Читать книгу Von grauen Staren und anderen Zugvögeln - Jo Seki - Страница 4
2. Aufbruch
ОглавлениеEnde Oktober soll es losgehen. Fred hat mit seiner Zahnbehandlung die Arbeitsplätze der Angestellten von Dr. M. für einige Monate gesichert und es steht nur noch eine kleine Kontrolle im Oktober an. Aus dieser Kontrolle wird dann eine zwingend notwendige Wurzelbehandlung (...die Helferin sagt Ihnen, was es kostet...), für die es erst einen Termin Anfang November gibt. Da es Dr. M. Zu diesem Zeitpunkt aber ins schöne Kuba zieht und seine neue Vertretung mit den Bräuchen der Praxis noch nicht so vertraut ist, kommt er mit der Empfehlung, sich eine Flasche Hexoral zum Spülen gegen die leichte Zahnfleischentzündung zu kaufen, davon.
Am 9. November ist es dann endlich soweit. Unsere Freunde und Nachbarn waren bereit, Wetten abzuschließen, dass wir in spätestens 3 Wochen wieder zurück sind, und wir selbst haben uns nicht getraut dagegen zu halten. Aber optimistisch wie wir sind, haben wir das Taschengeld für Dezember und Januar für Annika, die dreizehnjährige Schülerin, die zuhause keinen Internetzugang hat, schon hergerichtet. Sie wurde von uns als Haussitterin angestellt, gegen ein kleines Taschengeld und, für sie das Wichtigste, weiterhin freien Internetzugang, Zugang zu Schüler-CC und facebook, von meinem alten PC, den ich nur noch als Reserve herumstehen habe. Schließlich wollten wir ja nicht ihrer drohenden sozialen Vereinsamung schuld sein. Sie gießt die 3 Palmen, leert den Briefkasten und mailt uns alle 2 Wochen die Absender der Post, die für uns angekommen ist.
Die ersten Reisetage verlaufen unspektakulär, das trübe und kalte Wetter in Frankreich unterscheidet sich nicht wesentlich von dem in Deutschland und die manchmal etwas eigenwillige Straßenführung durch das Navi ist journalistisch und literarisch bereits ausreichend ausgeschlachtet.
Am vierten Tag passieren wir endlich die französisch – spanische Grenze und am fünften Tag finden wir einen schönen Platz bei Castellón. Hier sind die Nachttemperaturen bereits im zweistelligen Bereich und wir beschließen, noch einen weiteren Tag hier zu verbringen. Am Morgen des zweiten Tages fällt mir auf, dass die Temperatur im Kühlschrank ziemlich hoch ist und wir stellen den Kühlschrank auf die höchste Stufe. Das zwischen den Wurstverpackungen versteckte Thermometer zeigt am Nachmittag trotzdem zwölf Grad an und wir stellen sofort auf Gasbetrieb um und überlegen, wie wir unseren Speiseplan umstellen können, um wenigstens einen Teil des Inhalts noch durch Verzehr entsorgen zu können. Anschließend wird die schwarze Mappe mit den Fahrzeugpapieren hervorgeholt, die Internetverbindung hergestellt und bald wissen wir, dass es ganz in der Nähe, in Castellón, eine Vertragswerkstatt von Dometic gibt. Da meine Spanischkenntnisse noch nicht soweit fortgeschritten sind, dass ich mir ein Telefonat mit einem Handwerker, womöglich im valencianischen Dialekt, zutraue, bitten wir die Dame an der Rezeption des Campingplatzes die Firma für uns anzurufen. Wir versichern, dass wir auch alle Unterlagen inklusive Kaufvertrag dabeihaben und sie vereinbart mit der Werkstatt, dass diese sich im Laufe des Tages meldet und Bescheid gibt, wann ein Monteur herauskommen kann.
So verbringen wir also den Rest des Tages auf dem Campingplatz, um auf Nachfrage um zwanzig Uhr zu erfahren, dass noch kein Rückruf von der Werkstatt erfolgt ist. Inzwischen sind wir auch verunsichert, ob wir nicht den Kaufvertrag, den wir natürlich nicht dabei haben, womöglich doch benötigen und mir fällt der Name des Händlers irgendwo in Nordrhein-Westfalen, bei dem wir das Fahrzeug gekauft haben, auch nicht mehr ein. Ich kann mich aber erinnern, dass er mehrere Angebote auf den einschlägigen Internetportalen eingestellt hatte und so finden wir ihn dann auch auf diesem Weg. Kurz entschlossen buche ich noch einmal das sieben-Tage-EU-Sprachpaket für fünf Euro mit fünfzig Minuten Gesprächszeit, erkläre dem Händler die Situation und bitte um eine Kopie des Kaufvertrages per Mail, die auch prompt am nächsten Morgen eintrifft. Auch die 2 Monteure treffen irgendwann gegen Mittag ein und es vergeht eine gute Stunde, bis das sehr schwer zugängliche Thermoelement ausgetauscht ist. Mit der Kopie des Kaufvertrages und einer Unterschrift sowie zehn Euro Trinkgeld ist die Sache erledigt und einer Weiterreise steht nichts mehr im Weg.