Читать книгу Soulmates: Ruf der Freiheit - J.L. Langley - Страница 8
Kapitel 3
ОглавлениеJake warf die Tür seines Tahoes zu und ging zum Kofferraum, um die Kühlbox, die er mitgenommen hatte, herauszuholen. Nachdem er die Klappe wieder geschlossen hatte, ging er um das Schulgebäude herum nach hinten zu den Spielfeldern. Er hatte Sterling bei Remi abgesetzt und ihm versprochen, sich hier wieder mit ihnen zu treffen, dann war er nach Hause gefahren, um sich umzuziehen. Jetzt musste er sie nur noch finden...
Er entdeckte sie ohne Probleme. Eine Frau joggte um das Spielfeld herum und ein alter Mann, der aus einer braunen Papiertüte trank, saß unter einem Baum bei den Schaukeln, aber davon mal abgesehen, waren Remi und Sterling die Einzigen weit und breit.
Als Jake näher kam, warf Remi den Football mit perfekter Drehung direkt zu Sterling. Jake stieß einen anerkennenden Pfiff aus. Das war ein eindrucksvoller Pass. Der Kleine musste nicht mal einen Schritt zur Seite machen. Der Ball flog ihm direkt in die Arme.
Sterling rannte zurück zu Remi und warf ihm den Ball wieder zu, ehe er an seiner Seite in Stellung ging. Mit der freien Hand bedeutete Remi ihm, loszulaufen. Dann trat er ein paar Schritte nach hinten und warf den Ball. Erneut flog er in einer engen Spirale genau zu Sterling.
Der Kleine war ziemlich gut. Offensichtlich war er ein hervorragender Fänger, aber Jake war nicht sicher, wie viel Übung er tatsächlich bekam, wenn er mit jemandem trainierte, der so gut warf wie Remi. Vielleicht würde Jake nächstes Wochenende ein paar Freunde zusammentrommeln und schauen, dass sie ein Trainings-team für den Kleinen auf die Beine stellen konnten. Es würde ihm sicherlich gut tun, sich durch eine Defense kämpfen zu müssen.
Etwa drei Meter von Remi entfernt stellte er die Kühlbox ab, ehe Jake sich umsah und Sterling erneut dabei beobachtete, wie er auf sie zugejoggt kam. »Ich bin beeindruckt. Das war ein verdammt guter Pass.«
Remi zuckte zusammen, da er ganz offensichtlich überrascht worden war. Seine Sonnenbrille rutschte ihm ein Stück von der Nase. »Ja. Schätze, ich hab's immer noch drauf.«
Jake grinste. Er würde mit ihm daran arbeiten müssen, seine Sinne anständig zu benutzen. »Ich hab uns Wasser mitgebracht.« Die Sonnenbrille auf Remis Nase war die Oakley, die er für gewöhnlich immer trug, nicht die verspiegelte Ray-Ban. Jakes Sonnenbrille klemmte am Kragen von Remis Tanktop.
Jake griff nach ihr und setzte sie auf. »Was meinst du mit immer noch?«
»Ich hab in der Highschool gespielt.«
Keuchend kam Sterling vor ihnen zum Stehen. Er trug ebenfalls ein Tanktop, aber seine Arme waren von blauen Flecken übersät. Nachdem er Remi den Ball zugeworfen hatte, stützte er die Hände auf den Knien ab.
»Er war Quarterback in dem Jahr, als unsere Highschool es bis in die Regionalliga geschafft hat.«
Jake ignorierte die blauen Flecken. Er würde Remi später deswegen fragen. Remi hatte in der Highschool Football gespielt?
»Oh mein Gott. Lassiter, die Nummer zwölf.« Wieso hatte Jake diese Verbindung nicht schon eher erkannt? Tina war das erste Jahr auf der Schule und bei den Cheerleadern gewesen. Jake war zu fast allen Heimspielen gegangen, um seiner Schwester zuzusehen, und hatte sich mehr als nur ein paar Mal dabei ertappt, den frisch gebackenen Quarterback zu beobachten.
Kein Wunder. Wenn er damals nahe genug an ihn herangekommen wäre, hätte er vielleicht schon da erkannt, dass der Mann sein Gefährte war.
»Du warst unglaublich, Mann.«
Remi tat das Lob mit einem Schulterzucken ab. Wenn Jake nicht ganz genau hingesehen hätte, wäre ihm das kleine Grinsen dabei entgangen.
»In welcher College-Mannschaft hast du gespielt?«, fragte Jake.
Remi warf den Ball in die Luft und fing ihn wieder auf.
»In keiner.« Sterling stellte sich aufrecht hin und streckte seine Arme über den Kopf.
Was? Wie hatte er nicht in einer College-Mannschaft spielen können? Er war verdammt gut. Mehrere Spieler des Teams hatten Stipendien für große, renommierte Colleges bekommen. Er vermutete, dass Remi einer von ihnen gewesen war. Wenn ihn seine Erinnerungen nicht trogen, war einer der Defense-Spieler inzwischen in der NFL.
»Warum nicht? Ich hab gehört, dass an jeder Ecke gute Spieler gescouted wurden.«
»Ja, manche schon.« Lässig warf Remi Jake den Football zu. »Jake, du kannst den Ball an mich abgeben.« Er musterte Sterling. »Bereit für die nächste Runde?«
Stirnrunzelnd fing Jake den Ball auf. Remis Geruch hatte sich verändert. Aus irgendeinem Grund will er die Wahrheit nicht sagen.
»Das Gleiche noch mal, Sterling.« Remi trat einen Schritt zurück und bedeutete Jake, sich vor ihm zu positionieren.
Jake wollte nichts mehr, als Remi zu fragen, was los war, aber er hatte das Gefühl, dass er Remi damit in eine Ecke drängen würde. Er konnte wittern, dass ihn die Unterhaltung aufgebracht hatte.
Also gab er dem Bedürfnis nach, seinen Gefährten zu umsorgen und zu schützen, beugte sich nach vorn, um den Football aufs Gras zu setzen, und ließ das Gespräch fallen. Mit hochgezogener Braue sah er zu Remi zurück und klatschte dann in die Hände, um Sterlings Aufmerksamkeit zurückzubekommen.
»Okay, dann mal los. Spielen wir. Sterling, geh da rüber. Remi, auf was zählst du?«
Sterling joggte zu seiner Position hinüber.
Den Kopf geneigt, begegnete Remi Jakes Blick. »Okay, auf zwei.«
Nach ungefähr drei Pässen löste sich Remis nachdenkliche Stimmung. Zu Beginn hatte Jake sich einzig und allein auf Remis innere Unruhe konzentrieren können. Nachdem sich Remi aber erst einmal entspannt hatte und wieder damit anfing, Spaß zu haben, wurde Jake sich Remis Hände auf seinem Körper überdeutlich bewusst. Er berührte ihn fast ununterbrochen.
Um das Ganze noch schlimmer zu machen, fing Remi auch noch an, zu schwitzen. Er roch so verdammt gut. Um ein Haar hätte Jake aufgestöhnt, als Remis kräftige Hand ihn das nächste Mal am Rücken berührte, bevor Remi hinter ihm in Position ging.
»Hut! Hut!«
Jake warf den Ball in Remis Hände und Remi trat ein paar Schritte zurück, hielt den Ball noch einige Sekunden lang fest, bevor er ihn von sich schleuderte. Sobald der Football den Kontakt zu seiner Hand verloren hatte, rannte Remi auf Sterling zu.
Noch während Sterling den Ball schnappte, sah er zurück. Seine Augen weiteten sich, als er Remi entdeckte, der auf ihn zugestürmt kam. Ruckartig sah er wieder nach vorn und legte selbst an Geschwindigkeit zu. Der Kleine war schnell. Ein großer Pluspunkt, falls er als Receiver spielen würde. Als er am Ende des Spielfelds ankam, hämmerte er den Ball auf den Boden und brüllte: »Ha!«
Remi wurde nicht langsamer. Er duckte sich etwas, erwischte Sterling mittig, riss ihn von den Füßen und warf ihn sich über die Schulter. Überrascht schrie Sterling auf und fing an, auf Remis Rücken zu trommeln. Als Remi Sterling zurück auf die Füße stellte, fielen sie beide lachend zu Boden.
Jake kam auf sie zu und grinste dabei von einem Ohr zum anderen. Er liebte es, diese Seite von Remi miterleben zu dürfen. Schon in Chays Nähe hatte er ihn scherzend und kabbelnd erlebt, aber das hier war mit dem nicht zu vergleichen. Das hier war wirklich… echt. Und offen. Was auch immer ihn zuvor beschäftigt hatte, nachdem sie über seine Highschool-Tage gesprochen hatten, hatte sich in Luft aufgelöst.
»Arschgesicht.« Sterling riss Gras aus dem Boden und warf es Remi entgegen.
Remi drehte den Kopf zur Seite und stieß Sterlings Schenkel mit seinem eigenen an. »Kröte.«
Mit einem Lächeln leckte sich Remi über die Lippen. Jake konnte sein Spiegelbild in der glänzenden, goldenen Oberfläche seiner Oakley-Gläser sehen. Noch ehe Jake seine Absicht erkannte, packte Remi ihn auch schon am Knöchel und zog daran.
»Shit!« Jake beugte sich nach vorne, um nicht auf seinem Hintern zu landen. Er fing sich mit den Händen ab, die rechts und links von Remis Kopf im Gras landeten. Sein Gesicht schwebte nur Zentimeter vor Remis, seine Sonnenbrille rutschte ein Stück nach unten und baumelte von seinen Ohren.
Sterling brach in schallendes Gelächter aus, aber es schien wie aus weiter Ferne zu kommen. Jake konnte sich auf nichts anderes konzentrieren als auf seinen Gefährten, der so dicht vor ihm war. Auch Remi ließ das Ganze nicht kalt. Sein Atem kam abgehackt und der Geruch seiner Erregung schwängerte die Luft. Ein leiser Laut der Überraschung entkam seinen Lippen und strich über Jakes Gesicht.
Blut rauschte in Jakes Schwanz und die Muskeln in seinem Bauch verspannten sich voller Vorfreude. Seine Sicht wechselte ins Schwarz-Weiße. Er wollte sich gegen den geschmeidigen Körper unter sich pressen und Remis volle Lippen erobern. Ganz leicht legte Remi den Kopf in den Nacken, den Mund ein wenig geöffnet, sodass die Spitzen seiner Fangzähne zwischen den Lippen hervorblitzten.
Dann schüttelte er den Kopf und riss sich dadurch aus seiner Lethargie. Er lachte leise – »Erwischt.« – und legte seine Hände auf Jakes Schultern, um ihn zur Seite zu schieben.
Widerstrebend rollte sich Jake auf den Rücken neben Remi. Was hätte Remi wohl gemacht, wenn Jake ihn geküsst hätte? »Arschloch.«
Inzwischen überschlug sich Sterling fast vor Lachen, der Jakes und Remis Bedrängnis gar nicht mitzubekommen schien, ehe er Remi eine Hand entgegenstreckte. »Der war gut.«
Lachend schlug Remi in die Hand seines Bruders ein, aber der Geruch nach Verlangen umhüllte ihn noch immer. Jake wusste verdammt gut, dass Remi genauso hart war wie er selbst. Das war gleichzeitig beruhigend und verwirrend.
Möglicherweise würde es gar nicht so schwer sein, ihn zu seinem Gefährten zu machen, wie er am Anfang gedacht hatte. Er fragte sich, ob Remi damit klarkommen würde, dass er mehr sein wollte als nur ein Freund.
***
Jake konnte sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal so viel Spaß gehabt hatte. Nachdem sie genug Football gespielt hatten, hatten sie Mittag gegessen und waren anschließend zu Remis Wohnung gefahren, wo sie alle nacheinander unter die Dusche gesprungen waren. Glücklicherweise hatte Jake Sachen zum Wechseln eingepackt.
Als sie sich später ein paar Videospielen widmeten, wurde er von Sterling und Remi vernichtend geschlagen. Anschließend setzte er sich zurück und sah den Brüdern dabei zu, wie sie sich bekriegten und sich abwechselnd ihren Sieg unter die Nase rieben. Sie bestellten Pizza und wühlten sich durch Remis DVD-Sammlung. Die Zeit flog nur so, wie es immer der Fall zu sein schien, wenn man Spaß hatte.
Jetzt saßen er und Remi auf dem Sofa in Remis kleinem Wohnzimmer und jammerten darüber, dass sie so viel gegessen hatten. Gerade sahen sie sich das Ende von Das Tier an, während Sterling bereits auf dem Boden schlief.
»Oh Mann. Was für ein Tag.« Remi ließ den Kopf in den Nacken fallen und legte die Hände übers Gesicht, während der Abspann über den Bildschirm flimmerte. Er nahm die Hände wieder runter, setzte sich aufrecht hin und wandte sich Jake zu. »Danke.«
»Wofür?«
»Dafür, dass du mich heute Morgen runtergeholt hast. Dass du den Tag mit uns verbracht und mir geholfen hast, Sterling aufzumuntern.«
»Sieht nicht so aus, als würde Sterling viel Aufmunterung brauchen. Irgendetwas sagt mir, dass der Kleine sogar Spaß an einem Versicherungslehrgang hätte.« Remi war derjenige gewesen, dessen Laune etwas angehoben werden musste.
Remi sah zu Sterling hinunter und ein liebevolles Grinsen huschte über sein Gesicht. »Ja. Er ist ein guter Junge.«
»Das ist er. Willst du mir was über die blauen Flecken an seinen Armen erzählen? Haben sie etwas mit der Person zu tun, über die ich Nachforschungen anstellen soll?«
Remi schloss die Augen und lehnte sich nach vorne, die Unterarme auf die Knie abgestützt. Geräuschvoll atmete er aus, ehe er schließlich nickte. »Ja. Lass mich Sterling kurz ins Bett bringen, bevor wir darüber sprechen.« Er erhob sich vom Sofa und ging um den ramponierten Couchtisch aus Eichenholz herum.
Jake stand auf. »Lass mich das machen. Wo soll ich ihn hinbringen?«
»Ich mach das schon. Er ist nicht so schwer.« Remi beugte sich hinunter und schob seine Arme unter Sterling hindurch. Mit einem kleinen Stöhnen richtete er sich auf. »Okay, vielleicht ist er ein bisschen schwerer geworden.« Remi schmunzelte.
Sterling rührte sich kein einziges Mal, er war total ausgeknockt. Was keine Überraschung war. Jeder, der im wachen Zustand so viel Energie in sich hatte wie er, sollte wie ein Stein schlafen.
Jake streckte die Arme aus, um Remi seine Hilfe anzubieten, aber der schüttelte den Kopf. »Nee, geht schon. Geh schon mal vor und schau nach, ob seine Tür offensteht, und zieh die Decke zur Seite.«
Es überraschte Jake kein bisschen, dass Sterling ein eigenes Zimmer in Remis Wohnung hatte. Langsam begann Jake zu verstehen, dass in Remi mehr steckte, als man ihm zutraute, da er es gut zu verbergen wusste. Die meisten Singles hätten das zusätzliche Zimmer als Büro oder als Abstellraum genutzt, aber Remi nicht. Remi war nicht das egozentrische Arschloch, das er die meiste Zeit über zu sein versuchte.
Jake eilte den Flur vor Remi entlang. Es gab nur zwei Zimmer und das Bad, also hatte er eine 50/50-Chance. Da er schon im Badezimmer gewesen war, wusste er, dass es diese Tür nicht sein konnte. Also stieß er die erste Tür auf, an der er vorbeikam, betätigte den Lichtschalter neben der Tür und spähte hinein.
Das Zimmer war klein. Ein großes Bett aus dunklem Holz, in Form eines gigantischen Schlittens, das schon bessere Tage gesehen hatte, und ein alter, windschiefer Kleiderschrank, von dem die weiße Farbe bereits abblätterte, waren die größten Möbelstücke im Raum. Dann gab es da noch einen kleinen Schreibtisch – mit einem Laptop drauf – und einen Stuhl neben dem Bett. Das einzige Fenster war mit einer alten Decke verhängt.
Eine Kiste aus grobem Holz, die als Nachtschrank diente, stand neben dem Bett. Auf ihr befand sich die hässlichste Lampe, die Jake jemals gesehen hatte. Sie sah aus wie die Vase, die Peter in Drei Jungen und drei Mädchen wieder zusammenklebt hatte, gekreuzt mit der Lampe aus Bezaubernde Jeannie. Der Fuß war wie Jeannies Flasche geformt, nur in Braun. Oben auf dem runden Fuß prangten zwei ovale Facetten in verschiedenen Orangetönen. Der lange Stiel führte zu einem schlichten, weißen, kegelförmigen Schirm.
Abgesehen von der grauenhaften Lampe war es das Zimmer eines Mannes, inklusive herumliegender, getragener Kleidungsstücken, aber nicht allzu unordentlich.
»Das ist mein Zimmer. Sterlings ist auf der linken Seite.«
Jake schaltete das Licht aus und machte sich eine gedankliche Notiz, Remi eine neue Lampe zu kaufen. Er öffnete die andere Tür und machte Licht. Nach einem kurzen Blick hinein schüttelte er den Kopf. Das Zimmer des Kleinen war schöner als Remis. Die Möbel waren neu, wenn auch nicht teuer. Die Vorhänge und die Tagesdecke passten zusammen. Gegenüber dem Bett stand sogar ein kleiner Fernseher mit angeschlossener Spielkonsole.
Jake zog die dunkelblaue Tagesdecke und anschließend die Bettdecke zur Seite und trat aus dem Weg. Während Remi Sterling auf der Matratze ablegte und sich nach der Decke streckte, verringerte sich Jakes Sichtfeld auf Remis Hintern. Fuck, der Kerl ließ sogar die schlabberigen Jeans-Shorts gut aussehen. Natürlich könnte das daran liegen, dass sie sich eng an seinen Arsch anschmiegte, als er sich vorbeugte.
Nachdem Sterling sich auf die Seite gerollt und in sein Kissen gekuschelt hatte, richtete Remi sich auf und steuerte die Tür an. Jake überließ es Remi, das Licht auszuschalten und die Tür zu schließen, und ging selbst schon einmal ins Wohnzimmer vor, um sich auf die einfache, alte Couch zu setzen.
Er erwartete, dass Remi sich zu ihm gesellte, aber stattdessen räumte dieser die leeren Pizzaschachteln und die Flaschen vom Tisch und brachte sie in die Küche. Jake war sicher, dass es sich dabei um eine Verzögerungstaktik handelte, aber er sagte nichts dazu. Offensichtlich musste Remi seine Gedanken ordnen.
Über familiäre Angelegenheiten zu sprechen, war nie einfach, insbesondere, wenn es um Misshandlung ging. Chay hatte erwähnt, dass Remis Vater ihn als Kind mehr als einmal geschlagen hatte, ohne dabei zu sehr ins Detail zu gehen. Allmählich argwöhnte Jake, dass die Misshandlungen nicht geendet hatten, als Remi ausgezogen war.
Das alles passte einfach nicht zusammen. Sterling schien zu glauben, dass Remi so ein Theater wegen Chay und Keaton machte, weil er Angst vor ihrem Vater hatte. Wieso der Mann Remi so unter die Haut gehen konnte, war kein großes Rätsel. Dem nach zu urteilen, was Jake den Tag über beobachtet hatte, würde Remi alles tun, um seinen Bruder in Sicherheit zu wissen.
Mit zwei Bierflaschen in der Hand kehrte Remi ins Wohnzimmer zurück. Eine reichte er Jake, ehe er sich auf das Sofa fallen ließ, ein Bein unter sich gezogen.
»Danke.« Jake nahm einen Schluck Bier und drehte sich ein wenig, um Remi besser ansehen zu können.
Remi neigte den Kopf zum Zeichen, dass er ihn gehört hatte, vermied aber jeglichen Augenkontakt. Stattdessen spielte er am Etikett der Flasche herum. Er roch, als würde er sich unwohl fühlen. Nicht richtig aufgebracht, aber nervös. Warum? Glaubte er, Jake würde ihn für die Taten seines Vaters verurteilen?
»Wenn du meine Hilfe willst, bin ich jederzeit gerne dazu bereit, aber ich muss wissen, was los ist.«
Remi sah auf, der Ausdruck in seinen Augen ernst. »Ich weiß nicht mal, ob ich dich überhaupt bezahlen kann.«
Sobald das Wort bezahlen Remis Lippen verließ, fing Jake bereits an, den Kopf zu schütteln. »Darüber mache ich mir keine Sorgen. Du bist mein...« – Gefährte – »... mein Freund. Wenn du das Gefühl hast, mich bezahlen zu müssen, werden wir gemeinsam eine Lösung finden. Ich habe nicht wegen des Geldes zugestimmt, dir zu helfen. Inzwischen habe ich so eine Ahnung, dass du glaubst, Sterling könnte von jemandem verletzt werden, und ich will helfen, wenn ich kann.«
Ganz zu schweigen davon, dass es sein Job war, seinem Gefährten zu helfen – und ihn zu beschützen – und dass ihm das ein gutes Gefühl gab.
»Okay.« Remi nahm einen Schluck Bier und zog auch das zweite Bein auf die Sitzfläche hoch, stellte es allerdings auf, sodass er seinen Arm auf dem Knie abstützen konnte. Für ein paar Sekunden hielt er den Blick auf die Flasche gerichtet, die zwischen seinen Fingern baumelte, ehe er nickte, als hätte er einen Entschluss gefasst.
»Es ist Dirk. Er hat Sterling vorher noch nie verletzt. Dies ist das erste Mal, aber…«
»Aber es wird wahrscheinlich nicht das letzte Mal gewesen sein«, beendete Jake den Satz für ihn. Fuck. Sogar Remi nannte ihn Dirk. Der Typ war ein echter Scheißkerl. Welcher Mann wollte nicht, dass seine eigenen Kinder ihn Dad nannten?
»Na ja, das war zumindest meine Erfahrung, als ich noch da gewohnt habe, aber ich hab ihn immer davon abgehalten, Sterling wehzutun. Sterling ist ihm ziemlich egal, solange er ihm nicht quer kommt und ich mit meinem Leben nach seinen Regeln weitermache.« Kopfschüttelnd stieß Remi ein Schnauben aus. »Und das hab ich gemacht. Ich treffe mich nicht einmal mehr mit meinem besten Freund, der Schwuchtel.« Der sarkastische Unterton in seiner Stimme machte deutlich, dass das Wort Schwuchtel nicht sein eigenes war, sondern von seinem Vater stammte.
»Zumindest nicht da, wo er es irgendwann herausfinden könnte. Ich gehe immer noch zu Chay und Keaton, nur verstecke ich dabei mein Motorrad. Verdammt erbärmlich, hm?« Er nahm einen langen Schluck von seinem Bier und leerte es damit in einem Zug. Er stellte es auf dem Tisch ab und legte beide Hände auf seine Knie. Er schien weit weg zu sein, verloren.
»Einmal haben mich Simon und Bobby begleitet, als ich Sterling abgeholt habe, und er hat sie direkt wieder aus dem Haus geworfen. Er hat ihnen verboten, noch mal wiederzukommen, weil sie immer noch mit Chay befreundet sind. Also halte ich mich von denen auch mehr oder weniger fern.«
Jake hatte das Bedürfnis, Remi auf seinen Schoß zu ziehen und ihm zu versichern, dass alles wieder in Ordnung kommen würde, aber stattdessen saß er einfach nur da und hörte zu. Sein Herz weinte um Remi. Nach dem, was er den ganzen Tag über mitbekommen hatte, sollte ihn das Maß an Kontrolle, das Remis Vater über sein Leben hatte, nicht derart schockieren, aber dennoch tat es das. Und es machte Jake grenzenlos wütend. Der Gedanke, dass jemand seinen Gefährten bedrohte, gefiel ihm ganz und gar nicht.
Remis Augen waren feucht, der Geruch von Tränen hing schwer in der Luft, aber er weinte nicht. Er lachte, fast schon böse.
»Der Hurensohn hat mir sogar vorgeschrieben, womit ich mein Geld verdienen soll. Eines Abends beim Abendessen meinte er: Du musst diese Bewerbung für die Feuerwehr ausfüllen, ich hab dem Feuerwehrhauptmann schon gesagt, dass er auf dich zählen kann. Er hat mir die Bewerbung hingeworfen und Sterling gefragt: Was hältst du davon, dass Remi Feuerwehrmann wird? Ich weiß nicht, ob das eine Drohung war oder nicht, aber ich habe gar nicht erst angefangen, zu diskutieren. Außerdem schien Sterling es cool zu finden. Natürlich würden das die meisten Sechsjährigen tun, oder? Sie wollen alle mal Feuerwehrmann, Polizist oder Astronaut werden… oder ein Sportass. In dem Alter wollte ich der Quarterback der Dallas Cowboys werden.«
»Ah, das erklärt deine Trikotnummer in der Highschool. Roger Staubach, hm?«
Remi grinste. »Jepp.«
»Du warst verdammt gut. Wahrscheinlich hättest du der Quarterback der Cowboys werden können, na ja, oder wenigstens irgendwo in der NFL spielen. Sei ehrlich, wie viele Colleges haben dir Football-Stipendien angeboten?«
»Nur zwei. Die Scouts hatten andere Spieler im Blick, nicht mich.«
Jake hakte nicht nach, warum Remi sie nicht angenommen oder sich für ein Stipendium am College seiner Wahl beworben hatte, wenn das doch bedeutet hätte, seinem Vater zu entkommen. Das brauchte er nicht.
Unvermittelt wurde Jake bewusst, dass Remis sexuelle Orientierung und die Tatsache, dass er Jakes Gefährte war, was er erst noch erfahren und dann akzeptieren musste, nicht die einzigen Hindernisse auf seinem Weg waren. Er musste Remi dabei helfen, einen Weg zu finden, Sterling zu beschützen und sich um ihn zu kümmern, während er gleichzeitig die Bedrohung von Remis prügelndem Vater aus ihrem Leben schaffen musste.
Jake stellte sein Bier auf den Tisch und rutschte ein wenig näher an Remi heran. »Was ist mit eurer Mutter? Ist sie noch da?«
»Seit ich ausgezogen bin, scheint er Mom öfter zu schlagen. Sterling sagt, das kommt davon, weil sie sichergehen will, dass er nicht auf ihn losgeht.« Die Tränen, die Remi bisher zurückgehalten hatte, liefen seine Wangen hinunter. Er drehte das Gesicht zum Fernseher, der inzwischen einen blauen Bildschirm zeigte, und legte seine Wange gegen sein Knie.
»Sie ist ein hoffnungsloser Fall. Ich hab's versucht. Ich hab's so verdammt oft versucht. Sie will nicht gehen. Sagt, sie liebt ihn und er braucht sie. Am Anfang dachte ich, sie hat Angst, aber inzwischen…« Mit der Hand wischte er die Tränen weg. »Inzwischen glaube ich, dass er ihr mehr bedeutet als wir. Sterling und ich haben uns immer aufeinander verlassen. Das ist schon so, seit er geboren wurde. Wenn es Sterling nicht geben würde…«
Remi hob den Kopf. Die Tränen liefen nicht länger über seine Wangen, aber sie standen in seinen Augen. »Ich wäre niemals lebend da rausgekommen, wenn es Sterling nicht geben würde. Und jetzt muss ich ihn da auch rausholen, bevor irgendetwas Schreckliches passiert.«
Bei dem, was Remi andeutete, musste Jake einen Kloß in seinem Hals hinunterschlucken. Der Gedanke daran, dass es Remi nicht mehr geben könnte, verursachte einen harten Knoten in Jake. Selbst wenn Remi nicht sein Gefährte gewesen wäre, sah er vor sich einen Mann, den er bewunderte. Die Tatsache, dass er es jedoch war, machte ihn zu etwas noch Besondererem.
Remi schüttelte den Kopf und die Tränen rannen seine Wangen hinunter. »Ich weiß nicht, warum sie uns nicht genug liebt, um ihn zu verlassen. Wie kann sie ihn ihren eigenen Kindern vorziehen? Wie kann…? Ich hätte ihn schon vor langer Zeit schnappen und mit ihm weglaufen sollen. Es ist meine Schuld, ich habe Sterling im Stich –«
»Shh. Nein, das hast du nicht. Für mich sieht es so aus, als machst du deinen Job, auf deinen kleinen Bruder aufzupassen, verdammt gut.« Jake berührte seine Wange, erwartete jedoch halb, dass Remi sich zurückziehen würde. Er tat es nicht. Jake streichelte mit der Hand über Remis Gesicht und wischte dabei die Tränen fort. Vom ersten Tag an hatte Remis kleinere Statur in ihm den Wunsch geweckt, ihn zu beschützen, aber jetzt war dieses Gefühl sogar noch stärker geworden. »Es ist nicht deine Schuld, Remi.«
Remi lehnte sich vor. Seine Augen verwandelten sich in Wolfsaugen, als er den Kopf neigte. Schließlich schloss er die Augen. Fuck, wenn das nicht heiß war, dann wusste Jake auch nicht. Seine eigenen Augen verwandelten sich und entlockten ihm ein Grollen. Blut rauschte in Richtung Süden, direkt in seinen Schwanz.
Er schob eine Hand in Remis Nacken und zog ihn zu sich. Der Geruch nach Erregung erfüllte seine Sinne, bevor sich seine Lippen auf Remis legten. Jake fackelte nicht lang. Mit der anderen Hand umfasste er Remis Kinn und zog daran, als seine Zunge in Remis Mund vorstieß.
Remi überließ sich Jakes Führung und öffnete die Lippen. Seine Zunge glitt an Jakes entlang, während seine Hände ihren Weg auf Jakes Schultern fanden. Jake fuhr mit der Zunge über Remis Zähne, folgte den hervorstehenden Fangzähnen und seine eigenen fingen an zu wachsen.
Noch nie hatte er so die Kontrolle über seinen Körper – seine Augen und seine Zähne – verloren, wie es ihm in Remis Nähe passierte. Es war frustrierend und faszinierend zugleich. Er wollte, dass Remi sich unter ihm wand, dass Remi ihm genauso viel Lust verschaffen wollte wie Jake ihm.
Sein Verlangen, die Führung zu übernehmen, war so intensiv, dass er darunter beinahe erzitterte. Es gelang ihm kaum, seine aggressiveren Wünsche zu unterdrücken. In Anbetracht von Remis Vergangenheit wollte Jake nicht, dass Remi sich in die Enge getrieben fühlte.
Sie fanden sich auf der Couch liegend wieder, Jake lang ausgestreckt auf dem Rücken und Remi auf ihm. Remis steifer Schwanz drückte gegen Jakes Hüfte, seine dunklen Haare breiteten sich um ihre Gesichter aus und verdeckten sie.
Jake legte beide Hände auf Remis Hintern und presste sich gegen ihn, um sicherzugehen, dass Remi keine Zweifel darüber bekam, ob er ebenfalls hart war. Remi stöhnte und bewegte seine Hüften. Er drehte den Kopf, auch wenn er dadurch ihren Kuss unterbrach, und entblößte seinen Hals, als er sein Gesicht an Jakes Schulter vergrub.
Oh Fuck. Jakes Glied zuckte, seine Hüften stießen nach oben. Die unterwürfige Geste war beinahe sein Untergang. Er drehte Remis Kopf noch ein Stückchen weiter, strich seine Haare zurück und leckte eine lange Spur über die schmale Linie seiner Kehle. Remis Puls hämmerte unter seiner Zunge und bestätigte die Erregung ebenso sehr wie die Erektion, die sich gegen Jakes rieb.
Mit einem Eckzahn fuhr Jake an Remis Hals entlang und bekämpfte zugleich den schier unwiderstehlichen Drang, zuzubeißen. Noch immer wollte er Remi mit den Zähnen festpinnen, ihn unten halten und ihn ficken, bis keiner von ihnen beiden sich mehr bewegen konnte. Er wagte es nicht.
Remi erschauderte und spreizte die Beine, um Jake mehr Freiraum zu gewähren, und schob seinen Hals Jakes Zähnen entgegen.
Oh Fuck. Das war zu viel. Wie sollte Jake einem so verlockenden Angebot widerstehen?
Riiiing.
Remis ganzer Körper erstarrte.
Fuck, Fuck, Fuck. Entweder würde Jake denjenigen, der am anderen Ende der Leitung war, ermorden oder ihm einen Präsentkorb schicken, er hatte keine Ahnung.
Remi hob den Kopf. Seine Augen – immer noch in ihrer Wolfsform – weiteten sich und er kletterte von Jake herunter. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, seine Fangzähne immer noch deutlich sichtbar, aber das Telefon klingelte erneut. Auf dem Absatz drehte er sich um und floh in Richtung Küche.
Noch mal Glück gehabt. Stöhnend setzte Jake sich auf und fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. Seine Reißzähne gruben sich in seine Unterlippe. Verdammt. Was hatte er sich dabei gedacht? Er hätte die Dinge nicht so weit kommen lassen sollen. Während er sich neu sortierte, erregte eine Bewegung im Augenwinkel seine Aufmerksamkeit. Er schaute gerade noch rechtzeitig auf, um Sterlings schwarzen Schopf in den Flur verschwinden zu sehen.
***
Oh Gott! Was hatte er getan? Remi legte den Hörer auf und hatte das Gefühl, als ob sein Magen in seinen Hals hochgestiegen wäre, während er sich nach vorne auf die Arbeitsplatte sinken ließ. Er presste die Stirn zwischen seinen Unterarmen gegen die Oberfläche. Gott sei Dank hatte seine Mom angerufen, um nachzufragen, ob Sterling bei ihm war. Was, wenn das Telefon nicht geklingelt hätte?
Remi rieb seine Stirn auf der kühlen Platte vor und zurück und unterdrückte den Drang, seinen Kopf ein paar Mal dagegenzuschlagen, um sich selbst ein wenig Vernunft einzuprügeln. Eben war ihm die Tatsache, dass Jake ein Mann war, keine Sekunde lang in den Sinn gekommen. Es hatte sich wie die natürlichste Sache der Welt angefühlt. Es war ein Impuls gewesen, ein tief liegendes, schmerzhaftes Bedürfnis, aber jetzt…
Fuck. Er hatte es gewollt. Was zur Hölle war los mit ihm? Er war nicht schwul… konnte es gar nicht sein. Scheiße. War Jake schwul? Oder hatte Remi ihn irgendwie dazu gebracht, zurückzuküssen?
»Remi?«
Remi hob den Kopf und richtete sich auf, als Jake die Küche betrat. Jake hob eine Augenbraue an und ließ seinen Blick an Remi auf und ab wandern. »Alles okay?«
Unter der Musterung machte Remis Magen einen Satz. Er musste Jake loswerden, damit er nachdenken konnte.
»Äh, ja. Das war nur meine Mutter, die angerufen hat, um sicherzugehen, dass Sterling bei mir ist.« Wie in aller Welt sollte er seine Handlungen eben erklären? Remi legte das schnurlose Telefon, in dem Wissen, dass jede Entschuldigung, die er anbieten konnte, mehr als dürftig klingen würde, auf der Arbeitsplatte ab, aber er musste es versuchen. Er wollte das einfach nur vergessen. »Pass auf, Jake, es tut mir so –«
Jake schüttelte den Kopf. »Da gibt es nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest.« Stirnrunzelnd hob er eine Hand an. Für einen kurzen Moment dachte Remi, dass Jake nach ihm greifen würde, aber dann fuhr er sich nur mit den Fingern durchs Haar und stieß einen tiefen Atemzug aus. »Du hattest einen beschissenen Tag. Wahrscheinlich sollte ich einfach gehen.«
Enttäuschung – nein, Erleichterung – schoss durch Remi. Jake hatte ihm gerade einen Ausweg angeboten. Die Entdeckung von Sterlings blauen Flecken hatte sein Hirn geröstet. Ja, genau das ist es. Dass er Jake geküsst hatte, lag an dem ganzen Druck und er war wegen seiner Sorge völlig durch den Wind.
Ein Stimmchen in seinem Hinterkopf sagte, dass das nicht stimmte, dass er sich von Jake schon vom ersten Augenblick an angezogen gefühlt hatte, aber Remi ließ es verstummen. Es war Angst, musste Angst sein.
»Ja.«