Читать книгу Die Stadt unter dem Meere (Roman) - Joseph Delmont - Страница 13

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Noch vor seiner letzten Ausreise hatte Mader Hertha von Zöbing, seine Verlobte, aufgesucht und ihr erklärt, daß er vor Kriegsende nicht mehr auf Urlaub käme. Hoffentlich werde das Völkerringen bald ein Ende nehmen.

Hertha saß ihm gegenüber und sprach nichts. Ihre Augen blickten weit geöffnet mit fragendem Ausdruck auf ihren Verlobten. Sie wollte keine neue Auseinandersetzung. Fast ein Jahr hatte sie ihn nicht mehr gesehen und in Furcht gelebt, wenn die Nachrichten länger als gewöhnlich ausblieben.

Sie konnte und wollte nicht begreifen, daß Millionen von Menschen aufeinandergehetzt wurden, sich mit den schrecklichsten Mordinstrumenten töteten oder zu Krüppeln machten.

Sie hatte weder jetzt Umgang mit den sogenannten Volksbeglückern, die seit Jahren von einer Weltverbrüderung schrieben, noch hatte sie je mit diesen Leuten zu tun gehabt.

Ihr gesunder Sinn sagte ihr, daß es doch einen menschlicheren Weg geben müsse, um internationale Gegensätze oder Konflikte zu regeln.

Niemals dachte sie weiter, oder besser gesagt, tiefer, und immer sah sie nur die zeitlichen Folgen des Völkerringens. Sie beteiligte sich auch nicht an den Siegesfeiern, da ihr die unendlichen Qualen der Verwundeten und Vermißten vor Augen waren. Sie sah die Lazarettzüge von ihrem Fenster aus, wie sie vom Westen kommend, in den Bahnhof einfuhren.

Die besonders gekennzeichneten Feldpostwaggons hatten etwas Grauenhaftes für sie. Wie viele Unglücksnachrichten bargen diese schwarzen Riesenbriefkästen auf Rädern. In ein, zwei, drei Tagen haben Mütter, Bräute, Kinder die Nachricht von der Verwundung, Verkrüppelung oder vom Tode ihrer Nächsten. »Gefangen« steht in manchem dieser Unglücksschreiben, oder was noch tausendmal schlimmer ist: »Vermißt!« Diese peinigende Ungewißheit. Dieses Krebsgeschwür der Hoffnung, das tausendmal täglich das Herz zerreißt.

»Hertha! Hertha! – warum siehst du mich so starr an? Wo sind deine Gedanken wieder?« Zärtlich strich Mader die Hand seiner Braut.

»Wie lange soll das noch dauern, Eugen? Wann hört dieser entsetzliche Krieg auf?«

»Hertha, warum grübelst du über diese Dinge nach? Uns gilt es, das Vaterland zu verteidigen.«

»Das sagen die anderen auch. – Auch sie haben ihr Vaterland zu verteidigen. Wo bleibt die Kultur?«

»Hertha, nur kurze Stunden sind mir an deiner Seite gegönnt. Denk’ zurück an die glücklichen Stunden von früher.«

»Ich kann meine Gedanken nicht so leicht meistern.« Sie sieht ihn lange an. »Wie glücklich bin ich, daß du nur ein Werkboot befehligst, daß du keine Mordkommandos geben kannst!«

Er strich ihr leise über die Hand.

»Weißt du, Eugen, ich könnte dich nicht mehr lieben, wenn ich wüßte, daß du Boote mit unschuldigen Menschen versenkst.«

»Hertha, laß uns von anderen Dingen sprechen.«

»Ich kann nicht dagegen an, solange dieser furchtbare Krieg noch dauert.«

Die Stadt unter dem Meere (Roman)

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