Читать книгу Storm - Johannes Anders - Страница 11

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2 Storm

Sie lag auf der Liege und konnte sich nicht bewegen. Ihr Körper reagierte nicht auf die Befehle, die ihr Gehirn aussandte. Verzweifelt versuchte sie, sich zu konzentrieren. Wackle, großer Zeh, wackle!, befahl sie. Aber der Zeh bebte nicht einmal leicht. Anderer großer Zeh, wackle du! Aber auch der andere Zeh reagierte nicht. Sie schien auch den Kontakt zu ihrer mechanischen Hälfte völlig verloren zu haben. Die Drogen, unter die man sie gesetzt hatte, blockierten das fragile Mensch-Maschine-Interface.

Sie wurde wütend, sehr wütend auf die, die ihr das angetan hatten.

Aber Wut half nicht weiter.

Ich brauche einen Schock, dachte sie. Ein Schock hatte schon einmal geholfen. Sie erinnerte sich daran, wie sie das Seil an der Kabinendecke befestigt hatte. Wie sie auf den Hocker stieg. Wie sie sich das Seil um den Hals legte. Aber würde es reichen, sich nur daran zu erinnern, wie sie gesprungen war? Wie sie baumelte?

„Haaaa!“

Die Liege war plötzlich verschwunden, und Storm saß aufrecht in ihrem Bett.

Stille.

Es ist vorbei, beruhigte sie eine Stimme in ihrem Kopf. Du hattest einen Alptraum.

Es war die Stimme von Coach Juli.

Warum hast du mich nicht geweckt?, fragte sie.

Ich konnte nicht erkennen, ob es ein guter oder ein schlechter Traum war, dachte die abtrünnige KI der Vlock, der Storm im künstlichen Teil ihres Gehirns Asyl gewährte.

Weck mich doch einfach immer, wenn ich träume!

Du weißt, dass das nicht geht, dozierte Juli. Menschen müssen träumen.

„Ach, verdammt!“, fuhr es ihr heraus.

Es war noch mitten in der Nacht, aber Storm hatte keine Lust, weiterzuschlafen. Was bedeutete auch schon Nacht, wenn man im All unterwegs war.

Unser Schlafzyklus entspricht immer noch dem von Neu Paris auf Mené, erklärte die KI. Du wirst sterbensmüde sein, wenn wir morgen dort ankommen.

„Meine Güte, bist du ein Besserwisser!“

Storm machte sich frisch und schlenderte durch das Schiff. Die FERDINAND MAGELLAN war bereits vor Tagen in der Nähe des Tyros-Systems angekommen. Relativistische Sprünge direkt in bewohnte Sternensysteme waren aus Sicherheitsgründen verboten, deshalb näherte sie sich nun langsam mit Unterlichtgeschwindigkeit an. Überall im Schiff zeigten Holos die blaue Kugel des Planeten Mené zusammen mit dem schrumpfenden Abstand in Lichtminuten und der noch verbleibenden Flugzeit. Aktuell waren es noch gut 32 Stunden.

Storm setzte sich in ein leeres Bordcafé, das noch geöffnet hatte. Die Mannschaften hatten freibekommen, um sich auf die Landung vorzubereiten. Die meisten packten ihre Sachen und schmiedeten über Videokonferenzen Pläne mit ihren Angehörigen, wie sie die Zeit zu Hause verbringen wollten.

Endlich kam eine Bedienung.

„Wir schließen in zwanzig Minuten“, sagte der Mann.

„Bringen Sie mit trotzdem noch schnell einen Kaffee, bitte.“

„Wie Sie wollen.“

Storm beobachtete versonnen die rotierende blaue Kugel mit den weißen Wolkenwirbeln. Für diese Welt habe ich meine Gesundheit geopfert, dachte sie. Und jetzt habe ich nicht einmal mehr Verwandte da unten.

Der Kaffee kam.

Aber du wirst doch trotzdem Landurlaub nehmen, oder?, meldete sich Coach Juli in ihren Gedanken.

Was soll ich dort?

Mir deine Heimat zeigen? Ich habe Mené noch nie gesehen und bin sehr neugierig.

He, wir sind nicht verheiratet, ich muss dir nichts zeigen! Vergiss nicht, dass du nur zu Gast in meinem Kopf bist.

Behandelt man so einen Gast?

Wenn ich das vorher gewusst hätte …

Dann hättest du was gemacht?

Ach, lass mich doch in Ruhe!

„Wir schließen jetzt“, sagte die Bedienung.

Storm machte sich auf den Rückweg in ihre Kabine. Dort begann sie unwillig zu packen. Hätte sie sich bloß nie auf diese idiotische KI eingelassen, die nun in ihrem Kopf nervte …

Plötzlich klopfte es an der Kabinentür.

Über die Außenkamera sah Storm, dass Zaya Karan draußen wartete. Storm reagierte nicht.

„Storm, bist du da?“

Storm hatte keine Lust, mit dieser überschätzten Kommandantin eines Beibootes zu sprechen.

„Storm, ich weiß, dass du da bist!“

Wie konnte sie diese lästige Schülerin nur dazu bringen, endlich zu verschwinden?

„Mach auf oder ich nehme die HM-6!“

Immer die gleichen leeren Drohungen.

Nun mach schon auf, verlangte auch Coach Juli. Deine Kabinentür hat schon genug Brandspuren von Major Karans HM-6.

„Scheiße!“, schimpfte Storm und öffnete die Tür. „Was willst du?“

Zaya Karan sah sie mit ihren braunen Augen treuherzig von unten herauf an. Storm wurde schlecht von dem Niedlichkeitsfaktor, den sie ausstrahlte. „Ich will dich einladen“, antwortete Zaya. „Da du niemanden auf Mené hast, komm doch für einen Abend zu meinen Eltern mit. Sie wohnen in einem Vorort von Neu Paris.

Den Teufel werde ich …, dachte Storm.

Aber Juli war schon wieder anderer Meinung. Sag zu, das ist doch unheimlich nett von ihr, dachte der Coach.

Das bringe ich nicht über die Lippen, weigerte sich Storm.

Dann gib mir eben Zugriff auf die Lippen und lass mich das machen.

Storm

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