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Hohe Lagerungsbeständigkeit des Psilocybins
ОглавлениеDie Lagerungsbeständigkeit des Psilocybins im Pilzmaterial ist erstaunlich. Es konnte in einem Pilzexsikkat von anno 1869 aus einem finnischen Herbar noch 0,014% Psilocybin nachgewiesen werden. Eine Probe von 1843 enthielt allerdings kein Alkaloid mehr. Jedoch lässt sich die Art der Trocknung zu dieser Zeit natürlich nicht mehr feststellen. Temperaturen über 50 °C bewirken Zersetzungen des Psilocybins und seiner Derivate. In den Laborversuchen wurden bei Zimmertemperatur getrocknete Pilze oder auch gefriergetrocknete Fruchtkörper untersucht. Hier muss aber darauf hingewiesen werden, dass durch die poröse Struktur der gefriergetrockneten Pilze bei einer längeren Lagerung über Wochen und Monate bei 20 °C eine relativ schnelle Zersetzung der Alkaloide eintritt. Deshalb werden so hergestellte Exsikkate für Naturstoffanalysen bis zur Extraktion und Chromatographie bei −10 °C trocken aufbewahrt. In der nordamerikanischen Literatur wird unabhängig von den finnischen Ergebnissen erwähnt, dass die Zersetzung des Psilocybins in Psilocybe semilanceata im Vergleich zu den andern Arten am langsamsten erfolgte.
In letzter Zeit werden vereinzelt Mythen kreiert, die angeblich neuentdeckte toxische Wirkungen der Psilocybe semilanceata jenseits der bekannten psychischen Symptomatik suggerieren. So sollen Milligrammspuren von Phenylethylamin im Pilz vermehrt „bad trips“ im Vergleich zu reinem Psilocybin induzieren. Diese Annahme, die aus sehr limitierten und unvergleichbaren Literaturdaten abgeleitet wurde, wird schon daher entkräftet, dass selbst 1,6 g (!) Phenylethylamin im klinischen Versuch völlig ohne Wirkung blieben (Shulgin). Außerdem zeigten Auert und Mitarbeiter in einem detaillierten Artikel aus der Tschechoslowakei von 1980, dass beim kontrollierten klinischen Vergleich von Psilocybin mit Pilzmaterial gleichen Alkaloidgehaltes die Arten Psilocybe semilanceata und Psilocybe bohemica generell einen mehr meditativen Bewusstseinszustand erzeugten als die Reinsubstanz! (vgl. auch Kapitel 9). Wir haben außerdem nachgewiesen, dass eine angeblich tödliche Wirkung der Psilocybe semilanceata, mit vorher total konfuser Symptomatik in Frankreich, mit Sicherheit nicht von der Einnahme der Pilzart herrührte. Eine weitere, kurze Mitteilung aus Polen beschrieb neuerdings eine völlig atypische Wirkung der Pilzart, die hier sogar einen durch Psilocybin bedingten Herzinfarkt bei einem Achtzehnjährigen induziert haben soll. Abgesehen davon, dass hunderttausende Versuche in allen Altersgruppen bis hin zu neunzigjährigen mexikanischen Heilern mit 80-jähriger Pilzerfahrung mit verschiedensten Arten und Dosierungen nie solche Komplikationen erzeugt haben, wurde von den polnischen Forschern nicht einmal der Versuch unternommen, toxikologisch verschiedene mögliche Gifte wie z. B. Abkömmlinge des Amphetamins, Atropin oder analoge Arzneimittel im Sinne einer Mischvergiftung zu finden. Sofort wurden die Pilze als ursächliches Agens postuliert und man wird den dringenden Verdacht nicht los, dass jenseits der Wissenschaft unbedingt bedrohliche toxische Nebenwirkungen gefunden werden sollen, unter Vernachlässigung der ethnopharmakologischen und klinischen Forschung mehrerer Jahrzehnte (vgl. auch Absatz 7 u. 8).
Es ist sicher nur noch eine Frage der Zeit, bis die angeblichen Fenstersprünge nach LSD-Einnahme aus den sechziger Jahren journalistisch erneut reaktiviert und nun „modern“ auf die Pilze projiziert werden. Dies entgegen den pharmakologischen Eigenschaften, die eben kein Delirium à la Nachtschattengewächse beinhalten.