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Das An­ge­bot

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»Am nächs­ten Mor­gen weck­te mich eine Un­ru­he, die bei den Ver­letz­ten aus­ge­bro­chen war. Der Hei­ler hat­te sich gleich beim ers­ten Ta­ges­licht zu ih­nen be­ge­ben und fest­ge­stellt, dass der Mann mit der Bauch­ver­let­zung in der Nacht ge­stor­ben war. Als ich hin­zu­kam, sah er mich mit ei­nem be­dau­ern­den Blick an und sag­te:

›Was ich be­fürch­tet hat­te, ist ein­ge­tre­ten. Die Ver­let­zun­gen die­ses Man­nes wa­ren so schwer, dass es uns nicht ge­lun­gen ist, ihm zu hel­fen. Schon der ers­te Ein­druck hat­te mich das be­fürch­ten las­sen, den­noch ha­ben wir ihn nicht auf­ge­ge­ben, aber all un­ser Be­mü­hen war ver­geb­lich.‹

Trau­rig blick­te ich auf die­sen wei­te­ren To­ten, und die Ge­dan­ken, et­was ver­säumt oder falsch ge­macht zu ha­ben, stie­gen wie­der in mir auf. Der Hei­ler, der dies sah, über­leg­te schon, wie er mir hel­fen könn­te, als wir vom Dai­myo und sei­nem dol­met­schen­den Sa­mu­rai ge­stört wur­den.

›Gibt es Pro­ble­me mit den Ver­letz­ten?‹, frag­te Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga.

Ich hol­te tief Luft und ant­wor­te­te:

›Lei­der ist die­ser Mann sei­nen schwe­ren Ver­let­zun­gen er­le­gen. Alle Kunst der Mön­che konn­te ihm nicht mehr hel­fen, und wir müs­sen den an­de­ren Grä­bern ein wei­te­res hin­zu­fü­gen.‹

Be­dau­ernd be­trach­te­ten ihn die bei­den Ja­pa­ner, und der Sa­mu­rai über­setz­te die Wor­te des Fürs­ten:

›Er war ein gu­ter Mann, und er wird als sol­cher wie­der­ge­bo­ren. Wir wer­den ihm die ge­büh­ren­de Ehre er­wei­sen.‹

Da wir bald auf­bre­chen woll­ten, ging ich mit Wang Lee dar­an, ein neu­es Grab aus­zu­he­ben, wäh­rend ei­ni­ge Mön­che die nö­ti­gen bud­dhis­ti­schen Ri­ten voll­zo­gen.

Die Son­ne hat­te schon einen großen Teil ih­rer Vor­mit­tags­bahn hin­ter sich, als auch die­ser Ja­pa­ner sei­ne letz­te Ruhe ge­fun­den hat­te. Die Män­ner aus dem Dorf wa­ren in­zwi­schen an­ge­kom­men und hat­ten mit­ge­hol­fen, die Ver­wun­de­ten trans­port­fä­hig zu ma­chen. Nach­dem das al­les ge­sche­hen war, ver­lie­ßen wir die­sen Ort, den ich auch nie­mals wie­der­se­hen soll­te.

Die nächs­ten drei Wo­chen ver­gin­gen auf Grund der vie­len Ar­beit, die wir hat­ten, wie im Fluge. Mit un­se­rer Hil­fe bau­ten die Dorf­be­woh­ner in­ner­halb kur­zer Zeit eine neue Hüt­te auf, in der alle Ver­wun­de­ten un­ter­ge­bracht wur­den. Es war be­stimmt kein Meis­ter­werk, doch für die vor­läu­fi­ge Un­ter­brin­gung in die­sen war­men Som­mer­mo­na­ten war die Be­hau­sung aus­rei­chend. Die Dorf­be­woh­ner gin­gen da­nach er­leich­tert wie­der ih­ren täg­li­chen Ar­bei­ten nach. Froh über ihre bis­he­ri­ge Hil­fe, un­ter­stütz­ten wir sie, wo wir nur konn­ten.

In ei­ni­gen Nacht-und-Ne­bel-Ak­tio­nen wur­de Nach­schub aus dem Klos­ter ge­holt, und auch die Dorf­be­woh­ner wur­den reich­lich ent­schä­digt. Al­ler­dings muss­ten sie da­für ver­spre­chen, für im­mer über die­se Vor­gän­ge zu schwei­gen, und auf Grund der ab­ge­le­ge­nen Lage des Dor­fes be­stand die be­rech­tig­te Hoff­nung, dass das auch ge­sche­hen wür­de. Au­ßer­dem hat­ten sie mit der Hüt­te, die wir ge­baut hat­ten, einen Spei­cher­raum ge­won­nen, den sie ge­mein­sam nut­zen woll­ten, und wa­ren froh, dass sie die­se Un­an­nehm­lich­kei­ten auf sich ge­nom­men hat­ten.

Der Tag des Auf­bruchs kam nä­her, und ich saß mit Wang Lee, Chen Shi Mal und den Ja­pa­nern bei­sam­men, um das wei­ter Vor­ge­hen zu be­spre­chen.

›Mei­ne Män­ner ha­ben sich so weit er­holt, dass wir un­se­re Rei­se fort­set­zen kön­nen. Die zwei, die noch nicht so gut zu Fuß sind, be­kom­men die Pfer­de, die uns das Klos­ter freund­li­cher­wei­se zur Ver­fü­gung ge­stellt hat. Ich möch­te des­halb in den nächs­ten Ta­gen auf­bre­chen. Wer­den die Kampf­mön­che, die uns be­glei­ten sol­len, bis da­hin hier sein?‹, frag­te der Dai­myo.

Alle au­ßer mir, Wang Lee und Chen Shi Mal wa­ren, so­weit sie nicht mehr ge­braucht wur­den, nach und nach ins Klos­ter zu­rück­ge­kehrt. Dem Abt war es ge­lun­gen, die wah­ren Hin­ter­grün­de ih­rer Ab­we­sen­heit zu ver­schlei­ern, und jetzt soll­ten zehn Kampf­mön­che zur Be­glei­tung der Ja­pa­ner kom­men. Ich wuss­te nicht, wie Hu Kang das be­grün­den woll­te, doch ihm wür­de schon et­was ein­fal­len. Wir er­war­te­ten täg­lich ihre An­kunft, was ich dem Fürs­ten auch mit­teil­te:

›Ich den­ke, sie könn­ten heu­te schon kom­men, und dann steht Ih­rem Auf­bruch nichts mehr im Wege.‹

›Und Sie, wer­den Sie Ihre Rei­se zu dem an­de­ren Klos­ter jetzt fort­set­zen?‹, frag­te mich Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga.

Ich hat­te mich über die­sen Punkt schon mit Wang Lee und Chen Shi Mal un­ter­hal­ten. Bei die­sen Ge­sprä­chen hat­te ich be­schlos­sen, dass mich ei­gent­lich nichts dräng­te und ich des­halb ger­ne die Rei­se zur Küs­te mit­ma­chen wür­de. Auch Wang Lee und Chen Shi Mal woll­ten mit­kom­men, um dann ge­mein­sam mit ih­rem Freund Liu Shi Meng, der mit dem Schrift­stück des Fürs­ten zum Schiff auf­ge­bro­chen war, wie­der zu­rück­zu­rei­sen. Ich hat­te mir vor­ge­nom­men, von der Küs­te aus auf ei­nem an­de­ren Weg nach Wu­dang zu wan­dern, um so Land und Leu­te noch bes­ser ken­nen zu ler­nen. Des­halb sag­te ich:

›Ich hat­te ge­hofft, Sie wür­den mir und mei­nen Freun­den ge­stat­ten, Sie bis zu Ih­rem Schiff zu be­glei­ten.‹

›Na­tür­lich ger­ne, doch wir hat­ten an­ge­nom­men, dass es Sie auf Grund die­ses lan­gen Auf­ent­halts drän­gen wür­de, Ihre Rei­se zu dem an­de­ren Klos­ter so schnell wie nur mög­lich fort­zu­set­zen.‹

›Mich drängt nichts, und ich wer­de auch nicht er­war­tet. Also spielt es kei­ne Rol­le, wann ich an­kom­me. Die­se Rei­se ist oh­ne­hin ein Ab­schied von Shao­lin, da ich das Klos­ter ver­las­sen möch­te, um nicht stän­dig Kon­flik­te he­r­auf­zu­be­schwö­ren.‹

Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga über­setz­te mit viel­sa­gen­den Mie­ne mei­ne Ant­wort, und der Dai­myo blick­te über­rascht auf.

›Der Fürst möch­te ger­ne wis­sen, ob das nur ein zeit­wei­li­ger Ab­schied von Shao­lin ist und warum Ihre An­we­sen­heit für Kon­flik­te sorgt.‹

›Nun, dar­auf kann ich nicht so ein­fach ant­wor­ten, aber ei­ni­ge sind der Mei­nung, dass ich nicht in die­ses Klos­ter ge­hö­re, und sie las­sen es mich auch un­miss­ver­ständ­lich spü­ren. Zu ei­nem Teil ha­ben sie durch­aus recht, denn ich bin kein Mönch, son­dern nur ein Gast, und Gäs­te soll­ten nach ei­ner ge­wis­sen Zeit den Ort ver­las­sen, den sie be­su­chen.‹

Wang Lee woll­te wi­der­spre­chen, doch ich un­ter­brach ihn mit ei­ner Hand­be­we­gung und fuhr fort:

›Es wäre nicht wei­ter schlimm, da nur we­ni­ge so den­ken, mitt­ler­wei­le lei­den aber auch jene dar­un­ter, die sich zu mir be­ken­nen und die ich zu mei­nen Freun­den zäh­le. Um die­sen Zu­stand zu be­en­den, habe ich mich ent­schlos­sen, in das an­de­re Klos­ter zu ge­hen, da ich dort bei mei­nen bis­he­ri­gen Be­su­chen im­mer will­kom­men war. Das Dum­me ist aber, dass ich auch dort nur ein Gast bin‹, sag­te ich nach­denk­lich.

Das An­ge­bot, dass mir der Dai­myo dar­auf­hin mach­te, über­rasch­te mich sehr.

›Da Sie an nichts ge­bun­den sind, möch­te der Fürst Sie fra­gen, ob Sie ihn nach Ja­pan be­glei­ten wür­den? Er ist Ih­nen dank­bar für all die Hil­fe, die Sie uns ge­leis­tet ha­ben, und möch­te sich auf die­se Art da­für be­dan­ken.‹

Ich muss wohl ein we­nig selt­sam drein­ge­schaut ha­ben, denn er füg­te schnell hin­zu:

›Nicht als Gast, son­dern als Leh­rer in di­plo­ma­ti­schen Din­gen, was ent­spre­chend ent­lohnt wür­de. Date Ma­sa­mu­ne hat sehr viel Ach­tung vor Ih­nen und Ih­ren Fä­hig­kei­ten, und er möch­te ei­ni­ges da­von ler­nen.‹

›Ich bin mir nicht si­cher, ob ich dazu in der Lage bin. Denn mich führt in sol­chen Din­gen oft mein Chi, und das kann man nicht so ein­fach wei­ter­ge­ben.‹

›Ma­chen Sie sich dar­über kei­ne Ge­dan­ken, der Fürst ist über­zeugt da­von, und das reicht. Sie müs­sen sich auch nicht gleich ent­schei­den. Da es Date Ma­sa­mu­ne sehr recht ist, wenn Sie uns bis zur Küs­te be­glei­ten, ist es aus­rei­chend, wenn Sie Ihre Ent­schei­dung an un­se­rem Ziel be­kannt ge­ben.‹

Mit die­sem Ge­dan­ken muss­te ich mich erst ein­mal an­freun­den, wür­de es doch be­deu­ten, dass ich wie­der in eine neue, un­be­kann­te Um­ge­bung wech­seln müss­te. Mich wie­der mit ei­ner neu­en Spra­che, an­de­ren Sit­ten und Ge­bräu­chen an­zu­freun­den er­schi­en mir im ers­ten Mo­ment auch we­nig er­stre­bens­wert. Des­halb war ich un­schlüs­sig, was ich ant­wor­ten soll­te. Doch die­ses The­ma wur­de erst ein­mal fal­len­ge­las­sen, und wir wand­ten uns wie­der den an­ste­hen­den Auf­ga­ben zu.

Am Ende un­se­rer Zu­sam­men­kunft ka­men wir über­ein, al­les für die Rei­se vor­zu­be­rei­ten und nur noch die Kampf­mön­che ab­zu­war­ten. Die Dorf­be­woh­ner hat­ten zwar auch Vor­tei­le von un­se­rer An­we­sen­heit ge­habt, aber al­les in al­lem wa­ren sie froh, dass wie­der Ruhe ein­keh­ren wür­de. Um die Mit­tags­zeit des fol­gen­den Ta­ges tra­fen die Kampf­mön­che im Dorf ein, und der Auf­bruch wur­de auf den nächs­ten Mor­gen fest­ge­legt.

Die Grup­pe be­stand aus­schließ­lich aus Mön­chen, die in das alte Klos­ter­le­ben zu­rück­ge­kehrt wa­ren und die ich alle sehr gut kann­te. Je­der von ih­nen war ver­trau­ens­wür­dig, und kei­ner wür­de je­mals mit Nicht­ein­ge­weih­ten dar­über spre­chen.

Hu Kang hat­te als of­fi­zi­el­len Grund eine Hil­fe­leis­tung für ein ent­fern­te­res Dorf an­ge­ge­ben und die Dau­er die­ses Ein­sat­zes of­fen ge­las­sen. Auch für die lan­ge Ab­we­sen­heit von Wang Lee, Chen Shi Mal und Liu Shi Meng hat­te er eine gute Be­grün­dung ge­fun­den. Alle glaub­ten, dass sie mich aus Freund­schaft nun doch wei­ter be­glei­te­ten als ur­sprüng­lich ge­plant, und so ganz un­wahr war das ja auch nicht.

Als wir am Mor­gen des nächs­ten Ta­ges auf­bra­chen, wur­den wir freund­lich von den Dorf­be­woh­nern ver­ab­schie­det. An der Spit­ze un­se­rer Ge­sell­schaft gin­gen Wang Lee, Chen Shi Mal und ich. Uns folg­te die ja­pa­ni­sche Ge­sandt­schaft, die zum großen Teil be­rit­ten war. Die bei­den ja­pa­ni­schen Sol­da­ten, die als ein­zi­ge zu Fuß gin­gen, führ­ten die Pack­pfer­de. Ih­nen folg­ten am Ende un­se­rer Rei­se­ge­sell­schaft die Kampf­mön­che. Es wur­de nicht viel ge­spro­chen, und ich konn­te un­ge­hin­dert mei­nen Ge­dan­ken nach­hän­gen. Die­se dreh­ten sich haupt­säch­lich um das An­ge­bot des Fürs­ten. Lan­ge wäg­te ich das Für und das Wi­der ab, be­vor ich einen Ent­schluss fass­te, der erst an der Küs­te fest­stand.

Nach­dem wir das Song-Shan-Ge­bir­ge ver­las­sen hat­ten, streb­ten wir der al­ten Han­dels­s­tra­ße zu, die über Kai­feng, Shang­qiu und Tongshan an die Küs­te führ­te. Auf ihr er­reich­ten wir ohne be­son­de­re Vor­komm­nis­se nach vier­zehn Ta­gen Lia­nyun­gang.

Liu Shi Meng hat­te sei­nen Auf­trag aus­ge­führt und dem Füh­rer des ja­pa­ni­schen Schif­fes die Nach­richt des Fürs­ten über­bracht. Der Ka­pi­tän hat­te den lan­gen Auf­ent­halt ge­nutzt, um Sil­ber, Kup­fer und chi­ne­si­sche Sei­de zu kau­fen. Es war für ihn die ein­ma­li­ge Ge­le­gen­heit in Chi­na Wa­ren auf­zu­neh­men, denn nor­ma­ler­wei­se war es den ja­pa­ni­schen Schif­fen nicht ge­stat­tet, chi­ne­si­sche Hä­fen an­zu­lau­fen. Nur die di­plo­ma­ti­sche Missi­on des Fürs­ten hat­te es er­mög­licht, doch die See­leu­te wa­ren ge­zwun­gen, sich stän­dig an Bord auf­zu­hal­ten, da sie das Fest­land nicht be­tre­ten durf­ten.

Das Schiff war ein so­ge­nann­tes Rot­sie­gel-Schiff, das eine Li­zenz des Sho­gun hat­te, um Han­del mit an­de­ren asia­ti­schen Län­dern zu trei­ben. Es ge­hör­te zwar Date Ma­sa­mu­ne, aber der Ka­pi­tän fun­gier­te gleich­zei­tig als Händ­ler und war am Ge­winn be­tei­ligt. Des­halb war er auch er­freut, als der Fürst end­lich ein­traf, denn je län­ger er in ei­nem Ha­fen ver­weil­te, umso grö­ßer war sein Ver­lust. Ob­wohl ihn der Dai­myo für die lan­ge Lie­ge­zeit ent­schä­di­gen wür­de, wäre sein Ge­winn bei ei­nem gu­ten Han­del grö­ßer ge­we­sen.

Als wir im Ha­fen an­ka­men, wur­de dem Ka­pi­tän so­fort das Ein­tref­fen des Fürs­ten ge­mel­det und er emp­fing den Dai­myo, noch be­vor die­ser das Schiff be­trat. Die sich an­schlie­ßen­de Un­ter­hal­tung konn­te ich, da sie ja­pa­nisch ge­führt wur­de, nicht ver­ste­hen, und weil Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga nicht dol­metsch­te, hat­te ich Muße, mir das Schiff ge­nau­er zu be­trach­ten.

Ich hat­te noch nie ein Se­gel­schiff aus der Nähe ge­se­hen, und die, die ich von Bil­dern her kann­te, wa­ren mit die­sem hier nicht ver­gleich­bar. An­schei­nend misch­ten sich in die­ser Schiffs­kon­struk­ti­on meh­re­re Bau­wei­sen. Der Rumpf hat­te ein sehr ho­hes Heck und einen we­sent­lich nied­ri­ge­ren Bug. Das Heck mit den Auf­bau­ten er­in­ner­te mich an spa­ni­sche und por­tu­gie­si­sche Se­gel­schif­fe, die ich auf Bil­dern ge­se­hen hat­te. Den Bug aber konn­te ich gar nicht zu­ord­nen, denn un­ter­halb des ei­gent­li­chen Decks war noch ein­mal so eine Art Vor­bau oder Ga­le­rie, die um den Bug he­r­um­führ­te. Dort wur­de der An­ker ab­ge­legt, wenn das Schiff auf See war, und ei­ni­ge Taue, die zur Spit­ze des Bugs­priets und dem dort be­fes­tig­ten Se­gel führ­ten, deu­te­ten dar­auf hin, dass die­ses von hier aus be­dient wur­de. Des Wei­te­ren hat­te das Schiff drei Mas­ten. Einen im vor­de­ren Teil des Schif­fes, fast am Bug, die­ser war an­nä­hernd so hoch wie der Haupt­mast, der sich un­ge­fähr in der Mit­te des Schif­fes be­fand. Der drit­te Mast hat­te höchs­tens die hal­be Höhe des Haupt­mas­tes und be­fand sich im Heck­be­reich des Schif­fes.

Die Be­se­ge­lung schi­en wie­der eine Mi­schung aus ver­schie­de­nen Schiffs­bau­wei­sen zu sein. Ob­wohl sie gerefft wa­ren, konn­te man er­ken­nen, dass die Se­gel am Bugs­priet und am Heck­mast nor­ma­le Lei­nen­se­gel wa­ren, wäh­rend die an den großen Mas­ten mit Bam­bus­lat­ten durch­zo­gen wa­ren. Das Steu­er­ru­der schi­en wie der ge­sam­te Heckauf­bau ei­nem por­tu­gie­si­schen Schiff ent­lehnt zu sein, und drei Lu­ken, die sich auf je­der Sei­te des Auf­baus be­fan­den, deu­te­ten auf eine Be­waff­nung mit sechs Ka­no­nen hin.

Ich war ge­ra­de da­bei, die De­tails in mich auf­zu­neh­men, als ich durch den Auf­marsch ei­ner Grup­pe chi­ne­si­scher Sol­da­ten aus mei­nen Be­trach­tun­gen ge­ris­sen wur­de. Eine Ein­heit von zwan­zig Sol­da­ten, ge­führt von ei­nem Of­fi­zier, mar­schier­te im Gleich­schritt auf uns zu.

Der Fürst und der Ka­pi­tän un­ter­bra­chen ihr Ge­spräch und blick­ten der Trup­pe ent­ge­gen. Als sie uns er­reicht hat­ten, fuhr der Of­fi­zier die Ja­pa­ner barsch an.

›Sie ha­ben kein Recht, sich hier an Land auf­zu­hal­ten! Be­ge­ben Sie sich so­fort wie­der auf Ihr Schiff, sonst sehe ich mich ge­zwun­gen, Sie in Ge­wahr­sam zu neh­men!‹

Die Ja­pa­ner schie­nen nach dem Ge­spräch, das der Fürst mit dem Ka­pi­tän ge­führt hat­te, in we­nig gu­ter Stim­mung zu sein und hat­ten die Hän­de schon am Schwert­heft, doch Wang Lee be­hielt die Ruhe, trat vor den Of­fi­zier und frag­te:

›Darf ich er­fah­ren, warum Sie die­se Gäs­te Chinas so un­höf­lich be­han­deln?‹

›Gäs­te Chinas? Es müss­te doch je­dem be­kannt sein, das nach ei­nem Kai­ser­li­chen Er­lass kei­ne ja­pa­ni­schen See­leu­te das chi­ne­si­sche Fest­land be­tre­ten dür­fen, und die­ses Schiff hier durf­te den Ha­fen nur mit ei­ner Son­der­ge­neh­mi­gung an­lau­fen! Doch bein­hal­tet sie nicht die Ge­neh­mi­gung des Land­gangs! Also, ge­hen Sie uns aus dem Weg, und las­sen Sie uns un­se­re Pflicht tun!‹

Wang Lee wich nicht von der Stel­le, lä­chel­te freund­lich und er­wi­der­te:

›Es tut mir leid, doch ich muss Ih­nen wi­der­spre­chen. Die­se Leu­te hier sind Teil ei­ner ja­pa­ni­schen Ge­sandt­schaft, die am Kai­ser­hof weil­te. Der Fürst, Date Ma­sa­mu­ne, hat­te die Ge­neh­mi­gung des Kai­sers, dass Shao­lin-Klos­ter zu be­su­chen, und wir Mön­che ha­ben die Ge­sandt­schaft zu ih­rem Schiff ge­lei­tet. Es ist also kei­nes­falls un­be­rech­tigt, dass sich die­se Ja­pa­ner an Land auf­hal­ten.‹

Der Of­fi­zier war sicht­lich ver­un­si­chert und be­trach­te­te die Kampf­mön­che, die zwi­schen ihm und den Ja­pa­nern stan­den. Doch so ganz ohne Wi­der­re­de woll­te er sich nicht ge­schla­gen ge­ben.

›Das müs­sen Sie mir erst ein­mal be­wei­sen! Von ei­ner sol­chen Ge­neh­mi­gung habe ich kei­ne Kennt­nis, und ich er­fül­le hier auch nur mei­ne Pflicht!‹

›Der Fürst hat ein Do­ku­ment vom Kai­ser­hof, das die­se Rei­se ge­neh­migt. Er wird es Ih­nen auf Wunsch be­stimmt zei­gen. Au­ßer­dem müss­te Ih­nen die Son­der­ge­neh­mi­gung des Schif­fes dies auch be­stä­ti­gen, denn es ist hier, um die Ge­sandt­schaft an Bord zu neh­men.‹

In die­sem Au­gen­blick misch­te sich Date Ma­sa­mu­ne ein. Der dol­met­schen­de Sa­mu­rai, hat­te das bis­he­ri­ge Ge­spräch über­setzt und kam mit der Rei­se­ge­neh­mi­gung, die ihm der Fürst ge­ge­ben hat­te, nach vorn. Er hielt sie dem Of­fi­zier hin und sag­te:

›Der Fürst Date Ma­sa­mu­ne ver­steht die Un­ru­he nicht und möch­te das Miss­ver­ständ­nis mit der Vor­la­ge die­ses Do­ku­men­tes be­en­den.‹

Nach­dem der Of­fi­zier einen kur­zen Blick auf das Kai­ser­li­che Sie­gel ge­wor­fen hat­te, setz­te er eine an­de­re Mie­ne auf und ant­wor­te­te, ohne den In­halt der Ge­neh­mi­gung über­haupt zu le­sen:

›Ent­schul­di­gen Sie! Ich tue nur mei­ne Pflicht, und mir war die­se Ge­neh­mi­gung nicht be­kannt. Dürf­te ich noch er­fah­ren, wie lan­ge Sie sich in Lia­nyun­gang auf­hal­ten wer­den?‹

Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga dreh­te sich zum Dai­myo um und lei­te­te die Fra­ge wei­ter. Der mach­te eine weg­wer­fen­de Hand­be­we­gung und gab eine ge­reiz­te Ant­wort, doch ich hat­te das Ge­fühl, dass der Sa­mu­rai sie nicht wort­wört­lich über­setz­te.

›So­bald das Schiff zum Aus­lau­fen be­reit ist, wer­den wir den Ha­fen ver­las­sen. Da sich der Tag aber be­reits dem Ende zu­neigt, wird es ver­mut­lich erst mor­gen früh ge­sche­hen.‹

Der Of­fi­zier be­dank­te sich für die Aus­kunft und mach­te mit sei­ner Trup­pe kehrt.

Der Zwi­schen­fall zeig­te, wie ge­spannt das Ver­hält­nis zwi­schen Ja­pan und Chi­na im­mer noch war. Kei­ne der bei­den Sei­ten trau­te der an­de­ren über den Weg, und der kleins­te Zwi­schen­fall konn­te zu ei­ner blu­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zung füh­ren.

Date Ma­sa­mu­ne war im­mer noch sehr ver­stimmt, vor al­lem weil ihm der Ka­pi­tän be­rich­tet hat­te, dass sie das Schiff nicht ver­las­sen durf­ten. Der Han­del war des­halb nur über Mit­tels­män­ner und mit zu­sätz­li­chen fi­nan­zi­el­len Auf­wen­dun­gen mög­lich ge­we­sen.

Miss­mu­tig dreh­te er sich um und woll­te aufs Schiff ge­hen. Da­bei fiel sein Blick auf mich, und er ließ mich durch Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga fra­gen, ob ich mich ent­schie­den hät­te.

›Ja!‹, sag­te ich. ›Ich habe lan­ge über­legt, al­les ab­ge­wo­gen und bin zu dem Schluss ge­kom­men, Ihr An­ge­bot an­zu­neh­men.‹

Das Ge­sicht des Fürs­ten hell­te sich auf, doch Wang Lee und Chen Shi Mal be­gehr­ten auf:

›Xu Shen Po, das kannst du nicht ma­chen. Du ge­hörst hier­her, und es ist schon schlimm ge­nug, dass du nach Wu­dang ge­hen willst. Dort ha­ben wir aber we­nigs­tens die Mög­lich­keit, dich zu be­su­chen, und viel­leicht kommst du ir­gend­wann doch zu uns zu­rück. Aber wenn du mit nach Ja­pan gehst, wer­den wir dich be­stimmt nicht wie­der­se­hen.‹

Er hat­te ge­wiss recht, doch in die­sem Mo­ment schi­en es mir die ver­nünf­tigs­te Ent­schei­dung zu sein.

›Lass gut sein, Wang Lee, es ist ver­mut­lich egal, wo­hin ich mich wen­de, denn un­se­re Wege tren­nen sich hier auf je­den Fall. Auch wenn ich nach Wu­dang gin­ge, wäre ein Wie­der­se­hen un­wahr­schein­lich, denn auch dort bin ich nur Gast, und Gäs­te sol­len nach ei­ner ge­wis­sen Zeit wie­der ge­hen.‹

›Wie kannst du nur so et­was sa­gen! Für mich ge­hörst du zu uns, und der Abt von Wu­dang sieht dich auch als einen zu uns Ge­hö­ri­gen.‹

›Ja, so­lan­ge ich der Schü­ler war, war das in Ord­nung. Doch der bin ich nicht mehr, und wel­ches Recht soll­te ich ha­ben, mich jetzt noch für län­ge­re Zeit in eu­ren Klös­tern auf­zu­hal­ten. Ich bin kein bud­dhis­ti­scher und auch kein taois­ti­scher Mönch und habe we­der Rech­te noch Auf­ga­ben in eu­ren Klös­tern. Lei Cheng hat mir das bei un­se­rem Ab­schieds­ge­spräch be­wusst ge­macht. Ich muss und will mir also eine Auf­ga­be su­chen, mit der ich mei­nen Le­bens­un­ter­halt ver­die­nen kann und die mir das Recht gibt, mich an ei­nem Ort auf­zu­hal­ten. Bei euch kann ich das nicht, da ich we­der den einen noch den an­de­ren Glau­ben an­neh­men will oder kann. Aber der Fürst hat mir ein An­ge­bot ge­macht, mit dem ich mei­ne An­we­sen­heit viel­leicht recht­fer­ti­gen kann. Zu­min­dest für eine ge­wis­se Zeit, und dann sehe ich wei­ter.‹

›Aber eine Auf­ga­be kannst du doch auch bei uns fin­den. Du bist jetzt ein Meis­ter und kannst un­ter­rich­ten oder ...‹

›Nein, Wang Lee, ich bin kein Mönch. Ich war hier ge­stran­det, und Han Li­ang Tian hat­te, aus wel­chem Grund auch im­mer, mich er­war­tet und sah es als sei­ne Auf­ga­be an, mich in al­lem zu un­ter­rich­ten, was er wuss­te. Er sag­te im­mer, dass er die­se Auf­ga­be von Bud­dha oder ei­nem an­de­ren er­hal­ten habe, und das diente ihm und mir als Rech­fer­ti­gung mei­nes Auf­ent­halts. Doch er lebt nicht mehr, und sei­ne Auf­ga­be ist er­füllt. Ich brau­che ein neu­es Ziel, und ich hof­fe, dass ich das viel­leicht bei Date Ma­sa­mu­ne fin­den kann.‹

›Aber, aber ich ...‹

Chen Shi Mal leg­te ihm die Hand auf die Schul­ter.

›Gib auf, Wang Lee! Er hat sich ent­schie­den, und viel­leicht ist es der rich­ti­ge Weg für ihn. Wir soll­ten ihn nicht von et­was zu über­zeu­gen ver­su­chen, was er nicht will.‹

Bei­de hol­ten tief Luft und sa­hen mich mit trau­ri­gen Au­gen an. Wang Lee schi­en es be­son­ders hart zu tref­fen, denn sei­ne Au­gen be­ka­men einen feuch­ten Schim­mer. Er war mir in der Zeit, die ich in Chi­na zu­ge­bracht hat­te, im­mer ein treu­er Freund ge­we­sen. Nie hat­te er mich im Stich ge­las­sen, auch nicht, als wir in Wu­dang wa­ren und er sei­ne ge­wohn­te Um­ge­bung für mich ver­las­sen hat­te. Es fiel mir nicht leicht, vor mir selbst mei­ne Ent­schei­dung zu recht­fer­ti­gen, denn einen treue­ren und bes­se­ren Weg­be­glei­ter als ihn kann man sich nicht wün­schen. Doch auf der an­de­ren Sei­te stan­den die Kon­flik­te, die mei­ne An­we­sen­heit in Shao­lin her­vor­rief und un­ter de­ren Fol­gen die, die mir na­he­stan­den, mit­lei­den muss­ten. Das war der ein­zi­ge Grund, mit dem ich mei­ne Ent­schei­dung vor mir selbst recht­fer­ti­gen konn­te.

Als ich mit mei­nen Ge­dan­ken so weit ge­kom­men war, gab ich mir einen Ruck und ver­ab­schie­de­te mich von mei­nen chi­ne­si­schen Freun­den. Kei­ner konn­te sei­ne Emo­tio­nen ver­ber­gen, und re­spekt­voll wen­de­ten sich der Dai­myo und Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga ab. Ich wuss­te zu die­ser Zeit noch nicht, dass die­se Hand­lungs­wei­se für einen Sa­mu­rai kei­nes­wegs ty­pisch war und dass ich wie­der einen Weg mit sehr un­ge­wöhn­li­chen Cha­rak­te­ren be­schrei­ten wür­de. Doch ge­ra­de des­halb soll­te ich wie­der sehr gute Freun­de fin­den.

Die chi­ne­si­sche Küs­te war schon lan­ge mei­nen Bli­cken ent­schwun­den, und da ich kei­ne Auf­ga­be hat­te, ver­brach­te ich die Tag- und Nacht­stun­den zu ei­nem großen Teil in Me­di­ta­ti­on. Am Mor­gen des drit­ten Ta­ges tauch­te vor uns eine im Dunst lie­gen­de Küs­ten­li­nie auf. Mei­nen Ge­dan­ken nach­hän­gend, lehn­te ich an der Re­ling und schau­te er­war­tungs­voll in die­se Rich­tung. Wir hat­ten bis­her sehr gu­tes Se­gel­wet­ter ge­habt, so dass das Schiff re­la­tiv ru­hig da­hing­litt. Die gut ein­ge­ar­bei­te­te Mann­schaft be­weg­te sich fast laut­los und ge­mäch­lich auf dem Deck, wäh­rend ich mich in die­sem Mo­ment ein we­nig ein­sam fühl­te. Schon ka­men Zwei­fel in mir auf, ob es rich­tig war, die­sen Weg ein­zu­schla­gen, doch in dem Mo­ment ge­sell­te sich Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga zu mir.

›Darf ich Ih­nen ein we­nig Ge­sell­schaft leis­ten?‹

›Aber ja‹, sag­te ich er­freut. ›Ist das dort vorn schon die ja­pa­ni­sche Küs­te?‹, setz­te ich hin­zu.

›Nein‹, sag­te er lei­se auf­la­chend. ›Bis wir die zu se­hen be­kom­men, dau­ert es noch, und un­ser ei­gent­li­ches Ziel ist noch viel wei­ter ent­fernt.‹ Er schau­te sich kurz um und über­leg­te. ›Es müss­te eine der klei­ne­ren oder grö­ße­ren In­seln sein, die Ko­rea vor­ge­la­gert sind, doch ge­nau weiß ich es nicht. Der Schiffs­füh­rer kann es uns aber be­stimmt sa­gen.‹

Er dreh­te sich um und rief dem Ka­pi­tän et­was auf Ja­pa­nisch zu. Bei des­sen Ant­wort nick­te er be­frie­digt und sag­te dann zu mir:

›Ja, es ist, wie ich ver­mu­tet habe, eine der grö­ße­ren In­seln vor Ko­rea. Sie heißt Che­ju oder so ähn­lich. Wir las­sen sie rechts lie­gen und steu­ern ge­nau auf die Mee­ren­ge zwi­schen Kyus­hu und Hons­hu zu. Ha­ben wir die­se hin­ter uns, se­geln wir mehr oder we­ni­ger an Kyus­hus Küs­te ent­lang. Links se­hen wir dann die große In­sel Shi­ko­ku, de­ren Küs­ten­ver­lauf wir fol­gen, bis wir wie­der auf Hons­hu tref­fen. Wei­ter geht es Rich­tung Nord­os­ten bis zur Halb­in­sel Izu. Wenn wir sie um­schifft ha­ben, sind wir schon fast am Ziel, denn dann ist Edo nicht mehr weit.‹

›Oh, ich dach­te nicht, dass wir eine so lan­ge Fahrt vor uns ha­ben. Für mich war Ja­pan im­mer nur einen Kat­zen­sprung von Chi­na oder Ko­rea ent­fernt.‹

›Einen Kat­zen­sprung?‹, er lach­te kurz auf. ›Das hab ich ja noch nie ge­hört. Si­cher ist die Fahrt re­la­tiv kurz, wenn man an­de­re große See­rei­sen da­mit ver­gleicht, aber ein Kat­zen­sprung ...‹ Er ver­such­te ein wei­te­res Auf­la­chen zu un­ter­drücken. ›Nein, ein Kat­zen­sprung ist es be­stimmt nicht.‹

Mir in die Au­gen bli­ckend, füg­te er nach­denk­lich hin­zu, ›Du weißt an­schei­nend noch nicht all­zu viel über un­ser Land, und ich den­ke, es wird das Bes­te sein, wenn ich die wei­te­re Rei­se nut­ze und dir ei­ni­ges er­klä­re.‹

Er nahm eine be­que­me­re Hal­tung ein und fuhr fort:

›Ich darf doch du sa­gen, oder?‹

Ich nick­te be­stä­ti­gend. Er­freut und we­sent­lich ent­spann­ter sag­te er:

›Wir wer­den ver­mut­lich, da du noch kein Ja­pa­nisch kannst, in nächs­ter Zeit viel mit­ein­an­der zu tun ha­ben, und ich fin­de es ein­fach we­sent­lich ent­spann­ter, wenn wir nicht so förm­lich mit­ein­an­der um­ge­hen.‹

Er nick­te wie zur Selbst­be­stä­ti­gung und hol­te tief Luft.

›Also, die See­rei­se bis zu der Küs­te, die Ko­rea oder Chi­na am nächs­ten liegt, ist nicht gar so lang und führt übers of­fe­ne Meer. Doch dann müs­sen wir zwi­schen den großen ja­pa­ni­schen In­seln hin­durch­se­geln, um auf die an­de­re Sei­te Ja­pans zu ge­lan­gen, denn Edo liegt in ei­ner großen Bucht an der ge­gen­über­lie­gen­den Küs­te Ja­pans. Wenn wir die Re­si­denz des Sho­gun er­rei­chen, ha­ben wir mehr als die Hälf­te un­se­res Lan­des um­se­gelt. Das Lang­wie­rigs­te und viel­leicht auch Ge­fähr­lichs­te die­ser Rei­se ist die Fahrt zwi­schen den In­seln und an der an­de­ren Küs­te. Dort we­hen um die­se Jah­res­zeit oft un­s­te­te star­ke Win­de, meis­tens in un­er­wünsch­ter Rich­tung.‹

›Sie ... Ent­schul­di­gung, du hast die Rei­se wohl schon öf­ter ge­macht?‹

›Nein, ich war bis jetzt nur ein­mal in Chi­na, und das auch nicht of­fi­zi­ell. Wie­so fragst du? Weil ich die See­rei­se so ge­nau be­schrie­ben habe?‹

›Zum einen ja und zum an­de­ren we­gen dei­ner gu­ten Chi­ne­sisch­kennt­nis­se.‹

›Nun, bei­des ist leicht zu er­klä­ren. Die chi­ne­si­sche Spra­che habe ich schon als Kind ge­lernt. In der Nähe mei­nes El­tern­hau­ses ist ein bud­dhis­ti­scher Schrein, und ei­ni­ge der Mön­che, die dort le­ben, ka­men aus Chi­na. Wir wur­den in be­stimm­ten Din­gen von die­sen Män­nern un­ter­rich­tet, und da­bei habe ich ihre Spra­che er­lernt.‹

Er mach­te eine klei­ne Pau­se, und sein Ge­sicht nahm einen leicht ver­trä­um­ten Aus­druck an. Es schie­nen schö­ne Er­in­ne­run­gen an jene Zeit zu sein, die ihm ge­ra­de in den Sinn ka­men. Doch das dau­er­te nur kurz. Er blick­te wie­der hoch und fuhr fort:

›Ja, und die See­rei­se in Ja­pans Ge­wäs­sern kann ich so gut be­schrei­ben, weil ich im Auf­trag des Dai­myo schon mehr­fach zur In­sel Shi­ko­ku und auch dar­über hi­n­aus ge­fah­ren bin. Date Hi­demu­ne, der äl­tes­te Sohn mei­nes Herrn, hat vom Sho­gun das Le­hen Uwa­ji­ma auf der In­sel Shi­ko­ku er­hal­ten, und ich habe ihn öf­ter dort auf­su­chen müs­sen.‹

›Ist es bei euch nicht üb­lich, dass der äl­tes­te Sohn die Nach­fol­ge sei­nes Va­ters an­tritt?‹

›Das schon, doch Date Hi­demu­ne ist kein Sohn von Meg­o­hi­me, der Frau mei­nes Herrn. Er ist der Sohn ei­ner Kon­ku­bi­ne und kann des­halb das Erbe sei­nes Va­ters nicht an­tre­ten. Er darf zwar den Na­men sei­nes Va­ters füh­ren, aber in der Rang­fol­ge kommt im­mer erst der erst­ge­bo­re­ne Sohn aus der ehe­li­chen Ver­bin­dung.‹

›O je, ist das kom­pli­ziert. Kommt es da nicht zu Kon­flik­ten und Rei­be­rei­en?‹

›Eher sel­ten, es ist al­les klar ge­re­gelt, und al­les un­ter­liegt ei­ner stren­gen Rang­ord­nung. Frü­her kam es öf­ter vor, dass in Fa­mi­li­en der eine oder an­de­re aus die­ser Ord­nung aus­bre­chen woll­te, doch un­ter der stren­gen Füh­rung des Sho­gun ist das nicht mehr so ein­fach.‹

›Warum hat der Fürst eine Kon­ku­bi­ne? Ist er mit sei­ner Frau nicht glück­lich?‹

Shi­ge­na­ga sah mich ver­ständ­nis­los an.

›Das eine hat mit dem an­de­ren nichts zu tun. Date Ma­sa­mu­ne ist ein großer Dai­myo. Es ist üb­lich und ge­hört zum gu­ten Ton, dass sich ein Mann in ei­ner sol­chen Po­si­ti­on eine oder meh­re­re Kon­ku­bi­nen hält. Mein Herr hat sie­ben, aber in letz­ter Zeit sucht er sie nicht mehr so oft auf, denn er denkt mitt­ler­wei­le ein we­nig an­ders über die­sen Brauch. Doch das ist nur in­of­fi­zi­ell. Mehr möch­te ich dar­über nicht sa­gen.‹

Mein Blick ruh­te auf dem Meer, ohne das ich et­was da­von wahr­nahm. Ich dach­te über das Ge­hör­te nach, und Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga be­ob­ach­te­te mich ge­spannt.

Nach ei­ner Wei­le durch­brach er die Stil­le und frag­te:

›Es hat den An­schein, dass du die­sen Brauch noch nicht kennst? Gibt es dort, wo du her­kommst, kei­ne Kon­ku­bi­nen?‹

›Of­fi­zi­ell nicht. Si­cher­lich ha­ben man­che Män­ner eine Ge­lieb­te, aber das wird meist ge­heim ge­hal­ten. Wenn sich man­che Män­ner da­mit brüs­ten, dann in der Re­gel nur von Mann zu Mann, un­ter Gleich­ge­sinn­ten. Im All­ge­mei­nen scha­det es dem Ruf, vor al­lem dann, wenn es eine hoch­ge­stell­te Per­sön­lich­keit be­trifft. Ich per­sön­lich emp­fin­de Ne­ben­frau­en als we­nig sinn­voll, denn es schafft nur Pro­ble­me. Aber ich möch­te mir da kein Ur­teil er­lau­ben, weil ich noch viel zu we­nig über euer Land und Volk weiß. Es hat si­cher­lich sei­ne Grün­de und Ur­sa­chen und viel­leicht ...‹, ich stock­te kurz, ›viel­leicht auch sei­ne Be­rech­ti­gung.‹

Er lach­te kurz auf.

›Ja, sei­ne Grün­de und Ur­sa­chen hat es auf je­den Fall, ob es des­we­gen sei­ne Be­rech­ti­gung hat, weiß ich nicht.‹

Er schau­te über Bord und be­ob­ach­te­te einen Schwarm Fi­sche, der knapp un­ter der Was­ser­ober­flä­che ne­ben dem Schiff da­hing­litt. Da­bei sprach er lei­se und mehr zu sich:

›Un­ser Volk und vor al­lem der Stand, dem ich an­ge­hö­re, schätzt die krie­ge­ri­schen Fä­hig­kei­ten und die Macht ei­nes Man­nes mehr als al­les an­de­re. Aus die­sem und an­de­ren Grün­den ha­ben wir uns in den letz­ten Jahr­hun­der­ten im­mer wie­der ge­gen­sei­tig zer­fleischt. Es wur­den stän­dig Krie­ge ge­führt und ter­ri­to­ria­le Macht­kämp­fe aus­ge­foch­ten. Vie­le Ban­di­ten und her­ren­lo­se Krie­ger zo­gen durchs Land. Sie raub­ten und mor­de­ten ohne Gna­de. Das Re­sul­tat war und ist, dass es einen Frau­en­über­schuss und vie­le Wit­wen gibt. Schon vor vie­len hun­dert Jah­ren kam der Brauch auf, dass Män­ner, die es sich leis­ten konn­ten, sol­che Frau­en in Dienst ge­nom­men ha­ben, um ih­nen Schutz zu ge­wäh­ren. Der Weg bis zur Kon­ku­bi­ne war dann nicht mehr weit. Doch mitt­ler­wei­le ha­ben sich die­se Grün­de ver­lo­ren, und es geht jetzt meist mehr dar­um, Fa­mi­li­en an sich zu bin­den, oder die Fa­mi­li­en der Kon­ku­bi­nen möch­ten sich das Wohl­wol­len ei­nes ho­hen Her­ren da­mit er­kau­fen. Und na­tür­lich be­frie­di­gen vie­le Män­ner da­mit Ihre Be­dürf­nis­se.‹

Er sah hoch und mir in die Au­gen, ›Doch ich rede hier über Din­ge, die ein ge­fähr­li­ches Ge­dan­ken­gut sind, denn kei­ner möch­te an die­sen Bräu­chen und Ri­tua­len rüh­ren. Auch er­in­nern sol­che Re­den an die christ­li­chen Missio­na­re, die seit ei­ni­ger Zeit aus dem Land ver­bannt sind. Date Ma­sa­mu­ne und ich ha­ben des Öf­te­ren über sol­che Sa­chen ge­spro­chen. Wir se­hen mitt­ler­wei­le vie­les ein we­nig an­ders als die an­de­ren Män­ner un­se­res Stan­des, doch öf­fent­lich dazu be­ken­nen dür­fen wir uns nicht. Es wäre un­ser To­des­ur­teil. Also, wenn du uns und un­se­re Fa­mi­li­en nicht ins Un­glück stür­zen willst, dann be­hal­te es für dich, und sprich mög­lichst nicht mit dem Fürs­ten dar­über.‹

Ich nick­te und be­müh­te mich, das The­ma zu wech­seln.

›Ist Edo eine sehr große Stadt?‹

Er er­kann­te mei­ne Ab­sicht, lä­chel­te und ging dar­auf ein.

›Das kommt dar­auf an, was für Ver­glei­che du hast. Du kannst Edo si­cher­lich nicht mit der Re­si­denz­stadt des chi­ne­si­schen Kai­sers ver­glei­chen, denn Edo ist noch jung. Die Stadt wird ge­ra­de erst rich­tig auf­ge­baut, es ist al­les neu und wohl­ge­ord­net. Vie­le tau­send Ar­bei­ter sind da­mit be­schäf­tigt, den sump­fi­gen Bo­den zu be­fes­ti­gen so­wie Stra­ßen und neue Ge­bäu­de zu bau­en. Die Burg des Sho­gun und eine Grund­struk­tur sind schon vor­han­den. Als ich noch ein Kind war, war Edo ein klei­nes Fi­scher­dorf, doch To­ku­ga­wa Ieya­su, der ers­te große Sho­gun, er­kor sich die­ses Dorf zur Re­si­denz. Seit die­ser Zeit wird in Edo ge­baut. Erst noch zu­rück­hal­tend und jetzt, nach­dem sich die Macht des am­tie­ren­den Sho­gun über ganz Ja­pan er­streckt, mehr. Alle Dai­myo müs­sen sich am Auf­bau der Stadt be­tei­li­gen und ver­brin­gen auch einen großen Teil ih­res Le­bens hier.‹

Er wen­de­te sich wie­der um und blick­te aufs Was­ser.

›Was für ein Auf­wand und was für Kos­ten! Die Mit­tel könn­ten in den Pro­vin­zen der Dai­myo gut ge­braucht wer­den. Doch kei­ner wagt es, sich da­ge­gen auf­zu­leh­nen. Der Sho­gun hat die Macht, und alle sind ihm auf Ge­deih und Ver­derb aus­ge­lie­fert.‹

Er schüt­tel­te den Kopf.

›Aber die Stadt wird schön. Der Stadt­kern ist die Burg, und um sie he­r­um scha­ren sich die An­we­sen der rang­höchs­ten Sa­mu­rai. Da­mit mei­ne ich die der Dai­myos und et­was wei­ter von der Burg ent­fernt die Häu­ser von de­ren di­rek­ten Un­ter­ge­be­nen. Also Bus­hi wie mich. Je wei­ter weg von der Burg das Haus, des­to ge­rin­ger der Rang des Be­sit­zes. Noch wei­ter ent­fernt ste­hen die Häu­ser der Cho­nin. Die­se Stadt­men­schen, Kauf­leu­te, Hand­wer­ker und an­de­re un­rei­ne Men­schen, ge­hö­ren zur un­ters­ten Stan­des­rie­ge. Am Fluss Oka­wa be­fin­den sich La­ger­häu­ser und Re­gie­rungs­ge­bäu­de. An der Bucht liegt der Ha­fen. Doch über­all wird noch ge­baut, und nur im Kern ist das meis­te schon fer­tig.‹

Er wen­de­te sich wie­der mir zu.

›Wenn wir an Land ge­gan­gen sind, müs­sen wir ei­ni­ges be­ach­ten, und du musst dich un­be­dingt in mei­ner Nähe auf­hal­ten, da­mit ich dir Ver­hal­tens­re­geln im Um­gang ...‹

In die­sem Mo­ment wur­den wir vom Fürs­ten un­ter­bro­chen.

Date Ma­sa­mu­ne saß in der Nähe des Heck­mas­tes un­ter ei­nem Son­nen­schirm und hat­te sich bis zu die­sem Zeit­punkt mit dem Ka­pi­tän un­ter­hal­ten. Sich von die­sem ab­wen­dend, rief er Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga et­was zu. Die­ser ver­beug­te sich leicht vor dem Dai­myo und for­der­te mich dann auf, mit zum Fürs­ten zu kom­men. Als wir vor ihm stan­den und ich ihn un­schlüs­sig an­blick­te, sprach der Dai­myo in bar­schem Ton­fall mit Shi­ge­na­ga. Er­staunt sah ich von ei­nem zum an­de­ren. Es war al­les sehr wi­der­sprüch­lich und un­ge­wohnt für mich. Zum einen sah ich im Ge­sicht des Fürs­ten ein hin­ter­grün­di­ges Lä­cheln, und zum an­de­ren war der Ton­fall wie eine stren­ge Rüge. Mein Dol­met­scher mach­te eine un­ter­wür­fi­ge Ges­te, ant­wor­te­te knapp und wen­de­te sich mir zu.

›Date Ma­sa­mu­ne hat mich so­eben ge­rügt, weil ich dir noch nichts von un­se­ren Sit­ten und Ge­bräu­chen bei­ge­bracht habe. Auch wenn der Fürst in den Mo­men­ten, wenn wir un­ter uns sind, mit dir oder mir einen ver­trau­li­chen Um­gang pflegt, darf er das nach au­ßen nicht zei­gen. Er muss das Ge­sicht wah­ren, und wir müs­sen ihm den ge­büh­ren­den Re­spekt zol­len. Es ist von der Sa­che her nur ge­spielt, aber wich­tig für den Er­halt sei­ner Stel­lung. Das heißt, wenn du in Ge­gen­wart an­de­rer zum Fürs­ten ge­ru­fen wirst, nä­herst du dich ihm lang­sam und mit ge­senk­tem Blick bis auf fünf Schrit­te.‹

Ich schau­te nach un­ten und trat zwei Schrit­te zu­rück, denn ich war schon bis auf drei he­r­an­ge­tre­ten.

Ein kaum wahr­nehm­ba­res Lä­cheln husch­te über die Ge­sich­ter der bei­den, und Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga sprach wei­ter:

›Dann beugst du vor ihm das Knie. Das lin­ke Knie und die lin­ke Faust auf dem Bo­den. Die rech­te Hand, da du kei­ne Schwer­ter be­sitzt, auf den rech­ten Ober­schen­kel ge­stützt. Wärst du ein Sa­mu­rai, müss­te dei­ne rech­te Hand hin­ter dem Rücken die Schei­de dei­nes Schwer­tes um­fas­sen, um da­mit zu zei­gen, dass du den Fürs­ten nicht an­grei­fen willst.‹

Die gan­ze Ze­re­mo­nie er­schi­en mir nach un­se­rem bis­he­ri­gen zwang­lo­sen Um­gang ein we­nig selt­sam, doch ich war im Be­griff, ein frem­des Land mit mir noch un­be­kann­ten Sit­ten zu be­tre­ten, und emp­fand es als un­pas­send, ihre Ge­bräu­che in Fra­ge zu stel­len. Ich beug­te also das Knie und be­folg­te die wei­te­ren An­wei­sun­gen mei­nes Dol­met­schers.

Mit ei­nem leich­ten Nei­gen des Kop­fes quit­tier­te der Dai­myo mei­ne Hand­lungs­wei­se, und Shi­ge­na­ga fuhr in sei­nen Er­läu­te­run­gen fort:

›Dein Blick ist da­bei auf den Bo­den ge­rich­tet, und erst wenn dich der Fürst dazu auf­for­dert, schaust du ihn an.‹

Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga hat­te sich ähn­lich ver­hal­ten, nur mit dem Un­ter­schied, dass er sich ein we­nig vor mir, dem Dai­myo die rech­te Sei­te zu­wen­dend, be­fand.

In har­schem Ton­fall, von ei­ner auf­for­dern­den Ges­te be­glei­tet, die ich aus den Au­gen­win­keln sah, sprach Date Ma­sa­mu­ne uns an. Ich ent­nahm der Ges­te, dass ich auf­bli­cken konn­te, und sah dem Fürs­ten ins Auge. Ein klein we­nig Schalk lag in sei­nem Blick, doch das währ­te nur kurz, und ein Au­ßen­ste­hen­der hät­te es si­cher­lich nicht be­merkt.

›Gut, du hast die Auf­for­de­rung teil­wei­se schon ver­stan­den‹, Shi­ge­na­ga nick­te mir an­er­ken­nend zu. ›Der Fürst hat dir er­laubt, sich ihm bis auf drei Schrit­te – das ist der üb­li­che Ab­stand – zu nä­hern und ihm ge­gen­über Platz zu neh­men.‹

Um­ge­hend folg­te ich der An­wei­sung.

›Halt, nicht so schnell und mit ge­senk­tem Kopf.‹

Ich stock­te und neig­te den Kopf.

›Gut, und nun knie nie­der und set­ze dich auf dei­ne Un­ter­schen­kel.‹

Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga wen­de­te sich dem Dai­myo zu, ver­beug­te sich leicht und rich­te­te ei­ni­ge Wor­te an ihn. Nach des­sen Ant­wort dreh­te er sich wie­der zu mir um und sag­te:

›Der Fürst wünscht, dass ich dir die­ses Ver­hal­ten er­klä­re.‹

Ich wen­de­te mich wie­der Shi­ge­na­ga zu und wur­de so­fort kor­ri­giert:

›Nein, schau nicht mich an, denn ich bin nur der Dol­met­scher, dein ei­gent­li­cher Ge­sprächs­part­ner ist Date Ma­sa­mu­ne.‹

Als ich sei­ner An­wei­sung folg­te, konn­te ich noch ein leich­tes Kopf­nei­gen von ihm se­hen, dann fuhr er fort:

›Du er­weist dem Dai­myo da­mit den nö­ti­gen Re­spekt‹, er hol­te tief Luft. ›Mein Herr hat mich vor­hin zu Recht ge­rügt, denn ich habe sehr un­be­dacht ge­han­delt. Auf die­ser Rei­se nach Chi­na war es nicht not­wen­dig, sol­che Ze­re­mo­ni­en auf­recht­zu­er­hal­ten, doch jetzt, vor al­lem in Edo, ist es un­um­gäng­lich, um Date Ma­sa­mu­ne nicht zu scha­den. Auch dir könn­te bei ei­nem Fehl­ver­hal­ten Scha­den ent­ste­hen, und das möch­te der Fürst, da du ja auf sei­nen Wunsch hin mit­ge­kom­men bist, ver­hin­dern. Du musst in nächs­ter Zeit sehr vor­sich­tig sein und ge­nau auf mich ach­ten, da­mit ich dir al­les Not­wen­di­ge ver­mit­teln kann.‹

Ich nick­te zur Be­stä­ti­gung, ohne den Blick vom Fürs­ten ab­zu­wen­den.

›Gut, nun zum ei­gent­li­chen Zweck die­ses Ge­sprä­ches.‹

Die An­span­nung der letz­ten Mi­nu­ten schi­en ein klein we­nig von Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga ab­zu­fal­len.

›Der Fürst muss, so­bald wir in Edo sind, beim Sho­gun um eine Au­di­enz bit­ten und ihm Be­richt er­stat­ten. Zu die­ser Au­di­enz darf ihn kei­ner be­glei­ten, schon gar nicht du mit dei­nem of­fen­kun­dig aus­län­di­schen Aus­se­hen.‹

Ich hol­te Luft, um einen Ein­wurf zu ma­chen, doch er un­ter­brach mich so­fort.

›Ich er­klä­re das spä­ter in Ruhe!‹

Ich at­me­te aus und neig­te leicht den Kopf.

›Gut, Date Ma­sa­mu­ne hät­te gern einen Rat von dir. In ei­nem Ge­spräch nach dem Kampf hat­test du ge­sagt, du wür­dest dem Sho­gun die Rei­se nach Shao­lin als not­wen­dig und er­folg­reich schil­dern. Der Fürst möch­te wis­sen, wie er das ma­chen soll.‹

›Nun, dazu wäre es sinn­voll, wenn ich wüss­te, was der ei­gent­li­che Zweck des Be­suchs am chi­ne­si­schen Kai­ser­hof war.‹

Da Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga nicht gleich mit der Über­set­zung be­gann, mach­te ich eine auf­for­dern­de Hand­be­we­gung, denn ich woll­te, ein­ge­denk sei­ner Wor­te, den Blick nicht vom Dai­myo ab­wen­den.

Zö­gernd über­setz­te er mei­ne Fra­ge und ern­te­te nur zwei Wor­te und ein Kopf­schüt­teln.

›Der Fürst kann und darf dir den Grund die­ser Rei­se nicht mit­tei­len!‹

›Hm, ich hat­te et­was in der Art er­war­tet. Nun gut, ich muss also ein we­nig ra­ten und gehe des­halb da­von aus, dass es mit den im­mer wie­der auf­tre­ten­den Feind­se­lig­kei­ten zwi­schen Chi­na und Ja­pan zu­sam­men­hängt.‹

Shi­ge­na­ga über­setz­te flie­ßend mei­ne Wor­te, und Date Ma­sa­mu­ne hob am Ende leicht die Schul­tern. Da­bei mach­te er eine Ges­te, die ich als »viel­leicht« deu­te­te. Ich ver­such­te, ein Grin­sen zu un­ter­drücken, und fuhr fort:

›Gut. In ei­nem un­se­rer Ge­sprä­che, die wir nach dem Kampf in Chi­na ge­führt ha­ben, sprach der Fürst da­von, dass er an ei­ner In­va­si­on in Ko­rea be­tei­ligt war, in der es auch zu Kämp­fen mit den Trup­pen des chi­ne­si­schen Kai­sers kam. In­so­fern gehe ich da­von aus, dass die Rei­se den Zweck hat­te, ent­we­der in Er­fah­rung zu brin­gen, ob eine neu­er­li­che In­va­si­on er­folg­reich sein könn­te, oder ob die Ge­fahr be­steht, dass Chi­na oder Ko­rea et­was in der Art pla­nen.‹

Ich mach­te eine Pau­se und schau­te den Dai­myo fra­gend an.

Wie­der die glei­che Ges­te, doch auch er konn­te ein Grin­sen kaum un­ter­drücken.

›Wenn das so sein soll­te, dann sind na­tür­lich alle In­for­ma­tio­nen, die mit der Aus­bil­dung der chi­ne­si­schen Trup­pen zu tun ha­ben, von Be­deu­tung. Date Ma­sa­mu­ne hat Ge­rüch­te ge­hört oder un­ter der Hand von Zu­trä­gern ei­ni­ges über die kämp­fen­den Shao­lin-Mön­che er­fah­ren. Ihm kam zu Oh­ren, dass sie die kai­ser­li­chen Wa­chen und hohe Of­fi­zie­re aus­bil­den, ein ge­wis­ses Trup­pen­po­ten­ti­al ha­ben und ak­tiv in Kon­flik­te ein­grei­fen. Dar­über hi­n­aus wur­den sie als her­vor­ra­gen­de Kämp­fer ge­rühmt, die von ei­nem großen Ge­ne­ral an­ge­führt wer­den.‹

Ich mach­te eine klei­ne Pau­se, denn ich be­merk­te die An­span­nung in Ma­sa­mu­nes Blick und Hal­tung. Sei­ne auf­ge­wühl­ten Ge­dan­ken wa­ren von mei­nem ge­schul­ten Geist leicht zu be­mer­ken, da ich sei­ne Spra­che noch nicht ver­stand, nahm ich je­doch im Mo­ment nur wir­re Bil­der wahr. Es ge­lang mir nicht, die­se rich­tig zu­zu­ord­nen, und mir wur­de klar, dass ich ihm ver­mut­lich mehr ver­ra­ten hat­te, als er be­reits wuss­te.

War das rich­tig von mir?

Mir blieb kei­ne Zeit, dar­über nach­zu­den­ken, denn mit ei­ner Ges­te for­der­te er mich auf wei­ter­zu­spre­chen.

›Wenn mei­ne bis­he­ri­gen Ver­mu­tun­gen rich­tig sind, dann ist es lo­gisch und im Sin­ne des Auf­tra­ges zwin­gend er­for­der­lich, den Wahr­heits­ge­halt die­ser In­for­ma­tio­nen zu prü­fen. Da dies am Kai­ser­hof nicht mög­lich war, blieb nur die Rei­se zum Shao­lin-Klos­ter üb­rig. Man könn­te dem Sho­gun die Fra­ge stel­len, ob er in die­ser Si­tua­ti­on nicht die glei­che Ent­schei­dung ge­trof­fen hät­te.‹

Ich schau­te er­war­tungs­voll in das Ge­sicht des Fürs­ten, und nach ei­ner klei­nen Pau­se, in der er sei­ne Hän­de in­ten­siv be­trach­tet hat­te, be­gann er lang­sam und ru­hig zu spre­chen:

›Das sind sehr in­ter­essan­te Ge­dan­ken, die du da ge­äu­ßert hast. Wo­mit Date Ma­sa­mu­ne na­tür­lich nicht sa­gen will, dass dei­ne Ver­mu­tun­gen zu­tref­fen.‹

Ich konn­te das Lä­cheln in Shi­ge­na­gas Ge­sicht wahr­neh­men, ohne dass ich es sah.

›Der Dai­myo muss dir viel­leicht noch ei­ni­ge Hin­ter­grün­de er­klä­ren, die die­se Si­tua­ti­on et­was kom­pli­zier­ter ma­chen.‹

Ma­sa­mu­ne mach­te eine kur­ze Pau­se, um zu war­ten, bis der Dol­met­scher mir das bis­her Ge­sag­te über­setzt hat­te.

›Bis­her ha­ben wir im­mer nur vom Sho­gun als dem am­tie­ren­den Macht­ha­ber und obers­ten Lan­des­herrn ge­spro­chen. In Wahr­heit sind die Macht­ver­hält­nis­se in un­se­rem Land um ei­ni­ges kom­pli­zier­ter. Auch wir ha­ben einen Kai­ser, den Ten­no. Er wird als Gott­kai­ser ver­ehrt und soll­te mit dem Ho­fadel ei­gent­lich das Land re­gie­ren. Doch die Macht liegt in den Hän­den des Sho­gun und sei­ner engs­ten Be­ra­ter. Der am­tie­ren­de Sho­gun ist To­ku­ga­wa Ie­mit­su, aber das ist nur nach au­ßen hin so, denn er hat das Amt von sei­nem Va­ter vor­zei­tig ver­erbt be­kom­men, um Macht­kämp­fen vor­zu­beu­gen. Die ei­gent­li­che Macht liegt im­mer noch in den Hän­den von To­ku­ga­wa Hi­de­ta­da.‹

Date Ma­sa­mu­ne sprach im glei­chen ru­hi­gen Ton­fall wei­ter:

›Im­mer wie­der ent­ste­hen klei­ne­re und grö­ße­re Kon­flik­te, da der Sohn nur un­gern den Ein­fluss sei­nes Va­ters gel­ten lässt. Mein Herr ist To­ku­ga­wa Hi­de­ta­da in meh­re­ren Punk­ten sehr ver­pflich­tet. Sein erst­ge­bo­re­ner Sohn – Date Hi­demu­ne – ist nur dank der gu­ten Be­zie­hun­gen des Date-Clans zu ihm, Dai­myo von Uwa­ji­ma ge­wor­den. Der Sho­gun kann ihm die­ses Le­hen aber je­der Zeit wie­der ent­zie­hen. Auch die Ver­ein­ba­rung be­treffs Date Ta­da­mu­ne wur­de mit dem Va­ter ge­trof­fen, wes­halb der Fürst die Chi­na-Rei­se an­tre­ten muss­te.‹

Mein Dol­met­scher hol­te tief Luft.

›Mein Herr ist also dem al­ten Sho­gun in vie­ler­lei Hin­sicht ver­pflich­tet. An­de­rer­seits wird ir­gend­wann To­ku­ga­wa Ie­mit­su der al­lei­ni­ge Macht­ha­ber sein, und des­halb darf sich Date Ma­sa­mu­ne ihn nicht zum Feind ma­chen. Auch die­ser kann dem Date-Clan je­der­zeit großen Scha­den zu­fü­gen. Als wir die Rei­se an­ge­tre­ten ha­ben, hat der am­tie­ren­de Sho­gun un­miss­ver­ständ­lich kund­ge­tan, dass er das Un­ter­neh­men nicht gut­heißt. Doch konn­te er sich sei­nem Va­ter ge­gen­über nicht durch­set­zen, und nun be­fürch­tet Date Ma­sa­mu­ne, dass ihm das, auch we­gen der Rei­se nach Shao­lin, zum Scha­den ge­reicht.‹

›Warum stand der am­tie­ren­de Sho­gun die­ser Rei­se ab­leh­nend ge­gen­über?‹

›Nun, der Va­ter ist ein we­nig weltof­fe­ner als der Sohn. Auch er ist vor­sich­tig und be­merkt, dass die christ­li­che Missio­nie­rung der Macht­po­si­ti­on un­se­res Stan­des nicht för­der­lich ist. Er ist wie der Sohn der Mei­nung, dass die Ei­gen­stän­dig­keit un­se­res Lan­des durch den Ein­fluss der west­li­chen Län­der ge­fähr­det wird. Aber im Ge­gen­satz zum Sohn be­fürch­tet er mehr Nach­tei­le durch eine Ab­schot­tung nach au­ßen. Er denkt, dass es der Lan­des­ent­wick­lung för­der­li­cher wäre, wenn wir uns vor­sich­tig öff­nen und einen gut kon­trol­lier­ten Han­del mit an­de­ren Län­dern füh­ren. Vor al­lem Chi­na als un­ser nächs­ter großer Nach­bar könn­te in die­sem Punkt sehr wich­tig wer­den. Ent­we­der als ein gu­ter Han­del­s­part­ner oder, na ja, viel­leicht auch als ...‹

Er ließ die­sen Satz un­voll­en­det und schloss sei­ne Er­läu­te­rung mit der In­for­ma­ti­on, dass der am­tie­ren­de Sho­gun das Land nach au­ßen kom­plett ab­schir­men möch­te, um alle frem­den Ein­flüs­se zu un­ter­bin­den.

›Hm, das sind na­tür­lich schwie­ri­ge Ver­hält­nis­se, aber viel­leicht ist es gar nicht so schlimm, wie es auf den ers­ten Blick scheint.‹

Nach­denk­lich strich ich mir mit der rech­ten Hand über Mund und Kinn.

›Muss der Fürst nur dem al­ten Sho­gun, bei­den gleich­zei­tig oder in ge­trenn­ten Ge­sprä­chen Be­richt er­stat­ten?‹

Shi­ge­na­ga über­setz­te mei­ne Fra­ge, und ohne groß nach­zu­den­ken, kam die Ant­wort vom Dai­myo:

›Er denkt, dass es eher un­wahr­schein­lich ist, dass er bei­de gleich­zei­tig in­for­mie­ren muss. Ver­mut­lich wird ihn erst der Va­ter zur Be­richt­er­stat­tung ein­be­stel­len, bei dem das Ze­re­mo­ni­ell nicht so um­fang­reich ist. Doch auch dem am­tie­ren­den Sho­gun muss er auf je­den Fall Rede und Ant­wort ste­hen, da er nach au­ßen hin die Rei­se an­ge­ord­net hat.‹

›Nun, viel­leicht ist das ganz güns­tig. Dem al­ten Sho­gun, Taka ... Wie hieß er doch gleich?‹

›To­ku­ga­wa Hi­de­ta­da.‹

›Ach ja, To­ku­ga­wa Hi­de­ta­da wür­de ich so in­for­mie­ren, wie wir es vor­hin be­spro­chen ha­ben. Ich wür­de ver­su­chen, das Ge­spräch so zu len­ken, dass es ihm wich­tig er­scheint, ein star­kes Chi­na nicht zu un­ter­schät­zen. Dass es aber gleich­zei­tig not­wen­dig ist, ge­wis­se Ver­bin­dun­gen auf­recht­zu­er­hal­ten, um auf dem Lau­fen­den zu blei­ben.‹

Ich mach­te eine kur­ze Pau­se, um mei­ne Ge­dan­ken zu ord­nen.

›Dem Sohn wür­de ich den glei­chen Be­richt er­stat­ten, doch das Ge­spräch ein we­nig an­ders len­ken. Er soll­te am Ende zu der Ein­sicht kom­men, dass sei­ne Denk­wei­se rich­tig ist und er ein star­kes, ei­ni­ges Land re­gie­ren muss, das al­len äu­ße­ren Ein­flüs­sen ge­wach­sen ist. Na­tür­lich birgt das auch die Ge­fahr, dass sich die bei­den dar­über aus­tau­schen und dann den­ken, der Fürst hat je­dem einen an­de­ren Be­richt ge­ge­ben. Aber in die­sem Fall kann sich Date Ma­sa­mu­ne dar­auf be­ru­fen, dass er je­dem das Glei­che er­zählt hat und je­der nur zu an­de­ren Schuss­fol­ge­run­gen ge­kom­men ist.‹

Nach­dem Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga das über­setzt hat­te, ent­stand eine klei­ne Pau­se, in der Date Ma­sa­mu­ne ge­bannt auf sei­ne Hän­de blick­te. Dann schau­te er mir in die Au­gen und sag­te:

›Die Ge­fahr, dass sich die bei­den dar­über aus­tau­schen, ist eher ge­ring, denn sie pfle­gen meist nur Kon­takt, wenn es öf­fent­lich not­wen­dig er­scheint. Aber wie soll ich die Ge­sprä­che in die ge­wünsch­te Rich­tung len­ken, wenn ich je­dem den glei­chen Be­richt er­stat­te.‹

Ich lä­chel­te und schlug vor, dass wir den Ge­sprächs­ver­lauf üben, in­dem er den Sho­gun spielt und ich sei­nen Part über­neh­me.

Die sich an­schlie­ßen­den Dia­lo­ge nah­men viel Zeit in An­spruch, da wir ver­schie­de­ne Va­ri­an­ten durch­spiel­ten. Erst als uns eine Schlecht­wet­ter­front er­reich­te, be­en­de­ten wir das Ge­spräch, denn die Mann­schaft hat­te alle Hän­de voll zu tun, um das Schiff si­cher auf Kurs zu hal­ten. Wir räum­ten den Platz beim Heck­mast, um nicht im Weg zu sein, und ich sah ge­bannt der Mann­schaft bei ih­rer Ar­beit zu. Die Sicht wur­de im­mer schlech­ter, star­ker Re­gen setz­te ein, und das Schiff muss­te mit ho­hen Wel­len­ber­gen kämp­fen. Un­ter hef­ti­gem Schlin­gern und Schau­keln ging es die gan­ze Nacht und auch den fol­gen­den Tag wei­ter. Erst als wir die ja­pa­ni­sche Küs­te er­reich­ten, wur­de das Wet­ter bes­ser. Aber als wir in die Mee­ren­ge zwi­schen Kyus­hu und Hons­hu ein­lie­fen, ver­schlech­ter­ten sich die Be­din­gun­gen wie­der. Der Ka­pi­tän ent­schloss sich, den nächs­ten Ha­fen an­zu­lau­fen und erst bei Wet­ter­bes­se­rung die Fahrt fort­zu­set­zen. Der klei­ne Ha­fen lag in ei­ner Bucht, die durch eine Hü­gel­ket­te vor dem Wind ge­schützt war. Da es nur ein Fi­scher­ha­fen war ver­ließ kei­ner das Schiff, und ich wur­de wie­der zu Date Ma­sa­mu­ne ge­ru­fen, um un­ser Ge­sprächs­trai­ning fort­zu­set­zen.

Am nächs­ten Mor­gen bes­ser­te sich das Wet­ter, und wir setz­ten un­se­re Rei­se fort. Shi­ge­na­ga soll­te recht be­hal­ten, denn auf der gan­zen rest­li­chen Fahrt hat­te das Schiff ge­gen wid­ri­ge Win­de an­zu­kämp­fen. Zwi­schen den großen In­seln gab es vie­le klei­ne­re und kleins­te, manch­mal nur Fels­klip­pen, de­ren Um­schif­fen der Be­sat­zung die vol­le Auf­merk­sam­keit ab­ver­lang­te. Erst als wir das of­fe­ne Meer er­reich­ten und in nord­öst­li­che Rich­tung um­schwenk­ten, wur­de es ein­fa­cher. Der Wind war nicht mehr ganz so stark und sei­ne Rich­tung auch ein we­nig güns­ti­ger. Wir folg­ten mehr oder we­ni­ger dem Küs­ten­ver­lauf von Shi­ko­ku und ka­men bes­ser vor­an. Die­se See­rei­se nahm fast drei Wo­chen in An­spruch, in de­ren Ver­lauf ich im­mer wie­der zum Dai­myo ge­ru­fen wur­de, da sei­ne Be­den­ken noch nicht rest­los zer­streut wa­ren. Die Ge­sprä­che wa­ren sehr lang­wie­rig, weil ich ja im­mer noch Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga als Dol­met­scher brauch­te. Aus die­sem Grund und we­gen des un­auf­hör­li­chen Re­gens be­kam ich auf der gan­zen Fahrt nicht viel zu se­hen. Zur Ent­schä­di­gung hat­ten wir seit der Ein­fahrt in die Bucht, in der Edo lag, das schöns­te Wet­ter. Die Son­ne wärm­te von ei­nem strah­lend blau­en Him­mel, und das Schiff durch­pflüg­te ru­hig und gleich­mä­ßig das nur leicht ge­kräu­sel­te Was­ser. Ich stand mit Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga an der Re­ling und schau­te auf die wei­te Ebe­ne, der wir ent­ge­gen­streb­ten.

›Was er­war­test du von un­se­rem Land, und wie stellst du dir dein wei­te­res Le­ben hier vor?‹, frag­te mich Shi­ge­na­ga un­ver­mit­telt.

Aus mei­nen Ge­dan­ken ge­ris­sen, schau­te ich hoch und über­leg­te.

›Ich weiß es nicht. Ich bin mir auch nicht si­cher, ob es rich­tig war, dem Ruf von Date Ma­sa­mu­ne zu fol­gen. Die we­ni­gen Bro­cken eu­rer Spra­che, die du mir bis­her bei­brin­gen konn­test, sind auch nicht dazu an­ge­tan, mei­ne Un­si­cher­heit zu zer­streu­en. Des­we­gen füh­le ich mich im Mo­ment sehr un­wohl bei dem Ge­dan­ken, wie­der ein­mal ganz von vorn an­zu­fan­gen.‹

Er lach­te kurz auf.

›Was er­war­te­test du denn? Hast du wirk­lich ge­glaubt, dass ich dir in den we­ni­gen Stun­den, die uns bis­her zur Ver­fü­gung stan­den, un­se­re Spra­che hät­te bei­brin­gen kön­nen? Ging das bei dei­nem Ein­tref­fen in Chi­na so schnell?‹

›Nein‹, ich schüt­tel­te den Kopf. ›Na­tür­lich nicht, doch was ich bis­her von dir er­fah­ren habe, er­scheint mir ziem­lich kom­pli­ziert, und ich habe ein­fach Be­den­ken, dass ich mich falsch ver­hal­te oder die Er­war­tun­gen des Fürs­ten nicht er­fül­len kann.‹

›Mach dir nicht schon jetzt Ge­dan­ken über Din­ge, die du noch gar nicht ein­schät­zen kannst. Ich habe mit mei­nem Herrn dar­über ge­spro­chen, und er hat mich be­auf­tragt, dir un­se­re Spra­che bei­zu­brin­gen. Au­ßer­dem soll ich in der ers­ten Zeit im­mer in dei­ner Nähe sein, um dich mit un­se­ren Sit­ten und Ge­bräu­chen ver­traut zu ma­chen.‹

Er wand­te sich von mir ab und deu­te­te in die Fer­ne.

›So­bald wir im Ha­fen von Edo an Land ge­gan­gen sind, ach­test du bit­te ge­nau auf das, was ich tue. Da du kei­ne Schwer­ter trägst und alle nach dei­nem äu­ße­ren Er­schei­nungs­bild dar­auf schlie­ßen wer­den, dass du zur un­te­ren Stan­des­rie­ge ge­hörst, musst du be­stimm­te Din­ge ge­nau be­ach­ten. Ich wer­de dir im­mer die ent­spre­chen­den Hin­wei­se ge­ben.‹

Shi­ge­na­ga dreh­te sich zu mir um und sag­te fast ein we­nig fei­er­lich:

›Date Ma­sa­mu­ne hat mir mit­ge­teilt, dass er so­bald als mög­lich die­sen Um­stand ver­än­dern möch­te. Ich weiß es nicht ge­nau, aber ich ver­mu­te, dass er dich zu ei­nem Bus­hi mit ei­nem an­ge­mes­se­nen Rang ma­chen will. Doch dazu musst du un­se­re Spra­che schon ei­ni­ger­ma­ßen be­herr­schen, und zu­dem wird es erst in Sen­dai ge­sche­hen kön­nen.‹

›Sen­dai?‹

›Hab ich dir noch nichts von Sen­dai er­zählt?‹

Ich schüt­tel­te den Kopf.

›Oh, dann wird es Zeit, denn Sen­dai ist die Re­si­denz­stadt des Fürs­ten. Er hat vor vier­und­zwan­zig Jah­ren die­ses klei­ne Dorf dazu aus­er­ko­ren. Auf dem Hü­gel der grü­nen Blät­ter ne­ben dem Fluss Hi­ro­se ließ er sei­ne neue Burg er­rich­ten. Dass er die Er­laub­nis des Sho­gun be­kam, war eine große Ehre, denn fast al­len Dai­myos wur­de es un­ter­sagt, Bur­gen zu bau­en, und vie­le be­ste­hen­de Bur­gen wur­den zer­stört oder ih­rer Ver­tei­di­gungs­an­la­gen be­raubt.‹

Er schau­te mich er­war­tungs­voll an, um zu se­hen, wel­chen Ein­druck die­se Wor­te auf mich mach­ten. Doch ich wuss­te im­mer noch zu we­nig über die hie­si­gen Ver­hält­nis­se, um es auch nur an­nä­hernd ein­schät­zen zu kön­nen.

Ein we­nig ent­täuscht fuhr er fort:

›Nun, vor zwan­zig Jah­ren sind wir in Sen­dai ein­ge­zo­gen. Aber fast die Hälf­te der seit­dem ver­gan­ge­nen Zeit war der Fürst im Auf­trag des Sho­gun un­ter­wegs oder in Edo. Auch ich habe Sen­dai schon län­ger nicht mehr be­sucht und freue mich, es bald wie­der­zu­se­hen.‹

Sehn­süch­tig wan­der­te sein Blick in die Fer­ne.

›So­bald wir die Er­laub­nis be­kom­men, wer­den wir Edo ver­las­sen. Doch wer kann schon sa­gen, wann das sein wird.‹

Nach ei­nem kur­zen Schwei­gen setz­ten wir mit be­lang­lo­se­ren The­men un­se­re Un­ter­hal­tung fort, bis wir in den Ha­fen von Edo ein­lie­fen.

Das Schiff hat­te, seit es ge­sich­tet wor­den war, große Auf­merk­sam­keit er­regt, denn am Haupt­mast war das Wap­pen des Date-Clans ge­hisst. Die Men­schen am Kai deu­te­ten auf­ge­regt zum Schiff, und im­mer mehr Be­woh­ner ström­ten in den Ha­fen.

Als Date Ma­sa­mu­ne an Land ging, wur­de ihm ehr­er­bie­tig Platz ge­macht, und alle ver­neig­ten sich tief vor ihm. Er setz­te eine ziem­lich hoch­mü­ti­ge Mie­ne auf, die ich bis jetzt noch gar nicht an ihm wahr­ge­nom­men hat­te. Auch Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga ver­hielt sich ähn­lich, und die­se hoch­mü­ti­ge Art mach­te ihn für den Au­gen­blick ein we­nig un­sym­pa­thisch. Doch die Bli­cke, die er mir zu­warf, und die Zei­chen die er mir gab, lie­ßen mich er­ken­nen, dass es nur der Wah­rung der Stel­lung diente. Wie ver­ab­re­det, wur­de ich von den an­de­ren Be­glei­tern des Fürs­ten in die Mit­te ge­nom­men, so dass mich die Bli­cke der Neu­gie­ri­gen kaum er­reich­ten.

Zwei Trä­ger mit ei­ner Sänf­te und eine Es­kor­te eil­ten her­bei. In dem Mo­ment ver­stand ich erst, warum es so lan­ge ge­dau­ert hat­te, bis wir von Bord ge­gan­gen wa­ren. Der Fürst muss­te sich stan­des­ge­mäß zu sei­ner Re­si­denz in Edo be­ge­ben, wes­halb er die An­kunft der Sänf­te ab­war­te­te.

Nach­dem Date Ma­sa­mu­ne in der Sänf­te Platz ge­nom­men hat­te, setz­te sich un­ser Zug in Be­we­gung. Durch mei­ne Po­si­ti­on in die­ser Pro­zes­si­on konn­te ich fast nichts von der Um­ge­bung wahr­neh­men, und nach ei­ner Wei­le gab ich es auf, die Dä­cher der meist ein­stö­cki­gen Ge­bäu­de an­zu­star­ren.

Eine hal­be Stun­de moch­te der Marsch durch die en­gen Stra­ßen und Gas­sen ge­dau­ert ha­ben, als wir das nahe bei der Burg des Sho­gun er­bau­te fürst­li­che An­we­sen er­reich­ten. Wir folg­ten eine Wei­le dem Ka­nal, der die Burg­mau­er um­floss, und bo­gen schließ­lich in das An­we­sen des Dai­myo ein. Ma­sa­mu­ne ver­ließ die Sänf­te, wur­de von sei­nem Hof­staat emp­fan­gen, und der Zug lös­te sich auf. Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga kam zu mir und for­der­te mich auf, ihm zu fol­gen. Wir gin­gen auf ein nicht weit ent­fern­tes klei­ne­res Ge­bäu­de zu, und Shi­ge­na­ga er­klär­te mir, dass es sein Haus sei. Mit Stolz wies er dar­auf hin, dass er auf Grund sei­ner her­vor­ra­gen­den Stel­lung, die er bei sei­nem Herrn in­ne­hat­te, im An­we­sen des Dai­myo woh­nen durf­te, wenn er sich in Edo auf­hielt. Wir be­tra­ten das Ge­bäu­de durch einen mit vie­len Schnit­ze­rei­en ver­zier­ten Ein­gang, und ich wur­de in das Gäs­te­zim­mer ge­lei­tet. Dort ver­ließ er mich, um sei­ne An­ge­hö­ri­gen zu be­grü­ßen.

Ver­un­si­chert ließ ich mich in der Mit­te des Rau­mes in Me­di­ta­ti­ons­hal­tung nie­der, um zur Ruhe zu kom­men. Doch es dau­er­te nicht lan­ge, als eine jun­ge Frau die Tür öff­ne­te und mich durch Zei­chen bat ihr zu fol­gen. Wir be­ga­ben uns zu einen klei­ne­ren Ge­bäu­de, das als Ba­de­haus ge­nutzt wur­de. Dort be­fand sich ein großer Zu­ber mit war­mem Was­ser, und fri­sche Klei­dung lag für mich be­reit. Nach­dem mir mei­ne Be­glei­te­rin dies be­greif­lich ge­macht hat­te, ver­ließ sie mich, und ich be­gann mich aus­gie­big zu rei­ni­gen. Ein we­nig un­schlüs­sig stand ich vor der Klei­dung, doch ein­ge­denk der Er­fah­run­gen, die ich bei mei­ner An­kunft in Shao­lin ge­macht hat­te, leg­te ich sie an. Es war un­ge­wohnt, und ich hat­te ei­ni­ge Pro­ble­me da­mit. Un­schlüs­sig, was nun zu tun war, öff­ne­te ich die Tür, und so­fort er­hob sich die jun­ge Frau, die auf der klei­nen Ter­ras­se ge­war­tet hat­te. Mit ei­ner freund­li­chen Ges­te for­der­te sie mich auf, ihr zu fol­gen. Be­vor wir Shi­ge­na­gas Haus durch den Gäs­te­ein­gang wie­der be­tra­ten, zog sie ihre Reiss­troh­san­da­len aus. Ich folg­te ih­rem Bei­spiel, was sie mit ei­nem freund­li­chen Lä­cheln quit­tier­te. Mei­ne Be­glei­te­rin ging am Gäs­te­zim­mer vor­bei und ge­lei­te­te mich zum Emp­fangs­raum. Dort blieb ich, mei­ne Um­ge­bung mus­ternd, ste­hen. Mir ge­gen­über, am an­de­ren Ende des Rau­mes, saß mein Dol­met­scher auf ei­nem klei­nen Hocker, rechts ne­ben ihm ein jun­ger Sa­mu­rai und auf der an­de­ren Sei­te eine Frau mitt­le­ren Al­ters. Mit ihr hat­te er sich ge­ra­de un­ter­hal­ten, als er zu mir auf­blick­te.

Kurz auf­la­chend wink­te er mich zu sich he­r­an.

›Oje, ich muss dir wirk­lich noch viel bei­brin­gen und er­klä­ren.‹

Er deu­te­te auf einen Platz vor sich und for­der­te mich zum Sit­zen auf. Der jun­ge Mann ne­ben ihm mach­te ein er­staun­tes Ge­sicht, und sei­ne Hand zuck­te schon in Rich­tung sei­ner Schwer­ter. Ka­ta­ku­ra Shi­ge­na­ga be­merk­te es und wies ihn barsch zu­recht. Nach ei­nem kur­zen Wort­wech­sel wur­de ich ein we­nig freund­li­cher, doch for­schend ge­mus­tert. Der Herr des Hau­ses wand­te sich wie­der mir zu und sag­te:

›Du musst das Ver­hal­ten mei­nes Soh­nes ent­schul­di­gen, die­ser form­lo­se Um­gang mit ei­nem an­schei­nend dem nied­rigs­ten Stand An­ge­hö­ri­gen ist für ihn un­ge­wohnt. Ich habe ihm ge­ra­de er­klärt, dass du kei­nes­wegs das bist, was er ver­mu­tet. Nach mei­nen Er­klä­run­gen hält er dich jetzt für einen So­hei. So wer­den bei uns die Krie­ger­mön­che ge­nannt. Das kommt dem, was du bist, ja auch am nächs­ten, und vom Stand her ste­hen die­se Män­ner nur we­nig un­ter den Bus­hi. Ich habe ihm er­klärt, dass du Date Ma­sa­mu­nes und mein Le­bens­ret­ter bist. Aber ich glau­be, am meis­ten hat ihn be­ein­druckt, dass ich sag­te, dass du ein weit bes­se­rer Krie­ger bist als die meis­ten Sa­mu­rai, die er kennt.‹

Ich hol­te Luft und setz­te zu ei­ner Er­wi­de­rung an, doch er un­ter­brach mich.

›Ich weiß, dass du das nicht magst‹, fuhr er lä­chelnd fort. ›Aber du musst be­den­ken, dass bei uns an­de­re Wer­te gel­ten, und ich habe auf kei­nen Fall ge­lo­gen.‹

Da­mit war für ihn das The­ma ab­ge­schlos­sen, und er deu­te­te auf den jun­gen Mann.

›Also, das ist mein Sohn Yos­hi­mo­to‹, ich neig­te das Haupt vor ihm, und er grüß­te zö­gernd zu­rück.

Shi­ge­na­ga wand­te sich nach der an­de­ren Sei­te und deu­te­te auf die Frau.

›Und das ist sei­ne Mut­ter, mei­ne Kon­ku­bi­ne.‹

Auch sie be­grüß­te ich auf die glei­che Wei­se, und lä­chelnd neig­te sie den Kopf.

›Eine mei­ner Töch­ter hast du ja auch schon ken­nen ge­lernt‹, er deu­te­te zum Ein­gang und zeig­te auf die jun­ge Frau, die sich dort nie­der­ge­las­sen hat­te.

Ich wand­te mich um und ern­te­te eine höf­li­che Ver­beu­gung.

›Nun, in mei­nem Haus und wenn kei­ne an­de­ren Per­so­nen an­we­send sind, ist es nicht not­wen­dig, einen förm­li­chen Un­gang zu pfle­gen. Wir kön­nen so zwang­los wie auf dem Schiff mit­ein­an­der um­ge­hen, doch nun muss ich dich in ei­ni­gen Re­geln und Ri­tua­len un­ter­wei­sen.‹

Er sprach kurz mit sei­nen Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­gen, und nach­dem sei­ne Toch­ter uns Tee ge­reicht hat­te, ver­lie­ßen sie uns.

Als wir al­lein wa­ren, er­klär­te er mir, dass die­se drei die ein­zi­gen en­gen Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­gen sei­en, die sich in Edo auf­hiel­ten. Alle an­de­ren, dar­un­ter auch sei­ne Frau, be­fan­den sich in Sen­dai.

Nach die­ser kur­zen Ein­lei­tung be­gann er mich dar­über auf­zu­klä­ren, wie ich mich im An­we­sen des Dai­myo zu ver­hal­ten hät­te. Bei die­ser Ge­le­gen­heit setz­ten wir auch mei­nen Sprach­un­ter­richt fort. Das Er­ler­nen der ja­pa­ni­schen Spra­che ge­stal­te­te sich et­was leich­ter als der ers­te Sprach­un­ter­richt, den ich in mei­nem neu­en Le­ben be­kom­men hat­te. Zum einen lag es dar­an, dass mein Leh­rer dies­mal das Chi­ne­si­sche, in dem wir uns gut ver­stän­di­gen konn­ten, zur Er­klä­rung nutz­te. Zum an­de­ren fiel es mir sehr viel leich­ter, weil ich gleich­zei­tig sei­ne Ge­dan­ken­bil­der wahr­nahm. Das Wort hat­te also ein Bild oder bes­ser ge­sagt, eine Ge­stalt, wo­durch es sich mir bes­ser ein­präg­te.«

Traum oder wahres Leben

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