Читать книгу Dorfgeschichten aus Niederbayern - Johann Eckerl - Страница 10

„Wenn einer nicht so viel redet, dann hat man auch Zeit, drüber nachzudenken, was er einem sagen möcht‘!“

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Es war vor ungefähr zwei Wochen, da war der Saumberger Xaver beim Arzt. Nicht, dass ihm was gefehlt hätte, aber seine Hilde hatte gemeint, dass es wieder an der Zeit wäre, den Herrn Doktor Maurer zu konsultieren. Wegen der Vorsorge und so – obwohl der Xaver immer meint, dass es das nicht brauche, weil er der Entsorgung eh schon näher als der Vorsorgung sei.

Es war dann auch so, dass der Herr Doktor Maurer ganz zufrieden war mit dem Zustand vom Xaver. Er hatte ihn zwar noch in den dünnen Arm gestochen, um ihm Blut abzunehmen, aber der Doktor war sich auch ohne Blutuntersuchung schon sicher, dass dem Xaver nichts fehlen würde. Nur das Rauchen sollte er aufhören, dann würde er mindestens zehn Jahre länger leben. Aber das sagte der Doktor Maurer jedesmal zum Xaver.

Nach der erzwungenen Untersuchung ging er mit dem Vitus noch auf eine Halbe Bier zum Kirchenwirt. Weil immer wenn ihm der Doktor Maurer Blut abgenommen hat, dann muss er das ja wieder auffüllen. Und da hilft eine Halbe Bier am besten, war sich der Xaver sicher.

„Und? Passt alles?“, fragte ihn der Vitus.

„Sowieso!“, antwortete der Xaver ausführlich und bestellte sich beim Fritz ein Bier.

„Der Doktor meint halt immer, dass ich das Rauchen aufhören soll! Aber das hat er vor dreißig Jahren auch schon gemeint!“

Wenn er mit dem Vitus alleine ist, dann redet der Xaver oft ein bisschen mehr als sonst. Weil den Vitus kennt er ja schon lange und der Vitus redet auch nicht so viel. Darum hat er ihm das auch erzählt, was der Doktor sonst so gesagt hat. Und weil ihm der Vitus dann Zeit gelassen hat noch ein wenig weiterzureden, meinte der Xaver:

„Weißt, Vitus, manchmal in der Früh, nach dem Aufstehen, da frag‘ ich mich schon, ob nicht der Husten vielleicht vom Rauchen kommt!“

Jetzt sagt der Vitus auch wieder was:

„Ja, dann hör halt auf mit dem Rauchen!“

Und da musste der Xaver schon nachdenken. Denn dass ein Doktor so was sagt, das ist ja ganz normal. Weil der muss das ja sagen. Aber dass sein Freund der Vitus das sagt, das war jetzt schon wichtig.

Der Vitus ist mit seinen sechsundsiebzig Jahren ja schon drei Jahre älter als der Xaver. Und weil er immer schon drei Jahre älter war als der Xaver, war er für den Xaver auch immer so was wie ein großer Bruder.

„Ich hab das seinerzeit so gemacht,“ erklärte der Vitus dem Xaver, wie er das Rauchen aufgehört hat, „ich hab alles, wobei ich sonst immer geraucht habe, erst einmal nicht mehr gemacht.“

Der Vitus war sich nämlich sicher, dass das Rauchen etwas mit dem Hirn zu tun hat, „weil, wenn dein Hirn merkt, dass jetzt was ist, wo es noch nie einen Rauch gebraucht hat, dann braucht‘s ihn auch jetzt nicht!“

Der Vitus merkte am Xaver seinem Schauen, dass der das jetzt nicht verstanden hatte.

„Schau, Xaver, ich hab immer zum Kaffee eine Zigarette geraucht. Dann hab ich auf einmal keinen Kaffee mehr getrunken, sondern einen Tee. Und da hat mein Hirn gemeint: ‚He, das ist ja ein Tee. Da braucht‘s ja gar keinen Rauch dazu!‘, weißt, wie ich mein‘?“

Der Xaver war gerade so mit Nachdenken beschäftigt, dass der Vitus noch weiterreden durfte:

„Oder ich bin in den Wald hinausgegangen und mein Hirn hat gemeint: ‚Eha, da hab ich ja noch nie einen Rauch gebraucht! Dann braucht‘s ihn auch jetzt nicht!‘“

Und weil der Vitus gemerkt hat, dass der Xaver immer noch nicht mit dem Denken fertig war, hat er weitererzählt:

„Am Anfang hab ich mich sogar ein paar Tage ins Schlafzimmer eingesperrt, weil dort hab ich auch nie geraucht. Die Elfriede selig hätte das nämlich gar nicht gemocht!“

Dann blieb es still am Tisch. Die beiden prosteten sich zu und nahmen einen kräftigen Schluck aus dem Bierglas.

Auf dem Nachhauseweg war der Xaver alleine mit sich und der Vorstellung, wie seine Hilde sich freuen würde, wenn er nicht mehr rauchen täte. Aber so ganz verstanden hatte er den Vitus noch nicht. Weil im Wald, da hat der Xaver schon immer geraucht und ins Schlafzimmer möchte er sich nicht einsperren lassen. Und einen Tee, den mag er nicht. Außer, wenn es ihm ganz kalt ist, dann trinkt er auch mal einen Tee – und raucht eine Zigarette dazu. Da würde sein Hirn dann auch nicht verstehen, warum es keinen Rauch mehr brauchen sollte. Der einzige Ort, wo er tatsächlich noch nie geraucht hat, das wäre unter Wasser – oder auf einem Baum.




Dorfgeschichten aus Niederbayern

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