Читать книгу Tausend Arten von Regen - Johanna Zimmermann - Страница 7
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Abends schlüpfte ich wieder in die Küche und wusch die Teller. Einen nach dem anderen ließ ich ins heiße Wasser gleiten, um sie anschließend gründlich trocken zu reiben, eine so monotone Aufgabe, dass ich nebenbei den neuesten Roman von Dana Jemerson lesen und gleichzeitig mit Neela über die Gäste reden konnte. Sie saß quer auf der Küchentheke und nahm die fertigen Teller an, um sie ins Regal zu stellen. Neela war die einzige von uns dreien, die das kupferrote Haar unserer Mutter geerbt hatte, genau wie ihr weiches Lächeln und die dunklen, starken Augenbrauen. Beven und ich hatten dunkelbraunes Haar, das, so vermuteten wir insgeheim, von unserem Vater kommen musste. Die Erinnerungen an ihn jedoch waren vor meinen Augen längst nur noch ein verblasstes Bild, das ich nicht mehr von der Realität zu unterscheiden vermochte. Er hatte meine Mutter verlassen, als sie mit Beven schwanger wurde und war, laut der Legende, welche sich um unseren Erzeuger rank, einige Jahre später noch einmal nach Doolin zurückgekehrt. Er versprach meiner Mutter sie nicht mehr allein zu lassen und für einen einzigen Abend in einem schäbigen Hotelzimmer, von dem ich erst erfuhr, als ich älter war, hielt sein Versprechen. Dann war er verschwunden, bevor meine Mutter nur erahnen konnte, dass in ihr ein weiteres neues Wesen heranwuchs, welches einmal zu einem Ebenbild ihrer selbst werden sollte.
„Lorna?“, mit einem unsicheren Lächeln riss Neela mich aus meinen Gedanken. Ich sah sie fragend an und reichte ihr den nächsten Teller. „Kannst du mir noch eine Flasche Cola aus dem oberen Regal geben?“. Mit gerunzelter Stirn trocknete ich meine Hände im Geschirrtuch ab und streckte mich, um ans Regal zu gelangen. „Eigentlich nicht mehr so spät“, sagte ich und gab sie ihr dennoch. „Danke, bitte sag’s nicht Mom“, erwiderte sie und schenkte sich in eine der frisch gewaschenen Tassen ein. „Nein, ist schon in Ordnung, aber trink nur eine Tasse, okay?“, sagte ich. Sie nickte, während ich die Flasche wieder auf das Regal hinaufschob. „Gehst du schlafen?“, fragte ich dann nach einem Blick auf die Uhr. „Hm“, wieder nickte sie stumm und leerte die Tasse mit einem Zug. „Mach ich, gute Nacht“, murmelte sie, dann rutschte sie von der Theke und schlurfte um die Kochinsel herum zur Tür, als es mit einem Mal an der Fensterscheibe klopfte und ein großes Gesicht mit neugierigen Augen hindurch blinzelte. Klirrend ließ ich den letzten Teller zurück ins Spülbecken fallen und lief hinüber zum Fenster, um es zu öffnen.
„Herrje, was machst du denn hier?“, rief ich aufgeregt, als ich endlich Paula erkennen konnte. Wie am Morgen, waren ihre langen Haare nass und klebten an ihren Wangen. Sie rang nach Luft, als sie vorsichtig über die Theke in die Küche kletterte. „Warte…, kann ich was zu Trinken haben?“, fragte sie und ließ sich auf einen hölzernen Hocker vor dem Kühlschrank fallen. Neela, die das Geschehen gebannt beobachtet hatte, sprintete zurück in die Küche und machte ihr ein Glas mit Orangensaft, das Paula dankend entgegennahm. „Alles ok mit dir?“, fragte sie besorgt und verschränkte die Arme. „Ich mach das schon, geh‘ jetzt ins Bett“, sagte ich und warf ihr einen strengen Blick zu. „Okay“, stammelte Neela, dann stellte sie die Packung Orangensaft wieder zurück und lief die Stufen zu ihrem Zimmer hinauf.
„Es ist gleich zehn Uhr nachts, wie bist du hergekommen?“, fragte ich und ließ mich auf den Boden fallen. „Mit dem Fahrrad…, steht irgendwo vor dem Stall“, sie seufzte und nahm einen Schluck Saft. „Und warum?“. „Dad hatte einen Nervenzusammenbruch, ich musste einfach weg von da. Er redet nur noch von Mama, er redet über nichts anderes mehr. Und er schmeißt Sachen herum. Er hätte fast meinen Laptop kaputt gemacht“, sagte sie und deutete auf die Laptop Tasche unter ihrer Jacke. „Der ist hier zumindest in Sicherheit“, murmelte ich und stützte meinen Kopf in beide Hände. „Er weiß, glaube ich, einfach nicht, was er tun soll“, sagte ich dann.
„Das geht jetzt seit über vier Jahren so, es ist einfach so anstrengend. Manchmal denkt er, er wäre der Einzige, der traurig ist. Ich bin doch auch traurig und lasse mich nicht so gehen. Und ich war diejenige, die die letzten Jahre mit ihr verbracht hat. Er war ja nicht mal da“, sie schlug die Hände vors Gesicht und lächelte traurig. „Manchmal ist das echt zu viel für mich“. „Du kannst heute Nacht hier schlafen“, sagte ich und erhob mich, um den letzten Teller fertig abzutrocknen. „Danke“, erwiderte sie seufzend und nickte.
„Aber Lorna, ich möchte noch nicht schlafen. Können wir vielleicht spazieren gehen?“. Zögernd warf ich einen Blick hinaus, in die grauen Nebenschwaden und den nicht enden wollenden Regen, der an die Scheibe trommelte. „Echt jetzt?“, fragte ich mit einem Grinsen, doch ich wusste, sie meinte es ernst. „Ich bin eh schon nass“, meinte sie nur und hob eine ihrer triefenden Haarsträhnen. „Ich aber nicht“, meine Stimme brach, als ich ihr hoffnungsvolles Lächeln sah. Ich ging hinüber in die Garderobe und zog meinen gelben Regenmantel über meinen dünnen Pullover. „Nur eine kleine Runde, Mom wird sonst ausrasten“, sagte ich und warf meinen Hausschlüssel einmal von Hand zu Hand. „Diesmal aber nicht durchs Fenster“.
Wir schlichen an den Ställen vorbei um das Haus herum und der Regenmantel bot mir keinen Schutz. Mehr noch sog er sich mit Wasser voll und ließ mich zittern von Kopf bis Fuß. In der abendlichen Dunkelheit brannten nur die stummen Straßenlaternen den Weg hinaus in den Nebel und der Wind blies kalt um meine Knöchel. Schweigend wanderten wir auf dem Asphalt dahin, um uns herum nur menschenleere Straßen, das Rauschen des Windes und das Knacken der Äste in den himmelhohen Bäumen. Nach einigen Minuten erreichten wir die anderen Häuser, dicht gedrängt standen sie Spalier wie eine Schar geheimnisvoller Hüter in der Dunkelheit. In der Kälte zog ich den Mantel enger um mich, während Paula wie schwerelos neben mir herlief. „Tut mir echt leid“, sagte sie und blickte hinab auf die raue Straße. „Was?“, ich sah zu ihr hinüber. „Das hier, ich fühle mich manchmal einfach danach, als müsste ich solche Dinge tun. Nachts durch die Stadt wandern. Wahrscheinlich habe ich zu viele Filme gesehen. Jung, wild und frei sein…, du weißt schon“, sie lächelte schief und das Glitzern in ihren Augen war wieder da, das wohlbekannte Beben in ihrer Stimme. „Vielleicht sind wir ja anders und müssen gar nicht wild und jung und frei sein“, sagte ich und sah zurück. „Das ist doch nur ein Klischee, wo sind wir schon wild? Wir leben hier und nicht in New York City“. „Wir könnten aber so tun, als würden wir es tun“, sagte sie und lachte. „Das hier ist gar nicht übel“, sagte ich und zwinkerte ihr zu. „Ich tu‘ lieber so, als wäre ich auf einer einsamen Straße in der verregneten Kleinstadt Doolin“. „Wie außergewöhnlich“, erwiderte sie. „Einen Tagtraum wert“, fügte ich hinzu.
Wir kamen zum Meer und es war so betäubend still, dass man nur die Brandung hörte und es für einen Moment fast schien, als würden die Wellen direkt auf den Bürgersteig rollen. Mit meinen Turnschuhen watete ich in den nassen Sand und ließ den Kies unter der Sohle knirschen. Es war Flut und das Wasser stieg gefährlich hoch an die Bäume und Spazierpfade. Die großen Felsen, auf denen man bei Ebbe picknicken konnte, waren schon zur Hälfte verschluckt und ragten nur noch mit ihren glänzenden Oberflächen aus dem Wasser. Weit weg funkelte der Mast eines Schiffes. Kein einziger Stern war am Himmel zu sehen, so viele Wolken hingen träge dort oben und verdeckten die Sicht. „Schön, nicht?“, Paula hüpfte auf einen der Felsen und winkte mir von dort aus zu. Ich sah ihr Gesicht nicht mehr, nur ihre schwarze Silhouette direkt vor dem Meer. „Untertrieben“, stellte ich fest. „In New York gibt’s so einen Strand nicht“, meinte ich dann und stützte mich auf eine der Brüstungen. „In Deutschland auch nicht“, sagte sie und machte aus ihren Fingern ein großes Herz. Ich machte eins zurück.
Wir brauchten eine halbe Stunde, bis wir verfroren zum B&B zurückkehrten und ich erschrak, als ich sah, dass gerade Leute ihr Gepäck aus einem Wagen auf der Einfahrt holten und damit ins Haus gingen. „Wir sollten nicht mehr hier rumlaufen“, flüsterte ich und deutete auf den Hintereingang. „Okay“, murmelte Paula und wir verharrten einen Moment, bis die Leute im Haus verschwunden waren. „Normalerweise kommen die Gäste nicht so spät an“, sagte ich und zuckte mit den Schultern, „damit habe ich nicht gerechnet“. Auf Zehenspitzen schlüpften wir durch die Hintertür zurück in den Hausflur und schlichen die Treppe hoch. Dumpf hörte ich, wie Mom im Erdgeschoss die neuen Gäste begrüßte, aber ihre Stimmen waren nur gedämpftes Flüstern an meinen Ohren. Ich schloss die Tür zur Küche und führte Paula hinauf auf mein Zimmer. Erschöpft ließ sie sich auf mein Bett fallen und schloss ihren Laptop an die Steckdose an. „Ich bin gleich wieder da“, sagte ich, aber sie hatte schon den PC hochgefahren und nickte nur abwesend.
Kopfschüttelnd trat ich hinaus auf den Flur und klopfte an Bevens Zimmertür. Leise konnte ich sie drinnen herein beten hören, als ich die Tür öffnete, lag sie in einem Berg aus Kissen auf ihrer winzigen Schlafcouch und sah sich auf ihrem Laptop Folgen von The Big Bang Theory an. „Ist es nicht ein bisschen spät?“, fragte ich, aber sie runzelte nur konzentriert die Stirn. „Was ist?“, fragte sie dann und stellte die Folge auf Pause. „Ich bräuchte eine Matratze“, flüsterte ich. „Weißt du, ob Neela schläft?“, fragte ich dann. „Wofür das? Müsste sie, hab jedenfalls keinen Mucks mehr gehört, seitdem Mom bei ihr im Zimmer war, um ‚Gute Nacht zu sagen“, meinte sie und deutete in die Ecke neben der Couch, in der eine zusammengerollte Isomatte stand. „Sehr gut“, ich zog die Matte hinter dem Sofa hervor und schulterte sie. „Paula ist da“, sagte ich dann. „Wegen ihrem Dad?“, fragte Beven und gähnte. „Ja, leider. Welche Staffel schaust du?“, fragte ich dann. „Die Zweite“, sie zog die Kuscheldecke, die um ihre Schultern ausgebreitet war, enger um sich. „Oh, die alten mag ich am liebsten“, sagte ich zustimmend. „Naja, schlaf gut“, flüsterte ich und sah dabei zu, wie sie mir eine Kusshand zuwarf. Dann zog ich leise die Tür wieder ran. Paula hatte sich auf meinem Bett zusammengerollt und scrollte durch ihre Instagram Seite. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen und war immer noch nass von oben bis unten. Ohne sie zu fragen, kramte ich einen frischen Pyjama aus meinem Schrank und warf ihn ihr auf den Kopf. Lachend schob sie den karierten Stoff von ihren Augen und nickte dankend. Ich selbst schlüpfte in meine mit Elchen gemusterte Schlafhose und rollte die Isomatte auf dem Boden aus. Ich war so müde, dass ich Paula mein Bett überließ und mir meine Ersatzkuscheldecke und ein Kissen von meinem Sessel nahm, mit dem ich mich schließlich auf die Matte legte.
„Ich bin schrecklich müde“, sagte ich und sah endschuldigend zu ihr auf, aber sie hörte mir kaum zu. „Ist okay“, sagte sie nur und öffnete eine neue, andere Seite. „Ist es auch ok, wenn ich schon mal schlafen gehe?“, fragte ich dann. Sie nickte mit einem Blick auf mich. „Ich habe meinen ganzen Schulkram zu Hause, kannst du mir morgen einen Block leihen?“, fragte sie dann. „Ja, klar“, erwiderte ich und rollte mich in die Decke ein. Ich löschte das Licht und sah aus den Augenwinkeln nur noch das beruhigende Leuchten des Laptopdisplays, das friedlich vor sich hin flimmerte. „Gute Nacht“, flüsterte ich und drehte mich auf die Seite. „Danke, dass ich hier sein darf“, erwiderte sie, dann schloss ich die Augen und sah nur noch das dunkle, farblose Gesicht der Nacht vor mir, das mich langsam in den Schlaf wog.
Am Morgen tropfte schüchtern das Sonnenlicht durch die Fenster und weckte mich, noch bevor mein Wecker die Chance hatte zu klingeln. Ich schrieb Paula einen Zettel und legte ihn neben ihr Kopfkissen, dann zog ich mir eine Jogginghose über und ging hinunter in den Speiseraum, um die Tische für die Gäste zu decken und die Müslischalen und Marmeladengläser aufzustellen. Beven, die so gut wie süchtig nach The Big Bang Theory war, würde so müde sein, dass sie womöglich etwas verschüttete, also nutzte ich die Zeit und machte schnell alles fertig, da für mich heute ohnehin kein morgendlicher Spüldienst anstand. Ich begann irgendeinen Song aus dem Radio zu pfeifen und legte das Besteck auf die Tische, als ich Mom im Türrahmen sah. „Guten Morgen“, sagte ich und machte eine kleine Verbeugung. Sie hatte ihre Haare zu einem Dutt geknotet und sich ihre Rühreier-und-Spiegeleier-Schürze umgebunden, die wir ihr Jahre zuvor einmal zum Geburtstag geschenkt hatten. „Warum so früh wach?“, fragte sie und lächelte. „Zu viel Sonne“, sagte ich und rückte die letzten Teller zurecht. „Nett, dass du runtergekommen bist“, erwiderte sie und deutete auf einen Tisch für zwei. „Da müssen noch zwei Bestecke mehr hin“, sagte sie und reichte mir zwei Servietten, in denen Messer und Gabeln eingewickelt waren. „Danke“, sagte ich und legte sie auf den Tisch. „Wärst du so lieb und würdest noch die Post holen?“. Ich warf einen Blick durch die getönten Fensterscheiben: Der Sturm war einer Schar milchweißer Wolken gewichen und flüchtig malte die Sonne ein paar Kreise auf die Einfahrt. „Ist gut“, erwiderte ich und tauschte meine Hausschuhe gegen ein paar alte Sneakers, die ich im Hausflur fand, „ich hole sie schnell“.
Draußen war die Luft milde und süß und das Gras raschelte unter jedem Schritt. Unser Briefkasten war ein Stück von unserem Haus entfernt und thronte auf einem winzigen Hügel am Rande der Straße. Ich leerte die Briefe aus und schob sie unter meine Jacke, knitterndes Papier mit lauter bunten Marken. „Was machst du da?“, fragte plötzlich eine hohe, neugierige Stimme. Als ich mich umsah, entdeckte ich Hannah, das kleine Mädchen, das mit einem Grinsen auf einem umgefallenen Baumstamm saß und mich beobachtete. „Ich hole die Post für meine Mom“, sagte ich und ging zu ihr hinüber. „Und was machst du hier?“, fragte ich zurück und ließ mich neben sie auf das taufeuchte Holz fallen. „Ich laufe nur ein bisschen herum. Meine Mom macht sich noch für das Frühstück fertig und hat mir erlaubt, mich umzusehen, nur ans Meer darf ich nicht“, erklärte sie und schlug ihre kleinen Schuhe aneinander, die von oben bis unten mit Schmetterlingen übersät waren. „Wenn du möchtest, kann ich dir den Strand und das Meer einmal zeigen, wenn deine Mama es erlaubt“, erwiderte ich, ohne mit der Wimper zu zucken. Schon von hier aus meinte ich das salzige Singen der Wellen zu hören, der Anblick der Felsen und des weiten Ozeans war selbst für mich noch etwas so Wundervolles, dass Hannah es unbedingt ebenfalls sehen musste. „Ich frag‘ sie mal“, sagte sie schließlich und nickte. „Wie alt bist du eigentlich?“, fragte sie dann und zwirbelte an ihren geflochtenen Zöpfen. Ihre Wangen leuchteten apfel-rot, als wäre sie in einen Rouge Topf gefallen. „Ich bin siebzehn und du?“, in der Ferne hörte ich das Läuten der Frühstücksglocke und schreckte auf, aber Hannah saß seelenruhig dort und blickte zu Boden. „Ich bin sechs“, sagte sie und deutete mit ihrem Zeigefinger auf das Haus. „Du bist neun Jahre älter als ich“, stellte sie fest und grinste mit ihrem Zahnlückenlächeln. „Naja, fast, eigentlich sind es elf“, erwiderte ich sanft, aber sie beachtete mich gar nicht, sondern sprang schon gedankenverloren vom Baumstamm auf und lief zurück in Richtung des B&Bs. „Es gibt Frühstück, willst du nicht kommen?“, rief sie mir zu und ruderte mit den Armen. „Ja, warte, ich begleite dich noch“, gab ich zurück und nickte. Dann rannten wir nebeneinanderher, bis uns schwindelig war und wir durch die Eingangstür ins Innere stürmten.
Ich ging mit Hannah hinüber in den Speiseraum und entdeckte sofort ihre Mutter, die an unserem kleinen Buffet stand und sich etwas vom frisch gepressten Orangensaft in ihr Glas einschenkte. Als sie Hannah sah, winkte sie uns zu sich herüber und reichte ihrer Tochter ebenfalls ein Glas Orangensaft. „Guten Morgen, Lorna“, sagte sie und lächelte freundlich. „Könntest du mir vielleicht eine Frage wegen des Frühstücks beantworten?“. Unbeirrt nickte ich und schnappte mir selbst eine Scheibe Toast aus dem Brotkorb. „Natürlich, worum geht’s denn?“, fragte ich und nahm einen Bissen. „Eure Frühstückszeiten sind ja begrenzt“, sagte sie und warf einen Blick auf ihre Uhr. „Es ist so, dass mein Mann und mein Sohn erst gestern Nacht angereist und noch sehr müde sind. Ehrlich gesagt schlafen sie noch und ich wollte fragen, ob man auch später noch einen Kaffee oder einen Tee bekommen kann, oder vielleicht auch noch etwas Toast“, zerknirscht sah sie mich an, aber ich lächelte bereits breit. „Das ist gar kein Problem, sagen Sie nur meiner Mom Bescheid und hinterlegen Sie Ihre Zimmernummer, dann machen wir das gerne für Sie“, sagte ich und nickte. „Und ich wollte Sie auch noch etwas fragen“, Mrs. Roberston atmete erleichtert aus und warf mir einen dankenden Blick zu. „Ja, selbstverständlich, frag‘ nur“. „Darf ich mit Hannah ans Meer gehen, vielleicht morgen?“, sie sah von mir zu ihrer Tochter und wieder zurück. „Ja, warum nicht?“, antwortete sie schließlich und füllte nebenbei ihren Teller mit Marmelade und Butter. „Das ist toll, danke. Ich pass‘ auch gut auf sie auf“, meinte ich und blickte hinab zu Hannah, die mich glücklich anstrahlte. Dann nahm ich mir noch eine kleine Müslipackung und verabschiedete mich.
In meinem Zimmer herrschte noch immer Chaos und Paula saß mit einem Croissant und einer losen Blättersammlung auf meinem Bett. Sie hatte sich bereits angezogen und ihren Laptop eingepackt, alles andere um sie herum wirkte jedoch wie auseinandergerissen, mein Kleiderschrank stand offen und der halbe Inhalt meiner Schultasche lag verstreut auf dem Boden, ohne, dass ich sie angerührt hatte. „Hey, ich wollte nur deinen Block rausholen und da ist der Rest rausgefallen und aus dem Block sind dann auch noch lauter Blätter rausgerutscht, es tut mir leid“, sie sah zu Boden, aber ich schüttelte nur den Kopf und räumte die losen Seiten rasch wieder ein. „Schon gut…“, murmelte ich und nahm mir ein paar frische Sachen aus meinem Schrank, die ich gegen meine Joggingklamotten tauschte. „Ach ja, und kann ich mir die hier ausleihen?“, Paula deutete auf eine rosafarbene Sweatjacke, die mir noch gar nicht an ihr aufgefallen war, aber augenscheinlich mir gehörte. Ich verdrehte die Augen, während ich meine Tasche schloss und hob die Brauen. „Ja, meinetwegen“, sagte ich und kämmte mein Haar. „Hast du sonst alles?“, fragte ich dann und sie nickte und schwang ihren kleinen Rucksack in ihrer Hand hin und her.
Auf dem Flur stießen wir mit Beven zusammen, die in einem übergroßen Pullover und mit einem unordentlichen Zopf ans uns vorbei rauschte. „Alles ok?“, fragte ich sie, aber sie schnaubte nur und deutete auf ihre Haare. „Niemand hat mich geweckt und jetzt bin ich zu spät“, grummelte sie und verschwand im Bad. „Bitte wartet unten auf mich, ich will nicht allein fahren“, sagte sie noch, dann schlug sie geräuschvoll die Tür hinter sich zu. Die Nächste, die auf dem Flur erschien, war Neela. Sie hatte im Gegensatz zu Beven schon ihre Tasche geschultert und sah aus wie jeden Morgen: frisch, mit einem fröhlichen Grinsen auf den Lippen und einer Haarbürste in der Hand, in die sie, für ihre Verhältnisse leise, einen Song von den Jonas Brothers trällerte. „Der normale Wahnsinn mit drei Mädchen auf einem winzigen Flur“, sagte ich und zwinkerte Paula zu, die mir voraus die Treppe hinunterlief. Sie holte ihr ramponiertes Fahrrad an den Ställen ab und saß mit schmerzverzerrtem Gesicht auf. Der Sattel war so durchgewetzt, dass man schon das Metall im Sonnenlicht glänzen sah und Paula zwängte sich nur ein halbes Lächeln aufs Gesicht, während ich sie seufzend betrachtete.
Als Beven fünf Minuten später endlich auf der Einfahrt erschien, warfen auch wir uns auf die Räder und fuhren den Weg entlang zur Schule. Da wir nicht viel Zeit hatten, trennten wir uns schon an der großen Kreuzung von Neela, die den Weg zur Grundschule allein weiterradelte und uns lächelnd eine Kusshand zuwarf, bevor sie hinter einer Kurve verschwand. An der Küste sahen wir ein paar unbeholfene Surfer, die im Anbruch des Tages versuchten, die ersten großen Wellen zu nehmen. Die Klippen leuchteten in ihrem satten Weiß und auf den Weiden kamen die Kühe bis an die Zäune und streckten uns ihre rosa Zungen entgegen. Beven hielt für einen Moment am Straßenrand, um ihrer Lieblingskuh Mary ein paar Rüben über den Zaun zu reichen, dann radelten wir wieder weiter mit dem Wind.
Die Schule war an diesem Tag erträglich und wir trafen Franklin und unsere Freundin Lilly schon auf dem Weg zu unserem Theaterkurs. Franklin, der ein altes Baseball-Cappy trug, unter dem er sein zerzaustes, blondes Haar verbarg, lehnte nur müde an einer Glastür und schenkte uns ein lustloses Lächeln zur Begrüßung, Lilly jedoch stürmte auf uns zu und fiel uns in die Arme, bevor wir sie überhaupt richtig kommen sahen. „Jemand schenkt uns ein paar Sonnenstrahlen“, sagte Franklin und verschränkte die Arme. Sein Lächeln war wie eine alte Tradition in seinem Gesicht, wenn es auch immer wieder neue Facetten annahm, konnte ich mich an kaum einen Tag erinnern, an dem er uns nicht für einen Moment damit bedacht hätte. Sein internetloses Haus lag etwas vom Meer entfernt und beherbergte neben Franklin auch seine zwei älteren Brüder, seine Eltern und drei große, sabbernde Hunde, die einen meistens fast umwarfen, wenn man das Grundstück betrat. „Hält laut Wetterbericht nicht lange“, antwortete Lilly und zückte ihr Handy, um den Wetterbericht aufzurufen. „Wie ich sagte“, sie hielt uns das leuchtende Display vor die Nase und seufzte. „Angeblich fängt es heute Mittag schon wieder an“. „Danke…“, murmelte Franklin und klaubte seine uralte Ledertasche vom Schulflur auf. „Das versüßt mir den Tag“. Er wandte sich ab und ging ein paar Schritte in Richtung Chemietrakt, dann drehte er sich noch einmal um und sah lächelnd auf mich und die anderen beiden zurück, „Ich liebe Regen“.
Wir machten Entspannungsübungen und versuchten unseren Körper zu fühlen, als wir auf dem Boden den Theaterunterricht abhielten. Die einschläfernde Musik, die Miss Cooper auf ihrem winzigen CD-Player mitgebracht hatte, war so sanft und leise, dass die Töne auf meinem Körper tanzten wie Marienkäfer und ich dahin gewogen wurde wie ein Baby in einem Schaukelbett. Ich wachte erst auf, als es zur nächsten Stunde klingelte und Lilly mich vom Boden hochzog, bevor ich mich erinnerte, wo ich war, und was geschehen war. Kichernd gingen wir zur nächsten Stunde und das Wetter hielt bis über den Mittag hinaus an. Der Himmel war voll von Sonnenflecken und dunklem Blau und dem Gezwitscher der vielen Vögel, die sich für gewöhnlich nur selten zu erkennen gaben. Wir saßen in unserer Mittagspause auf den Schaukeln draußen und aßen Butterbrote. Lilly versuchte ihre helle, sommersprossige Haut im Sonnenlicht zu bräunen, während sie dunkelrote Erdbeeren aus ihrer Brotdose pickte. „Warum kann es nicht jeden Tag so sein? Man könnte ständig Kleider anziehen und kurze Hosen und unsere Haare wären heller“, sagte sie und warf ihr rotbraunes Haar über ihre Schultern. Franklin grinste und deutete auf Paula. „Gegen kurze Hosen hätte ich ja echt nichts…, aber hellere Haare?“, Paula, deren Haar so hellblond war wie Weizen, fuhr sich mit den Fingern durch die langen Strähnen und nickte. „Bin ich auch nicht dafür, weißhaarig sähe ich bestimmt alt aus“, sagte sie. Es dauerte jedoch nicht lange, bis sich das Sommergefühl verflüchtigte und am Horizont erneut schwere Wolken auftauchten. Als ich Beven am Nachmittag an den Fahrradständern traf, färbte sich der Himmel bereits grau und verschlang den blauen Flur mit jeder Minute mehr.
Auf dem Weg nach Hause erzählte Beven mir von ihrem Tag, von Eric, der nun tatsächlich mit ihrer besten Freundin Alicia zusammen war, ihrem Mathelehrer Mr. Cartwell und dem vermasselten Geschichtstest, von dem ich Mom nichts erzählen durfte und ich sagte kaum ein Wort, bis wir zu Hause waren. Ich war müde und wollte nur schnell meine Hausaufgaben machen und mich anschließend mit meinem Zeichenblock und meinem alten MP3-Player in meinem Bett verkriechen, aber als wir die Räder unter das Verdeck geschoben hatten und uns auf den Weg zum Haus machten, kam mir Hannah entgegen, die aufgeregt über den Schotterweg lief. „Hallo Lorna, warst du in der Schule?“, fragte sie und lächelte schief. „Ja, heute hatte ich einen langen Schultag“, sagte ich und deutete auf den Rucksack auf meinem Rücken. „Ich komme auch in die Schule, wenn wir nach Hause kommen“, erzählte sie und sah mich mit großen Augen an. „Lorna? Mir ist so langweilig, zeigst du mir die Tiere?“, wechselte sie dann schlagartig das Thema und brachte mich für einen Moment völlig zum Verstummen. Auch wenn ein leichter Kopfschmerz dabei war, sich in meinem Schädel auszubreiten und meine Augen vom Unterricht müde waren, konnte ich ihrem neugierigen Grinsen nicht widerstehen. Ich zog meine Tasche von den Schultern und nickte. „In Ordnung“, sagte ich und reichte sie Beven, die sie mit ins Haus nehmen würde. „Aber nicht so lange“, fügte ich vorsichtig hinzu, doch das störte sie offenbar nicht. Euphorisch wippte sie auf und ab und schlängelte mit einem Mal ihre kleine Hand in meine Finger. Ich drückte sie kurz, dann schloss ich meine Hand um ihre und führte sie hinüber zu den Ställen, die sich hinter dem Haus befanden.
Je näher man dem großen, verwitterten Gebäude kam, desto intensiver roch es nach frischem Stroh und von Weitem konnte man das Rascheln der Schweine und Ziegen hören. „Na, hörst du?“, flüsterte ich leise und zeigte auf die wuchtige Holztür, die als Eingang und Ausgang der Scheune benutzt wurde. „Das sind schon ein paar der Tiere. Willst du aufmachen?“, ich deutete auf den Holzhebel an der Pforte. Sie nickte und öffnete quietschend vor Vorfreude die Türe. Drinnen stob einem der Viehgeruch in die Nase und die vielen unterschiedlichen Geräusche vermischte sich zu einem eigenwilligen Lied. Ich mochte den Stall und die Tiere und als die ersten dunkelrosa Schweine aus einer der Ecken zu uns hinüber trabten und uns neugierig die Köpfe entgegenstreckten, musste ich lächeln. Vor ihrem Gatter blieben sie stehen und schoben ihre rauen, feuchten Schnauzen mit fröhlichem Grunzen durch die Gitterstäbe. „Ah, wie süß“, schrie Hannah auf und streckte ihre Hand aus. „Darf ich sie anfassen?“, fragte sie und als ich nickte, streichelte sie lächelnd über das borstige Fell und begann leise auf die Schweine einzureden, die sich wagemutig an den Zaun drängten. Ich setzte mich auf einen Hocker und ließ meinen Blick über die anderen Gehege schweifen. In einem tummelten sich Ziegen, die jedoch wann immer sie wollten, hinauskonnten, daneben Schafe, denen es ebenso ging. Meistens waren sie auf der Weide und sättigten sich am frischen Gras, aber manche von ihnen bevorzugten den warmen Stall und genossen die Windstille.
Als kleines Mädchen war ich häufig hergekommen und hatte ihnen Äpfel und Möhren gebracht, aber es kam eine Zeit, in der mir immer stärker bewusstwurde, dass die Schweine, die einmal niedliche Ferkel waren, eines Tages von einem Transporter geholt und an einen Ort gebracht wurden, an dem man sie schlachtete. Es war mir, als würde ich sie belügen, wenn ich ihnen zu lange in ihre großen Augen sah, aber Hannah erzählte ich davon nichts. „Welche Tiere leben noch hier?“, fragte sie und hob den Kopf. Ich zeigte ihr die Schafe und die Ziegen und die winzigen flauschigen Küken, die in einem Verschlag auf dem Dachboden lagen und sich im Heu wanden. Und dann holte ich das neugeborene Lämmchen Kelly aus seinem Gehege und legte es vor uns ins Stroh. Es war erst wenige Tage alt und durfte den Stall noch nicht verlassen, aber es mähte schon leise, als wir mit unseren Fingerspitzen durch sein dünnes Fell fuhren. „Die sind alle so lieb“, sagte Hannah und kuschelte ihren Kopf an das kleine Lamm. „Ich möchte auch gerne ein Schäfchen oder ein Schwein zu Hause haben“, sagte sie und lächelte mit funkelnden Augen. „Vielleicht lebst du eines Tages an einem Ort wie diesem und kannst welche haben“, meinte ich aufmunternd und trug das Lämmchen zurück in sein Gehege. „Ja“, stimmte sie mir zu und klopfte sich den Schmutz von ihrer Kinderjeans. „Gehen wir wieder raus?“, fragte sie dann und öffnete die Eichentür, die nach draußen führte. „Klar“, sagte ich und half ihr beim Aufdrücken.
Ich musste schmunzeln als ich sah, dass es draußen wieder leise zu nieseln begonnen hatte und das Gras feucht und rutschig in den letzten Sonnenstrahlen glänzte. „Da bist du ja“, rief plötzlich eine fremde Stimme und Hannah löste sich aus meiner Hand. Ein Junge saß auf einer der niedrigen Steinmauern und blickte zu uns hinüber, beinahe unwirklich schien er inmitten dieser Szenerie. „Was machst du hier?“, fragte Hannah und zerrte an seiner Hand, bevor er sich erhob und durch das hohe Gras auf mich zu stapfte. Er war ungefähr einen Kopf größer als ich und hatte dunkelbraunes, gewelltes Haar, das ihm seitlich ins Gesicht fiel. Seine Augen waren von einem satten und gemusterten Grün. „Mom hat schon von dir erzählt, du musst das Mädchen sein, dem das B&B gehört“, sagte er und blinzelte entgegen des Sonnenlichts, das sich sanft mit dem zunehmenden Regen vermischte. „Zum Glück gehört es mir nicht allein“, erwiderte ich schüchtern, „eigentlich gehört es meiner Mom. Ich wohne bloß auch darin und helfe ihr bei der Arbeit, wenn ich kann“. Sein Blick wanderte über mein Gesicht und ich spürte, wie er mich musterte, während ich bloß dastand und unsicher die Arme verschränkte. Hannah war wie verschwunden, genau wie der Regen und der kalte Wind, der pfeifend durch das Gras und um unsere Körper fuhr. Der Junge trug eine dunkelrote Hose und einen gemusterten Strickpullover, der aussah wie jene, die man in den kleinen Küstendörfern kaufte, um irisch auszusehen. Doch sein südirischer Akzent sagte mir, dass der Pullover wohl einfach zu ihm gehörte und er auch ohne waschecht irisch war. Genau wie ich. „Natürlich“, sagte er und sah zu Boden. „So meinte ich das auch“. Er hatte ein schmales und dennoch weiches Gesicht, das zu seiner schlanken Statur passte und als er zu Boden sah, bemerkte ich eine kleine, geschwungene Narbe auf seinem Nasenrücken. „Das Leben hier im B&B ist weniger aufregend als es klingt“, erwiderte ich und lächelte. „Was ist mit deiner Nase?“, fragte ich dann und grinste verlegen, als er sich verwirrt an die eigene Nase fasste. „Was denn?“, er sah mich fragend an und auf seinen Wangen zeichnete sich ein rosafarbener Schimmer ab. „Ich meine nur deine Narbe“, gab ich zurück und lächelte verstohlen. „Ach so“, er grinste und schüttelte den Kopf. „Als ich klein war hat mir ein Hund ziemlich übel in die Nase gebissen“, sagte er und hob endschuldigend die Hände. „Ich weiß, es klingt wie eine ausgedachte Geschichte, aber es ist tatsächlich wahr. Zum Glück kann ich mich nicht mehr an vieles erinnern“. „Wow, klingt ganz schön dramatisch“, erwiderte ich grinsend und sah zum Himmel hinauf. Mittlerweile regnete es stärker und meine Haare begannen sich auf meinen Schultern zu wellen. Hannah hatte sich unter einen Dachvorsprung gestellt und winkte mir, als sich unsere Blicke trafen.
„Sie scheint dich wirklich zu mögen“, sagte der Junge und schenkte mir ein anerkennendes Lächeln. „Bist du ihr Bruder?“, fragte ich dann und winkte Hannah zu mir hinüber, die lachend auf uns zu rannte und zwischen uns stehen blieb. „Ja, so ist es“, sagte er seufzend und reichte mir mit einem Mal unbeholfen förmlich die Hand. „Und ich bin übrigens Christopher“, sagte er. Seine Stimme war weich und angenehm tief und ich zögerte keine Sekunde, bevor ich ihm meine Hand gab und seine für einen Moment schüttelte. „Demnach Christopher Robertson?“, fragte ich und er nickte mit einem Blick auf Hannah. „Freut mich. Ich bin Lorna, Lorna O‘Callahan, um ganz genau zu sein“, sagte ich dann und löste mich wieder. „Ich werde ganz nass“, rief Hannah und zog an meinen Jackenärmeln. „Können wir reingehen?“. „Natürlich“, erwiderte ich und nahm ihre Hand, bevor wir uns auf den Weg zum Haus machten. „Mom und Dad haben eh gesagt, dass ich dich holen soll“, sagte der Junge, der mit einem Mal einen Namen hatte. „Sie wollen noch in den Supermarkt fahren und du sollst dir Sandwiches für das Picknick aussuchen“. „Okay, mach ich“, sagte sie und nickte.
Als wir am Haus angekommen waren, schloss ich die Hintertür auf und führte die beiden zum Hausflur, durch den sie zu den Gästezimmern kamen. „Wir müssen dann jetzt los“, sagte Christopher und blickte sich entschuldigend nach mir um. „Viel Erfolg beim Einkaufen, und bei den Eier-Sandwishes immer besonders gut aufs Haltbarkeitsdatum achten“, rief ich ihm lachend nach. „Vielleicht sehen wir uns ja beim Abendessen“. Er hob seinen Daumen, bevor ihn Hannah um die Ecke zog und das Zufallen einer Tür für einen Augenblick die Wände leicht erzittern ließ.