Читать книгу Der Talisman. Posse mit Gesang in drei Akten - Johann Nestroy - Страница 11
[12]Fünfte Szene
ОглавлениеTitus Feuerfuchs tritt während des Ritornells des folgenden Liedes erzürnt von rechts vorne auf.
Lied
1.
Der hat weiter nit g’schaut,
Beinah hätt ich ’n g’haut;
Der Spitzbub, ’s is wahr,
Lacht mich aus weg’n die Haar’!
Wen geht’s denn was an,
Ich hoff doch, ich kann
Haar’ hab’n, wie ich will,
Jetzt wird’s mir schon z’ viel!
Rote Haar’ von ein’ falschen Gemüt zeig’n soll’n?
’s is ’s Dümmste, wann d’ Leut nach die Haar’ urteil’n woll’n.
’s gibt G’schwufen g’nug mit ein’ kohlrab’nschwarzen Haupt,
Und jede is ang’schmiert, die ihnen was glaubt;
Manch blondg’lockter Jüngling is beim Tag so still
Und schmachtend – warum? Bei der Nacht lumpt er z’ viel!
Und mit eisgraue Haar’ schaun die Herrn aus so g’scheit
Und sein oft verruckter noch als d’ jungen Leut!
[13]Drum auf d’ Haar’ muss man gehn,
Nachher trifft man’s schon schön.
2.
(Drohend in die Szene blickend, von woher er gekommen.)
Mir soll einer traun,
Der wird sich verschaun,
Auf Ehr, dem geht’s schlecht,
Denn ich beutl’ ihn recht;
Der Kakadu is verlor’n,
Wenn ich in mein’ Zorn
Über d’ Haar’ ein’ kumm,
Der geht glatzkopfet um.
Die rothaarig’n Madeln, heißt’s, betrüg’n d’ Männer sehr;
Wie dumm! Das tun d’ Madeln von jeder Couleur.
Die schwarz’n, heißt’s, sein feurig, das tut d’ Männer locken,
Derweil is a Schwarze oft d’ fadeste Nocken.
Die Blonden sein sanft? Oh! A Blonde is a Pracht!
Ich kenn eine Blonde, die rauft Tag und Nacht.
Doch mit graue Haar’ sein s’ treu, na, da stund man dafur,
Nit wahr is, die färb’n sich s’ und geb’n auch keine Ruh –
Drum auf d’ Haar’ muss man gehn,
Nachher trifft man’s schon schön.
[14] So kopflos urteilt die Welt über die Köpf, und wann man sich auch den Kopf aufsetzt, es nutzt nix. Das Vorurteil is eine Mauer, von der sich noch alle Köpf, die gegen sie ang’rennt sind, mit blutige Köpf zurückgezogen haben. Ich hab meinen Wohnsitz mit der weiten Welt vertauscht, und die weite Welt is viel näher, als man glaubt. Aus dem Dorngebüsch z’widrer Erfahrungen einen Wanderstab geschnitzt, die Chiappa-via-Stiefeln angezogen und ’s Adje-Kappel in aller Still geschwungen, so is man mit einem Schritt mitten drin in der weiten Welt. – Glück und Verstand gehen selten Hand in Hand – ich wollt’, dass mir jetzt ein recht dummer Kerl begegnet’, ich sähet das für eine gute Vorbedeutung an.