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Wie erfolgt die Feststellung von Hochsensibilität?

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Da es sich nicht um einen Krankheitswert handelt, sind die Möglichkeiten der Feststellung beschränkt. Diagnostik und Messverfahren existieren dafür nicht. Aus einigen Untersuchungen ist aber bekannt, dass bei Hochsensibilität der Hormonspiegel verändert ist. Im Gehirn lassen sich erhöhte Werte des Stresshormons Noradrenalin nachweisen. Das Stresshormon Cortisol ist ebenfalls erhöht im Körper nachweisbar.

Jedoch können folgende Verhaltensweisen darauf hinweisen, ob jemand betroffen ist:

 Große Lautstärke wird abgelehnt

 Geschwindigkeit und Höhe machen Probleme

 Neues wird nur schwer akzeptiert

 Bewegungsabläufe sind langsamer und vorsichtig

 Gemeinschaft mit anderen fällt schwer

 Alle festen Strukturen werden gut angenommen

 Körperliche Maßnahmen, wie Nägel schneiden oder kämmen werden als unangenehm und schmerzhaft empfunden

Kinder mit diesen Merkmalen gehören in die Gruppe der Hochsensiblen. Eltern sollten das so akzeptieren und dem Kind helfen, seine Besonderheit nicht als Last zu empfinden.

Welche alltäglichen Beispiele weisen auf Hochsensibilität hin?

Jungs sind doch richtige Kerle und können schon einiges wegstecken, ohne Weinen und Zetern, richtig? Auf einige Jungs mag das zutreffen, jedoch gilt dies längst nicht für alle. Einige leiden geradezu mit, wenn sich ein Spielkamerad verletzt hat. Das Bett voller Kuscheltiere? Auch bei Jungs geht das so. Nur wenn die Mutter einen Waschtag für die ganzen Bettnachbarn ansetzt, dann ist richtig schlechte Stimmung. Die geliebten Kuschelchen in der Waschmaschine zu sehen, geht über die Kraft hochsensibler Kinder hinaus.

Wenn zwischen den Eltern ungelöste Probleme bestehen, spüren diese Kinder das in erhöhtem Maße. Die Stimmung ist für sie körperlich zu spüren und das belastet sie sehr. Schnell sind sie als Sensibelchen abgetan und das bedrückt dann zusätzlich die Freundschaften, die ohnehin nur schwerlich aufgebaut werden können. Eine Außenseiterstellung ist bei ihnen meist vorprogrammiert, aus der sie nicht heraus können. Die Feinfühligkeit, die manch anderen Kindern fremd ist, macht sie zu Muttersöhnchen, die extra gehänselt werden. Die Eltern sind gut beraten, wenn sie dem Kind Erfolgserlebnisse ermöglichen. Es müssen nicht alle Jungs unbedingt Fußball spielen. Einzelkämpfer, wie Tennisspieler oder Radrennfahrer brauchen nicht unbedingt den Mannschaftsgeist für ihre sportlichen Erfolge. Die Rolle des männlichen Geschlechts sieht nicht vor, dass hochsensible Jungs als echte Kerle angesehen werden.

Die Anpassung an die Gesellschaft ist schwierig und oft wird ein Rückzugsweg gesucht, um dem Druck zu entgehen. Die Vermeidung von großen Menschengruppen ist an der Tagesordnung und viele und enge Kontakte lassen Betroffene gar nicht erst entstehen.

Durch die höhere Belastung des normalen Erlebens alltäglicher Dinge sollten Hochsensible mehr Pausen in den Alltag einzubauen. Die kurze Erholungszeit ist für den langen Arbeits- oder Schultag notwendig, bevor weitere Eindrücke aufgenommen werden müssen. Das ganz normale Leben lässt sich nicht fernhalten, wohl aber gut organisieren.

Hochsensible Kinder sind schon früh dabei, ihre Entscheidungen vorab genau zu überprüfen. Diese Eigenheit bleibt bis in das Erwachsenenalter erhalten. Ihre sehr zögerliche Haltung und die Einbeziehung aller möglichen Umstände in ihre Entscheidungen auf allen Ebenen, macht sie schnell zu Zauderern in den Augen der anderen. Andererseits sind die gut durchdachten Entscheidungen in der Regel richtig.

Die Aufnahme der vielen verschiedenen Reize im Alltag versetzt Hochsensible schnell in eine unangenehme Stresssituation. Die Aufregung verursacht den Anstieg des Cortisolspiegels, der wesentlich schneller ansteigt und auch langsamer wieder absinkt. Das bedeutet, dass die Stresslage lange anhält. Dauerstress verursacht dann Schlafstörungen, das Gefühl der Überbelastung, Grübeleien und Depressionen. Es hilft ihnen nur, wenn immer wieder Pausen eingelegt oder Techniken für den Stressabbau eingesetzt werden.

Die körperliche Empfindsamkeit ist ebenfalls auf einem erhöhten Level angelegt. Schmerzen sind schneller und stärker zu spüren. Solche Umstände veranlassen die Hochsensiblen oft zum Rückzug. Das Alleinsein und die langsame Verarbeitung der vielen Sinneseindrücke sind ihnen wichtig. Allerdings besteht die Gefahr, dass dies zu häufig und zu ausgiebig erfolgt. Der soziale Rückzug hat dann Folgen, die nicht sofort spürbar werden, aber mit der Zeit ist eine Vereinsamung möglich.

Die Fähigkeit zur Empathie und das sogar in einem sehr hohen Maß, hat ebenfalls einige Tücken in sich. Die ständige Erwartungshaltung birgt die Angst vor Enttäuschung. Das Gespür für die entstehende Verunsicherung, ob die Erwartungen erfüllt werden können, entsteht durch die hohe Anspruchshaltung an sich selbst. Die eigenen Maßstäbe liegen sehr hoch angesetzt und demzufolge ist die Nichterfüllung von Erwartungen schnell geschehen. Der Stress, dem sie sich ausgesetzt fühlen, hemmt die volle Entfaltung aller Möglichkeiten. Insofern schaden sie sich selbst. Die Folgen am Arbeitsplatz können dadurch problematisch werden. Die fatale Selbsteinschätzung beruht allerdings auch auf den Erfahrungswerten. Da sie ja teilweise als Außenseiter gelten und auch so behandelt werden, stellen sie sich auf Niederlagen schneller ein. Das mangelnde Selbstwertgefühl bekommt einen weiteren Schub nach unten.

Hochsensible Menschen

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