Читать книгу A bissel wos geht immer - Josef Elsner - Страница 4
ОглавлениеDas „Unheil“ beginnt
Das „Unheil“ beginnt
Ein Donnerstag im Oktober 1975. Die Mama, eigentlich noch zu jung für ein Kind, ist mit Wehen im Krankenhaus, in einem kleinen Dorf am Rande des Donaumooses. Das Krankenhaus wurde im Jahr 1976 aufgegeben, ein Zeichen?
Der Bub, der da auf die Welt kommt, und erst mal, entgegen seiner heutigen Art, keinen Ton von sich gibt, bin ich. Da eine Fehlfunktion der Lunge vorlag, war erst mal Panik angesagt. Der Bub schreit nicht, was ist da los? Der wird doch nicht sterben?! Nein, der Bub schafft das, stemmt sich gegen das drohende Unheil und atmet, schreit und macht alles was kleine, menschliche Frischlinge so tun, in den ersten Minuten des Lebens. Nach etwas Aufregung stellt man fest, dass ich gesund bin und diesen Erdball mit meiner Anwesenheit bereichern werde. Ich bin heute davon überzeugt, dass wir alle in den 1970´ern geborenen die letzte starke Generation sind, nach uns wurde die Elterngeneration zu weich für Kinder und das echte Leben. Thema „Political Correctness“, da bin ich persönlich nicht ganz überzeugt von der ein oder anderen Entwicklung. Ich denke da spielen auch Ängste eine große Rolle dabei. Diese neue Ausdrucksform und Wortwahl, die uns aufgezwungen wird, hat ihren Ursprung darin, dass wir eine falsche Sichtweise von anderen haben. Erst wenn ich anfange andere Menschen mit Worten der Umschreibung zu benennen oder in Verbindung dazu stehende Dinge umzubenennen, dann beginne ich mit Ausgrenzung und sogar einer Art Rassismus. Wenn ich beginne nicht mehr direkt mit, und über diese Menschen zu sprechen, verleugne ich deren Anwesenheit. Ich habe ausländische Freunde, schwule Freunde, kenne Frauen, die das Donaulied voller Inbrunst singen, oder auch das Lieschenlied. Wieso wir im Namen der politischen Korrektheit Strafen fürchten müssen ist mir nicht ganz klar. Mich hat noch kein Afrikaner verklagt, weil ich das Wort Negerkuss verwendet habe, aber bei meinen deutschen Mitbürgern muss ich aufpassen, da bin ich schneller vor Gericht als ich Zigeunerschnitzel sagen kann. Tut mir einen Gefallen, ich möchte nicht politisch wirken, nicht meinungsbildend sein, jedoch würde es mich freuen, wenn wir alle wieder ein Stück weit normal denken würden. Nicht an jeder Ecke ist das Böse versteckt, es ist oftmals Kultur, Heimatliebe und Unbekümmertheit. Wir alle wollen zusammenleben auf dieser wunderbaren Erde, in Frieden und als Menschen.
Nun, kommen wir wieder zurück zu meinen ersten Lebenstagen, die Timeline sollte ja doch eingehalten werden.
Da war ich also, der kleine frisch geschlüpfte Mensch, gesund und munter, soweit das nach der ersten Aufregung, festgestellt werden konnte. Ich hatte meine Bestimmung schon früh gefunden, keine Langeweile aufkommen lassen. Irgendwie sollte es noch nicht genug sein. Der Herrgott, ja ich bin gläubig, obwohl ich aus der Kirche ausgetreten bin, dachte sich irgendwie, mich und meine Eltern nochmal mit seinem komischen Humor beglücken zu müssen. Wenn Du einen Beweis für diesen Humor brauchst, denke an Deine Daumen und großen Zehen, Du weißt was ich meine, lieber Leser.
Einige Tage nach meinem, eindrucksvollen Eintritt in das Leben, wird eine schwere Bronchitis festgestellt, ab ins Kinderkrankenhaus, wieder der Kampf um den Verbleib auf dieser Erde. In dem Alter und Zustand ist mit einer Erkrankung der Atemwege nicht zu spaßen. Es scheint so zu sein, dass mich das alles für mein späteres Leben stärker gemacht hat, was ja nicht unbedingt schädlich ist. Nebenbei noch einen angeborenen Leistenbruch operiert, und dann ist erst mal gut. Operationen sind für mich im Lebenslauf zu einer Art Freizeitbeschäftigung geworden, zumindest kann ich ein Lied davon singen, oder ein Buch schreiben.
Ich hatte es geschafft in meinen ersten Wochen für Aufmerksamkeit, Angst, und auch unendlich viel Liebe zu sorgen, und das, obwohl ich nicht mal irgendwas allein konnte. Abgesehen von den Geräuschen die ich von mir gab, oder auch den Gerüchen. Meine Eltern durften in dieser Zeit alles an Gefühlen erleben was möglich ist, in einer Zeit, in der die Wirrungen schon groß genug waren. Haus bauen, Mama eigentlich zu jung, Papa ständig arbeiten, oder so. Großeltern müssen als Babysitter herhalten, arbeiten aber ebenfalls. Deutschland befindet sich in seiner Aufbauphase, endlich wieder echte Anerkennung in der Welt zu bekommen. Olympia in München 1972, Ölpreiskrisen 1973/74 und 1979, Fußballweltmeisterschaft 1974, in den kleinen Dörfern werden die letzten Telefonfestnetzleitungen verlegt, Kanalisation dringt in die Dörfer vor, das Plumpsklo verschwindet aber erst Ende der 1970´er. Heute laufen Menschen 20 Meter über einen Laufsteg und werden bewundert, wir liefen 20 Meter über den Hof nur um vor der verschlossenen Holztür mit Herzchen zu stehen, im Winter, weil ein anderer aus der Familie eben schneller war. Von Bewunderung dafür keine Spur. Es gab viele Ereignisse, und dabei war eben auch ich gekommen und habe für Furore gesorgt. Ich muss feststellen, irgendwie schaffe ich das heute noch bei den Menschen um mich herum. Was mich persönlich auch immer wieder stolz macht, denn die meisten wachsen dann mit mir. An den neuen Erfahrungen, Erkenntnissen, und Herausforderungen.
Als ich dann wieder zuhause bei der Familie sein kann entwickle ich mich wohl prächtig, laut Aussage meiner Mama. Was man heute auch sieht, würde ich sagen.
Schon damals mussten wir feststellen.
A bissel wos geht immer!