Читать книгу Dragon 19 Wochen Ostsee - Joachim Brandes Henning - Страница 10

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V Vorbereitung

Anne findet mit ihrem Arbeitgeber und ihren Kursen eine sehr gute Lösung für die Auszeit: Von Ostern bis Mitte Oktober hat sie frei.

Nach dem Bootskauf steht Papierkram an: Versicherung, Boot und Funkgerät ummelden. Im Verein wird das Boot auch angemeldet, weil wir im kommenden Herbst gerne dort in das Winterlager möchten.

Die Vorbereitung von Dragon braucht Prioritäten, sonst verzetteln wir uns. Ziel ist es, heil und gesund wiederzukommen, unterwegs wenig Schwierigkeiten zu haben und die Reise genießen zu können. Die folgenden Themen müssen angegangen werden:

a) Kein Feuer. Die meisten Totalverluste entstehen durch Feuer …

b) Kein Wassereinbruch. Die Nummer zwei bei Totalverlusten …

c) Kein Kielverlust

d) Steuerbarkeit

e) Funktionierende Antriebe (Motor und Segel)

f) Kollisionsvermeidung

g) Navigation

h) Kommunikation

i) Komfort

j) Sonstiges

Diese Themen werden wie folgt behandelt:

a) Kein Feuer

Die Elektrik ist recht sauber installiert, keine Aktion. Der Motor ist ein Dieselmotor, keine Aktion. Der Kocher ist ein Origo Spirituskocher, keine Aktion. Dragon hat nur einen, lange abgelaufenen, Feuerlöscher, der wird entsorgt und zwei neue Feuerlöscher sowie eine Löschdecke werden montiert.

b) Kein Wassereinbruch

Häufigste Ursache sind Rumpfdurchführungen und Seehähne. Alle werden inspiziert, festsitzende Seehähne gängig gemacht, die Wellendichtung wird getauscht, die Ruderkokerabdichtung wird zerlegt und inspiziert, eine große elektrische Lenzpumpe wird eingebaut und Holzpfropfen zum Verschließen etwaig abbrechender Rumpfdurchführungen werden beschafft.

c) Kein Kielverlust

Die Kielbefestigung wird von außen und innen durch einen Gutachter besichtigt.

d) Steuerbarkeit

Das Ruder wird gezogen, erhält eine Sichtprüfung und ein neues unteres Lager.

e) Antrieb

Ein Ablassstopfen sitzt schief im Motor, ist hinter dem Motorfundament nicht reparierbar. Damit will ich nicht los, wenn das undicht wird, lässt sich das unterwegs nicht abdichten. Der Motor wird ausgebaut. Weil er schon mal draußen ist, bekommt er einen sehr großen Service: Der Zylinderkopf wird abgenommen, die Kühlkanäle im Zylinderkopf werden entkalkt, die Ventile eingeschliffen, die Ölwanne entfernt, das Ölansaugsieb gereinigt, die Düsen werden gewartet und Impeller sowie Filter werden getauscht. Der Motor zeigt erst wenig Verschleiß, hat noch ein langes Leben vor sich. Die Dieseltanks werden aufgeschnitten und gereinigt, das ist auch sehr dringend nötig, da wartete Ärger.

Auch an der Besegelung gibt es Arbeit, Spieren und stehendes Gut werden durch einen Mastenbauer besichtigt, neues stehendes Gut gefertigt, das alte ist schon 25 Jahre und hat einige Knicke. Die Rollreffanlage hat leider auch Schäden, eine neue muss her, gleiches gilt für den Lümmelbeschlag. In den Mast ziehe ich neue Falle für Fock und Groß ein. Neues Großsegel und Ausbesserung von Fock und Genua macht ja der Segelmacher, unbenutzte Sturmsegel haben wir noch vom vorigen Boot. Die Rüsteisen besichtigt der Gutachter, die für die Wanten werden nach Anweisung des Gutachters neu befestigt.

f) Kollisionsverhütung

Alle Positionslaternen werden geprüft, ein Radarreflektor kommt ans Achterstag. Für Handpeilkompass und Nebelhorn wird ein Platz gefunden, wo sofortiger Zugriff möglich ist. Die Ankerlaterne wird durch eine neue, sparsame LED Laterne ersetzt.

g) Navigation

Die Ausrüstung wird durchgesehen und ergänzt. Handpeilkompass, Navigationsbesteck, Fernglas, Borduhr, Barometer, Log, Echolot und Kompass wollen wir an Bord haben. Die aktuellsten Kartensätze und Revierführer beschafft uns Dammeyer in Bremen. Hafenführer sind leider nicht alle vor Fahrtantritt beschaffbar, den Revierführer „Baltic Sea and Approaches“ bekommen wir aber. Der Stapel Papier ist so schwergewichtig, dass ich zweimal zum Auto laufen muss, um alles einzuladen. Ein gebrauchter Kartenplotter wird uns angeboten, der kann hilfreich sein, nach sehr kurzer Überlegung greifen wir zu. Die elektronische Karte (C-Map) dafür beschaffe ich auch, im April 2019 ist leider nur die Vorjahresversion (2018) erhältlich, die neue Version kommt erst im Mai. Die 2018 Version muss reichen, wir wollen nicht auf die neue warten. Das Handy bekommt eine Halterung im Cockpit und eine Möglichkeit zur Stromversorgung sowie eine Nav-App für Wegepunktnavigation. Ein fest installiertes GPS befindet sich schon unter Deck am Kartentisch. Das Laptop bekommt eine GPS Maus, einen Adapter für den Betrieb an 12 Volt und Open CPN wird installiert.

h) Kommunikation

Einer der Antennenstecker zeigt Korrosion, wird getauscht, leider hat auch danach das Kabel keinen Durchgang, auch nachdem ich an beiden Seiten etwas Kabel abgeschnitten und die Stecker nochmal neu montiert habe. Also wird das Antennenkabel getauscht – aufwändiger als erwartet, weil es mit seinen rund 12 Metern Länge erst in einen Schlauch eingezogen werden muss, bevor es mitsamt Schlauch in den Mast eingezogen wird. Neue Seenotsignale werden bestellt, eine Blitzboje für den Rettungskragen am Heck beschafft, ein Navtex und ein Bootshandy, das Pflichtenheft dafür kurz und erschreckend exklusiv: Großes Display, wassergeschützt und mit guter Kamera.

i) Komfort

Dragon wird für mehrere Monate unser Zuhause, da soll es auch schön sein. Das Boot wird innen und außen gründlich gereinigt. Ein großer Teil des Holzes innen wird aufgearbeitet, zum Teil nach dem Ausbau zuhause. Der Effekt ist unglaublich, was bei Kauf fast grau war wird durch intensives Reinigen und anschließendes Ölen oder Wachsen wieder goldfarben. Die Mengen an Holzöl, die der Tisch aufsaugt, sind ebenso beeindruckend wie die Mengen an Dreck, die aus den Holzporen kommt. Neue Polster werden bestellt, wir gönnen uns neue Regenkleidung, weil die alte nicht mehr dicht ist, unsere guten Schlafsäcke müssen mit, weil es im Norden kalt ist, für den Niedergang baue ich ein neues Steckschott mit Belüftung und Mückengitter, Sprayhood und Kuchenbude repariert der Segelmacher. Um einen Schwarzwassertank einzubauen reicht die Zeit nicht und Schwarzwasser außenbords pumpen ist in Skandinavien nicht zulässig, die schnelle Lösung ist ein Porta Potty. Ein Bausatz für eine Wind-Selbststeuerung ist schon geliefert, als wir doch noch eine gebrauchte in Rostock finden und an einem Sonntag abholen. Ein elektrischer Pinnenpilot war beim Bootskauf dabei. Gegen Mücken gibt es Anti-Brumm, Freunde beschenken uns mit neuem Bootsgeschirr und Ostseesegelbüchern.

j) Sonstiges

Bug- & Heckanker kriegen einen Kettenvorlauf und neue Ankerseile, Längenmarken bringe ich mit der Sprühdose an. Ein neuer Rettungskragen, neue Schwimmweste, Sicherungsgeschirr, die Innenbeleuchtung wird auf LED Birnen umgestellt um Strom zu sparen, Solarpaneele werden gekauft um unabhängiger vom Landstrom zu werden, ein neuer Elektro-Unterverteiler am Niedergang verbindet Solarpaneele, Kartenplotter und Handy mit dem übrigen Bordnetz, das Schiebeluk muss ich neu bauen, weil mir das alte beim Ausbau zerbricht. Die Badeleiter wird versetzt und verschmälert um am Spiegel Platz für die Windsteuerung zu bekommen, der Spiegel von innen mit mehreren Lagen Laminat verstärkt. Ein Schlauchboot und Schärenanker müssen mit. Beim Reinigen finde ich diverse Defekte im Gelcoat, die ich, so gut mir das mit den für kalte Temperaturen eingeschränkt geeigneten Mittelchen gelingt, repariere. Fenderbretter entstehen zuhause auf der Werkbank, neue Festmacher gibt es auch, neuen Osmoseschutz und neues Antifouling auch …. und noch Kleinkram, der mir nicht mehr einfällt. Ersatzfilter, Impeller, Öl, Dieselschläuche für den Motor, etwas Drahtseil mit Drahtklemmen, Klebeband, Bändselband, Schäkel, Blöcke, Bolzen, Splinte, Schrauben, Muttern, Scheiben, Leinen, Klebstoff sowie Kabel, Kabelverbinder, Kabelbinder, Schrumpfschläuche und Werkzeug können auf der Reise sehr willkommen sein und kommen mit. Zum bestandenen Angelschein erhält Anne eine Angel, die muss natürlich auch mit. Ein Hafentrailer wird bestellt, Lieferung im Frühherbst, den brauchen wir, wenn wir zurück sind.


Bild 3: Gelcoatreparaturen am Heck

Wie man das in der Zeit schafft? Ich jedenfalls nicht alleine, viele Arbeiten werden durch die Werft, den Mastenbauer und den Segelmacher ausgeführt, selber arbeite ich ab Anfang Februar von morgens bis abends am Boot oder bei schlechtem Wetter zuhause an Bootsteilen und anderen Vorbereitungen. Trotzdem verzögert sich die Abfahrt, es kommen immer wieder neue Punkte hinzu, die in Ordnung gebracht werden müssen und der Zeitaufwand für die Beschaffung von Teilen und Material ist unerwartet hoch. Bestellen dauert meistens zu lange, also alles selber mit dem Auto holen. So schön geordnet wie oben aufgelistet laufen die Arbeiten nicht ab. Ich habe zwar eine lange Liste von notwendigen Arbeiten, aber immer wieder geht es irgendwo nicht weiter, weil Material oder Werkzeug fehlt oder das Wetter nicht mitspielt, also wird etwas anderes angefangen und später das zuvor Begonnene beendet.

Wir wollen Anfang April gerne einen Probeschlag machen, aber das Boot ist nicht fertig, hat keinen Motor und das Wetter ist auch gruselig. Neues Abreisedatum Ostern. Osmoseschutz und neues Antifouling sollen eine Woche dauern, das ist bis Ostern fertig, also lassen wir das eben auch noch machen. Leider kommt es zu Verzögerungen, ein Lieferant liefert das falsche Strahlgut, bis das richtige Strahlgut da ist vergehen Wochen, ein großer Zweimaster braucht in der Werft deutlich mehr Arbeit als geplant, muss wegen Charterterminen fertig werden, bindet Kapazität. Der Polsterer verkündet auf Nachfrage, dass die bestellten neuen Polster wohl im Juni oder Juli fertig werden, den Stoff hat er aber schon. Nicht gut für meine Laune. Anfang Mai kommt das Boot ins Wasser, die Werft übernimmt den schon gelieferten Stoff und zaubert daraus neue Polster, in der zweiten Maiwoche ziehen wir aufs Boot, justieren den Mast, riggen zu Ende auf. Fertig ist Dragon nicht, Solarzellen, Kartenplotter und Teile der Windsteuerung sowie neue stromsparende Navigationslampen warten noch auf ihren Anbau, werden im Boot gestaut um unterwegs montiert zu werden. Der Loggeber harrt ebenso seiner Montage, aufwändig nur, weil dafür die Koje im Vorschiff leergeräumt werden muss. Buganker und neue Rollfock streiten sich um denselben Platz, reiben sich aneinander, eine mit der Flex geschliffene Aussparung im Ankerstock löst dieses Problem.

Unmittelbar vor der Abfahrt tun sich zwei neue Probleme auf – im neuen Großsegel fehlen am Unterliek Löcher, um die Reffleinen achtern um den Baum binden zu können und der Abstand zwischen Wellenflansch und Wellendichtung ist zu eng, vor allem im Rückwärtsgang kann der Wellenflansch an der Wellendichtung reiben, der Motor müsste ein paar Zentimeter weiter nach vorne, was aber auch gleich den Neubau der Motoreinhausung und eine längere Welle erforderlich macht und Tage bis Wochen dauern wird. Was tun? Das Großsegel wieder abschlagen und zum Segelmacher bringen? Wir haben kein Auto am Hafen, sind ja schon aufs Boot gezogen. Bis wir das Groß dann wieder angeschlagen haben, werden voraussichtlich zwei oder drei Tage ins Land gehen. Anne und ich halten Kriegsrat, Dragon nicht gut reffen zu können ist ein Schwachpunkt. Andererseits - wir wollen los. Vielleicht können wir die Löcher unterwegs irgendwo einbringen lassen. Zur Not können wir beim Reffen die achterliche Reffkausch an den Baum bändseln. Unser erstes eigenes Boot war ein Gaffelkutter, da hatten wir viel Gelegenheit, bändseln zu üben. Das Groß bleibt, wie es ist. Der zu kleine Spalt zwischen Wellenkupplung und Wellendichtung, noch ein Schwachpunkt. Ein 25 Jahre alter Schwachpunkt. Die Wellendichtung ist gerade neu, wir gehen das Risiko ein, was 25 Jahre funktioniert hat, wird hoffentlich mit der neuen Dichtung auch diesen Sommer überstehen - ein Punkt, den ich unterwegs regelmäßig inspizieren muss.

Für zwei andere offene Punkte haben sich auch Lösungen gefunden: Unser Nachbar wird sich in unserer Abwesenheit um eingehenden Rechnungen kümmern (Ein ganz ganz herzliches Danke!!!!) und eine Nichte wohnt mit ihrem Freund bei uns, während wir weg sind, passt auf unser Zuhause auf (Noch ein ganz ganz herzliches Danke!!!!).


Bild 4: Unser Zuhause

Dragon 19 Wochen Ostsee

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