Читать книгу I will pay for you – Eigentum eines Stars | Erotischer Roman - Joleen Johnson - Страница 3
ОглавлениеKapitel 1
Beruflicher Stress gehörte zu meinem Leben wie das Amen in der Kirche. Da ich mir das Ganze selbst zu zuschreiben hatte, beklagte ich mich jedoch nicht darüber. Meine Rechnungen mussten immerhin bezahlt werden. Da mein Job als Tänzerin in einer Bar dafür nicht ausreichte, jobbte ich noch dazu als Zimmermädchen. Es war damals mehr Glück als Können gewesen, dass ausgerechnet ich diese Stelle bekommen hatte, denn neben mir bewarben sich noch unzählige weitere Damen, die in dem Fünf Sterne Hotel arbeiten wollten. Bei den meisten lag es bestimmt an der Tatsache, dass viele Prominente dort nächtigten, mich hingegen hatte eher die gute Bezahlung angelockt.
Als Go-Go arbeitete ich freitags, samstags und sonntags, jeweils am Abend. So war unter der Woche genug Zeit für das Hotel. Lediglich Montagmorgen war das größte Grauen. Nicht, weil es eben der meist gehasste Tag nach dem Wochenende war, sondern weil ich erst um fünf Uhr meine Schicht in der Bar beendete. Die im Hotel begann um sieben Uhr. Wer sich da nun die Zeitspanne ausrechnete, wusste, dass an Schlaf nicht zu denken war. Dementsprechend sah ich auch aus.
Mit etwas Concealer und Make-up ließ sich das größte Übel jedoch verdecken und meine Augen brachte ich mithilfe von Lidschatten, Eyeliner und Wimperntusche wieder zum Strahlen.
Meine braune Mähne bürstete ich ein paar Mal durch, um die kleinen Knötchen, die sich gebildet hatten, zu entfernen. Doch heute half selbst dies nichts, um meine Haare passabel aussehen zu lassen. Statt meines gewohnten Mittelscheitels kämmte ich mir alle Strähnen nach hinten, sodass ich einen Dutt knoten konnte. Ein paar Haarspangen taten ihr Übriges, damit die Frisur auch den ganzen Tag hielt. Zu guter Letzt pflegte ich meine vollen Lippen mit einem Balsam und verließ das Bad.
Ein Blick auf die Uhr an der Wand verriet mir, dass ich nicht mehr viel Zeit hatte. Statt einer belebenden, warmen Tasse Kaffee kippte ich mir auf dem Weg von der Küche in den Flur eine Dose Energy den Hals hinunter. Zum Genießen war eindeutig keine Zeit.
Ich stellte die leere Dose auf der Kommode ab und schlüpfte in meine schwarzen Stöckelschuhe. Auch wenn diese ziemlich unbequem waren, gehörten sie zu meinem Arbeitsgewand. Das Hotel legte viel Wert darauf, dass wir alle einheitlich aussahen. Das hieß für uns Zimmermädchen Rock, Bluse, Strumpfhose sowie die eben genannten Schuhe. Im Winter war dies ziemlich angenehm, und die Heizung im Hotel tat ihr Übriges, um für wohlige Wärme zu sorgen. Im Sommer allerdings war es schrecklich, wenn man glaubte, die Strumpfhose würde sich mit der eigenen Haut vereinen. Da half selbst die teure Klimaanlage nichts. Zum Glück waren wir heuer vor der großen Hitze verschont geblieben. Bis jetzt zumindest. Noch könnten die Temperaturen über die dreißig Grad Grenze klettern. Verzichten würde ich darauf aber nur allzu gerne. Meine Wohnung lag im Erdgeschoss eines sechsstöckigen Gebäudes, vor der sich eine lange Straße mit Parklücken befand. Oft war es schwierig, einen leeren Platz zu finden, doch heute Morgen war das Glück auf meiner Seite gewesen. Ich schnappte mir meine Energy Dose von der Kommode und entsorgte sie auf dem Weg nach draußen in der schwarzen Mülltonne vor der Haupteingangstüre. Da die Straße stark befahren war, dauerte es eine Zeit lang, bis ich diese endlich überqueren konnte. Neben meinem roten Peugeot stand ein neuer Audi, dessen Fahrer ich sofort beneidete. Ich hätte mir heuer auch gerne ein neues Auto gegönnt. Doch leider waren die Mietpreise hier in München nicht allzu günstig. Zum Sparen blieb kaum etwas übrig.
Andererseits war ich froh darüber, überhaupt einen fahrbaren Untersatz zu besitzen. Auch wenn er nur 64 PS hatte, so war er mir schon seit Jahren treu. Ich hoffte, dass er mir auch weiterhin treu blieb, denn manche rostigen Stellen sahen schon ziemlich besorgniserregend aus. Vielleicht sollte ich ihm einfach mehr Liebe und Zuwendung schenken. Mit meiner mangelnden Freizeit wusste ich jedoch Besseres anzufangen, als tagtäglich mein Auto zu pflegen. So etwas war wohl eher ein Männer Ding. Die gaben ihren Fahrzeugen immerhin auch Namen.
Oder lag dies gar nicht an den Autos? Vielleicht war es allgemein ein männliches Leiden, Gegenständen oder Körperteilen Namen zu geben. Ich konnte mich nur zu gut daran erinnern, dass einer meiner Ex-Freunde selbst meine Brüste taufte. An die Bezeichnung konnte ich mich nicht mehr genau erinnern, es hatte jedoch ziemlich skurril geklungen.
Kopfschüttelnd versuchte ich meine Gedanken zu verscheuchen und setzte mich hinters Steuer. Schlimm genug, dass ich bereits zu spät dran war, da musste ich mich nicht auch noch mit solch Nichtigkeiten herumschlagen. Der Motor meines Flitzers heulte auf, als ich ihn startete. Mit dem Blick nach hinten wartete ich eine Lücke im Verkehr ab, um mich ebenfalls einzureihen.
München wäre nicht München, wenn dies nicht eine halbe Ewigkeit gedauert hätte.
***
Als ich nach zwanzig Minuten Fahrt endlich beim Hotel angekommen war, parkte ich wie gewohnt an einem der Personalparkplätze in unserer Tiefgarage. Diese zu benutzen, war eine ausdrückliche Anordnung unseres Chefs gewesen, da er nicht wollte, dass wir den Gästen die guten Plätze wegnahmen. Gerade die beliebten Stellen in der Nähe des Aufzuges waren für uns strikt verboten. Der Kunde hatte immerhin schweres Gepäck und wollte dieses nicht allzu weit tragen.
Neben meinem Peugeot stand bereits der mir sehr bekannte weiße Audi, was mir verriet, dass meine Freundin und Kollegin Samantha bereits hier war.
Wir kannten uns nun schon seit vier Jahren und sie war damals diejenige gewesen, die mich einarbeitete. Ohne sie wüsste ich heute noch nicht die ganzen Tricks, um mit den Zimmern schneller fertig zu werden. Putzen war eben nicht so leicht, wie es sich anhörte. Vor allem nicht dann, wenn man sich an unzählige Richtlinien halten musste. Ich fühlte noch heute das Brummen in meinem Schädel, als ich während des Kurses hörte, worauf man alles achten musste. Zusätzlich dazu kamen noch die Vorschriften, die unser Hotel zusätzlich hatte. Immerhin konnte man sich bei fünf Sternen nichts erlauben.
Ein Blick auf meine Uhr am Handy verriet mir, dass es langsam echt an der Zeit war, in die Puschen zu kommen. Ich ließ mein Smartphone wieder in der Tasche meines Rockes verschwinden und schloss mein Auto ab. Auch wenn mir klar war, dass es ohnehin keiner stehlen würde, wollte ich es dennoch nicht herausfordern. Eilig lief ich auf den Aufzug zu, der sich von meinem Platz aus genau auf der anderen Seite der Garage befand. So kam ich bereits ins Schwitzen, ohne dass meine Arbeit begonnen hatte. Der Tag konnte somit nur noch besser werden.
Ich musste genau eine Etage fahren, um zu den Personalräumen zu gelangen. Auf den Gängen wuselten meine Kollegen und Kolleginnen bereits herum und waren so im Stress, dass sie mich kaum bemerkten. Bis auf Samantha. Denn gerade als ich die Tür zu unserem Dienstzimmer öffnen wollte, hörte ich sie hinter mir rufen.
»Sophia! Ich dachte schon, du kommst heute nicht mehr.« Mit schnellen Schritten kam sie auf mich zu. Ihre blonden, langen Haare waren zu einem Zopf gebunden, der sich im Rhythmus ihres Ganges bewegte.
»Mein Dienst beginnt doch erst in zwei Minuten«, antwortete ich ihr lächelnd und betrat den großen Raum, dicht von meiner Freundin gefolgt.
Ich ließ meinen Blick über den heutigen Plan gleiten, um zu sehen, für welches Stockwerk ich eingeteilt war. Normalerweise waren es immer die zweite und dritte Etage, da diese meist belegt waren, doch heute war es nicht so. Jenny, die Leiterin des Reinigungsteams, hatte mir die verantwortungsvollste Aufgabe in unserem Bereich zugeteilt.
Als ich tief Luft holte, merkte ich, dass ich diese bis jetzt angehalten hatte. »Ich soll die Suite reinigen?«, wandte ich mich Samantha zu.
Die sah mich jedoch nur schulterzuckend an. »Sieht so aus.«
Viele würden sich denken, was denn nun mein Problem wäre. Putzen war immerhin Putzen. Aber das war es eben nun einmal nicht. Die Suite war doppelt bis dreifach so groß wie ein normales Zimmer. Dementsprechend teuer war das Ganze natürlich auch.
Wenn man genauer darüber nachdachte, fiel auf, dass sich dies kein Normalsterblicher leisten konnte. Es musste sich bei diesem Gast also entweder um einen gutverdienenden Geschäftsmann handeln oder um Prominenz. Dazu fiel mir als erstes ein, dass derjenige hohe Erwartungen hatte und äußerst penibel war. Ich durfte mir also keinen einzigen Fehler erlauben.
»Sieh das doch positiv. Es ist ein Kompliment, dass Jenny dich das machen lässt. Ich durfte in den ganzen sechs Jahren noch nie eine Suite putzen.« Sam versuchte mich augenscheinlich aufzumuntern und stieß mich kurz von der Seite an. Sie schien zu befürchten, ich wäre zu einer Salzsäule erstarrt, so steif wie ich da stand.
»Ob das wirklich so positiv ist, werden wir ja noch sehen.«
Was, wenn sich der Kunde über mich beschwerte? Wenn ihm meine Arbeit nicht sauber genug war?
Ich war auf diesen Job angewiesen. Da konnte ich mir keine Beschwerden erlauben. Erst recht nicht, wenn man ständig im Hinterkopf hatte, dass man austauschbar war wie Unterwäsche.
»Freu dich doch einfach. Menschen, die in der Suite übernachten, sind sicher reinlicher als die in den anderen Etagen. Somit hast du bestimmt kaum etwas zum Putzen und erlebst bei Weitem nicht die Dinge, die uns sonst unterkommen.«
»Oder sie sind es gerade deswegen nicht. Die denken doch, sie könnten sich alles erlauben, wenn sie Geld besitzen«, warf ich als Gegenargument ein.
Die Blonde wischte meine Befürchtungen mit einer Handbewegung in der Luft zur Seite. Somit war das Thema für sie erledigt. Vielleicht sollte ich das auch so locker sehen wie sie und mir nicht immer so viele Gedanken machen.
»Ich begebe mich dann mal auf die Reise. Stockwerk eins und zwei warten auf mich«, stieß Sam euphorisch aus und warf dabei ihre Hände in die Luft. Amüsiert schüttelte ich meinen Kopf. Sie war wirklich einmalig. Aber vielleicht wäre auch ich motivierter, wenn die Müdigkeit nicht tief in meinen Knochen stecken würde.
Mit dem Personalaufzug fuhr ich hinauf in die vierte Etage, in der sich drei Suiten befanden. Wenn ich meinen Plan richtig im Kopf hatte, war es Suite Nummer zwei, die belegt war. Also eine der größeren.
Immer mehr keimte die Neugier in mir auf, wer denn nun hier nächtigte. Diese Antwort würde mir jedoch verwehrt bleiben, denn meistens waren diese Gäste um diese Uhrzeit längst nicht mehr im Hotel. Ich fragte mich sowieso, weshalb Geschäftsleute sich diesen Luxus leisteten, da sie sowieso nie hier waren, um es auch zu genießen. Summend holte ich den Putzwagen aus unserer Abstellkammer, von der sich in jedem Stockwerk eine befand. Der Wagen war für mich so wichtig wie das Werkzeug für einen Mechaniker. Nur vom bloßen Anschauen ließen sich immerhin keine Flecken entfernen, obwohl das ziemlich praktisch wäre. Ich fischte mein Handy aus meiner Rocktasche und steckte meine weißen Kopfhörer an. Ohne Musik ging beim Arbeiten einfach gar nichts.
Zu den Bässen, die in meinen Ohren dröhnten und zeitgleich meinen ganzen Körper zum Beben brachten, öffnete ich die Tür zur Suite. Vor mir erstreckte sich ein langer Gang, indem sich mittig eine Garderobe befand. Links davon war ein kleiner Weg, der zu einer gläsernen Tür führte. Dahinter verbarg sich das Bad samt WC. Der rechte Pfad führte in den Wohn- und Schlafbereich, der sich um die Ecke befand. So sollte dem Kunden Privatsphäre geboten werden.
In dem großen Spiegel, der zwischen den Garderobenschränken befestigt war, konnte ich mich komplett begutachten. Dies versuchte ich jedoch zu vermeiden. Ich spürte die Müdigkeit tief in meinen Knochen sitzen, da musste ich sie nicht auch noch in meinem Gesicht sehen.
Das Glas schien nicht sonderlich verschmutzt zu sein, daher entschied ich mich, zuerst den Schlafbereich zu inspizieren. Dort war so gut wie immer das meiste Chaos. Ich versuchte mir nie auszumalen, wie dies zustande gekommen war, auch wenn es manchmal sehr eindeutig war. Oder sprachen gebrauchte Kondome, die ich oft unter den Decken oder sonst wo fand, nicht für sich?
Tänzelnd schob ich den Wagen weiter, stoppte diesen ab und ließ meinen Blick durch den Raum wandern. Die Vorhänge waren unberührt und die Fenster geschlossen. Auf der Kommode neben dem Fernseher standen ein paar leere Bierflaschen. Musste wohl eine lustige Nacht gewesen sein.
Als mein Blick auf die Couch links von mir fiel, zog ich vor Schreck meine Kopfhörer aus den Ohren. Ich spürte, wie mir das Blut in den Adern gefror und mir die Schamesröte ins Gesicht stieg.
Eine schlanke, brünette Frau saß breitbeinig auf einem jungen Mann. Die Gesichter konnte ich nicht erkennen, da die Dame mit dem Hals des Mannes beschäftigt zu sein schien. Ihre prachtvolle Mähne versteckte dies. Ich musste nicht lange schlussfolgern, wovon ich hier gerade Zeuge wurde. Denn die Bewegungen und Laute, die sie von sich gaben, sprachen für sich.
Mein Körper war wie gefesselt von dem Anblick. Obwohl mein Gehirn schrie, ich solle mich doch verpissen, bevor sie mich bemerkten, taten meine Füße nichts. Momentan wusste ich nicht einmal, ob diese noch zu mir gehörten.
Als die Braunhaarige ihren Kopf stöhnend nach hinten zog, bekam ich freie Aussicht auf das Gesicht des Mannes. Dieser schien nun auch mich bemerkt zu haben. Obwohl er gerade den Ritt seines Lebens bekam, brannte sich mir sein Blick in Mark und Bein.
Mein Herz raste wie wild. Ich konnte jedoch nicht sagen, ob es daran lag, wer mich hier gerade ansah. Immerhin war er mir nur allzu bekannt. Oder ob es die Szene betraf, die ich noch immer stillschweigend beobachtete.
Was musste er nur von mir denken?
Dass ich eine perverse Stalkerin war?
Ich sah die Kündigung aufgrund seiner Beschwerde schon vor mir.
»Hör auf«, herrschte der Blonde seine Bett- oder eher Sofagespielin an. Es klang nicht unfreundlich und doch würde man allein wegen des Klanges seiner Stimme alles tun, was er sagte.
Ohne Widerrede. Die Braunhaarige stoppte ihre Bewegungen und sah erst ihm tief in die Augen, ehe sie seinem Blick folgte. Als sie mich sah, schien sie erst peinlich berührt, doch dann wechselte ihr Ausdruck in Wut.
»Verdammt, Sophia! Jetzt sag doch endlich was!«, schrie meine innere Stimme mich hysterisch an. Doch mein Mund tat weiter so, wie wenn er nicht zu mir gehören würde. Genau wie meine Füße. Ein großartiger Verrat meiner eigenen Körperteile.
Die Frau war nun die erste, die sich bewegte und kletterte vom Schoß des Blonden hinab. Sie schnappte sich die Decke, die neben ihnen lag und wickelte sich darin ein. Als ob es nicht bereits zu spät dafür war. Immerhin hatte ich alles an ihr gesehen, was ich wohl nie hatte sehen wollen.
Der Blonde regte sich jedoch kaum. Im Gegensatz zu uns schien er die Situation sogar ziemlich amüsant zu finden. Seine Mundwinkel zuckten nach oben und sogar auf diese Entfernung konnte ich erkennen, wie etwas in seinen Augen aufloderte.
Als mein Blick in seinen Schritt fiel, wo sich noch immer eine prächtige Erregung in die Höhe streckte, fand ich endlich meine Stimme wieder.
»Es tut mir wahnsinnig leid. Ich dachte, es wäre keiner mehr hier«, redete ich so schnell, dass ich dabei fast über meine eigenen Worte stolperte. Den nächsten Satz versuchte ich mit etwas mehr Ruhe und Professionalität herauszubringen. Was jedoch gar nicht so leicht war, denn ruhig war ich momentan ganz und gar nicht. Zumal seine Männlichkeit mich komplett aus dem Konzept brachte.
»Ich bin das Zimmermädchen und wollte gerade Ihre Suite putzen. Allerdings scheint mir das momentan ein ziemlich schlechter Zeitpunkt zu sein.« Ich machte auf den Absatz kehrt, ehe die beiden etwas erwidern konnten, und rief noch ein: »Ich komme dann später wieder«, in den Raum. Schneller als mein eigener Atem rannte ich hinaus und schloss hinter mir die Tür. Ich lehnte mich gegen die kühle Wand in der Hoffnung, mich endlich zu beruhigen. Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so blamiert. Wieso hatte ich nicht geklopft, bevor ich die Suite betrat?
Die beiden hätten auch genauso gut ein »Bitte nicht stören«-Schild an den Türknopf hängen können. Jedes andere Paar, das wild im Zimmer vögelte, schaffte es immerhin auch.
»Mach die beiden nicht für dein unprofessionelles Verhalten schuldig«, mahnte mich meine innere Stimme. Am liebsten hätte ich ihr eine geohrfeigt. Doch wo sie recht hatte, hatte sie recht. Es war meine Schuld gewesen. Ich hatte die wichtigste Regel unter uns Servicekräften im Hotel vergessen: »Anklopfen, warten, eintreten.«.
Gerade als mein Herz sich endlich beruhigt hatte, wurde die Tür neben mir aufgerissen. Sofort traf mein Blick auf den des Blonden, der sich nun einen Bademantel übergezogen hatte.
»Du hast etwas vergessen«, lächelte er mich an und schob kurz darauf meinen Putzwagen aus seiner Suite. Ganz toll, Sophia. Noch mehr Inkompetenz konnte ich nun nicht mehr an den Tag legen.
»Danke«, hauchte ich und schob ihn an meine Seite. Ehrlich gesagt hatte ich nicht einmal mitbekommen, dass ich ihn überhaupt vergessen hatte.
Doch selbst wenn, wäre ich für kein Geld der Welt wieder dort hineingegangen.
»Mein Name ist übrigens Adrian. Adrian Bosko.« Sein Lächeln wurde breiter und entblößte somit seine weißen, perfekten Zähne.
Als ob ich nicht wissen würde, wer er war. Immerhin grinste er einem von jedem Titelblatt entgegen.
Adrian Bosko. Der neue Stern am Pophimmel. Jeden Abend bricht er Tausende Teenieherzen bei seinen Konzerten, erinnerte ich mich an eine Schlagzeile, die erst vor wenigen Tagen ein Magazin schmückte.
Ich konnte die Mädchen verstehen, die ihm verfallen waren. Jetzt, wo ich vor ihm stand, fühlte auch ich mich von seiner umwerfenden Präsenz gefesselt. Obwohl sein Gesicht ziemlich markant und männlich war, hatte es etwas Süßes an sich. Wenn er denn auch so gut sang, wie er aussah ….
Mit einem Räuspern zog Adrian meine Aufmerksamkeit wieder auf sich, was mich peinlich berührt zu Boden sehen ließ. »Willst du mir nicht auch deinen Namen verraten?« Seine Augen schienen dabei jede einzelne Regung in meinem Gesicht zu registrieren.
Ob er merkte, wie nervös ich war? Wie meine Hände zu schwitzen begannen, weil er mich ansah?
»Ich heiße Sophia Magnus«, gab ich kleinlaut von mir, versuchte dabei jedoch selbstsicher zu lächeln. Zum Glück konnte ich mein Scheitern nicht in einem Spiegel beobachten.
»Freut mich, dich kennenzulernen, Sophia. Tut mir leid, dass wir dich von deiner Arbeit abgehalten haben. Das wollte ich nicht.«
Er entschuldigte sich? Warum?
Ich war doch der Elefant im Porzellanladen gewesen.
Adrian kam einen Schritt näher auf mich zu. Sein Geruch benebelte meine Sinne.
»Wenn ich gewusst hätte, dass hier in München so hübsche Frauen wohnen, hätte ich mir das Mädchen da drin ersparen können.« Er leckte sich über seine Lippen, während er mich ansah. Ich fühlte mich wie in seinen Bann gezogen. Unfähig, etwas zu erwidern oder mich zu bewegen.
Wer wohl die Frau war?
Von einer Partnerin würde man doch nicht so reden, oder?
»Du darfst ruhig etwas sagen, ich beiße nicht«, flüsterte er und strich mit seiner Hand eine Haarsträhne hinter mein Ohr, die sich aus dem Dutt gelöst hatte. »Wenn du Lust hättest, mich zu beißen, habe ich natürlich nichts dagegen. Manche Frauen machen das gerne, wie mir scheint.«
Er grinste, während er sich fast belanglos über den Hals strich, wo ich etwas erkannte, das wie ein Biss aussah. Oder doch wie ein Knutschfleck? Ich konnte es aus der Entfernung nicht genau beurteilen. Hinterfragen wollte ich es erst recht nicht.
Mein Unterleib schien auf seine Worte zu reagieren. Ohne Vorwarnung begann sich meine Vagina aus ihrem Winterschlaf zu erheben. Ich versuchte, das angenehme Ziehen zu ignorieren und wandte meinen Blick ab. Auf meinen Körper war heute echt kein Verlass.
Plötzlich legten sich zwei Finger unter mein Kinn und zwangen mich, in die Richtung des Sängers zu sehen. Die Haut, die er berührte, fing unweigerlich an zu kribbeln, als ob tausend Ameisen über mein Gesicht laufen würden.
»Du wirst rot«, stellte Adrian fest. »Das sieht sehr süß aus. Bin ich der Grund dafür?«
Du und deine Männlichkeit, ja. Wie sollte man nicht erröten, wenn man noch vor wenigen Minuten einen Ständer in der Größe des Eiffelturms erblickt hatte?
Okay, gut. Das war übertrieben. Aber nur ein bisschen. Denn er war wirklich gigantisch.
Ich schluckte, als ich merkte, dass meine Gedanken meiner Körpermitte noch mehr einheizten. Trotz Adrians Finger unter meinem Kinn wandte ich meinen Blick ab. Mein Körper musste erst unter Kontrolle gebracht werden. Und dies ging nicht, solange er mich mit seinen haselnussbraunen Augen so ansah.
»Schau nicht weg. Ich möchte in dein hübsches Gesicht sehen. Es wäre Zeitverschwendung, es nicht zu tun.«
Bitte was? Perplex sah ich ihn wieder an, was sein Lächeln noch breiter werden ließ. Neben seinen Augen erschienen kleine Fältchen, doch sie störten nichts an seiner Schönheit. Es wurde an der Zeit, dass ich etwas sagte. Doch mein Hals schien wie zugeschnürt. Adrians Blick lag weiterhin auf mir. Dass er mich musterte, war nicht unangenehm, obwohl ich mir gegenüber der Brünetten vorkam wie Schweinchen Dick. Die Art, wie er mich ansah, hinterließ ein gutes Gefühl. Er urteilte nicht. Und doch war etwas in seinen Augen, dass ich nicht deuten konnte. Dass ich noch nie bei jemandem gesehen hatte. Es machte ihn interessant und ich fragte mich, wie ich bis jetzt seinem Bann entgehen konnte. Ich verstand nun jedes zwölfjährige Mädchen, das sich vor den Fernseher warf, sobald er dort erschien. Unter seinem Blick würde auch ich mich sofort auf die Knie werfen. Doch zum Glück besaß ich noch Selbstachtung, auch wenn es nach diesem peinlichen Erlebnis nicht mehr allzu viel war.
»Ich sollte wieder an die Arbeit gehen«, räusperte ich mich. Endlich waren Worte über meine Lippen gekommen, auch wenn ich mit einer anderen Auswahl gerechnet hatte. Vielleicht war es gut, endlich zu gehen und das Ganze zu vergessen. Morgen würde er es bestimmt nicht mehr wissen.
Ich hoffentlich auch nicht mehr.
»Davon möchte ich dich nicht abhalten.« War da etwa Enttäuschung in seiner Stimme? Nein, ich interpretierte dies bestimmt falsch. Mit einem Schritt trat er näher an mich heran, obwohl ich eigentlich dachte, dass dies kaum noch möglich gewesen wäre. Sein Atem streifte mein Gesicht. Er roch so gut. Nach Vanille und Minze. Es war eine merkwürdige Mischung und dennoch harmonierte sie.
»Ich bin mir sicher, dass wir uns sehr bald wiedersehen«, verabschiedete er sich und strich einmal kurz über meine Wange, ehe er wieder in seiner Suite verschwand.
Ich hatte kaum Zeit zu reagieren, so schnell war alles passiert. Als die Tür ins Schloss fiel, merkte ich, dass ich scheinbar die Luft angehalten hatte. Schnell stockte ich meinen Sauerstoffgehalt wieder auf und atmete. Ein und aus. Ein und aus.
Was bitte war das gewesen?
Mein Puls war irgendwo bei zweihundert, so sehr raste mein Herz. Noch nie hatte mich etwas oder jemand so aus der Bahn geworfen.
Ein beiläufiger Blick auf meine Armbanduhr verriet mir, wie spät es bereits war. »Fuck«, stieß ich erschrocken aus und schnappte mir meinen Wagen. Ich hatte viel zu viel Zeit verloren. Um das wieder hereinzuholen, musste ich nun im doppelten Tempo arbeiten. Ins Schwitzen war ich schon gekommen, da würde mehr auch nicht mehr auffallen.
***
Mit etwas Verspätung kam ich am frühen Nachmittag in unserem Personalraum an. Samantha saß bereits mit einer Tasse Kaffee an einem der Tische. Als sie mich sah, stellte sie diese ab. »Wo warst du denn heute so lange?«, fragte sie. Normalerweise waren wir fast zeitgleich fertig. Leider war mein heutiger Arbeitstag nicht »normal«. Da war Pünktlichkeit nicht drin.
Gerade als ich ihr antworten wollte, wurde die Tür aufgerissen. Jenny, unsere Chefin, stand vor uns und sah mich an. Ihrem Gesicht nach zu urteilen, kam sie entweder mit guten oder schlechten Nachrichten. Ich hoffte natürlich sehr auf gute.
»Sophia, sag mir bitte, dass du heute Abend nichts vorhast.« Ähm…
»Nein, hab ich auch nicht. Wieso?« Erleichtert atmete sie aus. Ihr schien ein großer Stein vom Herzen zu fallen. Wäre nett, wenn sie mich auch mal aufklären würde.
»Herr Groll hatte mich eben zu sich ins Büro gerufen. Einer unserer Gäste hatte eine Bestellung bei ihm persönlich aufgegeben. Neben der Liste des Essens war der Wunsch, dass du ihm dieses servierst.«
Ich? Warum gerade ich? Das fiel nicht einmal in meinen Aufgabenbereich. Doch dann dämmerte mir, wer diese Forderung geäußert haben könnte. Was wollte er damit erreichen?
Sollte ich mich noch mehr blamieren, wenn ich mit einem Tablett in der Hand vor ihm auf die Nase flog? Würde mir bestimmt passieren.
»Aber ich bin doch nur zum Putzen da«, erwiderte ich. Nicht, dass es mir etwas ausmachen würde, mal etwas anderes zu tun. Trotzdem verstand ich nicht, wieso Herr Groll diesem Wunsch nachgehen sollte. Es musste sich wirklich um einen wichtigen Gast handeln. Daher konnte es nur Adrian sein, der diesen Wunsch geäußert hatte.
»Ich weiß, Sophia. Herr Groll meinte jedoch, dass es sich um einen sehr wichtigen Gast handelte. Zumal er angeboten hatte, das Doppelte zu bezahlen, nur damit du diejenige bist, die ihm das Essen serviert.«
Also war es wirklich Adrian. Wieso verlangte er ausgerechnet nach mir?
Natürlich ehrte es mich, dass ich ihm scheinbar so viel Geld wert war, auch wenn ich nicht ganz verstand, was seine Absichten dahinter waren. Den Gedankengängen eines Mannes musste ich aber auch nicht folgen können, oder? Ich bemerkte Samanthas fragenden Blick von der Seite und deutete ihr, dass ich ihr später alles erzählen würde.
»Wäre es nun in Ordnung für dich, das zu übernehmen?«, lenkte Jenny meine Aufmerksamkeit wieder auf sich.
»Ja, klar. Warum nicht?« Ich hatte immerhin wirklich keinen Grund, das nicht zu tun. Zudem war ich neugierig, was Adrian beabsichtigte.
»Sehr gut. Das Essen ist für neunzehn Uhr bestellt. Es handelt sich um nichts Besonderes. Lediglich ein paar Leckereien und eine Flasche Champagner«, klärte sie mich auf, ehe sie mich eindringlich ansah. »Du weißt doch, wie man einen Korken öffnet, oder?«
»Klar«, versicherte ich ihr.
»Sehr gut. Sollte der Gast danach keine weiteren Wünsche mehr haben, kannst du natürlich sofort Feierabend machen. Vergiss aber nicht, die Zeit genau in deinem Arbeitsplan einzutragen.«
Als ob ich das vergessen würde. »Mache ich. Ich werde dich nicht enttäuschen, Jenny.«
»Das hatte ich auch nicht erwartet«, zwinkerte meine Chefin mir zu und verließ mit einer kurzen Verabschiedung den Raum.
Sam nutzte die Zweisamkeit sofort, um sich auf mich zu stürzen. »Da lässt man dich mal ein paar Stunden alleine und dann ist so etwas. Was bitte ist passiert?«
Nachdem ich meiner Freundin jegliches Detail meines Vormittages berichtet hatte, schob sie mich quasi aus der Arbeit. Ihrer Meinung nach musste ich dringend etwas gegen meine Augenringe unternehmen. Das einzige Heilmittel, was mir dagegen einfiel, war Schlaf. Oder Tonnen an Make-up. Ob ich das dann ohne einen Hammer jemals wieder von meinem Gesicht bekommen würde, war jedoch etwas anderes.
Ich entschied mich also für die erste Option und schälte mich aus meinen Klamotten, sobald ich die Wohnung betrat.
Jede meiner Muskeln schrie nach Entspannung und der Bequemlichkeit meines Bettes. Wieso also diesen Wunsch ignorieren?
Meinen Handywecker stellte ich so ein, dass mir noch genug Zeit blieb, um mich nach meinem Schläfchen frisch zu machen. Immerhin wollte ich Adrian nicht als wandelnder Zombie entgegentreten. Was natürlich nur daran lag, dass ich meine Chefin nicht blamieren wollte. Mir persönlich wäre es egal, was er von mir halten würde. Ja, das war wirklich so.
Ich musste es mir nur lange genug einreden.