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Kapitel 3

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Ich schloss die Haustür auf und betrat meine Wohnung. Meine Tasche ließ ich achtlos zu Boden fallen und schubste die Tür mit meinem Fuß zu. Nachdem ich den Mantel an die Garderobe gehängt hatte, begab ich mich ins Wohnzimmer.

Es war ein wirklich schöner Abend gewesen. Wir waren in diese Cop-Kneipe gefahren und hatten uns dort an die Bar gesetzt. Anfangs hatte ich mich ziemlich unwohl gefühlt, weil um mich herum offensichtlich nur Polizisten saßen, doch diese Unsicherheit verschwand ziemlich schnell. Wir bestellten uns alle ein Bier und schon nach kurzer Zeit herrschte eine ziemlich gelöste Stimmung. Wir waren nicht betrunken, immerhin mussten wir alle noch nach Hause fahren, aber trotzdem wurden unsere Gespräche immer munterer.

Es war fast schon so, als würde ich seit Jahren zu dieser Gruppe dazugehören. Vielleicht lag es daran, dass meine Schwester dieses Team leitete, aber ich wurde mit offenen Armen aufgenommen und niemand hatte sich beschwert, als ich mich der kleinen Gruppe zum Biertrinken angeschlossen hatte. Als wir die Kneipe schließlich verließen, war es schon 0.45 Uhr.

Ich ließ mich auf die Couch fallen. So lange war ich seit Jahren nicht mehr weg gewesen, schon gar nicht, wenn ich am nächsten Tag arbeiten musste. Doch so viel Spaß wie heute hatte ich ebenfalls schon ewig nicht mehr gehabt. Beim letzten Mal musste ich noch mitten im Studium gesteckt haben. Ich griff nach der Fernbedienung, entschied mich dann aber gegen das Fernsehprogramm.

Seufzend blickte ich auf die Uhr und stellte fest, dass es mittlerweile 1.20 Uhr war. Ich stand auf und lief in mein kleines Badezimmer. Durch die aufgedrehten Heizungen wurde es im Bad sehr schnell warm und ich legte mir zwei Handtücher zurecht. Danach entledigte ich mich meiner Kleider und stellte die Dusche an. Das heiße Nass lief wohlig über meinen Körper und es war, als würden alle Strapazen des Tages mit dem Wasser im Abfluss verschwinden. Als würden all die Akten aus meinem Kopf herausströmen.

Nach der Dusche wickelte ich mir eins der Handtücher um meine nassen Haare, während ich mich in das andere behaglich einkuschelte. Ich trocknete mich ab und zog meinen Pyjama an. Nachdem ich das Handtuch von meinen Haaren weggenommen hatte, entschied ich mich dagegen, sie zu föhnen. Sie konnten auch über Nacht trocknen. Also ergriff ich meine Zahnbürste und putzte mir die Zähne. Als ich damit fertig war, schaltete ich das Licht im Badezimmer aus und machte meine übliche abendliche Runde. Dabei überprüfte ich jedes Fenster und verschloss die Tür, weil ich unglaubliche Angst vor Einbrechern hatte. Viele hätten mich dafür wahrscheinlich ausgelacht, doch seit vor drei Jahren in meine Wohnung eingebrochen worden war, war ich sehr vorsichtig geworden.

Als ich meinen Rundgang beendet hatte, ging ich in mein Schlafzimmer und schloss die Tür hinter mir. Ich schaltete meine Nachttischlampe an, stellte den Handywecker auf sechs Uhr und ließ mich aufs Bett fallen. Während ich genüsslich die Decke nach oben zog, drehte ich mich auf die Seite. Dabei fiel mein Blick auf das Bild, das auf meinem Nachttisch stand. Es zeigte mich und Sophie als kleine Kinder. Glücklich lachend saßen wir im Park auf der Wiese. Damals war ich fünf und Sophie acht Jahre alt gewesen.

Wir waren in einem Waisenheim aufgewachsen. Unsere Eltern waren bei einem Autounfall gestorben, als ich kaum vier und Sophie gerade einmal sieben Jahre alt war. Zuerst hatten wir es gar nicht richtig realisiert, dass unsere Eltern nie wiederkommen würden. Wir dachten, dass sie nur weg wären, einkaufen oder so, und sicher bald wieder auftauchen würden. Doch sie blieben fort. Noch am Tag des Unfalls hatte uns eine Sozialarbeiterin abgeholt und in das Waisenhaus gebracht. Anfangs waren wir unter uns geblieben, ließen niemanden an uns ran. Wir trauerten auf unsere ganz eigene Weise, indem wir nicht sprachen. Fast zwei Jahre lang hatte niemand ein Wort aus uns herausbekommen. Doch mit der Zeit verarbeiteten wir den Tod unserer Eltern und fanden Freunde. Leider hatte keine dieser Freundschaften darüber hinaus Bestand, aber in jener Zeit der Trauer waren sie das Einzige gewesen, das uns dabei geholfen hatte, ganz normale Mädchen zu werden.

Ich seufzte und ein kleines Lächeln wanderte über meine Lippen, während ich mich erinnerte. Diese Erinnerungen waren das Einzige, was mich während meines stressigen Alltags wirklich glücklich machte. Natürlich davon abgesehen, dass ich meine Schwester jetzt wieder jeden Tag um mich haben konnte.

Langsam streckte ich meine Hand aus und knipste die Nachttischlampe aus. Dann schloss ich meine Augen. In meinem Kopf ging ich noch mal den Tag durch. Die Begrüßung des Teams, die vielen Akten, der neue Fall und natürlich der Kneipenbesuch am Abend. Und ein Gesicht tauchte immer wieder vor meinem inneren Auge auf, ohne dass ich es verhindern konnte. Es war Sams strahlendes Antlitz. Er war mir von Anfang an am sympathischsten gewesen. Anna und Lena waren ebenfalls supernett, aber bei Sam war es sofort anders gewesen. Er hatte mir zugelächelt, sobald ich ihn angesehen hatte, und mir sogar meine unterzeichneten Verträge persönlich vorbeigebracht. Natürlich konnte das auch Einbildung sein, aber ich hatte das Gefühl, dass er meine Nähe suchte. Aber noch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, war ich auch schon eingeschlafen.

Als am nächsten Morgen um Punkt sechs Uhr mein Wecker klingelte, hätte ich ihn am liebsten abgeschaltet und weitergeschlafen. Doch ich wusste, dass ich mich nicht vor meinem neuen Job drücken konnte, deshalb quälte ich mich aus dem Bett und lief verschlafen in die Küche. Ich machte mir einen Kaffee und trank diesen fast in einem Zug leer. Ohne dieses starke braune Gebräu war ich morgens einfach nicht wach zu bekommen. Ich zog mich um, bändigte meine Haare und schminkte mich.

Um sieben Uhr verließ ich meine Wohnung, stieg in meinen Wagen und fuhr los in Richtung Revier. Ich drehte das Radio laut auf, damit auch der letzte Rest Müdigkeit verschwand. Und mit Try von Pink klappte das auch ganz gut. Ich fuhr die noch sehr leeren Straßen entlang und blickte dabei kein einziges Mal in den Rückspiegel. Hätte ich das getan, wäre mir vielleicht der dunkelblaue SUV aufgefallen, der mich unablässig zu verfolgen schien. Doch so fuhr ich unwissend weiter und parkte schließlich vor dem Revier. Ich stieg aus, schloss mein Auto ab und lief in das Gebäude. Der Fahrer des SUV notierte sich etwas auf einem Notizblock, bevor er das Gaspedal durchtrat und davonfuhr.

Ich betrat im selben Moment den Aufzug, der gerade im Erdgeschoss angekommen war. Als ich im ersten Obergeschoss ausstieg und das Großraumbüro durchquerte, stellte ich fest, dass ich eine der Ersten war. Aber das war eigentlich kein Wunder. Immerhin hatte ich noch eine Menge Akten und Umzugskartons vor mir, die durchgearbeitet und ausgeräumt werden mussten. Ich schloss mein Büro auf und betrat den Raum.

Nachdem ich meine Tasche neben dem Schreibtisch abgestellt und den Stapel Papiere auf dem Tisch zurechtgerückt hatte, nahm ich seufzend die erste Akte und fing an, sie zu lesen. Doch meine Gedanken schweiften immer wieder zu dem Fall ab, den ich schon übermorgen vor Gericht verhandeln musste. Jener Prozess, in dem der Sohn des Bürgermeisters angeklagt und von meinem alten Mentor Johannes Benett verteidigt wurde.

Ein Klopfen riss mich aus meinen Gedanken. Ohne auf ein „Herein“ von mir zu warten, öffnete Sam die Tür und betrat mein Büro.

„Hey Sam. Was machst du denn schon so früh hier?“ Ich beschloss, ihm das Hereinplatzen nicht übel zu nehmen, da ich ihn nicht gleich am frühen Morgen nerven wollte. Und außerdem sah er mich mit einem Blick an, bei dem alles andere in Vergessenheit geriet.

„Das Gleiche könnte ich auch dich fragen“, lachte der Detective.

„Ich muss noch eine Unmenge an Akten bearbeiten und Kartons ausräumen“, erwiderte ich. „Und was ist deine Ausrede?“

„Na ja, ich wollte sehen, ob ich den Fall voranbringen kann.“

„Immer noch keine Verdächtigen?“

Sam schüttelte den Kopf. „Leider nein. Aber heute erhalten wir hoffentlich von der Forensik und den Computerspezialisten Hinweise auf den Täter.“

Ich blickte auf die zwei Kaffeebecher, die Sam in der Hand hielt, und fragte: „Ist einer davon zufällig für mich?“

„Oh ... äh ... ja, natürlich.“ Er hielt mir eine der Tassen hin, die ich nur zu gerne annahm. „Ich wusste nicht, wie du deinen Kaffee trinkst, also habe ich dir Milch und Zucker mitgebracht“, meinte er und holte aus seiner Jackentasche beides hervor.

„Danke“, lächelte ich und nahm sowohl Milch als auch Zucker entgegen. „Damit du es das nächste Mal weißt: ein Döschen Milch und ein Päckchen Zucker.“

„Ich werde es mir merken“, versprach mir Sam mit einem charmanten Lächeln.

Wenn ich mich nicht schon vorher etwas in ihn verguckt hätte, dann wäre dies spätestens jetzt geschehen. Er war einfach so nett und hilfsbereit.

„Also, ich muss dann mal wieder an die Arbeit“, meinte er. Ich nickte und er verließ mein Büro.

Als ich versonnen in meinem Kaffee herumrührte, fragte ich mich, ob Sam jedem Mitarbeiter morgens einen Kaffee brachte oder ob er das nur für mich gemacht hatte. Ich nippte an meinem Becher und verbrannte mir dabei fast die Zunge.

„Verdammt!“, zischte ich und verschluckte mich dabei auch noch. Ich hustete und konnte mich nur langsam wieder beruhigen. Den Kaffee schob ich erst mal zur Seite, damit er abkühlen konnte, und widmete mich wieder meiner Akte.

***

Zur gleichen Zeit kam auch Sophie auf dem Revier an und betrat das Großraumbüro. „Sam, was machst du denn schon so früh hier?“, fragte sie verwundert, als sie ihn vor der Pinnwand stehen sah.

Er drehte sich um, und während Sophie ihre Taschen neben ihrem Schreibtisch abstellte, antwortete er: „Ach, ich dachte, ich fange heute schon ein bisschen früher an.“

Sophie hakte nicht weiter nach, obwohl sie merkte, dass das nur die halbe Wahrheit war. Doch sie konnte sich keinen anderen Grund vorstellen, weswegen Sam, der ein totaler Morgenmuffel war und so gut wie jeden Tag zu spät kam, so früh da war.

Sie stellte sich neben ihn und gemeinsam betrachteten sie die Pinnwand. „Und hast du schon neue Erkenntnisse?“, fragte sie ihn.

Sam schüttelte den Kopf. „Nein. Leider nicht. Sagt uns die Forensik eigentlich Bescheid oder müssen wir runtergehen und nachfragen?“

Sophie lachte. „Nach der Nummer gestern werden sie wahrscheinlich anrufen.“

Leicht betreten senkte Sam den Kopf. „Und die Techniker?“

„Die haben mich auf dem Weg hierher schon angerufen. Sie haben wohl eine Nachtschicht eingelegt“, antwortete Sophie.

„Und haben sie etwas gefunden?“, fragte Sam hoffnungsvoll.

„Nein, nichts Ungewöhnliches. Ein paar Chats, ein paar SMS, keine ungewöhnlichen Anrufe oder Nachrichten.“ Sophie drehte sich zu ihrem Schreibtisch um, auf dem ihr Telefon klingelte, und ging ran.

Sam sah derweil zum Aufzug, aus dem Lena und Anna gerade heraustraten. Die beiden sahen noch ziemlich müde aus, aber nach der gestrigen Nacht war das auch kein Wunder.

„Guten Morgen, Anna-Lena“, meinte Sam schmunzelnd. Manchmal, wenn er die Kolleginnen ansprach, sagte er einfach Anna-Lena, um ihre Namen zu verbinden.

„Träume ich noch?“, fragte Anna.

„Sam ist vor uns da? Das kann nur ein Traum sein“, entgegnete Lena, doch die beiden Frauen hatten ein Grinsen auf dem Gesicht.

„Ja, ja, macht euch nur lustig über mich“, meinte Sam und drehte sich zu Sophie um, die immer noch mit ernster Miene telefonierte.

„Haben wir schon Neuigkeiten?“, fragte Anna und gesellte sich mit Lena zu Sam.

Dieser nickte. „Die Techniker haben eine Nachtschicht eingelegt und den Computer sowie das Handy durchleuchtet. Sie konnten allerdings keine ungewöhnlichen SMS oder Anrufe finden.“

Anna tippte diese Neuigkeiten in ihren Computer ein und Lena fügte hinzu: „Ach ja, die Spurensicherung hat in Nancys Zimmer überall Fingerabdrücke gefunden, die definitiv von unserem Opfer stammen. Sie war also ein ziemlich ordentliches Mädchen, denn der Täter war wohl nicht in diesem Zimmer.“

Anna nickte, tippte auch diese Informationen ab und druckte sie aus.

„Das ist aber auch immer eine Plackerei mit dem Ausdrucken“, kommentierte Sam. „Wir brauchen endlich mal richtige Tafeln, auf die man schreiben kann. Dieses Problem haben wir schon seit fast zwei Jahren und bisher hat niemand daran etwas geändert.“

„Vielleicht ändert Sophie ja etwas daran, immerhin ist sie jetzt stellvertretende Revierleiterin“, meinte Lena und heftete den Ausdruck an die Pinnwand. Aber bevor die drei ihre Diskussion weiterführen konnten, kam Sophie mit schnellen Schritten zu ihnen und sagte: „Zieht eure Jacken an. Es wurde ein weiteres Opfer gefunden.“

„Die gleiche Aufgabenverteilung wie letztes Mal“, bestimmte Sophie, als sie am Tatort eintrafen.

Sofort trennte sich das Team und Sophie duckte sich unter dem gelben Absperrband durch, das die Schaulustigen zurückhalten sollte.

„Jim, was haben wir hier?“, fragte sie den Gerichtsmediziner und kniete sich zu ihm.

„Der Tote ist ein Junge, etwa 14 Jahre alt. Kein Ausweis oder sonstige Papiere.“

„Ist die Todesursache das, wonach es aussieht?“, fragte Sophie.

Jim nickte. „Ja, Blutverlust durch die zahlreichen Schnittwunden.“

„Die gleiche Vorgehensweise wie das letzte Mal?“ Der Arzt griff neben sich und gab Sophie ein Tütchen, in dem sich zwei Münzen befanden. „Ich nehme an, die lagen auf den Augen des Opfers?“

„Genau. Und dieser Junge ist seit gestern Abend tot. Der Todeszeitpunkt liegt zwischen 19 und 23 Uhr. Weiter eingrenzen kann ich es erst, wenn ich ihn obduziert habe.“

„Danke, Jim.“ Sophie stand auf und ging zu Lena, die sich gerade mit Stan unterhielt. „Ich unterbreche euch beide ja nicht gerne, aber was hat die Spurensicherung am Tatort gefunden?“

Lena verabschiedete sich von ihrem Freund und erwiderte dann ihrer Vorgesetzten: „Nichts. Absolut nichts.“

„Also genau wie beim letzten Mord“, bekräftigte Sophie ihre Vermutung.

„Das gleiche Vorgehen?“, fragte Lena entsetzt.

Die andere Frau nickte. „Gefoltert, übersät mit Schnittwunden und Münzen auf den Augen.“

Sam stieß zu ihnen und berichtete: „Zeugen gibt es keine, aber ich habe die Frau befragt, die ihn gefunden hat. Sie sagte, als sie die Straße mit ihrem Hund entlanglief, hat er einfach nur dagelegen. Da es noch dunkel gewesen ist, hat sie ihn zuerst für einen Penner gehalten, doch als sie an ihm vorbeiging, bemerkte sie den Geruch und sah das Blut. Sie hat uns sofort alarmiert.“

Auch Anna kam nun herbei und hatte einiges zu erzählen. „Es sieht so aus, als hätten wir dieses Mal Glück mit den Überwachungskameras. Auf der anderen Straßenseite ist ein Geldautomat, der mit einer Kamera ausgestattet ist. Sie ist direkt auf diese Parkbank gerichtet.“

„In Ordnung. Das sind gute Neuigkeiten. Geh doch bitte zu den Polizisten am Absperrband und sag ihnen, dass sie die Leute und vor allem die Presse zurückhalten müssen. Das Letzte, was wir gebrauchen können, ist Sendezeit in den Lokalnachrichten.“

„Der gleiche Täter?“, fragte Anna.

„Ja. Jetzt haben wir es offensichtlich mit einem Serienkiller zu tun.“

„Konntet ihr den Toten schon identifizieren?“, fragte Sophie, nachdem sie zum Revier zurückgekehrt waren.

Lena, die gerade ein Bild aus dem Drucker nahm, nickte und antwortete: „Ja. Da wir davon ausgehen konnten, dass auch er vermisst wird, war es ein Kinderspiel. Der Junge heißt Ryan Togo. Er wird seit gestern vermisst. Der Täter wird anscheinend schneller.“

„Hast du eine Verbindung zu Nancy Tanner gefunden?“, wollte Sophie wissen.

„Leider nein.“

„Doch!“, rief Anna dazwischen und kam zu ihnen, einen Zettel mit ihrer rechten Hand hochhaltend.

„Na, dann lass mal hören“, kommentierte Sophie und sah ihre Kollegin gespannt an.

„Nancy Tanners Vater ist Cop. Genau wie Ryan Togos Mutter.“ Anna heftete den Zettel an die Pinnwand, auf dem in großen Lettern die Informationen über Ryan Togos Familie standen. „Sein Vater, Garry Togo, ist Maler und Lackierer und seine Mutter, Catherine Togo, ist ein Cop.“

„Dann überprüf bitte, ob Richard Tanner und Catherine Togo vielleicht mal eine Zeit lang auf dem gleichen Revier gearbeitet haben oder in einer Einheit oder einem Team waren. Vielleicht hat der Killer einen Hass gegen die Cops eines bestimmten Teams.“ Wie nah sie der Wahrheit mit dieser Theorie gekommen war, konnte Sophie zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen.

„Ich habe eine Idee“, meinte Sam plötzlich. „Wenn es sich tatsächlich um einen Serienkiller handelt, dann sollte er ein Motiv haben. Ich werde mal Lea Anderson anrufen. Vielleicht kann sie uns beim Täterprofil weiterhelfen.“

Lea Anderson war eine Psychologin, die dem 109. Revier schon bei mehreren Mordfällen hatte weiterhelfen können.

„Das ist eine gute Idee. Triff dich am besten mit ihr und nimm ein paar der Tatortfotos und Skizzen mit“, meinte Sophie und setzte sich an ihren Schreibtisch.

„Geht klar“, erwiderte Sam und kramte sein Handy aus der Hosentasche. Er entfernte sich, um ungestört telefonieren zu können.

„Lena, wie wäre es, wenn du Anna ablöst, damit sie das Überwachungsvideo des Geldautomaten sichten kann?“

Die Angesprochene nickte und fragte: „Haben wir denn schon einen Gerichtsbeschluss für die Kameravideos?“

***

Eine Weile später legte ich Sophie den verlangten Beschluss auf den Tisch. „Gib ihn gleich Anna“, meinte meine Schwester. „Sie kümmert sich um die Videos.“

Ich nahm das Dokument und brachte es Anna. „Hier ist der Gerichtsbeschluss für die Videos der Überwachungskameras.“

„Das hat aber lange gedauert, wollte Richter James ein wenig plaudern?“, fragte sie lächelnd.

Ich hatte mich mittlerweile an den Polizeihumor gewöhnt und verstand, dass diese Frage mit einem Dankeschön gleichzusetzen war. „War mir ein Vergnügen“, lachte ich und ging zurück zu Sophie. „Kann ich noch etwas für dich tun?“

Sie nickte. „Ja, besorg uns einen Beschluss, damit wir die Finanzen und Telefondaten der Familie Togo einsehen können.“

„In Ordnung“, erwiderte ich und wollte gerade zurück in mein Büro gehen, als Lena fragte: „Bist du denn mit den Akten und den Kartons endlich fertig?“

„Ja, ich bin heute Morgen extra ein bisschen früher gekommen, um das alles zu schaffen. Jetzt stehe ich euch voll und ganz zur Verfügung.“ Dann drehte ich mich um und verschwand in meinem Büro.

***

Sam erschien wieder im Büro und verkündete: „Wir haben Glück, Lea hat gerade Mittagspause.“

„Jetzt schon?“, staunte Sophie und blickte auf ihre Uhr. Es war erst halb zwölf.

Sam zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, aber sie will sich mit mir treffen. Allerdings muss ich dafür sofort los.“

„Und was ist das Problem? Wir haben einen Fall zu lösen, da zählt jede Sekunde.“

„In Ordnung. Ich melde mich, wenn ich auf dem Rückweg bin.“ Sophie nickte Sam zu, während dieser seine Jacke schnappte und zum Fahrstuhl lief.

Die Teamleiterin stand auf und ging zu Lena, die damit beschäftigt war, nach Verbindungen zwischen Richard Tanner und Catherine Togo zu suchen. „Und schon etwas entdeckt?“, fragte sie.

Lena schüttelte den Kopf. „Nein. Soweit ich das beurteilen kann, waren sie niemals zusammen in einem Team und haben auch nie im selben Revier gearbeitet.“

„Gibt es andere Verbindungen, waren sie im gleichen Fitnessstudio oder fuhren sie mit demselben Zug?“

Wieder schüttelte Lena den Kopf. „Nein. Die zwei dürften sich überhaupt nicht kennen, höchstens vom Einkaufen oder von einer kurzen Begegnung auf der Straße. Sie haben vermutlich noch nie miteinander gesprochen.“

„Also gut, dann müssen wir etwas anderes finden. Wenn Jenny den Gerichtsbeschluss für die Finanzen und die Telefondaten hat, dann überprüfe bitte beides.“ Lena nickte und Sophie stellte sich vor die Pinnwand. „Es muss doch eine Verbindung geben“, dachte sie. Doch sosehr sie sich bemühte, sie konnte keine finden.

„Hey Lea“, begrüßte Sam die Psychologin.

„Oh, hi Sam“, erwiderte diese und sie umarmten sich herzlich. „Lass uns doch ein Stück laufen“, schlug Lea vor und hakte sich bei dem Polizisten ein. Gemeinsam spazierten sie ein Stück, bevor Lea fragte: „Ihr habt also einen neuen Fall?“

Sam nickte. „Ja. Wir könnten deine Hilfe gebrauchen. Es handelt sich nämlich um einen Serienkiller. Könntest du ein Profil des Täters erstellen?“

„Ja, natürlich. Dem 109. Revier helfe ich doch gerne. Also, worum geht es denn bei diesen Fällen genau?“

Sam holte aus: „Ich fasse es mal kurz zusammen. Wir haben bisher zwei Opfer gefunden. Das erste war weiblich, das zweite männlich. Keine Gemeinsamkeiten außer der Todesursache und der Tatsache, dass jeweils ein Elternteil im Polizeidienst tätig ist.“

„Was ist denn die genaue Todesursache?“, fragte Lea.

„Zu hoher Blutverlust aufgrund zahlreicher Schnittwunden am ganzen Körper. Die Opfer müssen unfassbare Schmerzen erlitten haben.“

„Ich verstehe. Es ist also etwas Persönliches.“

„Etwas Persönliches?“

Lea nickte. „Ja. Sonst hätte er seine Opfer zum Beispiel auch einfach erschießen können. Er wollte ihnen aber bewusst Schmerzen zufügen.“

„Du sagtest er. Du vermutest also, dass es sich bei dem Täter um einen Mann handelt?“

„Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Täter ein Mann ist. Derart brutale Morde werden normalerweise nicht von Frauen begangen.“ Sie machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: „Besteht denn die Möglichkeit, dass ich mir die bisherigen Ermittlungsergebnisse mal genauer ansehen kann? Ich meine, wenn ich euch auf dem Revier nicht im Weg stehe.“

„Du stehst doch nie im Weg“, lachte Sam. „Ich denke, das dürfte kein Problem sein.“

„Sehr schön.“ Lea blickte auf ihre Uhr. „Tut mir leid, aber ich muss schon wieder los. Soll ich nach meiner nächsten Sitzung zu euch aufs Revier kommen?“

„Gerne“, freute sich Sam über das prompte Handeln der Psychologin. Lea verabschiedete sich von ihm und lief in die entgegengesetzte Richtung davon.

Die beiden hatten sich schon immer sehr gut miteinander verstanden, und wenn es um Profile von Serienkillern ging, dann war Lea für das 109. Revier immer die erste Wahl. Sie würde diesen Fall entscheidend vorantreiben, da war Sam sich sicher.

„Detective Parker, Mr und Mrs Togo sind jetzt im Konferenzsaal“, sagte Officer Carlson.

Sophie nickte ihrem Kollegen zu und wandte sich dann an Lena. „Kommst du mit?“

„Ich lasse dich das doch nicht alleine durchstehen“, erwiderte ihre Freundin und ging voran zum Konferenzsaal.

„Danke“, meinte Sophie und folgte ihr.

Nachdem sie sich vorgestellt und den Eltern des ermordeten Ryan die schlimme Nachricht so behutsam wie möglich überbracht hatten, begann Sophie die Befragung. „Mr und Mrs Togo, Ihr Verlust tut uns sehr leid“, setzte sie an.

Die Eltern, die noch gar nicht wirklich fassen konnten, dass ihr Sohn tot sein sollte, blickten auf. In ihren Gesichtern spiegelte sich Trauer, aber auch Angst wider.

„Wir müssen Ihnen ein paar Fragen über Ihren Sohn stellen, ist das in Ordnung?“

„Wenn wir damit helfen können, seinen Mörder zu überführen, natürlich“, erwiderte Catherine Togo entschlossen.

„Wann ist Ihr Sohn verschwunden?“, stellte Lena die erste Frage.

„Gestern. Er kam nicht von der Schule nach Hause. Zuerst dachten wir, er wäre bei einem seiner Freunde, um uns aus dem Weg zu gehen. Doch als er um zehn Uhr abends immer noch nicht zu Hause war, machten wir uns Sorgen“, erklärte Garry Togo, während er einen Arm um seine Frau legte.

„Aber dennoch haben Sie Ihren Sohn nicht als vermisst gemeldet“, stellte Lena fest. „Da drängt sich mir die Frage nach dem Warum auf.“

„Weil ich, wie Sie sicher wissen, ebenfalls Polizistin bin. Mir war klar, dass die Polizei die Vermisstenanzeige erst aufnehmen würde, wenn er 24 Stunden verschwunden gewesen wäre.“

Sophie nickte. Sie konnte gut verstehen, warum Catherine so aufgebracht war. Auch durch Wut konnte sich Trauer ausdrücken. Trotzdem wirkte das Ehepaar ziemlich gefasst. Der richtige Schmerz, der alles andere überdeckte, spielte sich im tiefsten Inneren der Eltern ab und würde mit voller Wucht zuschlagen, wenn sie das Geschehene realisierten.

„Hatte Ihr Sohn Streit oder Probleme in der Schule oder mit Freunden?“, führte Lena die Befragung weiter.

Wie auch schon Nancy Tanners Eltern antwortete Catherine mit „Nein“.

Lena öffnete die Akte, die vor ihr lag, und zeigte Garry und Catherine ein Foto des ersten Opfers. „Kennen Sie dieses Mädchen?“, fragte sie.

Doch selbst nach einigen Momenten des Nachdenkens kam Ryans Eltern Nancy nicht bekannt vor.

Als Sophie ihnen die Frage nach eventuellen Geldproblemen stellte, erwiderte Garry: „Wir sind zwar nicht gerade eine reiche Familie, aber Ryan kam mit seinem Taschengeld gut aus.“

Sophie zeigte ihnen die Münzen, die sie auf Ryans Augen gefunden hatten, doch auch Catherine und Garry konnten sich keinen Reim darauf machen. Die beiden Polizistinnen bedankten sich bei dem Ehepaar und verließen mit ihm gemeinsam den Konferenzraum. „Officer Carlson wird Sie in die Gerichtsmedizin begleiten. Wenn Sie gestatten, würden wir uns gerne das Zimmer Ihres Sohnes ansehen“, bat Sophie.

Catherine Togo nickte. „Natürlich. Ein Schlüssel liegt unter der Fußmatte.“

„Ist das für Sie in Ordnung, wenn wir uns bei Ihnen zu Hause umsehen, während Sie nicht da sind?“, wollte Lena wissen.

Catherine nickte und wandte sich ab, um in der Gerichtsmedizin ihren toten Sohn zu identifizieren.

Lena und Sophie begaben sich zu der Pinnwand, die sich langsam, aber sicher füllte.

„Anna, bist du mit dem Überwachungsvideo schon durch?“, fragte Lena.

Ihre Kollegin nickte. „Ja, das bin ich.“ Sie hob eine Hand, in der sie einen frischen Ausdruck hielt.

„Du hast ein Bild unseres Killers?“ Sophie war überrascht. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass der Täter so unvorsichtig gewesen sein könnte.

„Na ja, wie man es nimmt“, erwiderte Anna und präsentierte ihnen das Foto. Es zeigte eine schwarz vermummte Gestalt, die sich gerade von dem leblosen Körper des zweiten Opfers entfernte.

„Okay, zu früh gefreut“, seufzte Lena.

„Was hast du denn erwartet?“, wandte sich Anna an ihre Kollegin. „Ein Bild, auf dem man das Gesicht des Täters sieht?“

Lena zuckte mit den Schultern. „Auf so etwas hatte ich gehofft, ja.“

„So etwas gibt es nur in Filmen“, stellte Anna klar.

„Wie auch immer“, ging Sophie dazwischen. „Der Täter beachtet die Kamera gar nicht. Ich glaube nicht, dass er damit gerechnet hat, gefilmt zu werden.“

„Dieser Automat war so gut wie gar nicht zu übersehen. Der Killer hat Ryan Togo vermutlich nur wegen dieser Kamera dort abgelegt“, erklärte Anna.

„Du meinst, er wollte gefilmt werden?“, hakte Lena nach. „Aber warum denn?“

„Ganz einfach: Er will uns seine Überlegenheit demonstrieren, will uns vor Augen führen, dass er morden kann, ohne dass er erwischt wird.“

„Er will uns zeigen, dass er schlauer ist als wir“, fügte Sophie hinzu und sah ihre Kolleginnen besorgt an. „Das macht ihn noch gefährlicher, als er ohnehin schon ist.“

„Lea kommt in etwa einer halben Stunde vorbei, um sich den Fall genauer anzusehen“, warf Sam ein, der sich gerade zu den anderen Ermittlern gesellte, die sich immer noch vor der Pinnwand postiert hatten. „Und was habt ihr in der Zwischenzeit herausgefunden?“

„Der Täter spielt mit uns. Er will uns zeigen, dass er schlauer ist als wir“, klärte Sophie ihn auf.

„Und er wird mutiger. Das erste Opfer hat er drei Tage lang gefangen gehalten, das zweite nur einen einzigen“, fügte Lena hinzu.

Sam runzelte die Stirn. „Hat das denn wirklich etwas mit Mut zu tun? Ich meine, die Wahrscheinlichkeit, dass die Cops ihm auf die Schliche kommen, ist doch viel höher, je länger er seine Opfer gefangen hält. Er muss schließlich damit rechnen, dass nach den Kindern gesucht wird.“

„Da kann ich Sam nur zustimmen“, meinte Lea und trat von hinten auf die kleine Gruppe zu.

„Hattest du nicht noch einen Termin?“, fragte Sam verwirrt, bevor er seine alte Freundin erneut umarmte.

„Ja, eigentlich schon, aber das hat sich erledigt.“ Mit einem Blick auf die Pinnwand fügte sie hinzu: „Außerdem ist das hier viel wichtiger.“ Jetzt begrüßten auch Sophie, Lena und Anna die Psychologin. „Also, dann setzt mich doch bitte mal ins Bild, damit ich mit meiner Arbeit anfangen kann“, bat Lea.

Sophie begann, von den Fällen zu berichten. Von dem ersten Opfer Nancy Tanner, dem zweiten Opfer Ryan Togo und der Verbindung zwischen ihnen, angefangen bei der Todesursache.

Als Sophie mit ihrem Bericht fertig war, zeigte Anna Lea das Bild, das sie soeben ausgedruckt hatte. „Ich weiß nicht, ob dir das weiterhilft, aber so in etwa sieht unser Täter aus“, erklärte sie, während sie der Psychologin das Foto gab.

„Danke, Anna“, erwiderte diese und blickte weiterhin starr auf die Pinnwand. „Ist es möglich, dass ich die Akten über die Opfer und ihre Familien und natürlich die Einsatzberichte bekomme?“

„Natürlich, die müssten jeden Moment gebracht werden.“

„Und wie immer seid ihr perfekt vorbereitet und organisiert“, grinste Lea. „Kann ich wieder das Büro nutzen, das ich bereits bei unserem letzten Fall in Beschlag genommen habe?“, fragte sie.

„Nein, das geht leider nicht. Wir haben nämlich ein neues Teammitglied“, meinte Sam.

Lena bekräftigte: „Ja, wir haben jetzt eine Staatsanwältin, die direkt mit diesem Revier, speziell mit dem Morddezernat, zusammenarbeitet. Sie heißt Jenny Parker und ist ...“

„... Sophies Schwester“, vollendete Lea den Satz.

Sophie runzelte die Stirn. „Woher weißt du das? Du kennst sie doch gar nicht.“

***

In diesem Augenblick kam ich aus dem Pausenraum, meinen Kaffeebecher in der einen und einige Akten in der anderen Hand. Ich ging zu meiner Schwester und legte ihr die Papiere auf den Schreibtisch. „Hier sind die Akten, um die du mich gebeten hast.“ Als ich mich umdrehte und die Psychologin sah, stutzte ich. „Lea, was machst du denn hier?“ Ich stürmte auf meine alte Freundin zu und wir umarmten uns.

„Wie lange ist das jetzt her, Jenny?“, fragte sie und ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen.

„Das müssen schon fast zehn Jahre sein“, erwiderte ich und musterte meine einst beste Freundin. Sie hatte sich kaum verändert. Immer noch die gleichen rötlichen Haare und die fast schon smaragdgrünen Augen. „Wie geht es dir so?“, fragte ich.

„Gut, und wie es aussieht, dir auch“, lachte sie.

Ich nickte. „Ja, aber was machst du eigentlich hier?“, kam ich auf meine ursprüngliche Frage zurück.

Lea wies auf die Akten und die Pinnwand, während sie antwortete: „Ich bin Psychologin und arbeite öfter mit der Polizei zusammen, wenn es darum geht, Profile von Serienkillern zu erstellen. Und du hast dein Jurastudium also wirklich durchgezogen?“

„Ja, als ich diese Phase überwunden hatte, ging das Studium fast wie von selbst“, erwiderte ich.

„Ich unterbreche euch ja nur ungern, aber würdet ihr uns mal aufklären, woher ihr euch kennt?“, fragte Sam und sah uns verdutzt an.

Lea nickte mir zu und ich begann zu erzählen: „Wir waren drei Jahre in einer Klasse und haben gemeinsam den Schulabschluss gemacht. Danach haben wir uns leider aus den Augen verloren ...“ Ich drehte mich zu Lea um und diese hatte den gleichen glücklichen Gesichtsausdruck aufgesetzt, den ich in diesem Moment ebenfalls zur Schau getragen haben musste.

„So ungern wir euch aus euren Erinnerungen reißen, wir müssen einen Killer aufspüren“, meinte Sophie und blickte von mir zu Lea und wieder zurück.

Ich nickte. „Natürlich. Wenn das für euch kein Problem ist, dann würde ich Lea gerne in meinem Büro unterbringen.“

„Das geht in Ordnung, solange du sie nicht von ihrer Arbeit abhältst“, mahnte Sophie mich.

„Ich denke, das wird kein Problem sein“, bestätigte jetzt auch Lea.

Wir verabschiedeten uns vom Rest des Teams und begaben uns in mein Büro. Ich schloss die Tür und meine Freundin sah sich in dem Raum um. „Als ich das letzte Mal hier war, sah es noch ganz anders aus“, bemerkte sie mit einem Lächeln auf den Lippen.

„Ja, ich wollte es ein wenig gemütlicher gestalten.“ Hastig lief ich zu meinem Schreibtisch, um Lea ein Stück freizuräumen. Sie zog sich derweil einen Stuhl heran und setzte sich mir gegenüber. „Ich hätte nie gedacht, dass du das mit dem Psychologiestudium wirklich durchziehst. Nach meinem Wissensstand warst du drauf und dran, ebenso wie ich Jura zu studieren.“

Lea nickte bestätigend. „Das ist richtig, aber du weißt ja, dass das eigentlich nie mein Wunsch gewesen ist. Meine Mutter wollte unbedingt, dass ich Anwältin werde, nur weil sie selbst Jura studiert hat. Aber schlussendlich konnte ich mich durchsetzen und begann, Psychologie zu studieren.“

Wir redeten und redeten und bemerkten gar nicht, dass schon eine Stunde vergangen war, als Lea sich endlich an die Arbeit machen konnte. Auch ich widmete mich wieder meinen Pflichten und begann damit, die Anklage gegen den Sohn des Bürgermeisters vorzubereiten. Hin und wieder blickte ich zu der Frau mir gegenüber, die gebannt die Akten studierte, die vor ihr auf dem Schreibtisch lagen. Es tat gut zu wissen, dass sie noch immer meine Freundin war.

109th

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