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Jerusalem

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Der Flughafen Ben-Gurion nahe der Stadt Lod ist der größte Flughafen des Landes und gilt als einer der sichersten der Welt. Die Kontrollen sind besonders streng. Ein kleiner blau-weißer Zettel ist die Eintrittskarte ins Heilige Land. Statt eines Stempelabdrucks im Pass erhalten Touristen am Ben-Gurion-Flughafen in Israel ein Stück Papier. "State Of Israel – Boarder Control" steht darauf. Den Zettel gibt es inklusive Barcode, dem eingescannten Foto aus dem Reisepass und Passnummer. Erst damit öffnet sich das Drehkreuz zum Ankunftsbereich des Flughafens.

Die Boeing 747 der EL AL aus London landete pünktlich am Airport Ben Gurion, rollte aus und öffnete dann die Türen. Neben anderen Passagieren, vorwiegend Briten, die Jerusalem besichtigen wollten und einigen Israelis, war auch ein Mister Samuel Blumenthal mit seiner Ehefrau Roza an Bord. Am Schalter der Passkontrolle saß eine junge Beamtin, die alle ihr vorgelegten Pässe anscheinend sehr genau elektronisch prüfte und auch die Gesichter der Einreisenden mit den Bildern im Pass verglich. Das Ehepaar Blumenthal präsentierte ihre beiden Pässe. Die Beamtin nahm sie entgegen, zog sie durch ihren Computer und stockte kurz. „One Moment, Sir“, sagte sie und betätigte ungesehen von den Blumenthals eine Fußtaste. Keine zehn Sekunden später sahen sich die Blumenthals von vier Sicherheitsleuten mit Maschinenpistolen umringt.

„Was soll das?“, empörte sich Blumenthal. „Seid ihr übergeschnappt?“ Er erhielt keine Antwort, sondern einer bedeutete bloß, ihnen zu folgen. Die Maschinenpistolen hielten sie drohend in Anschlag. Man brachte sie in einen etwas abgelegenen Teil des Flughafens. In einen Raum, anscheinend eine Art Verhörzimmer, wo sie ein blondhaariger junger Mann erwartete. „Sie wollen also Herr Blumenthal sein? Herr Samuel Blumenthal? Das ist seltsam. Sehr seltsam“, begann er das Gespräch.

„Was ist daran seltsam. Ich bin Samuel Blumenthal und das ist meine Frau Roza. Was soll dieses Affentheater da?“

Der Blonde grinste. Gar nicht freundlich, sondern bösartig! „Wer sind sie wirklich? Was haben sie in Israel vor?“, fragte er ganz beiläufig.

„Verdammt nochmal! Wir sind die Blumenthals. Leben in Blackburn in England und wollen Jerusalem besuchen. Was ist daran ungewöhnlich?“

„Ungewöhnlich ist etwa, dass sie nicht Blumenthal sein können. Den suchen wir nämlich seit zwei Tagen mit einer landesweiten Fahndung. Und“, er grinste wieder, „unser Blumenthal schaut ganz anders aus, als der Typ, der da vor mir hockt!“ Plötzlich schrie er: „Also! Heraus mit der Wahrheit! Sonst…!“

Blumenthal war bestürzt. Der VEVAK hatte ihm und seiner Begleiterin, einer bewährte Agentin, die israelische Pässe vorbereitet. Sicher perfekt gemachte. Was man beim VEVAK aber nicht wissen konnte, der echte Samuel Blumenthal, ein hochkriminelles Subjekt, hatte vor drei Tagen eine Bank überfallen und den Wachmann dabei erschossen. Eine Fahndung nach ihm lief auf Hochtouren. Es war einer der nicht vorherzusehenden Zufälle, der den Abgeordneten in der Knesset ihr Leben bewahrte.

Blumenthal schwieg. Was hätte er auch zu sagen gehabt? Ein Geständnis, dass er in Wirklichkeit der iranische Attentäter Gamal al’Asad war? Der durch sein Attentat auf die Abgeordneten des Parlaments den iranisch-israelischen Krieg einläuten sollte? Er ahnte, was ihm und seiner Partnerin im Fall der Entlarvung bevorstünde. Mit einiger Betrübnis dachte er an die Giftkapsel, die statt eines Knopfes an seinem Hemd befestigt war. Roza trug eine gleiche Kapsel in der Mitte ihres Büstenhalters.

„Wir haben ihr Gepäck untersucht. Zwei Dosen mit Haarspray? Das kriegen sie doch hier ebenso. Warum führen sie das denn mit sich? Was ist da wirklich drinnen?“

Ja, die Juden würden das todbringende Rizin bald entdeckt haben, dachte er sich. Und dann…? Dann drohten ihnen die „verschärften Verhöre“, für die der Mossad bekannt war. Auch der VEVAK, eigentlich alle Geheimdienste weltweit. Das wollte sich der Löwe keinesfalls zumuten. War es letztendlich Allahs Wille, dass er die Giftkapsel schluckte? Sollte er auf diese Weise zum Märtyrer werden und sich so seinen Platz im Paradies sichern? Wenn dem wirklich so sein sollte, dann blieb ihm und Roza kein anderer Ausweg. „Leck mich doch am Arsch, Judensau. Allahu al Akbar“, brüllte er. Dann riss er blitzschnell den Knopf von seinem Hemd ab und verschluckte ihn. Roza tat es ihm gleich.

„Einen Arzt! Schnell!“, rief der Blonde. „Die wollen sich vergiften! Das sind Spione oder ärgeres!“

Umsonst! Es war zu spät.

Mit Schaum vor dem Mund und weit aufgerissenen Augen fiel Gamal al’Asad von seinem Stuhl, zuckte noch einige Male mit den Beinen und trat dann seine lang ersehnte Reise ins muslimische Paradies an. Einige Sekunden später starb auch Roza.

„Schade“, bedauerte der Blonde. „Wir hätten Einiges erfahren können. Bringt die Leichen in die Gerichtsmedizin. Vielleicht entdecken die dort noch was? Bewahrt auch Schweigen über das Vorgefallene. So lassen wir die Auftraggeber der Beiden im Ungewissen“. Wie angeordnet, so geschah es denn auch. Bei der Obduktion wurden keine Besonderheiten entdeckt. Beide waren so um die Vierzig herum, hatten keine auffälligen körperlichen Merkmale und konnten so auch nicht identifiziert werden. Auch ein weltweit durchgeführter Fingerabdruckvergleich brachte keine Ergebnisse. In Blackburn waren sie ebenfalls unbekannt. Die Israelis warfen bald darauf zwei in Plastiksäcke verpackte Leichen ins Meer. „Wer immer sie auch waren“, meinte der Offizier des Mossad, „Jetzt füttern sie unsere Fische. Zumindest ein Gutes, das sie für Israel tun werden.“

Das Rizin wurde entdeckt und die beiden Dosen, streng versiegelt, dem Bestand der chemischen Kampfstoffe Israels einverleibt. Ob man es jemals einsetzen würde, stand in den Sternen. Einige Wochen später wurde der echte Samuel Blumenthal bei einem kurzen Feuergefecht mit der Polizei erschossen.

Beim VEVAK wartete man umsonst auf den Tod der israelischen Parlamentarier. „Der Plan ist misslungen“, gestand Salawi ein. „Rechnen wir nicht damit, dass wir die beiden Märtyrer jemals lebend wiedersehen.“ Salawi wirkte betrübt.

„Und was jetzt“, fragte der iranische Präsident.

„Unsere Schiffe patrouillieren vor Hormus. Zwei russische Zerstörer und ein russisches U-Boot sind am Weg dorthin. Warten wir mal ab, wie die Amerikaner und ihre Freunde reagieren. Vielleicht kommt es doch zum erhofften direkten Konflikt. Dann können wir in Israel zuschlagen. Einstweilen werden wir die Beschießung am Golan intensivieren“, regte der iranische Generalstabschef an.

„Dann sei es so“, entschied der Präsident.

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