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Akkulturation und Denaturierung des deutschen Volkes

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Zahlreiche Texte beklagen und verdammen es, dass fremde Lehren das deutsche Volk verdorben haben. Die bekanntesten und schärfsten Beispiele zielen auf das Martyrium eines Germaniens, das als Opfer gewalttätiger, ja mörderischer Missionare dargestellt wird. Der Film Der ewige Wald, der 1935 vom Amt Rosenberg gedreht wurde, behauptet, dass es ein und dieselbe Axt war, die von Süden und aus Asien kommend die Bäume Sachsens fällte und in Verden die Köpfe abschlug, sodass aus dem grünen und reichen Germanien eine orientalische Wüste wurde.

Man muss von einem wahren „Golgatha des Nordens“ sprechen, von der Marter der germanischen Rasse, die wehrlos der Böswilligkeit und dem Hass der Juden ausgeliefert wurde. In einem Essay, der diesen biblischen Titel trägt,457 erinnert Werner Graul, einer der Bannerträger des „nordischen Glaubens“, an die Entstehung des Christentums, diese jüdische List, die erfunden wurde, um das römische Reich zu zerstören und die germanischen Völker der ganzen Erde zu unterwerfen. Nach einer Darstellung der Welteroberung durch das „Rom des Nordens“ wird Folgendes deutlich gemacht:

Auf leisen schleichenden Sohlen bahnte sich ein Christentum, von Juden erdacht, von Juden verbreitet, den Weg ins Herz der ewigen Stadt. In den Katakomben Roms fraß die Rache Jehovahs, bis die Säulen Jupiters stürzten und zu Kirchen verbaut wurden.458

Durch die Missionierung wurden die Germanen zu „geistig Beschnittenen“, sie „mußten zu Kreuze kriechen“, sich zum christlichen Glauben bekennen. Sie wurden überwältigt von der christlichen Gewalt, „ein jüdischer Werber des Christentums, der Rabbiner Paulus“459, verstand es, sie zu manipulieren. „Dieser Raffiniertheit der Rabbiner waren wir nicht gewachsen“460, denn die Germanen sind ja bekanntlich ein braves, leicht naives und allzu vertrauensseliges Völkchen. Sie erkannten nicht, dass die „Substanz der christlichen Lehre“ jüdisch ist: „Das Judentum ist der Same, das Christentum ist die Frucht. […] Das ist keine artgemäße Religion für den deutschen Menschen.“461

Die (jüdisch-) christliche Grausamkeit richtete sich insbesondere gegen die Frauen. Man kennt die „Hexenjagd“, die Zehntausende von Opfern forderte in einem germanischen Raum, der Religionskriegen, eschatologischen Ängsten und im 16. Jahrhundert der Zerreißprobe von Reformation und Gegenreformation preisgegeben war. Im Jahr 1935 beschließt ein nie um eine geniale Idee verlegener Himmler, einem eher abseitigen Forschungsprojekt beträchtliche Mittel zur Verfügung zu stellen: neun Jahre lang, bis zum Sommer 1944, wird der „Sonderauftrag Hexen“ 14 Forscher auf Vollzeitstellen beschäftigen. Ihr Auftrag ist es, 260 Bibliotheken und Archive zu durchforsten, um die Frauen aufzulisten, die christlichem Fanatismus zum Opfer fielen. In diesen neun Jahren werden 34.000 Karteikarten erstellt, die fein säuberlich in 37 Punkten (Ort, Verhaftungsgrund, Folterpraktiken, Namen der Denunzianten und Folterknechte etc.) das Geschehen in 3.621 deutschen Städten und Ortschaften festhalten. Das Projekt unter Leitung von SS-Sturmbannführer Rudolf Levin, der den Doktortitel mit einer Arbeit zum kaum überraschenden Thema der positivistischen Methode in der Geschichtswissenschaft erwarb, war ein geheimes Unterfangen: Die Forscher erhielten falsche Identitäten und einen gefälschten Forschungsauftrag. Es handelt sich ausschließlich um Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes (SD) der SS in der Abteilung Gegnerforschung, die sich mit Juden, Freimaurern und dem politischen Katholizismus befasst. Genau darum geht es ja: um das Sammeln von Zeugnissen, die das Christentum schwer belasten, indem sie – keineswegs zufällig – dessen entfesselte Barbarei gegen Frauen, die Urmütter und die Zukunft der nordischen Rasse, beweisen. Dieses Massaker an (mindestens) 34.000 Frauen bezeichnet für die SS den Ausrottungswillen, die hartnäckige Bosheit und den Hass der Christen (sprich: der Juden). Diesen genügt es nicht, die nordischen Frauen in Form der Rassenschande zu besudeln, was sie unrein macht und unfähig zur Hervorbringung reiner Arier, nein, sie liefern sie auch an die keuschen Priester aus und sorgen so auch für ihre Ermetzelung. Den Vergleich oder, besser gesagt, die Gleichsetzung von jüdischem Geschlechtsverkehr mit christlichen Frauen und der Hexenverfolgung besorgt ein anderer SS-Mann, und zwar Richard Walther Darré höchstpersönlich: „Die jüdische Entweihung der deutschen Frau entspricht den kirchlichen Hexenverfolgungen, beides hat einen gemeinsamen geistigen Vater: Jahwe!“462, diesen fremden orientalischen Rachegott, den Gott der Bartträger, der aus der Wüste kam, um das Europa der Wälder und Seen zu verwüsten.

Nach seinem Abschluss soll das Projekt öffentlich gemacht werden, denn es geht ja darum, wie Himmler selbst sagt, das zu zeigen: „Die ganze Tendenz des Christentums = die absolute Vernichtung der Frau“,463 insbesondere der arischen Frau. Himmler erwägt, einen Film zu diesem Thema drehen zu lassen, und Rudolf Levin lässt an der Universität München ein entsprechendes Habilitationsthema eintragen. Der Ertrag dieser riesigen Arbeit entspricht weder den Erwartungen noch den dafür bereitgestellten Mitteln. Himmler hoffte, dass die Folterknechte im Wesentlichen Kleriker und Juden wären, aber die peinlich genaue und ehrliche Arbeit dieser buchhalterisch arbeitenden Historiker führt lediglich zu folgender traurigen Feststellung: Es sind vor allem brave langschädlige Bauern, die blindwütig die armen Hexen bekämpften. Mit ein wenig Phantasie hätte Himmler gleichwohl die christliche Kultur schuldig sprechen können, die er sonst ja so gerne schmäht, aber in seiner Eigenschaft als guter Polizist wollte er vor allem die Namen von Mönchen und von Priestern sehen. Angesichts dieses Fiaskos beschließt der Reichsführer SS im Sommer 1944 das Ende des Sonderauftrags, und Rudolf Levin wird nicht habilitiert. Die 34.000 Akten werden Jahrzehnte in polnischen Archiven in der Nähe von Posen schlummern, bis sie schließlich von Mittelalterhistorikern entdeckt werden, die sich seither gerne mit ihnen befassen.464

Andere Texte verurteilen spätere verheerende Taten des Christentums. Dies gilt etwa für die Untersuchung von Manfred Werner zur Missionierung Grönlands im 18. Jahrhundert. Für den Autor stellt diese fast gänzlich von der Außenwelt isolierte Insel ein hervorragendes Versuchsfeld dar, an dem sich aufzeigen lässt, wie die christliche Kultur ein noch im Naturzustand lebendes Volk beschädigt, von sich selbst entfremdet. Indirekt geht es natürlich um die Beschreibung der weitaus älteren verheerenden Auswirkungen des Christentums auf germanischem Gebiet. Diese Untersuchung mit dem Titel Natur und Sünde465 zeigt den unnatürlichen Charakter des Begriffs Sünde, dieses Unheil bringenden Kunstprodukts böswilliger Priester. Der Untertitel, Eine Studie zu der angeblichen anima naturaliter christiana an Hand der grönländischen Missionsgeschichte, stellt eine Erwiderung auf alle Theologen dar, die in Nachfolge von Tertullian behaupten, dass die Seele in ihrem ursprünglichen Zustand von Natur aus christlich sei. Der Autor betont hingegen, dass die Christianisierung eine Denaturierung ist, eine Entfremdung des Menschen von sich selbst und seiner Natur, da sie ihn von seinen Ursprüngen loslöst. Die anima christiana ist nicht nur ein Kunstprodukt, sondern vielmehr ein Gift, das seine Opfer gerade dadurch kriminell werden lässt, dass es ihnen ein Bewusstsein des Verbrechens einimpft.

Als ursprüngliches Eingeborenenvolk leben die Grönländer nunmehr in einem Zustand der Verwirrung hinsichtlich der Welt und ihrer selbst: „Der alleinige Grund, weshalb diese Menschen nichts von Sünde wissen, ist ihr völliges Geborgensein im Natürlichen, von dem sie selber ein Stück sind.“466 Als „Naturkinder(n), die keine Kluft zwischen Leben und Glauben kennen, denen das Leben selbst in allen seinen Äußerungen Religion ist“467, waren die Grönländer leichte Beute für die Missionare, die gekommen sind, ihnen „die Lehre von der Erbsünde, der Verlorenheit des Menschen und der Erlösung durch das Leiden Jesu Christi fest einzuprägen“468. Dementsprechend verbreiten sie die Lehre von der Sündhaftigkeit der Welt und der Verdammung des Menschen, und von da an ist die bisherige einfache, reine und unmittelbare Beziehung der Grönländer zur Natur gestört. Diese Botschaft hat sie geschwächt, ihrer „Natursicherheit“ beraubt. Sie ruhen „nicht mehr im Ganzen alles Lebendigen“469. Werner fasst seine Überlegungen in einer scheinbaren Tautologie zusammen: „Erst das Wissen von der Sünde macht den Menschen zum Sünder.“470 Damit ist nicht gemeint, dass ein ihm bislang unbekanntes Übel ihm nun bewusst wird. Vielmehr ist der Mensch nun durch die Botschaft von der Verdammnis verletzlich geworden, von der Natur abgeschnitten und dazu angehalten, seine Triebe und Instinkte zu verdrängen. Dergestalt denaturiert, versinkt er im Leid eines unglücklichen Bewusstseins oder wird zum Perversen, der nun tatsächlich Böses tut:

Einst ließ das Verwachsensein mit allem Natürlichen das Widernatürliche nicht werden. Dann kamen die Fremden mit ihrem Sündenevangelium und beschmutzten die reine Natur, die von Sünde nichts wusste. Sie predigten diesen neuen Begriff, der sich an den Untermenschen in uns wendet.471

Während der Völkerkundler Werner sich für Grönland interessiert, befasst der Schriftsteller Will Vesper sich mit Island. 1931 legt er mit Das harte Geschlecht 472 einen Roman über die Missionierung der Insel vor, der „am 9.5.1933 im Völkischen Beobachter als ‚blutsatt durchtränkter Nordlandroman‘ gelobt“473 wird, ein bemerkenswerter Roman, der zeigt, wie diese gefährlichen Germanen gezwungen werden, einer jüdischen Religion anzuhängen.

Man hat den Germanen die Angst vor der Sünde eingeimpft und ihnen fremde Lehren gepredigt. Dadurch hat man sie glauben gemacht, sie wären unmoralische Rohlinge, die erst durch das jüdische Gesetz, durch die von den Missionaren mitgebrachten Zehn Gebote, zivilisiert worden sein. Dabei ist sichtlich das glatte Gegenteil eingetreten und geht unter dem Einfluss christlicher Erziehung weiter in jedem Herzen, in jedem Bewusstsein und jedem Gewissen vonstatten. Es ist höchste Zeit, so schreibt Friedrich Berger, einer der Prediger der germanisch-religiösen Erneuerung, aus dem „Bannkreis vorderasiatischen Denkens“474 zu treten. Man darf nicht länger denken, „wenn wir auf das alte Testament und damit auch auf die 10 Gebote verzichten würden, dann hätte ja unser sittliches Leben keine Normen mehr, keine Richtmaße […]. Man traut hier in der Tat dem deutschen Menschen und dem nordischen Blut sehr wenig zu. […] Ohne die jüdischen Gesetzestafeln, meint man also, hätten wir unser gegenwärtiges sittliches Dasein nicht gestalten können“475. Dabei waren die alten Germanen sittlicher als die Juden. „Darüber hinaus ist sogar nachgewiesen, dass das, was uns in den Zehn Geboten als gültig anspricht, von den Juden entlehnt wurde aus einem altarischen Neungebot.“476 Diese Gebote, so schreibt Rosenberg, sind die Vorläufer derjenigen von Moses, so wie auch die Schrift und die Zivilisation des Nordens vor denen des Orients da waren: „Er spricht von der Entdeckung, ‚daß das 10-Gebote-Gesetz eine Umformung eines positiver gehaltenen 9-Gebote-Systems eines arischen Menschentums darstellte‘477. Die Mär von den neun Geboten findet sich allerdings nicht nur bei Rosenberg; dieser bezog sie vielmehr von Wilhelm Erbt, einem der wortreichsten Vertreter der „Deutschen Christen“.478

Was Werner und Vesper zu Grönland und Island sagen, stellt der künftige Jenaer Professor für nordische Sprache und Kultur Bernhard Kummer ausführlich in Midgards Untergang479, seiner Dissertation, am Beispiel Germaniens dar. Wie der Untertitel sagt, befasst er sich dort mit germanischem Kult und Glauben in den letzten heidnischen Jahrhunderten. Er beschreibt ein verlorenes Paradies und liefert zugleich, insbesondere in Kapitel 19, eine kompromisslose Anklageschrift gegen die christliche Überfremdung. Kummers Argumentation lautet, kurz gefasst, so: Die Sünde ist es, die die Sünde hervorbringt. Die Sünde spricht Verbote aus, errichtet Hindernisse und problematisiert, was zuvor selbstverständlich war. Damit untersagt sie jeglichen unmittelbaren Bezug zum eigenen Selbst, zu seinem Körper, zur Natur und zum anderen. Jede Beziehung wird dadurch verdorben, dass sie für sündhaft erklärt wird. Die frühere unmittelbare und unschuldige Beziehung zum Körper bezeugt etwa „das von Caesar […] erwähnte gemeinsame Baden der Geschlechter“480. Dieser Usus störte niemanden, vielmehr machten erst die christlichen Körpertabus diese gesellschaftlichen Praktiken zu Problemen, da sie aus den Körpern sündhafte, verbotene Objekte und das bedeutet Objekte des Begehrens machten. Mit seiner widernatürlichen Prüderie erschuf das Christentum, das zu sehr darauf aus war, Engel zu erschaffen, letztlich Tiere: „Die ‚nach Wollust gierigen Augen’ brachte der Süden mit. Sie sind im nordischen Heidentum nicht nachweisbar […]. Das missionierende Christentum löst bei den Bekehrten die Prostitution und einen Sumpf sexueller Entartung aus.“481 Kummer streitet ab, dass das Christentum vermeintliche heidnische Laster ausgerottet und damit die Tugend befördert habe, ganz im Gegenteil:

Die Sittenlosigkeit im Geschlechtsleben ist also kein ererbter Altbesitz, den das Christentum mühsam ausrotten muss, es ist vielmehr ein Neuerwerb aus der Zeit der Bekehrung […]. Erst wo Natur Sünde heißt, blüht aus der Heimlichkeit des Verbotenen Erotik auf.482

Die verhängnisvolle Scheidung zwischen Diesseits und Jenseits, Körper und Seele, Materie und Geist war den Germanen fremd. Es mussten erst asketische Geister aus dem Orient kommen, um diese Krankheit in Europa einzuschleppen und den entfremdeten, seiner inneren Natur beraubten Germanen ins Unglück zu stürzen:

Das Christentum bringt die Voraussetzung vom sündigen Fleisch […]. Jede feindliche Trennung aber von Leib und Seele ist dem heidnischen Germanen fremd, wie sie dem klassischen Griechen und wie sie Goethe fremd war.483

Wie es griechische Kunst und Kultur oder eben das Werk von Goethe beweisen, ist das ewig Germanische ein Feind dieser Importe aus dem Orient:

Das Ideal der Abtötung des Leibes zugunsten der Seele, der Begriff vom Leib als Kerker der Seele hat im germanischen Siegfried einen noch viel unversöhnlicheren Gegensatz als im griechischen Apoll.484

Juden und Priester, diese Menschen des Südens, misstrauten Sinnen und Affekten wohl deshalb, weil „dieselben Sinne und Triebe, die in der Treibhausluft des Südens“ verderblich wirkten, „im Norden zur Zeit der Bekehrung noch ihren natürlichen Dienst als lebenszeugende Kräfte“485 taten, in aller Ruhe und Mäßigung. Mehr aber als dieser Klima-Unterschied war es destruktive Absicht, die die Juden-Christen dazu veranlasste, die Sinne und den Körper zu verdammen. Die Sünde war eine fürchterliche Waffe, deren sich die Priester weidlich bedienten, um die germanischen Völker zu unterjochen: „So musste also die Sünde erst bekannt und ihre Herrschaft fühlbar werden, ehe der Wunsch nach Erlösung Christen machen konnte.“486 Das Christentum hat Werten und Tugenden wie der Jungfräulichkeit und der sexuellen Enthaltsamkeit zur Geltung verholfen, die nichts wert sind: „Im heidnischen Norden hat kein Mensch ein Verständnis für das Verdienst der Jungfräulichkeit und für die besondere Reinheit jungfräulicher Mutterschaft gehabt.“487 Derartige Dogmen sind abwegig, ergeben sich aber logisch aus dem zuvor Gesagten.

Das Christentum hat alles verdorben: Die Liebe musste „verteufelt und durch den Reiz des Verbotenen, durch die Erotik zur wahrnehmbaren Sünde werden. Die altnordische Sagaliteratur ist frei von Erotik.“488 Daher ist festzuhalten: „Erotik und römisch-mönchisches Christentum kommen und siegen gemeinsam. Es sind Landsleute. Das gilt auch für die Gegenwart.“489 Erst das Christentum ruft also die Perversion ins Leben, denn es würdigt die Natur zu verabscheuenswürdiger Sünde herab und verhindert dadurch den unmittelbaren Ausdruck des Begehrens.

Das Gesetz des Blutes

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