Читать книгу Science Fiction Dreierband 3002 - Drei Romane in einem Band! - Jo Zybell - Страница 18

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Tem Ulfson stand unschlüssig herum und fühlte sich reichlich fehl am Platz. Zwar war er inzwischen der festen Überzeugung, richtig gehandelt zu haben, indem er sich hatte „überzeugen“ lassen, aber eigentlich hatte er hier unten nichts mehr verloren. Maria Tobiasi war ja schon längst gegangen. Es hatte sie jedoch niemand begleitet. Darum war er immer noch hier. Er hatte sich einfach davor gescheut, gemeinsam mit Maria Tobiasi zu gehen, weil er damit gerechnet hatte, dass sie ihn zur Rede stellen würde. Eine Unbequemlichkeit, der er lieber aus dem Weg ging.

Tamsor indessen nahm überhaupt keine Notiz mehr von ihm. Fasziniert beobachtete er, wie die fertigen Titans ins Lager schwebten, um dort in den Energiekonkons gelagert zu werden.

Ein Vorgang, der stets gleich blieb und deshalb längst Tem Ulfson schier zu Tode langweilte. Außerdem, hatte er nicht auch noch anderes zu erledigen?

Er schielte nach Professor Wood. Auch dieser war inzwischen unruhig geworden. Nicht, weil er sich nicht wohl in seiner Haut fühlte, etwa wegen Bedenken, die jetzt doch noch in ihm aufkeimten, sondern sicher auch aufgrund der zunehmenden Langeweile.

Da half es auch nichts, wenn sie die Produktionsstraße mal abschritten und fasziniert beobachteten, wie die Körperteile aus den Wänden und teilweise auch aus dem Boden auftauchten, um sich am Ende zu einem Ganzen zu fügen – alles wie von Geisterhänden gesteuert.

Ja, was sollten sie hier überhaupt noch?

Ihre Blicke trafen sich.

Abrupt wandte sich „der Alte“ an Tamsor: „Nun, die einzige Frage, die jetzt noch geklärt werden muss, scheint mir die Frage zu sein: Was geschieht, wenn dieses Lager voll ist? Öffnet sich dann etwa ein neues Lager?“

Tamsor schaute ihn nicht einmal an, als er antwortete: „Wir werden es bald wissen, denn es dauert nicht mehr allzu lange, bis das Lager voll ist.“

Wood schaute in das, was sie Lager nannten, und schätzte: „Mindestens noch zwei Stunden, wie es aussieht!“

„Das mag so sein, aber Sie brauchen natürlich nicht bis dahin auch noch auszuharren. Ich werde mit Saul Bentor die Stellung halten und Ihnen berichten, wenn es soweit ist – vor allem darüber berichten, was geschehen wird. Wir haben ja Communicator. Ist alles also kein Problem.“

Der Alte nickte ihm zu und schaute Ulfson an. Dann setzte er sich in Marsch. Tem Ulfson folgte ihm wortlos.

„Ich dachte schon, die würden nie mehr gehen!“, beschwerte sich Bentor halblaut, als sie außer Hörweite waren.

Tamsor knurrte dazu: „War wirklich ätzend. Aber jetzt sind wir endlich wieder allein. Wir haben schließlich nur noch zirka zwei Stunden, wenn der Alte recht hat.“

„Und wenn ich recht habe, dann ist es nur noch eine anderthalbe Stunde!“, meinte Saul Bentor. Er deutete mit dem Kinn. „Das Lager füllt sich nach einem genauen System. Bemerkenswert für mich ist dabei, dass es vollständig von hinten nach vorn ausgefüllt wird. Dazwischen bleibt nur ein schmaler Gang. Doch auch am Ende dieses Ganges stapeln sich die Energiekonkos. Wenn also die Titans weiter transportiert werden, dann möglicherweise in die Richtung, aus der sie kommen?“

„Das ist nicht so sicher!“, gab Tamsor zu bedenken. „Sieh die fertigen Körper, die scheinbar aus der festen Wand heraustreten... Vielleicht werden sie von hinten nach vorn abtransportiert?“

Bentor schüttelte den Kopf. „Das ist nicht sehr wahrscheinlich, denn dann würde das Lager ja trotzdem voll werden. Es sei denn, die ganzen Konkons würden nachrücken, und das ist kaum anzunehmen, wie ich finde.“

Tamsor sah ihn überrascht an. „Da magst du recht haben, gewiss!“ Er schüttelte den Kopf. „Ich bin bloß froh, dass diese beiden lauen Versager das Weite gesucht haben, damit wir endlich die Sache in Angriff nehmen können.“

Bentor grinste breit. „Immerhin ist einer dieser lauen Versager, wie du sie nennst, unser Boss“, gab er zu bedenken.

„Da kann er aber nichts für!“

„Und außerdem soll er das nicht mehr allzu lange bleiben, nicht wahr? Nachdem man endlich gemerkt hat, wer hier der eigentliche fähige Kopf ist, wird sich das sicherlich ziemlich schnell ändern.“

„Und du wirst auch nicht gerade einen Nachteil dadurch haben!“

„Nein, nein, das vor allem nicht!“ Bentor lachte meckernd.

Tamsor fiel nicht in das Gelächter ein. Dafür hatte er ganz andere Dinge im Kopf, denn noch war es zu früh, an einen Sieg zu denken. Sie wussten immer noch nicht, wo die Modifizierung stattfinden sollte. Was, wenn sie nicht hier, auf Asagol, vorgenommen wurde, sondern wenn die Titans zu diesem Zweck auf einen anderen Planeten gebracht werden mussten?

Dann war das Experiment, wie er es genannt hatte, um sich für die Inbetriebnahme der Anlage durchzusetzen, halbwegs umsonst gewesen. Das Lager würde einfach nur voll werden. Dann würde die Produktion stoppen – und alles war so wie vorher!

Er schaute auf die Wand, aus der gerade wieder ein fertiger Titan kam.

So interessant die Produktionsanlage auch war: Sie verstand es andererseits perfekt, vor den terranischen Wissenschaftlern zu verbergen, wie denn nun die Fertigung überhaupt ermöglicht wurde!

Saul Bentor winkte ihm zu. „Ich gehe jetzt lieber mal an die Hauptkontrollen und versuche, auf diese Weise mehr zu erfahren, während du hier die Stellung hältst. - Du kommst doch allein zurecht?“

„Und ob!“, antwortete Tamsor knapp. In Gedanken fügte er hinzu: Ja, geh nur. Natürlich wäre es besser gewesen, wir hätten hier mehrere Leute abgestellt, womöglich auch im Lager, damit uns nichts entgeht, aber dann hätten wir ein paar wissenschaftliche Mitarbeiter mehr einweihen müssen als unbedingt nötig war. So ist es schon besser. Und wenn ich allein hier stehe, ist es sogar doppelt besser.

Bentor verschwand um die nächste Gangbiegung. Er lenkte seine Schritte in eine Richtung, von der der Alte nichts wusste. Nur wenige kannten die Hauptkontrollen – die eigentlichen Hauptkontrollen wohlgemerkt. Das, was sie ihren Kollegen als Hauptkontrollen vorgeführt hatten, hatte eine eher untergeordnete Rolle. Das ganze funktionierte etwa nach dem Notfallprinzip: Wenn die Kontrollen ausfielen – aus welchen Gründen auch immer -, dann konnte man an anderer Stelle trotzdem noch in das Produktionsgeschehen eingreifen.

Sofern man überhaupt etwas davon versteht!, dachte Bentor ein wenig resignierend, denn niemand wusste besser als er, wie weit sie von der Enträtselung noch entfernt waren.

Eines war ihm schon anfangs mehr als seltsam vorgekommen: Es war für die Altairer ganz und gar untypisch, dass sie so etwas wie doppelte Systemsteuerung installiert hatten. Das gab es nur hier. Denn ihre Technik war wahrlich so perfekt, dass sie nicht nur Jahrtausende unbeschadet überstand, sondern auch ohne Störungen funktionieren konnte.

Und dann trotzdem eine doppelte Systemsteuerung, wobei die zweite Steuerung nur den einen Zweck haben konnte, nämlich für den Notfall eingesetzt werden zu können?

Ja, ungewöhnlich – sehr sogar.

Er erreichte sein Ziel, das sich zunächst nur als kahle Wand präsentierte. Er lehnte sich gegen die gegenüberliegende Wand und löste damit die Ausbildung einer Sitzgelegenheit aus. Gleichzeitig öffnete sich die Wand vor ihm wie ein „Sesam-öffne dich“.

Es waren eher spärliche Kontrollen, da die sogenannte Gedankenkontrolle vorherrschte. Die Steuerelemente und Hinweisschirme waren lediglich eine flankierende Maßnahme.

Die zweiten Hauptkontrollen, wenn man sie nennen will, sind eigentlich wesentlich simpler gestaltet, sinnierte Saul Bentor. Logisch, wie ich fand, denn schließlich spielen sie erst in zweiter Hinsicht eine Rolle. Aber sie sind nicht nur simpler, sondern verraten gewissermaßen eine andere Handschrift.

Er schürzte die Lippen, während er mit Gedankenimpulsen Hinweise auslöste, die vor seinen Augen projiziert wurden. Es handelte sich offensichtlich um Produktionsberichte, aber er war noch lange nicht soweit, sie völlig entschlüsseln zu können. Vor Inbetriebnahme der Anlage war es ihm nur möglich gewesen, ein paar allgemeine Hinweise zu erhalten. Die Hauptkontrollen hier waren eher zufällig von einem seiner Mitarbeiter entdeckt worden, und seitdem wussten sie ja auch erst so definitiv über den Zweck der Anlage Bescheid.

Er runzelte die Stirn. Sein geschultes Gehirn lernte sehr schnell. Es würde zwar nicht reichen, innerhalb von nur wenigen Stunden genug zu wissen über den Produktionsablauf, um ihn auch nur annähernd zu begreifen, aber er erlangte auf diese Weise immerhin ein gewisses Grundwissen.

Einmal musste er eine Pause machen. Dabei dachte er an den Alten und auch an Tem Ulfson. Er wusste sehr wohl, dass die meisten wissenschaftlichen Mitarbeiter gegen die Inbetriebnahme gewesen waren. Normalerweise wurde deren Meinung durchaus von Wood berücksichtigt. In diesem Falle aber absolut nicht. Dafür hatten schon Bentor und Tamsor gesorgt. Außerdem waren der Captain und sein erster Offizier voll auf ihrer Seite. Da nutzte es Maria Tobiasi gar nichts, wenn sie unter den Mitarbeitern eine so große Lobby hatte. Ob deren Meinung zählte oder nicht, das zu entscheiden war letztlich die Sache des Alten, und der ließ sie halt einfach nicht zählen...

Ein fast geringschätziges Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er an Maria dachte.

Eigentlich schade, dass du so verbohrt bist. Es wäre mir lieber, wenn du auf unserer Seite wärst.

Aber dann zuckte er die Achseln und widmete sich wieder den Hinweisen.

Im nächsten Augenblick zuckte er zusammen wie unter einem Peitschenhieb.

Die Nebenkontrollen, das zweite Steuerungssystem... Hier gab es einen Eintrag, aber dieser Eintrag besagte unmissverständlich...

Mit einem ächzenden Laut sprang er auf. Er rannte los – in Richtung Lager, wo Tamsor die Stellung halten wollte.

Doch auf halbem Wege kam ihm Tamsor entgegen. Er erschien aufgeregt und bemerkte gar nicht, dass auch Bentor ziemlich aufgeregt war.

„Schnell, du musst kommen!“, rief Tamsor. „Ich – ich wollte es dir persönlich sagen und nicht über Communicator. Ich weiß nicht recht, ob ich nun schon am Durchdrehen bin oder ob ich recht habe.“

„Was ist denn passiert?“, fragte Bentor und vergaß beinahe darüber die alarmierende Entdeckung, die er selber gerade erst gemacht hatte.

Tamsor gab gar keine Antwort. Er lief voraus.

Bentor folgte ihm. Es war ja nicht weit. Und dann erreichten sie beide das Ende der Produktionsanlage. Professor Tamsor deutete in das Lager hinein. „Es ist inzwischen ja einige Zeit vergangen. Zwar noch nicht soviel Zeit, dass das Lager schon hätte ganz voll sein müssen...“

Wieso drückt der sich so umständlich aus?, fragte sich Bentor und beugte sich vor.

Gerade schwebte ein fertiger Titan an ihm vorbei und nahm Ziel auf einen Kokon, der extra deshalb entstand, um ihn aufzunehmen.

Er runzelte die Stirn. Zwar hatte er keine Ahnung, auf was Tamsor ihn eigentlich hatte hinweisen wollen, aber ihm fiel etwas auf: Die Titan-Körper kamen so regelmäßig wie ein Uhrwerk. Ein Rhythmus, der ihm sozusagen bereits in Fleisch und Blut übergegangen war. Allmählich füllte sich das Lager. Aber eigentlich... hätte es schon voller sein müssen. Zumindest ein wenig.

Tamsor packte ihn am Arm, wie um nach Halt zu suchen. Sein Atem ging keuchend. „Mir ist es vorhin erst bewusst geworden: Irgendwie fehlen da ein paar!“

„Wie bitte?“ Saul Bentor schaute ihn an, als sei Tamsor gerade verrückt geworden. Dabei hatte er, Bentor, doch die gleiche Feststellung gemacht...

Bei ihm war es schon möglich, dass er sich irrte, denn er hatte sicher ein wenig die Zeit vergessen bei seiner Arbeit, aber Tamsor war die ganze Zeit über hier gewesen.

Saul Bentor schaute in die Richtung, wo noch vor Sekunden der eine Titan-Körper gelagert worden war. Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.

Fing er jetzt schon an zu spinnen? Wenn nein, dann war der „neue“ Titan ebenfalls verschwunden!

Tamsor hatte es auch bemerkt: „Wenn ich richtig schätze, dann handelt es sich um rund ein halbes Dutzend!“

„Stoppen!“, schrie Bentor auf. „Wir müssen sofort die Anlage stoppen!“

Tamsor blickte entgeistert drein. Dann reagierte er: „Ja, gewiss, das müssen wir!“ Und gleichzeitig gab er den notwendigen Gedankenimpuls.

Man konnte den beiden alles vorwerfen, nur nicht, dass sie nicht darauf vorbereitet waren, die Anlage genauso stoppen zu können, wie sie sie in Betrieb genommen hatten.

Alles stoppte, und Bentor sagte mit brüchiger Stimme: „Übrigens, was ich noch mitteilen wollte: Ich habe entdeckt, dass die zweite Systemsteuerung nachträglich installiert wurde – möglicherweise sogar lange nach dem Untergang der Altairer wahrscheinlich! Aber das war in der Kürze der Zeit nicht genau feststellbar“

„Was?“, entfuhr es Tamsor.

„Ja: Da hat sich jemand dran zu schaffen gemacht, und ich vermute sogar, dass dieser Jemand bereits Titans produziert hat – irgendwann, irgendwie. Wozu er dies tat, das kann man nur raten.“

Tamsor deutete in das Lager hinein. „Vielleicht sind die deshalb verschwunden?“

„Keine Ahnung, aber das kann auch andere Gründe haben: Das Lager wird eben nie ganz voll. Bevor dies geschieht, werden neu hinzukommende Körper weitergeleitet.“

Tamsor ging in das Lager hinein. Bentor wollte ihm noch zurufen: „Ob das jetzt eine gute Idee ist?“, aber er tat es dann doch nicht, sondern schaute ihm neugierig nach. Tamsor ging dorthin, wo der letzte Titan verschwunden war. Er schaute sich aufmerksam um.

Die Wand, vor der er stand, war völlig glatt. Er klopfte dagegen. Noch nicht einmal ein hohles Geräusch. Aber das hätte ihn auch gewundert.

War es nicht gewissermaßen das Merkmal dieser seltsamen Produktionsanlage, dass scheinbar feste Wände plötzlich Öffnungen aufwiesen und irgendwelche Dinge erschienen?

Bentor beobachtete den Professor noch ein wenig. Dann trieb es ihn zurück zu den Hauptkontrollen. Zwar war jetzt die Anlage gestoppt, aber nicht gänzlich abgeschaltet. Er wollte einfach wissen, welche Hinweise er jetzt noch bekommen konnte. Vor allem wollte er mehr wissen über diejenigen, die offensichtlich die Anlage manipuliert hatten. Vielleicht auch, WANN dies geschehen war. Wirklich erst lange nach dem Untergang der Altairer?

Unterwegs dachte er: Wir haben die ganze Zeit über uns gefragt, wo die Modifizierung der Titans stattfindet. Aber wenn das nun genau hier ist, in der gleichen Anlage? Wenn hierfür die Titans überhaupt nicht abtransportiert werden müssen? Eine solche Modifizierung benötigt doch sicherlich weniger Platz als die Fertigung der Körper...

Er hoffte, dass er über die Hauptkontrollen darauf einen Hinweis fand.


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