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Kapitel 4

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Der Fernseher lief die Nacht durch. Als Eric aufwachte, liefen gerade die Nachrichten. Bilder von einem Wohnungsbrand wurden gezeigt, die Reporterin sprach von Brandstiftung und zwei Toten. Es dauerte einige Augenblicke, bis Eric verstand, dass es sich um die Wohnung von Monjas Vater handelte. Er hörte gespannt zu, konnte aber nichts Neues erfahren. Es gab keine Spuren, keine Verdächtigen, man wusste nicht einmal, wem die Wohnung gehörte.

Nach einer langen heißen Dusche zog sich Eric an und machte sich auf den Weg. Er hatte nicht vergessen, was er Monja versprochen hatte. Neun Uhr schien ihm eine gute Zeit um sie aufzuwecken und mit ihr zu frühstücken.

Monja war anzusehen, dass sie fast nichts geschlafen hatte und wahrscheinlich die halbe Nacht geheult hatte. Sie öffnete Eric die Tür und bat ihn, kurz in der Küche zu warten. Monja trug nur ein langes Leibchen, da sie gerade erst aufgestanden war. Er verschwand mit seinem Einkauf, Brötchen, Wurst, Käse und Marmeladen, in der Küche und richtete einen Teller her.

»Deine Kaffeemaschine ist mir ein Rätsel. Das überlasse ich Dir«, rief er ins Wohnzimmer.

Als er mit zwei vollen Tellern zu ins Zimmer kam, war Monja noch nicht umgezogen. Er betrat das Wohnzimmer, als sie sich gerade ihre Strumpfhose hochzog. Dabei bückte sie sich vor und stand mit dem Rücken zu Eric, sodass er direkt auf ihren Po blickte, der dank ihres Strings unbedeckt war.

Das sind aber schöne Aussichten, dachte er sich und stellte die Teller auf dem Glastisch neben Monja ab.

Monja schien seine Blicke nicht zu bemerken und zog sich fertig an. Anstandshalber verschwand Eric wieder in die Küche und wartete auf sie.

Beim gemeinsamen Frühstück gestand Monja, dass sie fast die ganze Nacht munter war. Die Ereignisse waren zu viel für sie gewesen. Sie hatte heute schon mit ihrer Chefin gesprochen und noch eine Woche Urlaub bekommen, um zur Ruhe zu kommen. Auf Erics Frage, wieso sie sich dann nicht bei ihm gemeldet hatte, meinte sie: »Schau, es ist schon viel verlangt gewesen, dass Du mit zur Wohnung kommst und dann diese Gangster und das Feuer. Ich bin Dir wirklich dankbar für alles, aber ich muss das selber erst verstehen.«

»Sag, eine ganz dumme Frage: Wie sieht es mit Deinem restlichen Freundeskreis aus?«, erkundigte sich Eric.

»Ich habe einen recht überschaubaren Kreis an guten Freunden. Nur bin ich nicht der Typ Mensch, der sich bei anderen ausheult oder seine Probleme mit anderen bespricht. Ich bin eher die Zuhörerin, die Mut zuspricht, tröstet und der man alles erzählt. Und wie gesagt, meine zwei besten Freundinnen sind zurzeit auf einer Fernreise. Wenn die beiden zurückkommen, habe ich denen einiges zu erzählen.«

Sie plauderten noch weiter über Alltägliches, bis sie sich einig waren, genug gefrühstückt zu haben. Monja schlug Eric vor, es sich im Wohnzimmer beim Fernseher oder den Unterlagen bequem zu machen, damit sie sich im Bad noch etwas herrichten konnte.

Er entschied sich für die Unterlagen, die ihm zwar immer noch unlogisch und suspekt vorkamen, aber seine Neugier geweckt hatten.

Nach einer Viertelstunde gesellte sich Monja frisch geduscht und mit nassen Haaren zu ihm. Eric studierte gerade die Postkarte des Eiffelturms.

»Schalt doch bitte den Computer ein, ich würde gerne diesen Text übersetzen«, meinte Eric und reichte ihr die Karte.

Die zweite Postkarte mit dem Denkmal von Kaiser Maximilian gab ihnen noch größere Rätsel auf. Die Zahlenreihe machte keinen Sinn, ebenso wenig der Satz »Fünf Zeilen aus elf in einer Reihe«.

Eric studierte die Zahlenreihe und versank in Gedanken, was es mit den Kombinationen auf sich haben könnte.

»Der Stein ist hinter meinem Namen«, flüsterte Monja ihm ins Ohr und ließ ihn aus seinen tiefen Gedanken hochschrecken. Überrascht sah Eric sie an.

»Wo warst Du denn gerade auf Gedankenreise?«

»Bei unerklärlichen Zahlen und einem sinnlosen Text auf einer alten Postkarte.«

»Der Stein ist hinter meinem Namen. Das bedeutet der französische Text auf der Postkarte«, meinte Monja.

»Kannst Du jetzt auch noch französisch?«

»Ich nicht, aber Google«, meinte sie lächelnd, »Das macht den Text aber auch nicht logischer. Außerdem ist das Wort ›pierre‹ mit einem großgeschriebenen ›i‹ geschrieben.«

»Welcher Stein und welchen Namen?«, überlegte Eric.

»Es wird immer verrückter. Aber der Tag ist ja noch lang«, sagte Monja.

Es war kurz vor 14 Uhr und Monja hatte zwei Pizzen aus ihrem Tiefkühlschrank für sie zubereitet. Sie saßen wortlos am Tisch und waren beiden mit den Gedanken bei den Zetteln, Karten und Bildern von Walter Knoth.

Auch wenn wir sie noch hundert Mal durchsehen, wir werden nicht klüger daraus werden, dachte Eric. Er wollte ihr aber noch nicht die Illusion nehmen und behielt seine Gedanken für sich.

Monjas Handy läutete, eine ihr unbekannte Nummer. Verwundert hob sie ab.

»Ja, bitte?«, meldete sie sich.

»Hallo, Monja. Du kennst mich nicht, ich bin Markus Meloth ... Ich war ein Freund deines Vaters bei der ESA. Wir haben lange zusammengearbeitet und ich habe erst heute erfahren, dass er ... Es tut mir leid, mein herzlichstes Beileid«, sprach eine männliche Stimme zu ihr.

»Wer sind Sie und woher haben Sie meine Nummer?«, fragte skeptisch.

»Von Deinem Vater, Monja. Er hat sie mir gegeben und gemeint, wenn ihm etwas zustoßen sollte, soll ich mich bei Dir melden. Wir haben schon bei der Raumfahrtbehörde zusammengearbeitet und hatten auch privat viel Kontakt.«

»Wissen Sie mehr zu den Nachforschungen von meinem Vater? Was er genau gesucht hat?«

»Ja, er hat mit mir darüber gesprochen. Ich habe ihn noch gewarnt, dass er aufpassen muss. Vielleicht können wir uns treffen und ich erkläre Dir alles.«

»Ich weiß nicht, bis jetzt hatte ich nur … Probleme mit dem Nachlass meines Vaters.«

»Ich kann Deine Skepsis verstehen. Aber ich kann Dir auch erklären, was genau Dein Vater gesucht hat und womöglich gefunden hat. Deshalb möchte ich Dich so schnell wie möglich treffen, damit Du nicht in noch größere Schwierigkeiten gerätst. Bei meinem letzten Telefonat mit Walter meinte er, er habe die andere Seite des Durchgangs gesehen. Das heißt, er hat vielleicht recht mit seinen Vermutungen und das würde unser derzeitiges Weltbild grundlegend verändern.«

Monja war interessiert, diesen Mann zu treffen. Sie verriet ihm ihre Adresse und lud ihn zu sich ein. Nach dem Telefonat teilte sie Eric alles mit.

»Er sollte in ungefähr einer Stunde hier sein«, schloss sie ihren Bericht.

»Glaubst Du wirklich, dass das eine gute Idee ist?«

»Wenn er mir mehr über meinen Vater sagen kann, auf alle Fälle.«

»Und wenn das nur ein neuer Versuch von dieser verrückten Sekte ist?«, meinte Eric, dem das alles sehr verdächtig vorkam. Aber Monja war anderer Meinung, vor allem weil sie sich neue Informationen über ihren Vater erhoffte. Er versuchte, sie von der Idee abzubringen, die Unterlagen ihres Vaters herzuzeigen, doch Monja war sich sicher, dass Markus Meloth ihr weiterhelfen konnte.

»Du bist zu leichtgläubig, Monja. Was ist, wenn Dein Vater einfach nur paranoid war und deshalb diese ganzen Rätsel gesammelt und aufgeschrieben hat. Wahrscheinlich führt das alles zu gar nichts. Ich kann mir schwer vorstellen, dass ein einzelner Mann mit einigen Recherchen und vielen Büchern auf ein Geheimnis kommt, das bislang vor der Welt versteckt war. Noch dazu wissen wir immer noch nicht genau, worum es eigentlich geht. Eine Sekte, die vom Mars schwärmt, Schriftzeichen aus Mexiko, seltsame Texte auf alten Postkarten. Also wirklich, bei aller Fantasie, das kommt mir einfach alles zu weit hergeholt vor.«

»Sorry, aber es geht ja auch nicht um Deinen Vater, oder?«, schnauzte ihn Monja an.

»Ja und genau, weil es um Deinen Vater geht, bist Du in der Hinsicht befangen und übersiehst vielleicht das Offensichtlichste.«

»Und das wäre?«

Eric holte tief Luft. Es fiel ihm nicht leicht, aber er war der Meinung, dass er Monjas Illusionen etwas einbremsen musste.

»Vielleicht hatte Dein Vater etwas zu viel Fantasie. Wahrscheinlich ist er auf etwas gestoßen, was diese Bruderschaft verärgert hat, aber ansonsten bin ich mir ziemlich sicher, dass hier auch viel Paranoia mitspielt.«

Monja stieg die Röte ins Gesicht.

»Sag doch gleich, dass Du glaubst, mein Vater war verrückt!«, fuhr sie ihn an. Inzwischen standen sie beiden mitten im Wohnzimmer und diskutierten lautstark.

»Ich sage nur, dass auch das eine Möglichkeit wäre. Du hast selber gesagt, dass Du nicht alles geglaubt hast, was er Dir erzählt hat. Vielleicht hat ihn der Unfall damals …«

»Er war sich sicher, dass es kein Unfall war!«, fiel ihm Monja lautstark ins Wort.

»Ja, er war sich sicher, nur scheinbar war er alleine mit dieser Meinung. Mensch, Du bist so ein kluges Mädchen, fällt Dir denn nicht selber auf, wie verrückt und unlogisch das alles ist?«

Es läutete an der Tür.

»So, jetzt kommt der Freund von Deinem Vater. Ich hoffe, dass er etwas dazu beitragen kann, damit Du …«

»Was? Damit ich von diesen Fantastereien wegkomme? Willst Du das sagen?«

Ohne eine Antwort abzuwarten, marschierte Monja zur Tür. Eric blieb angewurzelt mitten im Raum stehen und sah ihr nach. Er verstand nicht, wie die Situation derart eskalieren konnte, aber er hoffte, dass er ihr etwas ins Gewissen reden konnte.

Monja kam mit einem Mann, den Eric auf Mitte fünfzig schätzte ins Zimmer zurück.

»Markus Meloth, das ist Eric, ein … ein Bekannter von mir«, stellte Monja sie vor. Eric reichte dem Mann die Hand und musterte ihn. Markus Meloth war ein kleiner stämmiger Mann, die Jacke, die er trug, war ihm eindeutig zu eng. Er schien ein sehr gepflegter Mann zu sein, seine Haare waren gekämmt und sein Schnauzer getrimmt. Hinter einer dünnen Brille sahen Eric graublaue Augen an.

»Nehmen Sie doch Platz, Herr Meloth. Darf ich Ihnen etwas zum Trinken bringen?«, fragte Monja, doch Meloth schüttelte den Kopf.

»Nein, danke. Ich bin froh, Dich gefunden zu haben, Monja. Nachdem mir Dein Vater schon viel erzählt hat, habe ich befürchtet, dass Du mit seinen Nachforschungen ernsthafte Schwierigkeiten bekommst und …«

Eric mischte sich ein.

»Ganz einfache Frage, Herr Meloth: Was genau hat Walter Knoth untersucht, hinter welchem Geheimnis war er her?«

Markus Meloth setzte sich auf die Couch und lächelte die beiden an.

»Ich werde Euch eine kleine Geschichte erzählen. Sie beginnt in Mexiko zur Zeit der Maya.

Die Maya glaubten, ihren obersten Gott, Hunab Ku, getroffen zu haben, der ihnen einen Durchgang zum Paradies gezeigt hat. An dieser Stelle errichteten sie einen Tempel rund um dieses angebliche Tor.

Der Raum wurde versiegelt. Weiters gibt es eine sagenhafte Obsidiankugel, die als Verbindung zu Hunab Ku dient und die natürlich auch niemals gefunden wurde. In einem Krieg wurde der Tempel zerstört, man baute einen neuen unterirdischen, damit das Tor weiterhin geschützt sei.

Durch den Angriff der Spanier und der Verbrennung der Texte der Maya geriet der Tempel in Vergessenheit. Niemand weiß, wo dieser Tempel stehen soll und Mexiko, beziehungsweise das Gebiet der Maya ist ziemlich groß.

Soweit die Legende, die über die Jahrhunderte weitergegeben wurde. Aus dem Durchgang wurde eine Schatzkammer, heute weiß niemand mehr genau, was die Priester damals genau meinte.«

»Das klingt sehr vertraut. Herr Knoth hat so ziemlich dasselbe erzählt«, mischte sich Eric ein.

»Dein Vater, Monja, war der Überzeugung, dass sich in dieser legendären Höhle ein Portal zu einem anderen Planeten versteckt. Er war so davon besessen, dass er sich nach dem Unfall in Paris, an die Fantasie klammerte, ein Bild vom Mars gesehen zu haben. Niemand konnte ihn von diesem Wahn abbringen und er hat weltweit nach Beweisen gesucht.

Dabei ist er auf diese Legende gestoßen, die natürlich für ihn gut ins Bild passte. Gleichzeitig hat er damit aber auch eine alte Bruderschaft auf den Plan gerufen, die ebenso …«

»Die haben wir schon kennengelernt«, warf Eric ein.

»Das glaube ich Ihnen, Herr Solado. Diese Bruderschaft ist der Überzeugung, das Portal würde zum Schatz der Maya auf den Mars führen. Dort wartet auf den Gläubigen das Paradies. Es verspricht unermesslichen Reichtum und die Macht über die Menschheit.

Wir ihr seht, habt ihr Euch da mit einer sehr gefährlichen Gruppe angelegt. Deshalb bin ich hier. Ich würde Euch gerne unterstützen und die Unterlagen von Deinem Vater in Sicherheit bringen. Somit solltest Du, Monja, von der Bruderschaft in Ruhe gelassen werden.«

»Und was machen Sie mit den Unterlagen?«, fragte Monja nach.

»Ich habe Freunde, die sich darum kümmern und die es gewohnt sind, sich in Gefahr zu begeben«, antwortete er ihr.

Eric schüttelte ungläubig den Kopf.

»Das heißt, Sie glauben auch, dass ihr Vater auf der Spur nach einem großen Geheimnis war. Dass sein ganzes Reden über Außerirdische, Schätze und dergleichen wahr ist?«

»Ich glaube, er ist auf etwas gestoßen, dessen Größe und Gefährlichkeit er nicht ermessen hat. Damit ihr nicht auch Probleme …«

»Danke, aber die haben wir schon«, meinte Eric sarkastisch.

Monja drehte sich wütend zu ihm um und fauchte ihn an: »Wir? Es steht Dir frei zu gehen, Eric. Danke für Deine Hilfe, aber das Ganze hat nichts mit Dir zu tun.«

Eric sah sie an und überlegte. Seine aufgestaute Wut ließ ihn die Hände zusammenballen.

»Wie bitte?«

»Da hast mich schon verstanden, Eric. Wenn Du das alles nur für Blödsinn hältst, warum bist Du dann noch hier?« Monja war hochrot im Gesicht und schrie ihn regelrecht an.

»Du hast recht«, meinte Eric ruhig, »Mich geht das alles gar nichts an. Es waren sehr interessante, aufregende Tage mit Dir. Viel Spaß weiterhin bei der Suche nach Schätzen und sonstigen wilde Phantasien. Lass mir ET schön grüßen. Ich bin draußen aus der Nummer.«

Er drehte sich um und ging ins Vorzimmer um sich anzuziehen. Monja blickte ihm nach, sagte aber kein Wort. Er sah noch einmal zu ihr, aber sie zeigte keine Reaktion. Ohne ein weiteres Wort marschierte er bei der Wohnungstür hinaus und schlug die Tür hinter sich zu.

Wütend fluchend ging er die drei Stockwerke hinunter.

»Was glaubt diese Frau eigentlich, wer soll denn diesen Blödsinn glauben? Schätze in Mexiko, seltsame Texte auf Postkarten, eine verrückte Sekte, die vom Mars träumt, also wirklich. Diesen Schwachsinn, den dieser Freund erzählt, muss ich mir nicht länger anhören«, murmelte er vor sich hin.

»Diese Bruderschaft soll ihren dämlichen Schatz selber suchen und vor allem mich damit in Ruhe lassen. Soll dieser Freund …«

Eric blieb vor der Haustür stehen. Ein Gedanke schoss ihm in den Kopf.

Solado … er hat mir Herr Solado genannt. Monja hat mich als Eric vorgestellt, ging ihm durch den Kopf. Er dachte darüber nach, ob das etwas zu bedeuten hatte.

»Caramba, Coño!«, fluchte Eric, drehte um und rannte die Stiegen wieder hinauf. Er befürchtete, dass er Monja gerade in einer sehr gefährlichen Situation alleine gelassen hatte. Zurück im dritten Stock lehnte er sich an die Eingangstür und lauschte.

»… Sie alle Unterlagen nun mitnehmen? Werde ich denn dann noch erfahren, was Sie herausgefunden haben?«, hörte er Monja.

»Es tut mir leid, aber Du wirst gar nichts mehr erfahren.«

»Wie bitte?«, fragte sie erstaunt. Dann folgte ein kurzer Aufschrei von ihr.

»Was soll das? Was wollen Sie von mir?«, schrie sie.

»Nur etwas Spaß und dann die kompletten Unterlagen, die der Bruderschaft gehören und nicht einem ungläubigen Weib wie Dir!«, antwortete der bislang freundlich wirkende Mann plötzlich eiskalt.

Dieses Mal hatte Eric keine Zeit, um Sammy zur Hilfe zu holen. Zu seinem Glück hatte Monja nicht hinter ihm zugesperrt. Er riss die Tür auf und stürmte hinein.

Monja lag am Boden, ihre Bluse war zerrissen und sie blickte angsterfüllt auf Markus Meloth. Dieser hatte eine Pistole in der Hand und auf sie gerichtet. In seinem Gesicht konnte Eric ein hämisches Grinsen erkennen, er hatte sein Eindringen noch nicht bemerkt.

Ohne nachzudenken, rannte Eric auf ihn zu. Gerade als sich Meloth zu ihm umdrehte, landete Erics Faust in seinem Gesicht. Der Schlag ließ ihn zurückschleudern, er stolperte über den kleinen Couchtisch und verlor fast das Gleichgewicht. Diesen Moment nutze Eric um seine Hand zu packen, ihm die Waffe aus der Hand zu reißen und ihm noch einen Schlag zu verpassen, dieses Mal in die Magengegend. Meloth krümmte sich zusammen und stöhnte qualvoll auf. Eric zog sein Knie an und schlug mit Schwung zu und traf den Mann mitten im Gesicht. Bewusstlos ging er zu Boden.

Monja lag noch immer auf dem Boden, hatte sich etwas aufgerichtet und blickte ihn mit großen Augen an.

»Ich habe es mir anders überlegt, Princesa. Lass uns diesen verdammten Maya-Schatz finden!«, erklärte er ihr schnaubend.

Eric reichte Monja die Hand und half ihr aufzustehen.

»Hör zu, schnapp Dir die ganzen Unterlagen, pack etwas Gewand zusammen und lass uns so schnell wie möglich von hier abhauen.«

»Was, warum?«, fragte Monja etwas verstört nach.

»Weil ich mir sicher bin, dass dieser Meloth nicht alleine hergekommen ist. Ich habe keine Lust, wieder einigen dieser Brüder über den Weg zu laufen. Es ist im Moment weder in Deiner Wohnung noch bei mir sicher. Und den da sollten wir fesseln.«

Monja verstand. Sie holte aus dem Vorzimmer einige Kabelbinder, mit denen sie Markus Meloth an einen Stuhl festbanden. Mit Klebeband bekam der bewusstlose Mann einen dicken Knebel verpasst.

»Ich hole mir nur noch einige Klamotten und dann können wir verschwinden.«

»Ein kleiner Tipp noch«, meinte Eric und grinste sie an.

»Was denn?«, fragte sie verwirrt nach.

»Zieh Dir ein anderes Oberteil an. Auch wenn Dir der dunkelblaue BH gutsteht, es muss ihn ja nicht gleich jeder sehen«, meinte er und deutete auf ihre zerrissene Bluse.

»Dummkopf!« Monja versuchte, ein Lächeln aufzusetzen.

Keine zehn Minuten später saßen sie im Taxi. Monja hatte nur eine große Sporttasche mitgenommen, in der sie wahllos Hosen und Oberteile aus ihrem Kasten hineingeworfen hatte. Dazu hatte sie noch die Unterlagen von ihrem Vater dazugelegt.

Ihr erstes Ziel war Erics Wohnung. Er ließ den Fahrer und Monja kurz warten und rannte schnell in seine Wohnung. Eilig packte er einige Kleidungsstücke zusammen und warf sie in einen großen Rucksack. Als er die Wohnung verlassen wollte, fiel sein Blick auf sein Taschenmesser, das für ihn mehr ein Glücksbringer als ein hilfreiches Utensil war. Er steckte es ein und rannte zurück zu Monja.

Danach ging es zur Wohnung von Ines und Sammy. Während der kurzen Fahrt schrieb Eric seinem Freund eine SMS, um ihn zu informieren. Einen Schlüssel zur Wohnung hatte er schon seit Ewigkeiten.

Als sie vor dem Haus standen, blickten sie sich nervös um, aber es schien so, als wäre ihnen niemand gefolgt.

»Lass uns raufgehen. Sammy und Ines kommen bald heim. Wir müssen in Ruhe überlegen, wie wir nun weitermachen.«

Mit einem Kaffee setzten sie sich an den Tisch und besprachen ihre derzeitige Situation. Im Hintergrund lief der Radio. Als die Nachrichten kamen, drehte Eric die Lautstärke höher.

»17 Uhr, die Nachrichten. Wien. Nachdem erst gestern eine Wohnung aus bislang unerklärlichen Gründen ausbrannte, gab es heute erneut einen Wohnungsbrand. Eine Wohnung im 18. Bezirk brannte komplett aus, bislang ist von einem Toten die Rede.«

»Die sprechen von meiner Wohnung«, stellte Monja entsetzt fest.

»Ja wahrscheinlich. Das heißt, wir werden uns wohl die nächste Zeit verstecken müssen.«

»Warum hast Du eigentlich Deine Meinung geändert, Eric?«

»Weil ich inzwischen auch bei dieser so genannten Bruderschaft auf der Abschussliste stehe. Ich gehe davon aus, dass einige Männer bei meiner Wohnung auf der Lauer liegen. Deutlich ist es mir geworden, als ich erkannt habe, dass dieser angebliche Freund meinen Nachnamen wusste. Den hast weder Du noch ich erwähnt. Egal wer diese Bruderschaft ist, sie sind bestens organisiert und alles andere als dumm.«

»Und was willst Du nun machen? Wissen wir denn überhaupt, um was es genau geht bei diesem ganzen Wahnsinn?«

Eric schloss die Augen und holte mehrmals tief Luft.

»Drei Steine und eine Kugel, wahrscheinlich aus Obsidian, geben den Weg frei zu einem Tempel der Maya. Nach den Unterlagen von Deinem Vater dürften die Steine nach Europa gewandert sein. Das würde insofern Sinn ergeben, da die Spanier in Mexiko einmarschiert sind. Die Maya sehen in dem Tempel ein Heiligtum, der einen Schatz beherbergt, die Bruderschaft vermutet einen Weg zum Mars, oder einfach etwas Mächtiges. Diese Bruderschaft klingt für mich wie ein verrückter, aber sehr gut organisierter Haufen von Männern, die von der Weltherrschaft träumen.«

Monja lauschte ihm und nickte.

»Gut zusammengefasst. Bleibt nur noch eine Frage: Was machen wir jetzt?«

Eric drehte sich zu ihr und blickte ihr in die Augen.

»Jetzt? Jetzt werden wir einmal einen gemütlichen Abend verbringen und dann diese Rätsel lösen«, meinte er voller Selbstsicherheit.

Kurze Zeit später kamen Ines und Sammy heim. Monja musste zweimal hinsehen, um die beiden zu erkennen. Im Gegensatz zu ihrem ersten Treffen standen nun zwei Personen vor ihr, die elegant und fein gekleidet waren. Sammy trug einen dunklen Anzug, der perfekt saß, er war frisch rasiert und seine Haare waren sorgfältig gekämmt. Ines sah genauso aus, wie man sich eine Businessfrau vorstellte: graue, elegante Hose, dazu passender Blazer mit weißer Bluse. Die Haare brav zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und dezent geschminkt, hatte sie wenig Ähnlichkeit mit der Person, die vor kurzem ihre Beine anderen Männern ins Gesicht geworfen hatte. Selbst ihr Lippenpiercing war verschwunden.

»Hallo Süße, hallo Eric. Sammy hat gesagt, ihr zwei steckt in Schwierigkeiten«, begrüßte sie die beiden am Tisch sitzenden.

Eric erzählte ihnen, was vorgefallen war und auch von ihrem Entschluss, sich auf die Suche nach diesen Steinen zu machen.

»Was machst Du nur für Sachen, Eric?«, kommentierte Sammy den Bericht seines Freundes.

»Ich habe es mir nicht ausgesucht«, meinte Eric.

»Vielleicht sollten wir doch zur Polizei gehen«, warf Monja ein.

»Keine gute Idee, Süße«, konterte Sammy, »Da diese Brüder von Dir wissen und Eric auch schon ausfindig machen konnten, nehme ich an, dass sie sehr gute Beziehungen haben. Leicht möglich, dass auch einige Leute von der Polizei drinhängen. Außerdem, wie willst Du der Polizei die Leiche in Deiner Wohnung erklären? Vielleicht solltet ihr für ein paar Tage untertauchen.«

»Bei mir ist das kein Problem«, überlegte Eric.

»Ich habe noch eine Woche frei. Glaubt ihr, bis dahin hat sich alles wieder etwas gelegt?«, fragte Monja.

»Schwer zu sagen. Aber wir werden es herausfinden«, versprach ihr Sammy.

Ines zog sich vor den anderen ihre Hose und ihren Blazer aus und schlüpft ein eine bequemere Jeanshose.

»Ihr könnt natürlich gerne bei uns bleiben. Unsere Wohnzimmercouch gehört ganz Euch. Wir sind heute Abend sowieso nicht da, wenn ihr also Lust habt, könnt ihr Euch auch gerne in unserem Bett austoben«, erklärte sie den beiden.

»Austoben?«, fragte Monja etwas überrascht nach.

»Ja, austoben, Süße. Kondome findet ihr in den Nachttischladen und unter Ines‘ Bett steht unsere Spielzeugkiste«, erklärte ihr Sammy, ganz so, als würde es das Normalste der Welt sein. Ines mischte sich ein.

»Und keine Sorge, alles ist gründlich gereinigt worden.«

Monja konnte das Paar nur mir aufgerissenen Augen anstarren.

»Ich glaube ... Also ich habe nicht vor, Eure Spielsachen ... Was für Spielsachen überhaupt?«, stotterte sie. Im nächsten Moment bereute sie ihre Frage.

Ines legte einen Arm um sie und lächelte sie an.

»Spielsachen von zart bis hart. Handschellen, Feder, Peitsche ...«

»Ok, das reicht schon. Ich will das gar nicht so genau wissen. Das werden wir sicher nicht brauchen.« Monjas Gesicht war knallrot.

»Sie ist wohl nicht ganz so aufgeschlossen, wie ihr beide«, meinte Eric grinsend.

Ines drückte Monja etwas zu sich.

»Schade, ich bin mir sicher, wir hätten viel Spaß. Zu zweit oder auch zu dritt oder viert.«

Monja brachte kein Wort heraus und starrte sie nur perplex an.

»Lass es gut sein, Ines. Ihr überfordert sie gerade etwas«, versuchte Eric schmunzelnd, Monja aus der für sie etwas unglücklichen Lage zu retten. Doch Monja fand ihre Stimme wieder.

»Schon gut, ich bin nur etwas überrascht worden, von eurer ... Offenheit. Wieso seid ihr eigentlich am Abend nicht da?«

»Das willst Du nicht wissen«, warf Eric schnell ein.

»Doch. Ich bin neugierig«, antwortete sie keck.

Mit einem Grinsen im Gesicht meinte Sammy: »Wir besuchen heute einen neuen Pärchenclub. Der soll sehr interessante Zimmer und viel unterschiedliches Publikum haben.«

Monja riss die Augen auf, ihr Mund blieb offen.

Ines ließ sie los, gab ihr noch einen Klaps auf ihren Po und meinte lächelnd: »Du kannst gerne mitkommen, ich würde mich freuen, Dich etwas verwöhnen zu dürfen.«

Hilflos blickte Monja zwischen Ines und den Männern hin und her. Sammy grinste sie mit einem breiten Lächeln an.

»Mach Dir keine Sorgen, Süße. Niemand zwingt Dich zu etwas.«

Als Ines und Sammy außer Haus waren, setzte sich Monja auf die Couch und blickte fragend zu Eric.

»Sag mal, was hast Du denn für Freunde? Zuerst zerlegen die beiden diese Einbrecher quasi so nebenbei, dann kommen sie elegant angezogen her und ihre ... nennen wir es sehr aufgeschlossen Haltung …«

Eric setzte sich mit zwei Gläsern Cola zu ihr.

»Sammy ist mein längster und bester Freund. Er ist einer der wenigen Menschen, denen ich blind und vollkommen vertraue. Ines und er sind seit über fünf Jahren zusammen und die beiden leben einfach ihr eigenes Leben. Du wirst nie erraten, welchen Beruf sie beide ausüben.«

»Ich hätte auf Sexshop Verkäufer oder Punkmusiker getippt, aber so wie die beiden vorher heimgekommen sind ...«

Eric lachte auf.

»Sammy ist Bankberater, spezialisiert auf Kredite und Wertpapiere. Ines arbeitet am Schalter derselben Bank. Jetzt weißt Du, warum sie so angezogen waren und wieso Sammy Dir angeboten hat, Dich wegen Deines neuen Vermögens zu beraten.«

»Aber diese freizügige Art ... Ich meine, Ines hat das doch nicht ernst gemeint mit mir, oder?«

»Doch, ganz sicher.« Eric gefiel es, wie unsicher Monja war. Es lenkte sie jedenfalls von den Schwierigkeiten ab, in denen sie steckten.

»Das heißt, die beiden hätten kein Problem, nur so zum Spaß mit mir ins Bett ... Nein, das ist nichts für mich. Sag mal, hast Du denn ...«, es war ihr sichtlich peinlich, so offen darüber zu reden. Sie war schon wieder hochrot im Gesicht.

Eric hatte Erbarmen und nahm ihr die Frage ab.

»Ob ich auch schon Spaß mit Sammy und Ines hatte? Ja. Wie Sammy gesagt hat, da geht es um Spaß, nicht um Gefühle oder so. Aber ich glaube, Du willst keine weiteren Details wissen, oder?«

»Nein, danke. Können wir das Thema einfach vergessen, bitte?«, flehte sie ihn an.

»Okay, aber es ist schön, wenn Du auf andere Gedanken kommst.«

Den restlichen Abend verbrachte sie vor dem Fernseher, wobei Monja nicht lange durchhielt. Sie kippte auf Eric Schulter und schlief tief und fest. Soweit es ihm möglich war, machte er es sich auf der Couch bequem und schlief ebenfalls bald ein.

Monja wachte auf und blickte ratlos herum. Es dauerte einige Sekunden, bis sie sich zurechtfand und ihre Erinnerung einsetzte. Sie lehnte an Erics Schulter, der den Arm um sie gelegt hatte. Er war schon munter und tippte einhändig auf einem Laptop herum. Neben ihm lag die Postkarte von Wien.

»Morgen, Princesa. Gut geschlafen?«, fragte Eric sie und strich über die lockigen Haare.

Monja nickte, sie war noch nicht munter genug, um zu sprechen.

»Ich habe zwar überlegt, Dich ins Bett zu tragen, aber Du hast so süß geschlafen, da wollte ich es nicht riskieren, Dich zu wecken.«

»Das ist lieb von Dir, danke«, sagte Monja leise.

»Außerdem, wenn Du in der Früh in einem fremden Bett aufgewacht wärst und ich liege neben Dir … Ich glaube, das wäre nicht so gut angekommen«, meinte Eric mit einem breiten Schmunzeln.

Monja setzte sich auf und rieb sich die Augen.

»Und? Schon etwas gefunden, was uns weiterhelfen kann?«, erkundigte sie sich mit müder Stimme.

»Nicht wirklich. Dieses Denkmal von Kaiser Maximilian steht immer noch, gleich beim Eingang zum Schlosspark Schönbrunn. Der Bezug zu Mexiko ist auch offensichtlich …«

Mit einem Grinsen unterbrach Monja ihn. Trotz ihrer Müdigkeit, ihr Gehirn lief schon auf Hochtouren.

»Genau, denn er war immerhin der Kaiser von Mexiko. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde er vom französischen Kaiser zum neuen Kaiser von Mexiko ausgerufen. Er hielt sich aber nicht lange und wurde letztendlich in Mexiko erschossen.«

»Wikipedia ist ganz Deiner Meinung. Ich habe aber nichts über Steine aus Obsidian oder eine Maya-Legende gefunden. Geschweige denn, dass die Zahlen auf der Karte einen Sinn ergeben würden.«

Eric stand auf und verschwand in der Küche. Mit Kaffee, Brot und Butter, Wurst und Käse kam er wieder.

»Fangen wir den Tag doch mit etwas Erfreulichen an.«

Nach der Stärkung studierten sie erneut die Postkarte und versuchten herauszufinden, welches Geheimnis sich dahinter verbarg.

Bis Sammy und Ines am frühen Nachmittag heimkamen, waren sie nicht viel klüger geworden.

Kaum umgezogen setzten sich das Pärchen zu ihnen.

»Und, wie sieht es aus? Seit ihr schon weiter gekommen?«, erkundigte sich Ines.

»Leider nicht. Kaiser Maximilian war nicht lange in Mexiko, aber es gibt einige Exponate aus dieser Zeit. Darunter der Penacho, dieser Federkopfschmuck. Er wird im Völkerkundemuseum ausgestellt.« Monja hielt das Prospekt hoch.

»Vielleicht kann Euch dort jemand etwas über einen Stein der Maya erzählen«, schlug Sammy vor.

»Ich habe mit Sammy heute über Euch beide gesprochen«, warf Ines ein, »und wir sind der Meinung, ihr solltet gut aufpassen, wenn ihr außer Haus geht.«

»Ja, aber wir können uns ja nicht tagelang oder noch länger hier verstecken«, meinte Monja.

»Ich weiß, aber wir hätten da eine andere Idee«, meinte Ines schmunzelnd, »Du musst mir nur ein bisschen vertrauen.«

Monja blickte zu Eric. Dieser grinste sie an.

»Ines hat immer die besten Ideen, wenn sie auch manchmal etwas verrückt sind.«

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