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DIE WELT DER PHARAONEN
ОглавлениеFünftausend Jahre lang regierten im altägyptischen Reich die Pharaonen – Könige ihres Landes und als Söhne des Sonnengottes Re unumschränkte Herrscher über Leben und Tod, Mittler zwischen Himmel und Erde. Schon zu Lebzeiten als Gottkönige verehrt, wurden die Pharaonen nach ihrem Tod den anderen Göttern gleichgestellt.
Um seine Stellung als Gottkönig über den Tod hinaus zu manifestieren, begann der Pharao bereits zu Beginn seiner Herrschaft mit dem Bau eines Grabmals, einer Pyramide, die alle bestehenden Bauwerke an Größe, Pracht und Himmelsnähe übertreffen sollte.
Ein wesentlicher Bestandteil der ägyptischen Religion war die Vorstellung, der Pharao werde nach seinem Tod zu den Sternen aufsteigen, wo sein Vater Re, der Große Gott, ihn in seinem himmlischen Sonnenschiff abholen werde.
Da der gesamte Staat letztlich in der Person des Pharao konzentriert war, blieb es daher die höchste Aufgabe des Reiches, dem König auch nach dem Tod die Herrscherstellung für alle Ewigkeit zu erhalten. Seine Eingeweide wurden zum Schutz vor Verwesung in Krügen aufbewahrt, verziert mit den Köpfen der Horussöhne, die Hülle des Körpers durch Einbalsamierung für Zeit und Ewigkeit konserviert. Das Herz wurde durch einen steinernen Skarabäuskäfer, das Abbild des Sonnengottes, ersetzt, auf dem die Worte stehen: »O Herz, tritt nicht gegen mich als Zeuge auf.«
So wurde der Körper des Pharao zur Mumie, vor gewaltsamer Zerstörung von außen geschützt. Sogar Nahrung wurde dem Toten, der ja in Wahrheit ewig lebte, mitgegeben. Für die Opfergaben wurden Gefäße zur Aufnahme von Salben und erfrischenden Flüssigkeiten aufgestellt. Das Abbild des Pharao wurde errichtet, damit der Geist des Toten in ihm Wohnung nehmen konnte.
In das Grab wurde eine große Steintafel in Gestalt einer verschlossenen Haustür, der sogenannten Scheintür, eingemauert: der Eingang in die Welt der Geister. Die Welt, die den Lebenden umgeben hatte, sollte auch dem Toten zugänglich sein: Familie, Diener, Knechte, Felder und Rinder, Fische und Vögel und die ganze Köstlichkeit des Lebens. Der Sinn dieses Totenkults: das kurze Menschenleben in alle Ewigkeit zu verlängern. Das scheinbar Unmögliche möglich zu machen.
Und der Pharao ließ seine Familie teilhaben an seiner Unsterblichkeit: Gemahlinnen und Kinder, die Mitglieder seines Hofstaats und die höchsten Reichsbeamten. Rings um die Gräber der Pharaonen entstanden Totenstädte für die Angehörigen der königlichen Familie. In regelmäßig angelegten Straßen reihte sich Grabbau an Grabbau. Was dem Pharao im Großen, im Übermenschlichen errichtet wurde, wiederholte sich dort in überschaubaren Maßen.
Wenn auch Ägypten zum Mittelpunkt der ganzen Welt wurde – mit der Zeit begann der Boden unter den lebenden Pharaonen zu wanken. Noch saßen sie auf den Thronen, aber die Priester und Adlige gewannen mehr und mehr an Macht. Der Sonnengott Re wurde zum neuen Gott auf Erden, und die Könige wurden seine Diener. Hinter den Königsstädten von Memphis entstand das Sonnenheiligtum von Abusir. Die Idee des Gottkönigtums erlosch. Re war der neue Herrscher des Reiches und aller Welten, und der Pharao sein gehorsamer Sohn, der seinen Willen erfüllte, aber nach seinem Tod zum Gott wurde.
Schließlich waren die Pharaonen des sogenannten Alten Reichs, das kaum sechshundert Jahre bestand, entthront. Geblieben sind die Pyramiden von Gizeh, das erste und älteste der Sieben Weltwunder der Antike.