Читать книгу Club Suizid - Jo Thun - Страница 5

Kapitel 3

Оглавление

Nachdem ich mich von dem verzweifelten Herrn Moosbacher verabschiedet hatte, und sein Vorzimmer durchschritten hatte, ohne Frau Büsing eines Blickes zu würdigen, setzte ich mich in mein Auto und rief erst einmal Moni an. Sie schien erfreut, von mir zu hören, und sagte, sie habe bereits für 20 Uhr einen Tisch reserviert. Natürlich müsste sie vorher erst die Kinder abfüttern.

„Komm doch einfach um 6 vorbei, dann kannst du noch ein bisschen mit den Jungs spielen.“

Moni würde nie begreifen, dass es mir absolut keinen Spaß machte, mit den Jungs zu spielen. Denen machte es übrigens auch keinen Spaß, mit mir zu spielen. Überhaupt „spielten“ die Jungs nicht mehr. Sie saßen am PC, oder beschäftigten sich mit ihren Handys. Aber da ich sonst nichts vorhatte, sagte ich zu.

Blieben mir noch knapp vier Stunden. Zu wenig Zeit, um zu Hause abzusacken. Zu viel Zeit, um durch die Geschäfte zu ziehen. Ich steuerte das Auto auf die Drakestraße und fuhr langsam wieder Richtung Zehlendorf. Nicht weit von hier hatte Uwe, mein Steuerberater, sein Büro. Kurzentschlossen bog ich in die Ringstraße und parkte mein Auto in seiner Einfahrt. Seine Sekretärin war sehr viel netter als Frau Büsing und begrüßte mich herzlich. Sie klopfte an die offene Tür ihres Chefs und schob mich praktisch schon über die Schwelle.

„Herr Mattheus ist hier.“

„Ach, das ist ja eine nette Überraschung. Ich habe allerdings gleich einen Termin. Was kann ich für dich tun? Ich hab dir übrigens eine Karte geschickt!“

„Ja, die hab ich schon bekommen. Danke! Sag mal, kurze Frage. Was ist, wenn ich meine Firma verkaufen will?“

„Wow, langsam! Was willst du? Du willst doch jetzt nicht ernsthaft einen Rat von mir? Da müssen wir einen Termin machen, das dauert.“

„Nein, bloß nicht. Bitte keinen Termin. Ich meinte nur so ganz allgemein. Ich kann doch die GmbH verkaufen und dann mit dem Geld machen, was ich will, oder?“

„Ja, schon. Hast du denn einen Interessenten? Ich kann gerne mal die Bilanzen durchsehen und dir sagen, was du verlangen kannst. Aber du weißt ja, Steuerberater können nicht Kopfrechnen – da müsste ich mich mit meinem Rechner hinsetzen. Das dauert ein paar Tage.“ Diesen Witz machte Uwe fast jedes Mal, wenn ich ihn sah, und jedes Mal lachte er wieder darüber.

„Das kostet dann wie viel?“

„Du kennst ja meinen Stundensatz!“

„Ja, lass mal. Ich überschlafe das noch. Ach übrigens, hast du schon mal gehört, dass es in der Karibik eine Klinik gibt, die Sterbehilfe gibt?“

„Dafür muss man doch nicht in die Karibik fahren. Wieso, brauchst du jetzt Sterbehilfe?“

Uwe grinste. Wieso grinste er? Was war denn bitteschön an Sterbehilfe lustig?

„Ist das nicht illegal?“

„Das kommt auf das jeweilige Land an, was die Gesetze dazu sagen. Es gibt Länder, da dürfen Ärzte das.“

Uwe grinste nicht mehr. „Sag mal, wieso fragst du denn das. Und warum in aller Welt willst du eigentlich deinen Laden verkaufen? Ist was mit dir?“

„Ach quatsch. Ich muss los, du hast ja auch noch zu tun. Also bis demnächst mal wieder.“

Als ich mich noch einmal nach ihm umdrehte, saß Uwe bereits wieder an seinem Schreibtisch und hatte den Telefonhörer in der Hand.

Um Viertel nach 6 klingelte ich bei Moni. John, der 14-Jährige, machte auf.

„Ach du. Mama hat schon gesagt, dass du kommst.“

Damit ließ er mich am Eingang stehen. Tommy, der 12-Jährige, rief aus seinem Zimmer: „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Onkel Mattes!“ Ich heiße gar nicht Mattes, ich heiße Joachim. Aber den Namen mag ich nicht, und eigentlich nennen mich alle Mattes, schon seit Schulzeiten.

Moni hatte eine Schürze über ihr rotes Lieblingskleid gebunden, ihre blonden Haare zum Pferdeschwanz gebunden und stand am Herd, mit zwei großen Schnitzeln in der Pfanne beschäftigt. Der Salat war schon fertig, und es gab Bratkartoffeln dazu. Es roch gut und ich bekam einen Riesenappetit.

„Tommy, deck doch schon mal den Tisch!“ rief sie in Richtung Kinderzimmer.

„Wieso immer ich?“

„Weil ich sonst dein Schnitzel Onkel Mattes gebe, der guckt schon so gierig.“

Tommy kam aus seinem Zimmer und suchte mürrisch Teller und Besteck zusammen. Inzwischen goss Moni uns zwei Gläser Wein ein.

„Geh doch mal zu John, der hat da ein Problem mit seinem Computer und ich kann ihm nicht helfen.“

„Ja, meinst du, ich kann ihm helfen? Wenn’s nicht am rausgefallenen Stecker liegt, dann weiß ich auch nicht weiter.“

Trotz meiner Proteste schob Moni mich in Richtung Kinderzimmer. Ich weiß nicht, warum sie glaubt, ich könnte auch nur im Entferntesten als Rollenmodell für ihre Jungs herhalten.

„Was ist denn das Problem?“ fragte ich lässig. John ist ungefähr so groß wie ich, allerdings deutlich schlanker. Und natürlich jünger.

„Ich habe eine neue Soundkarte eingebaut, und seitdem funktioniert er nicht mehr.“

„Hast du schon mal runtergefahren und neu gestartet?“

John schickte mir einen mitleidigen Blick zu. Was war jetzt wieder falsch? Das war immer das erste, was die Leute vom Support-Center sagten, wenn ich mal mit einem Problem anrief. Manchmal half es auch tatsächlich.

„Hier, halt mal!“ John hielt mir einen Schraubenzieher hin. Was sollte das jetzt werden? Aber ich nahm ihn doch, weil John anscheinend nur seine Hände frei haben wollte, um etwas aus seinem Computer raus zu ziehen. Prompt fiel mir das Ding aus den Händen.

„Was machst du denn da?“ fragte John, als er mich auf allen vieren unter dem Tisch rumkriechen sah.

„Hier, dir ist eine Schraube runtergefallen, vielleicht brauchst du die?“

„Mensch ja, die hab ich überall gesucht!“ John strahlte glücklich, was mich merkwürdigerweise mit Stolz erfüllte.


Club Suizid

Подняться наверх