie kann die vielschichtigen menschlichen Aktivitäten, die in städtischen Räumen stattfinden, aufzeichnen und sogar darlegen, wie ebendiese städtische Umgebung auf jene Aktivitäten zurückwirken kann. In anderen Worten: Karten unserer Städte eröffnen uns weit mehr als nur eine Vogelschau auf Straßenzüge, so ungeheuer faszinierend diese auch zweifellos sind, denn zumal in ihrer Eigenschaft als Infografiken bieten Karten historische und moderne Muster in Bezug auf Armut, Kriminalität, Krankheit, ethnische Siedlungsräume und zahllose weitere Daten unserer Betrachtung dar.
Metropolis ist in fünf chronologisch aufeinanderfolgende Kapitel unterteilt, die der Stadt auf Karten nachspüren, wie sie in all ihrer Vielfalt im Laufe des letzten halben Jahrtausends produziert wurden – von Asien bis Amerika, von der herkömmlichen Landkarte vergangener Tage bis hin zu den digitalisierten, dreidimensionalen und interaktiven Kartendarstellungen der GPS-Ära. Das Buch schließt mit einem Überblick darüber, wie man sich die zukünftige Stadt in vergangenen Zeiten vorgestellt hat und wie wir gegenwärtig das planen und bauen, was einmal die ökologisch nachhaltige Stadt der Zukunft sein soll, während wir zugleich die Reize, um derentwillen so viele in der Vergangenheit in die Städte gezogen sind, zu erhalten suchen.