Читать книгу Soulmates: Ruf der Freiheit - J.L. Langley - Страница 6

Kapitel 1

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»Verdammt, ich liebe deinen Mund.« Remis Kopf sank zurück ins Kissen. Seine Augen waren geschlossen, während er jede noch so kleine Empfindung genoss. Das Saugen an seinem Schwanz wurde stärker, als die clevere Zunge an seinem Schaft entlangtanzte.

»Oh, Fuck. Komm gleich. Stopp. Noch nicht…« Er bekämpfte den wachsenden Druck in seinem Inneren und krallte die Finger in die Haare. Indem er diese köstlichen Lippen von sich wegzog, versuchte er, das Unvermeidbare hinauszuzögern.

Ein sanfter, verführerischer Kuss kitzelte seinen Bauch und ließ ihn seinen Griff lockern. Sobald seine Hand zurück auf die Matratze fiel, wurde sein Penis erneut komplett geschluckt.

Er erschauderte und die Muskeln in seinem Hintern verspannten sich. Seine Hoden zogen sich dichter an seinem Körper zusammen und seine Beine spannten sich an. Ein Prickeln schoss seine Wirbelsäule entlang.

Nein, noch nicht. »Oh Gott, oh –« Die wundervolle Hitze um seinen Schwanz zog sich zurück. Remi entfuhr ein Geräusch, das halb Knurren, halb Lachen war. »Das ist gemein.«

Ein Schnaufen antwortete ihm, dann wurde seine Erektion gepackt und aufrecht festgehalten, ehe eine Zunge von der Spitze bis zu den Hoden entlangleckte. Wieder vergrub Remi seine Finger in dem dichten Haar, als er das Gesicht näher an seinen Schritt zog.

»Jaaaah, das fühlt sich gut an.«

Seine Beine wurden weiter nach oben gedrückt, sodass er noch mehr entblößt wurde, und die vorwitzige Zunge leckte an seiner Spalte, schlängelte sich tiefer…

Riiiing.

Das Lecken ging weiter. Mit aller Macht versuchte Remi, sich auf die feuchte Liebkosung seines Damms zu konzentrieren, auf den warmen Atem, der über seine Hoden strich. Das war so –

Riiiing.

Laut. So laut, als ob es direkt neben seinem Ohr wäre. Er sah sich um, seine Finger zogen sich aus dem dunklen Haar zurück. Er erinnerte sich nicht daran, dass dort ein Telefon gewesen wäre. Es klingelte wieder und die feuchte Hitze verschwand von seinem Schwanz. Was zum…?

Blinzelnd öffnete Remi die Augen, kniff sie aber gleich darauf wieder gegen das Sonnenlicht, das durch das Fenster schien, zu. Scheiße. Er hatte vergessen, den Vorhang zuzuziehen – oder eher die Decke, die er als Vorhang benutzte. Was für ein Tag war heute? Oh, ja, Samstag. Er hatte gerade eine Vierundzwanzig-Stunden-Schicht hinter sich gebracht und die nächste wartete bereits in den nächsten vierundzwanzig Stunden auf ihn.

Seine Morgenlatte pulsierte. Die feuchte Spitze lag auf seinem unteren Bauch. Mit einer Hand umschloss er die Erektion und drückte sie durch den dünnen Stoff seiner Unterhose. »Fuck.« Der Traum. Immer und immer wieder hatte er denselben verdammten Traum. Na ja, das Klingeln mal ausgeklammert. Das Telefon war neu –

Riiiing.

Mein Handy. Er angelte nach dem Telefon auf dem Nachtschrank und warf nebenbei einen Blick auf den Wecker. 07:02 Uhr morgens. Falls das Chay war, der mit ihm durch die Gegend rennen wollte, würde Remi ihn erwürgen.

Er griff nach dem Handy und klappte es auf, bevor es ein viertes Mal klingelte. »Ja?«

»Remi.« Sterlings Stimme brach. »Sie machen es schon wieder. Bitte komm her und hol mich, ich kann hier nicht bleiben. Du musst kommen.«

Remi schoss in eine sitzende Position hoch. Sein Atem kam abgehackt, sein Ständer schrumpfte in sich zusammen und wurde von einem Knoten in der Brust abgelöst.

»Wo bist du?« Er warf die Bettdecke zur Seite, sprang aus dem Bett und sah sich in derselben Bewegung bereits nach seiner Jeans um. »Sterling, wo bist du? Bist du im Haus?«

»Beeil dich, Remi. Sie sind schon seit sechs Uhr dabei.«

»Was? Warum hast du mich nicht eher angerufen?« Vom Fußboden am Ende des Bettes sammelte Remi eine Jeans auf. Loses Kleingeld flog aus den Taschen und verteilte sich auf dem grauen Teppich.

»Ich dachte, du bist mit Chay unterwegs.«

Er erstarrte. Das Herz rutschte ihm in die Hose und Kälte kroch seinen Nacken empor. »Psst. Sterling, ich hab dir doch gesagt, dass du ihn im Haus nicht erwähnen sollst. Wenn Dirk das hört –«

»Ich bin draußen.«

Das Handy zwischen Schulter und Ohr geklemmt, zwang Remi sich wieder in Bewegung und schüttelte die Hose aus. »Sterling, du darfst Dirk nicht mitbekommen lassen, dass ich immer noch mit Chay befreundet bin. Wenn er das herausfindet…«

Mit einem Fuß stieg er in die Jeans. Er wollte gar nicht daran denken, was passieren würde, wenn das Arschloch herausbekam, dass er immer noch mit der verdammten Schwuchtel rumhing. Nachdem er seinen anderen Fuß in die Jeans geschoben hatte, zog er sie über seine Hüften und schnappte sich das schwarze T-Shirt, das über dem Schreibtischstuhl beim Bett hing.

»Geh schon mal in Richtung Stadt los. Ich bin unterwegs.«

»Aber du musst ihn aufhalten.«

Den Teufel würde er tun. Was er tun musste, war, Sterling da rauszuholen, bevor der alte Sack beschloss, sich ihn vorzuknöpfen. »Tu, was ich sage, und lauf los.«

Remi bewegte sich schneller, zerrte sich das T-Shirt über den Kopf und riss seine schwarze Baseballjacke aus dem Schrank. Der Kleiderbügel flog an ihm vorbei und krachte klappernd gegen die Seite seines altmodisches Bettes, das wie ein übergroßer Schlitten geformt war. Als er das Hemd über seinen rechten Arm zog, rutschte ihm das Handy von der Schulter. Hastig griff er danach, jonglierte kurz damit herum und bekam es dann zu fassen, um es sich wieder zwischen Schulter und Ohr zu klemmen.

»Beweg dich endlich, verdammt noch mal. Leg auf und geh weg vom Haus.« Angesichts des schneidenden Tonfalls in seiner Stimme fuhr Remi zusammen. Er blaffte Sterling nicht oft derart an, aber er hatte Angst. Wenn irgendetwas passierte… wenn – Nein, daran würde er gar nicht erst denken.

»Mach ich doch. Ich gehe schon, aber Remi, was, wenn –«

Sekunde. Bedeutet das etwa –? Remi nahm das Handy vom Ohr und überprüfte die Nummer auf dem Display. Sterling rief von seinem Handy aus an. Wenn der Bastard Sterling mit einem Handy erwischte, würde er ihnen beiden den Arsch aufreißen. Dirk hatte Remi verboten, Sterling eins zu kaufen, weil der Kleine angeblich keins brauchte.

Der Witz des Jahrhunderts. Sterling brauchte unbedingt eins. Wie sollte er Remi sonst anrufen, wenn er in Schwierigkeiten steckte? Ganz sicher konnte er nicht das Festnetz im Haus benutzen. Was genau der Grund dafür war, warum Remi es gekauft und Sterling gesagt hatte, es zu verstecken. Und traurigerweise hatte er das Handy bereits mehrmals benutzt.

Remi klemmte das Telefon wieder ein und sah sich nach seinen Stiefeln um, die er schließlich am Fuß des Bettes entdeckte. Socken. Er brauchte auch noch Socken.

»Ich werd das nicht noch mal mit dir durchkauen. Sie will meine Hilfe nicht. Ich hab schon mehrmals versucht, ihr zu helfen. Man kann niemandem helfen, der deine Hilfe nicht will.« Scheiß auf die Socken. Er ließ sich auf dem Bettrand nieder, schnappte sich einen Stiefel und zwang seinen nackten Fuß hinein. Er schnürte ihn zu und griff nach dem anderen Schuh. Oh Gott, Sterling hat doch nicht – »Du hast nicht versucht, sie auseinanderzubringen, oder? Hat er dich geschlagen?«

»Nein. Ich hasse es, wenn er rumschreit. Ich bin aus meinem Fenster raus und hinten rum gegangen.«

Nachdem er den zweiten Stiefel zugebunden hatte, stand Remi auf und sicherte das Telefon mit einer Hand. »Gut. Versuch nie, dich zwischen sie zu stellen.«

Schlüssel, Schlüssel, Schlüssel, wo zum Teufel waren seine Schlüssel? Himmel, sein Zimmer versank im Chaos. Ach, Küche. Er hatte sie in der Küche liegen gelassen, als er letzte Nacht von der Feuerwache nach Hause gekommen war.

»Werd ich nicht. Beeil dich, Remi.« Sterlings Stimme zitterte, als würde er weinen.

Ich beeile mich ja schon. Mit einer Hand sammelte er seine Schlüssel und den Helm von der Anrichte, ehe er das Telefon wieder zwischen Ohr und Schulter klemmte, damit er die Tür abschließen konnte. Dann nahm er das Handy wieder in die Hand und joggte die Stufen von seiner Wohnung runter zu seinem Motorrad.

Er hasste es, das Gespräch abzubrechen, aber er hatte keine Wahl. »Ich lege jetzt auf. Ich bin in ungefähr zehn Minuten da.«

»'kay. Dann bis gleich. Ich gehe einfach weiter.«

»Gut, bis in ein paar Minuten.«

Remi klappte das Handy zu und stopfte es in seine Tasche. Er startete das Motorrad und setzte sich den Helm auf. Seine Hände zitterten so heftig, dass er ihn kaum festzurren konnte, aber irgendwie schaffte er es doch. Er musste zu Sterling. Falls das Arschloch das Haus verlassen sollte und Sterling weggehen sah…

Remis Kehle schnürte sich zu und erschwerte ihm das Atmen. Nein, nein, alles okay, Mom würde Sterling in Schutz nehmen und sagen, dass sie ihm erlaubt hätte, das Wochenende mit Remi zu verbringen; das tat sie immer. Aber sollte der alte Sack Sterling dabei erwischen, wie er wegging, und erkennen, dass er nicht rechtzeitig abgeholt worden war…

»Fuck.«

Rückwärts fuhr Remi vom Parkplatz unter dem Vordach herunter und steuerte das Reservat an.

***

Sterling stieg vom Motorrad, löste den Helm und zog ihn sich vom Kopf. Sein kurzes, schwarzes Haar stand in alle Richtungen ab. Remi glättete die abstehenden Strähnen.

Sterling hatte einen ordentlichen Wachstumsschub gehabt und war mittlerweile fast schon so groß wie Remi. Der Kleine wurde erwachsen und zudem ganz ansehnlich.

Die dunkle Färbung – Haut, Haare, Augen – hatte er von ihrem Apachen-Vater geerbt. Von ihrer weißen Mutter hatte er die weicheren Gesichtszüge und die gerade, schmale Nase abbekommen, die sich am Ende ein wenig nach oben bog. Sein Gesicht war weniger kantig als bei den meisten Apachen, obwohl er die hohen Wangenknochen ihres Vaters geerbt hatte. Zweifellos würde er die Frauen in ein paar Jahren mühelos um den Finger wickeln, wenn er das nicht schon längst tat.

»Dankeschön.« Sterlings Unterlippe zitterte leicht, dann nahm er einen tiefen Atemzug und reichte Remi den Helm zurück. Mit den Fingern fuhr er sich durch die Haare und sammelte sich wieder.

»Du brauchst mir nicht zu danken. Dafür bin ich doch da.« Er nahm ihm den Helm ab und befestigte den Gurt am Lenker. In der Hektik, seinen Bruder zu erreichen, hatte er komplett vergessen, zwei Helme mitzunehmen. Glücklicherweise galt die Helmpflicht per Gesetz nur für Unter-Achtzehnjährige. Seiner Meinung nach eine total dämliche Regelung – jeder sollte einen Helm tragen –, aber er hatte keine andere Wahl gehabt, als ohne Helm zu fahren.

Er legte einen Arm um die Schultern seines kleinen Bruders und führte ihn in Richtung des Restaurants. Mit der Armbeuge drückte er Sterlings Nacken und brachte so gleichzeitig ihre Köpfe dichter zusammen. Sein Herz hämmerte immer noch heftig, wie jedes Mal, wenn er einen Anruf von seinem Bruder bekam.

Sterling schlang einen Arm um Remis Taille und drückte ihn kurz, zog dann aber die Schultern hoch und ging einen Schritt schneller. »Okay, Kumpel, du zerstörst meinen Ruf. Ich bin keine sechs mehr.«

Remi lachte leise und gab der Schulter des kleinen Scheißers einen Stoß. Etwas von der Anspannung fiel von ihm ab, als Sterling sich allmählich wieder wie ein Vierzehnjähriger benahm.

»Kröte. Ich lade dich zum Frühstück ein und das ist der Dank dafür.«

Mit einem Nicken öffnete Sterling die Tür zum Diner und hielt sie für Remi auf. »Hm-hm.«

Eine Vielzahl von Gerüchen attackierte Remis Nase, die sich daraufhin kräuselte. Gott. Würde er sich jemals an all diese starken Gerüche gewöhnen? Für seine Sinne war es die Hölle, ein Werwolf zu sein.

Eine Platzanweiserin trat hinter dem Empfangspult hervor und begrüßte sie. Lächelnd reckte sie ihre Brüste ein wenig vor und ging zum Tresen hinüber, wo sie die Speisekarten und in eine Serviette eingewickeltes Besteck aus der Ablage an sich nahm, ehe sie fragte: »Für zwei?«

»Ja«, antwortete Remi, während sein Blick auf seinem Bruder ruhte und er gleichzeitig versuchte, die auf ihn einstürmenden Gerüche auszusperren.

Mit Sterling schien alles okay zu sein, aber Remi ließ sich nicht so leicht täuschen. Er wusste, wie furchteinflößend die Situation war. Der Kleine hielt sich gut. Jetzt, da er vom Haus weg war, war er viel ungezwungener, aber Scheiße wie diese ließ sich nun mal nicht so leicht abwaschen. Remi wusste das aus eigener Erfahrung. Sein ganzes Leben lang hatte er damit klarkommen müssen.

Seufzend nahm er in der Nische, die ihnen die junge Frau zugewiesen hatte, seinem Bruder gegenüber Platz. Sie überreichte ihnen die Speisekarten und beugte sich dann deutlich weiter als nötig über den Tisch, um das Besteck abzulegen.

Wow, daher kam also dieser überwältigende Blumenduft. Hatte sie in dem Parfüm gebadet? Was machte sie da überhaupt? Remi sah auf und bekam einen ziemlich guten Ausblick geboten. Himmel, der Frau fiel gleich etwas aus ihrer weißen Bluse. Remi wandte den Blick von ihren Brüsten ab, nur um gleich darauf ihrem zu begegnen.

»Ihre Kellnerin heißt Sally, sie kommt sofort zu Ihnen.« Sie zwinkerte. »Aber lassen Sie es mich wissen, falls es da etwas gibt, das ich für Sie tun kann.«

Hatte ihre Stimme schon so einschmeichelnd geklungen, als sie sie vorhin begrüßt hatte? Remi nickte und schenkte ihr ein höfliches Lächeln. Normalerweise hätte er zurückgeflirtet, aber unter den gegebenen Umständen war er nicht in der Stimmung.

Außerdem sagte ihm ihr Geruch nicht zu. Und das war eindeutig zu skurril, um länger darüber nachzudenken. Die Verrücktheiten, die damit einhergingen, ein Werwolf zu sein, hörten nie auf, ihn zu erstaunen.

Sterling grinste von einem Ohr zum anderen und klimperte mit den Wimpern. »Oh, das wird er, da bin ich mir ganz sicher.«

Remi biss sich auf die Unterlippe, um ein Lachen zu unterdrücken, und zog eine Augenbraue in Richtung der Kröte hoch. Die Platzanweiserin lächelte Sterling an, ehe sie Remi noch mit einem letzten Blick bedachte und dann verschwand.

Remi wartete, bis sie außer Hörweite war. »Was sollte das denn?«

Sterling zuckte mit den Schultern, aber seine Augen leuchteten vor Schadenfreude. »Hab nur versucht, dir zu helfen. Die steht total auf dich. Außerdem hast du mich schon immer als Frauenmagnet benutzt. Da dachte ich, ich dreh das noch ein bisschen höher. Du brauchst eine Freundin.« Sterling wickelte das Besteck aus der dunkelgrünen Stoffserviette.

»Ich benutze dich nicht als Frauenmagnet. Du scheinst sie nur immer von alleine anzuziehen.« Was absolut der Wahrheit entsprach. Remi hatte Sterling nie mitgenommen, um die Aufmerksamkeit von Frauen auf sich zu ziehen.

Nichtsdestotrotz hatte er sehr schnell herausgefunden, dass ein Teenager, der ein Kind mit sich herumschleppte, genau das tat. Scheiße, sogar als Remi Anfang zwanzig und Sterling in der Grundschule gewesen war, hatte er noch Telefonnummern zugesteckt bekommen und Angebote erhalten, bei denen er Sterling für gewöhnlich die Ohren zuhalten musste.

»Und ich brauche keine Freundin.« Ganz besonders keine, die in Parfüm badete.

»In letzter Zeit hattest du nicht gerade viele Dates.«

»Und wann genau wurdest du zu meinem Aufpasser ernannt?«

»Ich dachte…« Erneut zuckte Sterling mit den Schultern. »Sorry. Ich hab nur versucht, zu helfen. Du scheinst einsam zu sein. Du hängst kaum noch mit Chay rum und bleibst neuerdings lieber für dich allein – außer, du bist mit mir zusammen. Sie war hübsch, oder?«

Remi langte über den Tisch und griff nach Sterlings Hand. Er musste das hier auf der Stelle im Keim ersticken. Das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, während er versuchte zu lernen, ein Werwolf zu sein, war eine Freundin.

»Sie war ganz okay. Aber ich meine das ernst. Wenn ich ein Date will, organisier ich mir selbst eins.«

»Du solltest mit Chays Assistentin ausgehen. Tina ist nett.« Sterling grinste.

Aus irgendeinem unerfindlichen Grund tauchte Tinas Bruder, Jake, vor seinem inneren Auge auf. Jake war groß, dunkel und auf eine wilde, raue Art attraktiv. Und außerdem sprach er Remis Geruchssinn an.

Remis Schwanz wurde hart und er hätte schwören können, dass er Jake riechen konnte, aber es war nur seine Einbildung. Selbst wenn Jake tatsächlich im Restaurant gewesen wäre: Wer hätte bei den ganzen Leuten hier drinnen überhaupt irgendetwas riechen können? Und warum zur Hölle wurde er immer hart, wenn er an Jake dachte? Jake war ein Mann.

Remi stöhnte. Er sollte seinen Bruder davon abhalten, für ihn den Verkuppler zu spielen, und nicht versuchen, seine seltsamen Reaktionen auf einen anderen Mann zu analysieren. »Sterling…«

»Hmmm, was will ich denn essen?« Immer noch lächelnd, wandte Sterling den Blick ab, schnappte sich die Speisekarte und schlug sie auf. Ein rötlicher Fleck blitzte unter dem Ärmel seines langärmligen Shirts hervor. Es sah aus wie...

Das Übelkeitsgefühl, das Remi bis dahin verbannt hatte, kehrte mit aller Macht zurück. Es fühlte sich an, als hätte ihm jemand ein Messer ins Herz gerammt. Er packte Sterlings Hand und der ließ die Karte fallen.

»Was –?«

Remi zerrte den Ärmel beiseite und begutachtete die Blutergüsse. Sie entsprachen exakt der Form einer Hand. Jemand hatte Sterling am Handgelenk festgehalten – kräftig festgehalten. Weiter oben an seinem Arm wurden die Flecken größer.

Übelkeit stieg in Remis Hals hoch und ließ ihn hart schlucken. Er biss die Zähne zusammen und seine Sicht trübte sich. Wenn dieser Hurensohn Sterling wehgetan hatte…

»Wann? Wann ist das passiert? Hat Dirk dich geschlagen? Wo bist du sonst noch verletzt?« Er knurrte, obwohl er – sehr erfolglos – versuchte, die Wut aus seiner Stimme herauszuhalten.

Prügel, die er in der Vergangenheit bekommen hatte, geisterten durch sein Bewusstsein. Die Angst, der Schmerz und die Wut hatten mit dem Alter nicht nachgelassen. Es war schon schlimm genug, dass Sterling Zeuge der Gewalt ihres Vaters gegenüber ihrer Mutter und hin und wieder sogar gegenüber Remi geworden war, aber Remi würde um nichts in der Welt zulassen, dass der Bastard seinen kleinen Bruder schlug.

»Antworte mir.«

Sterlings Augen weiteten sich erschrocken. Langsam schüttelte er den Kopf. »Er hat mich nicht geschlagen.«

Noch nicht. Ihr Vater hatte Sterling noch nicht geschlagen, aber er würde es tun. Remi stand kurz davor, sich zu übergeben. Sogar jetzt noch, nach all der Zeit, hatte er panische Angst davor, dem alten Sack gegenüberzutreten, und hasste sich selbst für diese Schwäche. Irgendwie hatte er sich selbst eingeredet, dass schon alles in Ordnung kommen würde, wenn er nur der vorbildliche Sohn war. Er hatte versprochen, sich zu benehmen, solange Sterling nicht verletzt wurde, aber jetzt hatte er seinen Bruder aufgrund seiner eigenen Angst in diese Lage gebracht. Er hätte sich den Kleinen schon vor Jahren schnappen und mit ihm weglaufen sollen. Warum hatte er bloß geglaubt, dass das Arschloch seinen Teil der Abmachung einhalten würde?

Remi schloss die Augen und nahm einen tiefen Atemzug. Ein warmer, frischer Geruch stieg in seine Nase und ein Gefühl der Ruhe überkam ihn. Nein, nicht wirklich Ruhe, er war alles, nur nicht ruhig. Es war seltsam, eher ein Gefühl der Sicherheit, als würde sich seine körperliche Anspannung ein wenig lösen, wenn sich nicht sogar der Nebel um seinen Kopf ein wenig lichtete.

Eine Hand legte sich auf seine Schulter. »Remi. Ein Glück, dass ich dir hier über den Weg laufe. Ich hab etwas für dich, kannst du mit nach draußen kommen?«

Remi sah auf und direkt in ein kantiges Gesicht mit fast schwarzen Augen. »Jake, hey, äh…« Es war Jake gewesen, den er zuvor gerochen hatte.

Mit einem kurzen Blick auf Sterling legte Jake eine Hand um Remis Oberarm und zog daran. »Entschuldigst du uns kurz für einen Moment?«

Sterling murmelte etwas, aber Remi war zu beschäftigt damit, sich zu fragen, warum Jake ihn von seinem Platz zerrte, um die Worte zu verstehen. Ihm schwirrte der Kopf, sodass er kaum mitbekam, wo oben und unten war. Für einen ausgebildeten Feuerwehrmann eine ziemliche Seltenheit, aber in Anbetracht der Umstände und Jakes Nähe bezweifelte Remi, dass ihm das irgendjemand zum Vorwurf machen konnte. Nicht, dass er irgendjemanden wissen lassen würde, was Jake für eine Wirkung auf ihn hatte…

Stolpernd kam Remi auf die Füße. Er hatte gar keine andere Wahl, so wie Jake weiterhin an ihm herumzerrte. Was zur Hölle? Warum führte Jake ihn aus dem Diner? Auf halbem Weg zur Tür mobilisierte Remi genug Kraft, um seinen Arm zurückzuziehen.

»Was –?«

»Deine Augen. Komm schon.«

Hä? Seine Augen? Fuck. Alles um ihn herum war schwarz-weiß. Was vermutlich Jakes Schuld war. Jedes Mal, wenn Jake nur noch einen Meter von ihm entfernt stand – Oh Scheiße. Was, wenn Sterling was mitbekommen hatte?

Er folgte Jake zur Tür hinaus und zu seinem SUV, während er sich gleichzeitig darauf konzentrierte, Farben zu sehen, genau so, wie Keaton es ihm beigebracht hatte.

Jake öffnete die Wagentür und schob ihn auf den Sitz. Remi setzte sich und sah zu seinem… tja, seinem Freund auf. Während der letzten Monate, seit Remi ein Werwolf geworden war, war Jake zu einem Freund geworden. Trotz seiner Anstrengung, den anderen Mann zu meiden, fand Remi sich in Vollmondnächten für gewöhnlich doch an Jakes Seite wieder und sie gingen zusammen jagen.

»Wo bist du so plötzlich hergekommen?«

Den Arm gegen die Tür abgestützt, starrte Jake Remi an. Er nahm die verspiegelte Sonnenbrille, die er ins Haar hochgeschoben hatte, und reichte sie ihm. Verdammt, Jake war so groß... Er nahm die Sonnenbrille entgegen und setzte sie auf, dann schüttelte er den Kopf, um ihn freizubekommen.

»Ich hab dich gewittert, als du reingekommen bist. Ich wollte rüberkommen und kurz Hallo sagen, nachdem ich fertig gefrühstückt hatte, aber dein Geruch hat sich geändert. Also hab ich gedacht, ich versuche besser, dir zu helfen, die Dinge in den Griff zu bekommen.« Stirnrunzelnd sah Jake zum Diner hinüber und dann zurück zu Remi. »Alles okay?«

Zum Teufel, nein, nichts war okay. Er verspürte nicht länger den Adrenalinrausch, der von seiner Wut angestachelt worden war, aber nun musste er sich gegen seine Erregung zur Wehr setzen. Stöhnend vergrub Remi das Gesicht in den Händen. Verdammter Chay. Hatte ihn in einen Werwolf verwandelt und es geschafft, sein Leben noch komplizierter zu machen.

Remi hob den Kopf. »Alles gut.«

»Du wirst immer grundlos innerhalb weniger Sekunden wütend und dann panisch? Ja, klar, verarschen kann ich mich selbst. Was ist los, Remi?«

Wo er gerade von Arsch sprach… Jakes Arsch war… Und wo zur Hölle kam dieser Gedanke jetzt her?

Remi seufzte und für einen Moment dachte er darüber nach, Jake alles zu erzählen, aber er tat es nicht. Er hatte noch nie über Dirk gesprochen. Nicht einmal mit seinen Freunden. Auf keinen Fall würde er riskieren, dass noch jemand – insbesondere ein Freund – da reingezogen wurde. Er sah geradewegs in Jakes dunkle Augen und hoffte, dass er es einfach auf sich beruhen lassen würde.

»Das ist mein kleiner Bruder da drin.«

Jake wandte den Kopf und blickte zurück zum Diner. »Hab ich mir schon gedacht. Hübsches Kerlchen. Er sieht aus wie du.«

Remi folgte Jakes Blick und entdeckte Sterling am Fenster, ehe der sich außer Sichtweite duckte und zurück zu ihrem Tisch huschte. Er grinste. Ja, Sterling sah aus wie er, von den Augen mal abgesehen. Sterling hatte Dirks braune Augen. Nein, er hatte die Augenfarbe des Arschlochs. Sterlings Augen waren nicht so verschlagen und tot wie die des Hurensohns.

»Allerdings hab ich das nicht gefragt.«

Remi seufzte. War ja klar. Jake würde es nicht auf sich beruhen lassen.

»Ich will nicht drüber reden.« Er musste sich zusammenreißen und wieder reingehen. Jake zu erzählen, was er für ein Feigling war, wenn es um seinen Vater ging, kam nicht in Frage. Er musste mit seinen eigenen Verfehlungen leben. Das hier war sein Problem und er musste es in den Griff bekommen. Und dazu musste er mit Sterling sprechen. Farben. Konzentrier dich.

»Blau.«

»Hm?«

»Du trägst ein blaues Hemd.« Ein enges, dunkelblaues Hemd, unter dem sich Jakes Brustmuskeln abzeichneten und – Fuck, er sah schon wieder nur schwarz-weiß. Er musste sich auf irgendetwas anderes als Jake konzentrieren.

Jake lachte leise, ein tiefer, dunkler, sexy Laut. Der Kerl hätte damit ein Vermögen im Radio machen können. »Sie haben sich zurückverwandelt, nicht wahr?«

»Hat sich mein Geruch wieder verändert?«

»Japp.«

Konnten Werwölfe gegenseitige Anziehung riechen? Gott, er hoffte nicht. Er konnte es zumindest nicht. Nein, das stimmte nicht, er konnte alle möglichen Gerüche wahrnehmen, die die Menschen verströmten, aber er wusste nicht, was sie im Einzelnen bedeuteten.

Er lernte immer noch, die Beute zu wittern und die unterschiedlichen Düfte der Natur auseinanderzuhalten, wenn er jagen ging. Wie peinlich war es bitte, dabei erwischt zu werden, auf einen anderen Kerl scharf zu sein? Er war nicht schwul, verdammt noch mal.

Remi sah an dem großen Mann vorbei auf das Auto, das neben dem SUV parkte. Welche Farbe hatte es?

»Lass mich dir helfen, Remi.« Jakes tiefe Stimme klang weich wie eine Liebkosung. »Ich möchte dir helfen.«

Die Aufrichtigkeit in dem Tonfall war Remis Untergang. Mit geschlossenen Augen ließ er den Kopf nach vorne sinken. Scheiße, einfach unglaublich. Das kleinste Anzeichen von Besorgnis und er knickte ein.

Nein, das stimmte nicht, es lag an Jake. Remi hatte nie ein Problem damit gehabt, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, wenn seine Freunde versucht hatten, ihm zu helfen. Er hatte immer gewusst, dass ihre Hilfe alles nur noch schlimmer machen würde, nicht nur für ihn, sondern für jeden, der involviert war.

Aber mit Jake… irgendetwas an dem Mann gab Remi das Gefühl, dass er immer für ihn da sein würde.

Jakes Hand legte sich auf seine Schulter. »Tief durchatmen. Entspann dich. Wenn du dich wieder aufregst, hilft das bestimmt nicht dabei, deine Augen wieder normal werden zu lassen.«

Mit einem Nicken richtete er seine Aufmerksamkeit wieder an Jake vorbei und atmete tief durch. Irgendetwas strich über seine Wange und ließ ihn perplex zurück. Mit einem Ruck setzte Remi sich aufrecht hin und versuchte, herauszufinden, was gerade passiert war.

Jake starrte ihn an, die Augen riesengroß, und trat zurück.

Oh Fuck. Er hatte sich gegen Jakes Hand gelehnt und seine Wange an ihr gerieben. Was zur Hölle hatte er sich dabei gedacht? Er sah nach unten und versuchte, gelassen zu reagieren. »Tut mir leid, ich… äh, ich –«

»Kein Problem. Du hast mich nur überrascht. Erzähl mir von deiner Familie. Was ist mit Sterling?«

Meine Familie? Remis Kopf schoss hoch. Woher weiß er, dass es etwas mit Sterling zu tun hat? Wie hatte er vergessen können, dass Jake ein Privatdetektiv war? Vielleicht konnte er tatsächlich helfen...

»Kannst du jemanden für mich überwachen und Informationen über ihn einholen?« Er wusste verdammt genau, dass sein Vater ein korrupter Bulle war – genau das machte ihn ja so gefährlich. Aber vielleicht konnte Remi es beweisen und die Information den richtigen Leuten zuspielen und dabei müsste niemand erfahren, dass er oder Jake etwas damit zu tun hatten.

Jake legte den Kopf schief. »Darüber musst du mir erst mehr erzählen, aber ja, kann ich machen.«

Remi entspannte sich. Jetzt, da er sich eine Art Plan zurechtgelegt hatte, fühlte er sich deutlich besser. Er hatte zwar keine Ahnung, woher er die Kohle nehmen sollte, um Jake zu bezahlen, aber er würde sich schon etwas einfallen lassen. Sterling davor zu bewahren, was er selbst durchgemacht hatte, war es definitiv wert.

Er stand auf und Jake trat noch einen Schritt zurück, jedoch nicht schnell genug, bevor Remi einen ausgiebigen Hauch von ihm erhaschen konnte. Verdammt, er roch wild und männlich und – er tat es schon wieder. Wenn er wirklich zuließ, dass Jake ihm half, musste er unbedingt diese Vernarrtheit loswerden.

Remi schlug die Tür zu und wollte Jake die Sonnenbrille zurückgeben, aber der schüttelte den Kopf. »Behalt sie. Du wirst sie vielleicht noch mal aufsetzen müssen.«

Mit einem Nicken schob sich Remi die Sonnenbrille ins Haar. War wahrscheinlich keine schlechte Idee, wenn man bedachte, dass Jakes Nähe ihn immer total aus dem Konzept brachte.

»Na komm, ich stell dir meinen kleinen Bruder vor. Du kannst dein Frühstück mit zu uns an den Tisch bringen.«

Soulmates: Ruf der Freiheit

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